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D ISKUSSION DER M ETHODIK DER G ESAMTUNTERSUCHUNG

Im vorliegenden Abschnitt wird zuerst die Zusammensetzung und Repräsentativität der Stichprobe diskutiert, bevor auf die Operationalisierung der erfassten Variablen einge-gangen wird.

5.1.1 Z

USAMMENSETZUNG UND

R

EPRÄSENTATIVITÄT DER

S

TICHPROBE Bei den hier untersuchten Patienten handelte es sich ausnahmslos um Patienten einer diabetischen Fachklinik. Diese Patienten werden in der Regel aufgrund von Entgleisun-gen des Diabetes in die Klinik aufEntgleisun-genommen. Die Insulinersteinstellung oder akute dia-betische Folgeerkrankungen, wie z.B. ein diadia-betisches Fußsyndrom, sind weitere häufi-ge Gründe für einen stationären Aufenthalt von Typ-2-Diabetespatienten. Aufgrund des zumeist fortgeschrittenen Krankheitsstadiums der untersuchten Patienten liegt es daher nahe, dass diese stärker belastet gewesen sein könnten, als Patienten, die ihren Diabetes ambulant betreuen lassen. Dies würde die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf Patienten im ambulanten Setting einschränken.

Diese Annahme wird dadurch unterstrichen, dass die hier beschriebenen Patienten ins-gesamt und im Durchschnitt sehr schlechte Blutwerte hatten und insins-gesamt in einer eher

schlechten körperlichen Verfassung waren, was sich unter anderem daran zeigt, dass 96.34 % der Patienten mindestens eine Folgeerkrankung haben, bzw. dass 35.37 % der Patienten sogar unter 5 oder mehr Folgeerkrankungen leiden.

Zudem nahmen in der Studie vergleichsweise eher die „körperlich fitteren“ Patienten teil, weil ein Großteil der Patienten (insgesamt 39.28%) aus medizinischen Gründen nicht teilnehmen konnte. Daher fehlen in der Stichprobe die sehr kranken Patienten, weshalb unklar ist, ob die Ergebnisse auf diese Art von Patienten übertragbar sind.

Der größte Anteil der untersuchten Patienten (75.26 %) wurde mit Insulin oder einer Kombination aus Insulin und Tabletten behandelt. Lediglich ein Patient wurde mittels Diät „behandelt“, die übrigen 23.71 % nahmen Tabletten zur Senkung des Blutzucker-spiegels. Im Vergleich dazu stehen die Ergebnisse der Code-2-Studie (Liebl et al., 2002), einer groß angelegten Untersuchung, bei der in Deutschland über 800 Typ-2-Diabetespatienten untersucht wurden. In dieser Studie wurden insgesamt 81% Patienten medikamentös behandelt. Davon 53% mit oralen Antidiabetika, 14% mit einer Kombi-nation aus Tabletten und Insulin, 14% nur mit Insulin und 19% mit Diät/ Bewegung.

Es kann aus den zuvor genannten Gründen nicht davon ausgegangen werden, dass die Stichprobe dieser Diplomarbeit repräsentativ für alle Patienten mit Typ-2-Diabetes ist.

Auffällig ist, dass ein großer Teil der Patienten die eine Teilnahme an der Studie ab-lehnten (41.67%), „kein Interesse“ als Grund für die Nicht-Teilnahme angaben. Dies ist jedoch ein weit dehnbarer Begriff. Es bleibt deshalb die Frage offen, aus welchen tat-sächlichen Gründen die befragten Personen nicht teilnahmen. Möglich ist, dass gerade Patienten eine Teilnahme ablehnten, die sich selbst wenig zutrauen, oder Patienten, die Versagensängste habe. Dieser mögliche Selektionsbias schränkt die Aussagekraft der Studie ein.

5.1.2 O

PERATIONALISIERUNG DER ERFASSTEN

V

ARIABLEN

Erfassung des Selbstbehandlungsverhaltens: Als Kriterium für das Selbstbehandlungs-verhalten wurden in der vorliegenden Studie zum einen der Fragebogen zur Erfassung des Diabetes-Selbstbehandlungsverhalten von Toobert & Glasgow (2001) und zum an-deren der HbA1c -Wert als Maß für die Güte der Stoffwechseleinstellung herangezogen.

Der Einsatz des Fragebogens ist insofern kritisch zu betrachten, als dass es sich dabei um ein Selbstberichtsmaß handelt, welches folgende Nachteile mit sich bringt (Lösel, 1999): es besteht die Gefahr, dass Patienten die Items unterschiedlich interpretiert ha-ben. Gedächtnis- oder Erinnerungsprobleme können zu falschen Antworten führen, ge-nauso wie Defizite der Selbstbeobachtung und Selbstkenntnis oder die Tendenz zur

Selbsttäuschung. Es ist außerdem nicht möglich zu kontrollieren, ob einige Patienten ihre Antworten absichtlich verfälscht haben. Ein Grund dafür könnte die Tendenz zu sozial erwünschten Antworten sein, wobei sich diese im Zusammenhang mit dem Dia-betes-Selbstbehandlungsverhalten eher auf medizinisch erwünschte Antworten bezieht.

Patienten die aus Schulungen wissen wie sie sich bezüglich ihres Diabetes verhalten sollen, könnten die Fragen eher im Sinne des Schulungswissens und weniger im Sinne des tatsächlichen Selbstbehandlungsverhaltens beantwortet haben. Die limitierten Ant-wortmöglichkeiten machen es außerdem unmöglich, das Selbstbehandlungsverhalten detailliert nachzuvollziehen.

Hinzu kommt, dass es sich bei dem verwendeten Fragebogen um eine nicht-validierte Übersetzung des amerikanischen Originals handelt, d.h. es ist unklar, ob der Fragebogen das Selbstbehandlungsverhalten valide erfassen kann. Außerdem stellt sich die Frage, inwieweit die Inhalte aus Amerika nach Deutschland übertragbar sind, da die Anforde-rungen an das Selbstbehandlungsverhalten in beiden Ländern nicht übereinstimmen müssen.

Der Einsatz des Fragebogens ist jedoch insofern zu rechtfertigen, als dass zum Zeit-punkt der Erhebung kein anderes Verfahren verfügbar war (vgl. Toobert & Glasgow, 2001). Die Überprüfung des Selbstbehandlungsverhaltens z. B. durch Fremdbeobach-tung oder Beurteilung der Blutzuckertagebücher wäre für den Rahmen der Untersu-chung zu aufwendig gewesen.

Die Verwendung des HbA1c-Wertes als Maß für die Güte der Stoffwechseleinstellung ist gerechtfertigt, da er ein zentraler und objektiver Parameter der Stoffwechseleinstel-lung ist und als Standard in der Diabetologie gilt. Er bildet jedoch nur den mittleren Blutglukosewert der letzten zwei bis drei Monate ab (Heinemann, Sawicke, Niederau &

Starke, 2000, vgl. Kap. 3.3.3.1). Es ist deshalb nicht möglich, mit dem HbA1c eine Aus-sage zum täglichen Selbstbehandlungsverhalten zu machen (z.B. zur Häufigkeit der Blutglukosemessungen).

Erfassung der kognitiven Funktionen: Zur Erfassung der kognitiven Leistungsfähigkeit wurden in der vorliegenden Diplomarbeit Untertests des HAWIE-R, der DemTect sowie der im Rahmen dieser Arbeit entwickelte DiabSkills eingesetzt.

Bezüglich des Einsatzes des HAWIE-R zur Beurteilung der allgemeinen kognitiven Leistungsfähigkeit ist zu beachten, dass die IQ-Werte mit Hilfe einer Formel nach Spreen & Strauss (1998, S. 95) geschätzt wurden. Bei dieser Formel wird der IQ-Wert nur mit einer speziellen Auswahl der Untertests berechnet, nicht mit der kompletten Anzahl aller vorhandenen Untertests. Die Kurzform wurde eingesetzt, um die gesamte Untersuchung so kurz wie möglich zu halten, um die Patienten nicht zu sehr zu

be-lasten. Die Kurzform ist besonders angemessen für Untersuchungen, in denen nur eine grobe IQ-Schätzung benötigt wird (Spreen & Strauss, 1998). Allerdings ist diese Schät-zung mit Fehleranfälligkeit verbunden, die IQ-Werte könnten dadurch falsch einge-schätzt werden.

Ein weiteres Problem ist, dass der HAWIE-R im Original nur über Normen bis 74 Jahre verfügt. In der vorliegenden Studie nahmen jedoch auch Patienten im Alter von 75 Jah-ren und älter teil. Es ist möglich, dass die IQ-Werte dieser älteJah-ren Probanden unter-schätzt wurden, da zur Berechnung die Normwerte der jüngeren Patienten verwendet wurden.

Der Einsatz des DiabSkills bleibt noch zu diskutieren. Auf die Psychometrische Güte des DiabSkills wird im nächsten Unterkapitel genauer eingegangen. Die Ergebnisse zur Reliabilität und Validität werden im Folgenden kritisch diskutiert.