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10 Interpretation

10.2 Die Rezeption der sportlichen Aspekte des WM-Turniers

10.2.1 Vor dem Turnier

10.2.2.5 Die deutsche Nationalmannschaft

10.2.2.5.2 Das Viertelfinale

Ungeteilte Ignoranz schlägt der deutschen Mannschaft nach dem Viertelfinale gegen Jugoslawien in den untersuchten Zeitungen aus England entgegen. Nicht eine einzige der Zeitungen veröffentlicht einen Spielbericht von dem 2:0-Sieg. Das gesamte Augenmerk liegt auf den Partien England-Uruguay und dem Skandalspiel Ungarn-Brasilien. Besonders hoch gewettet wurde die deutsche Nationalmannschaft aber ohnehin nicht. So legt sich der Daily Telegraph vor dem Viertelfinale fest, dass Ungarn, Uruguay, Jugoslawien und Österreich das Halbfinale erreichen würden.855 Bis auf das Ausscheiden Jugoslawiens bewahrheiteten sich diese Prognosen.

Wenigstens in den französischen Zeitungen findet sich eine umfassende Berichterstattung zum Viertelfinale. In Le Figaro und Libération gibt es sogar Vorberichte zu den Spielen.

Le Figaro mag im Vorfeld keinen Favoriten bestimmen und erklärt den Ausgang des Spiels schon in der Überschrift als sehr offen. Das Blatt vermutet zwar, was sich später auch als richtig herausstellen sollte, dass die generelle Spielkontrolle von den Jugoslawen ausgeübt werden könnte, warnt aber gleichzeitig vor den schnellen deutschen Angreifern, die darüber hinaus in Fritz Walter einen ausgemachten Strategen in ihren Reihen besäßen.856

Die hohe Meinung, die die Zeitung Libération vom deutschen Spiel schon vor dem Turnier äußerte, wird nun auch während der WM deutlich formuliert. So werden die Jugoslawen zwar stärker in der Defensive eingeschätzt, der deutsche Angriff wird dagegen noch deutlicher als in Le Figaro hervorgehoben. Namentlich genannt werden in diesem Zusammenhang wieder die Walter-Brüder, aber auch Morlock, Klodt und zum ersten Mal Helmut Rahn, der zu Beginn des Turniers noch auf der Ersatzbank saß. Verwunderlich mutet in diesem Zusammenhang nur an, dass sowohl Klodt als auch Rahn als Rechtsaußen eingesetzt wurden, die dementsprechend während des gesamten Turniers nicht einmal gemeinsam auf dem Platz standen. Ebenso hatte Rahn vor dem Viertelfinale nur bei der hohen Niederlage gegen Ungarn gespielt und war dort trotz seines Torerfolgs nicht weiter aufgefallen. Mit Blick auf sein späteres, entscheidendes Tor im Finale erscheint die Aussage jedoch schon fast prophetisch.

854 Vgl. Journal de Genève, 24. Juni 1954, 6.

855 Vgl. The Daily Telegraph and Morning Post, 26. Juni 1954, 4.

856 Vgl. Le Figaro, 26./ 27. Juni 1954, 9.

Besonders hoher Wertschätzung durch Libération kann sich Horst Eckel erfreuen, der als einer der besten Läufer des bisherigen Turniers bezeichnet wird.857

Insgesamt prognostiziert die Zeitung ein Weiterkommen Deutschlands: „[I]l est douteux que les hommes d’Herberger leur laissent l’initiative du jeu au centre du terrain et le sens réaliste des Allemands pourrait bien, dans ce cas, avoir le dernier mot.“858 L’Humanité Dimanche beschreibt das Spiel wegen der Ausgeglichenheit der Kontrahenten als besonders interessant.859

Nach dem deutschen Sieg klingen die Einschätzungen völlig konträr. So schreibt Le Monde, dass Jugoslawien das Spiel über drei Viertel der Spielzeit vor allem im Mittelfeld, wo Libération noch Deutschland im Vorteil gesehen hatte, dominiert habe. Besonders Torwart Tureks starker Leistung sei Deutschlands Erfolg zuzuschreiben.860

Als ausschlaggebend für den deutschen Erfolg bezeichnet Le Figaro in erster Linie die starke Athletik und das Abwehrverhalten der Mannschaft. Die zuvor gelobten deutschen Angreifer werden dagegen kritisiert. „Le célèbre quintette des frères Walter et de Morlock manqua, […], de variété. Son travail fut bien fait, appliqué, mais l’imagination n’y prenait aucune part.”861

Die im fußballerischen Sinne deutschlandfreundliche Libération sieht dies im Prinzip genau andersherum. Ohne auf den Verweis zu verzichten, dass man einen Sieg der Deutschen erwartet habe, lobt die Zeitung erneut das deutsche Auftreten: „L’Allemagne, enfin, s’est imposée aux dépens de la Yugoslavie. On s’y attendait, mais il n’en reste pas moins que la performance est belle et revalorise les footballeurs allemands.“862 Vor allem die Feststellung, dass diese Leistung die deutschen Fußballer aufgewertet habe, ist in der Form in den sich eher kritisch zum deutschen Spiel gegen Jugoslawien äußernden übrigen Zeitungen nicht zu finden und unterstreicht einmal mehr die hohe Meinung, die Libération offensichtlich von Herbergers Auswahl hat.

L’Équipe titelt in ihrer großen Viertelfinalvorschau, dass Ungarn, Uruguay, Österreich und Jugoslawien die erwarteten Teilnehmer des Halbfinales seien. Im Text erklärt der Autor seine Sichtweise. Die deutsche Mannschaft sei nicht so ausgeglichen besetzt wie die jugoslawische.

Vor allem die deutsche Defensive wird trotz der Rückkehr von Liebrich und Kohlmeyer als schwach eingeschätzt. Offensiv sei Deutschland wegen der Walter-Brüder, Schäfer und

857 Vgl. Libération, 26./ 27. Juni 1954, 7.

858 Libération, 26./ 27. Juni 1954, 7.

859 Vgl. L’Humanité Dimanche, 27. Juni 1954, 10.

860 Vgl. Le Monde, 29. Juni 1954, 11.

861 Le Figaro, 28. Juni 1954, 8.

862 Libération, 28. Juni 1954, 8.

Morlock zwar besser und effektiver als Jugoslawien, dies könnte durch die Fehler der eigenen Verteidigung jedoch im negativen Sinne mehr als ausgeglichen werden. Außerdem sei es möglich, dass die Mannschaft noch müde vom Relegationsspiel in die Partie gehen könnte.863 Am selben Tag berichtet die Zeitung wie bei anderen Spielen zuvor aus dem deutschen Teamquartier in Spiez. Erneut wird dort Herberger interviewt. In den wenigen Passagen, in denen L’Équipe selbst Einschätzungen vornimmt, werden zum wiederholten Mal die deutschen Abwehrspieler für ihre bisherigen Leistungen kritisiert. Nun könne Herberger mit Posipal, „l’une des grandes vedettes du football d’outre-Rhin“864, Liebrich und Kohlmeyer aber sein bestes Defensivtrio aufbieten.865 Einen besonderen Eindruck muss Linksaußen Hans Schäfer im bisherigen Turnierverlauf auf die französische Sporttageszeitung gemacht haben.

In einem kleinen Beitext stellt das Blatt den Angreifer als König der deutschen Torjäger („le roi des buteurs allemands“) extra vor. Die Liste seiner Stärken sei beeindruckend, findet die Zeitung und zählt als besondere positive Eigenschaften Schäfers dessen Athletik, Abschlussstärke, Schnelligkeit, Spielverständnis, Kopfballspiel sowie Schuss- und Dribbelstärke auf.866 Mehr kann sich ein Fußballspieler kaum wünschen. Dies erkennt auch L’Équipe: „Le bilan des qualités n’est pas vilain, n’est-ce pas?“867

Nach dem deutschen 2:0-Erfolg spricht die Zeitung von einem glücklichen Sieg der energischen Deutschen, die das Spiel in der Verteidigung gewonnen hätten. Beiden Mannschaften habe insbesondere in der ersten Halbzeit die spielerische Fantasie gefehlt.

Deutschland sei am Ende willensstärker gewesen und habe mithilfe nüchternen und einfachen Fußballs mehr für den Sieg getan. Die deutsche Verteidigung habe sich dieses Mal kollektiv ein Lob verdient. Kohlmeyer werden die Attribute Kaltblütigkeit und Opportunismus im Spiel lobend zugesprochen, Liebrich habe gekämpft wie ein Löwe und besitze schreckliche Autorität („terrible autorité“). Dass die Deutschen jedoch nicht immer fair – vor allem Liebrich – zu Werke gingen, lässt L’Équipe nicht unerwähnt.868 Immer auffälliger wird an dieser Stelle, mit welch geradezu martialisch klingendem Vokabular, das aber fast ausschließlich die Wertschätzung ihrer Qualitäten ausdrücken soll, einige deutsche Spieler vor allem in den untersuchten Zeitungen aus Frankreich beschrieben werden. Vielleicht liegt dieser Sprachduktus in den Erfahrungen Frankreichs mit Deutschland als Kriegsgegner begründet, vielleicht aber auch nur in der immensen körperlichen Präsenz, die Herbergers

863 Vgl. L’Équipe, 26. Juni 1954, 8.

864 L’Équipe, 26. Juni 1954, 9.

865 Vgl. L’Équipe, 26. Juni 1954, 9.

866 Vgl. L’Équipe, 26. Juni 1954, 9.

867 L’Équipe, 26. Juni 1954, 9.

868 Vgl. L’Équipe, 28. Juni 1954, 7.

Spieler auf dem Platz gezeigt haben müssen. Am wahrscheinlichsten ist eine Verbindung aus beidem.

Die Wiener Zeitung bestätigt im Zusammenhang mit dem deutschen Viertelfinalspiel ihre Österreich-Fokussierung. Insgesamt widmet sich die Zeitung dem Spiel Deutschlands gegen Jugoslawien nur auf zwölf Zeilen im Anschluss an das Aufeinandertreffen. Die deutsche Nationalmannschaft habe überraschenderweise gewonnen, heißt es da. Wegen des jugoslawischen Eigentors sei der Sieg glücklich zustande gekommen und vor allem der Abschlussschwäche der Jugoslawen geschuldet.869

Vor dem Spiel bezeichnet Die Presse das Resultat des Aufeinandertreffens als völlig offen.

Jugoslawien besäße jedoch Vorteile, weil sich das Team ohne Relegationsspiel habe qualifizieren können.870 In ihrem Spielbericht zitiert die Zeitung ungewöhnlicherweise fast nur den Bericht des Zürcher Sportfachblattes Sport. Offenbar hatte Die Presse keinen eigenen Journalisten vor Ort, wollte jedoch ihren Lesern noch wenigstens eine kurze Einschätzung des österreichischen Halbfinalgegners zur Hand geben. Vor allem kämpferisch habe Deutschland überzeugt. Die Abwehr um Liebrich sei nicht wiederzuerkennen gewesen.871 Die eigene Einschätzung der Presse fällt kurz aus: „Dennoch darf nicht verschwiegen werden, daß der deutsche Angriff nicht die Erwartungen erfüllte.“872 Festzuhalten bleiben an dieser Stelle zwei Sachverhalte. Erstens scheint sich die zuvor immer wieder kritisierte deutsche Abwehr auch in der Rezeption internationaler Medien im Turnierverlauf gesteigert zu haben. Zweitens hatte der deutsche Angriff nach den Eindrücken vor und während des Turniers offenbar bereits so einen guten Ruf, dass er in ihn gesetzte Erwartungen selbst mit zwei Torerfolgen in einem WM-Viertelfinale nicht erfüllen kann.

Die Salzburger Nachrichten bezeichnen die Partie Deutschland-Jugoslawien als diejenige, die wohl am wenigsten Interesse bei Beobachtern auslösen werde.873 So verwunderlich ist dies nicht, traten doch in den übrigen Viertelfinals der Topfavorit gegen einen großen Mitfavoriten (Ungarn-Brasilien), der amtierende Weltmeister gegen das Fußballmutterland (Uruguay-England) sowie der WM-Gastgeber gegen das aus Sicht der Salzburger Nachrichten eigene Nationalteam (Schweiz-Österreich) an. Die Deutschen seien sehr optimistisch vor dem Aufeinandertreffen, die Jugoslawen dagegen eher skeptisch, will das Blatt festgestellt haben.

Laut Expertenmeinung sei eines jedoch bereits vor dem Anpfiff klar: „Das Duell Fritz Walter

869 Vgl. Wiener Zeitung, 29. Juni 1954, 6.

870 Vgl. Die Presse, 27. Juni 1954, 14.

871 Vgl. Die Presse, 29. Juni 1954, 8.

872 Die Presse, 29. Juni 1954, 8.

873 Vgl. Salzburger Nachrichten, 26. Juni 1954, 7.

– Zlatko Cajkovski wird dieses Viertelfinalspiel entscheiden.“874 Der deutsche Kapitän war zumindest europaweit ein geachteter Star – dies wird in dieser Aussage einmal mehr deutlich.

Trainer Herberger genießt aber offenbar ein noch höheres Ansehen. An Jugoslawien könne er seine „taktischen Hexenmeisterkünste“875 erneut erproben. Immer häufiger würden Partien nicht nur durch die Spieler entschieden, häufig entscheide der bessere Coach, analysiert die Zeitung. Neben dem Schweizer Karl Rappan habe Herberger während des Turniers in dieser Hinsicht mit seiner „rezessiven Aufstellung“ gegen Ungarn und der darin begründeten Viertelfinalqualifikation eine „eindeutige Visitenkarte“ abgegeben.876 Andere Trainer von Endrundenteilnehmern werden an dieser Stelle nicht genannt. Nach dem deutschen Viertelfinale stimmt die Zeitung in die Kritik der meisten anderen Medien ein. Zwar habe Deutschland einen „heroischen Abwehrkampf“ geliefert, und Torhüter Turek überragend gehalten, das Resultat trüge jedoch:877 „Jugoslawien spielte – Deutschland siegte“878, lautet die Kurzanalyse der Salzburger Nachrichten. Insgesamt sei Deutschlands Sieg die einzige Überraschung im Viertelfinale gewesen.879

Die NZZ verlegt sich bei ihrer Berichterstattung vom deutschen Viertelfinalsieg gegen Jugoslawien auf eine reine Zusammenfassung des Spielgeschehens. Ausblicke und tiefere Analysen, die über das, was war, hinausgehen, lässt die Zeitung allgemein meist außen vor.

Auffällig erscheint im Zusammenhang mit dem Viertelfinale jedoch, dass die Zeitung das deutsche Team bei Weitem nicht als so defensiv ausgerichtet beschreibt, wie andere Zeitungen es im Bezug auf diese Partie getan hatten. Vielmehr habe die Mannschaft laut NZZ zu Beginn das Spiel dominiert, nach der Pause sei „beidseitig stark der Angriff forciert“880 worden. So stuft die NZZ den deutschen Sieg wegen der „aufopfernden Leistung jedes einzelnen Spielers“881 am Ende auch als verdient ein.882 Ähnlich wie in den Salzburger Nachrichten stellt auch die NZZ Herberger als Garanten für den Halbfinaleinzug Deutschlands heraus. „Herberger bestätigte seinen Ruf als Stratege und bewies, daß er mit seiner Taktik gegen Ungarn recht behalten hatte, indem seine Standardelf einen wichtigen Ruhetag eingeschaltet erhielt und das Entscheidungstreffen gegen die Türkei erfolgreich bestand.“883 Hier – und auch in vielen Textstellen zuvor, die sich mit der Denkweise

874 Salzburger Nachrichten, 26. Juni 1954, 7.

875 Salzburger Nachrichten, 26. Juni 1954, 7.

876 Vgl. Salzburger Nachrichten, 26. Juni 1954, 7.

877 Vgl. Salzburger Nachrichten, 28. Juni 1954, 3.

878 Salzburger Nachrichten, 28. Juni 1954, 3.

879 Vgl. Salzburger Nachrichten, 28. Juni 1954, 4.

880 NZZ, 29. Juni 1954, Blatt 3.

881 NZZ, 29. Juli 1954, Blatt 3.

882 Vgl. NZZ, 29. Juli 1954, Blatt 3.

883 NZZ, 29. Juli 1954, Blatt 3.

Herbergers beschäftigten – wird deutlich, dass viele der untersuchten Zeitungen insbesondere aus Frankreich, Österreich und der Schweiz deutsche Spiele selten einzeln bewerten, sondern bereits die exakte Vorausplanung des Bundestrainers erkannt haben und in ihre Analysen einfließen lassen. So ist auch die Bemerkung der NZZ zu verstehen, dass sich die Deutschen selbst durchaus im Vorfeld des Turniers das Erreichen des Halbfinales als Ziel gesteckt hätten.884

Die Basler Nachrichten bezeichnen hingegen schon die Qualifikation Deutschlands für das Viertelfinale als Achtungserfolg. Auch Herberger sei Realist genug, um dies ermessen zu können.885 Die Berichterstattung vom deutschen Viertelfinalspiel fällt denkbar knapp aus.

Neben drei Favoriten habe sich mit Deutschland ein Außenseiter durchgesetzt. Zwar sei Jugoslawien überlegen gewesen, Deutschland habe das schöne und faire Spiel aber gewonnen.886

Jugoslawien wird von der Gazette de Lausanne leicht favorisiert. Beide Mannschaften werden von der Zeitung als sehr kühl und kalkulierend spielend beschrieben. Beim deutschen Team lobt das Blatt vor allem die Präzision. Wie gut die deutsche Taktik jedoch wirklich sei, müsse sich nach unterschiedlichen Eindrücken während der Vorrunde allerdings noch zeigen.887 Das Defensivverhalten der deutschen Elf beschreibt die Zeitung nach dem Spiel als Mauer aus Granit, in der vor allem Liebrich den verletzten Posipal habe vergessen lassen. Allgemein habe sich die deutsche Verteidigung, die zuvor noch der Schwachpunkt der Auswahl gewesen sei, taktisch sehr effektiv präsentiert. Dazu habe der Torhüter stark gehalten. Einen verdienten Sieg will die Zeitung trotzdem nicht ausgemacht haben. Beide Tore seien eher zufällig gefallen, merkt das Blatt an.888

Das Journal de Genève widerspricht in seiner Vorberichterstattung zu dem Viertelfinale explizit der gängigen Meinung, die auch wiedergegeben wird, das Spiel Deutschland-Jugoslawien sei das unattraktivste in der Runde der letzten acht. „Nous croyons, au contraire, que deux équipes de classe […] disputeront un match à ne pas manquer, une véritable partie de coupe.“889 Dass das Aufeinandertreffen jedoch in Genf und damit im Stammort der Zeitung stattfand, ist an dieser Stelle mehr als eine Randnotiz. Welche Zeitung gibt schon gern zu, dass ein Ereignis, das in der Stadt abgehalten wird, in dem ihr Medium produziert wird und erscheint, unattraktiv ist? Im Bezug auf die deutsche Mannschaft merkt die Zeitung

884 Vgl. NZZ, 29. Juli 1954, Blatt 3.

885 Vgl. Basler Nachrichten, 25. Juni 1954 (Tagesausgabe), 4.

886 Vgl. Basler Nachrichten, 28. Juni 1954 (Tagesausgabe), 7.

887 Vgl. Gazette de Lausanne, 26. Juni 1954, 7.

888 Vgl. Gazette de Lausanne, 28. Juni 1954, 6.

889 Journal de Genève, 26. Juni 1954, 10.

die Unausgewogenheit zwischen Abwehr und Angriff an. Die Verteidiger hätten im bisherigen Turnierverlauf eher schwach agiert, die Stürmer dagegen umso stärker.890 Im Anschluss beschreibt die Zeitung die Partie als Sieg des deutschen Willens gegen die Wissenschaft der Jugoslawen. Der überraschende Sieger habe nicht mit Eleganz geglänzt.

Trotzdem sei das deutsche Auftreten aufgrund der Schnelligkeit und Präzision sehr beeindruckend gewesen. In der kühl agierenden Defensive habe sich die Aufstellung Liebrichs, der sich in diesem Spiel, wie auch die Berichte in den übrigen untersuchten Zeitungen zeigen, offenbar endgültig ins Bewusstsein der analysierten Medien gespielt hatte, bezahlt gemacht.891 Das Fazit der Zeitung zu diesem Spiel mag als Sinnbild für die Rezeption deutschen Fußballs im Ausland während vieler der folgenden Jahrzehnte gelten:

„L’Allemagne avait gagné grâce à ses vertus de courage et d’obstination.“892

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass das deutsche Viertelfinale mit Ausnahme des Auftaktspiels gegen die Türkei das geringste Medieninteresse unter den analysierten Zeitungen bei Spielen mit deutscher Beteiligung hervorrief.