• Keine Ergebnisse gefunden

2 Literaturübersicht

2.6 Cyclooxygenasen

Prostaglandin-H2-Synthasen oder auch Cyclooxygenasen (COX) sind bifunktionale, membran-gebundene Synthasen (GARAVITO u. MULICHAK 2003). Sie katalysieren die oxidative Zyklierung ungesättigter Fettsäuren aus Arachidonsäure in Prostaglandin G2 und die anschließende Reduktion zu Prostaglandin H2 (VANE et al. 1998).

Die erste Cyclooxygenase wurde 1976 entdeckt (HEMLER u. LANDS 1976) und aufgrund dessen als COX-1 bezeichnet. Die zweite Cyclooxygenase wurde 1991 als weitere Isoform identifiziert und COX-2 genannt (KUJUBU et al. 1991; XIE et al. 1991). Für beide Cyclooxygenasen wurden weitere Unterformen („splice variants“) identifiziert (QIN et al. 2005). Die dritte Isoform COX-3 wurde der COX-1 (CHANDRASEKHARAN et al. 2002) und der COX-2 (WILLOUGHBY et al. 2000) als Unterform zugeordnet. Die Cycolooxygenasen-1 und -2 sind in der Zelle im endo-plasmatischen Retikulum und in der Kernhülle lokalisiert (OTTO u. SMITH 1994; MORITA et al.

1995). Die primäre Struktur der Cyclooxygenasen ist zusammengesetzt aus 600 bis 602 Amino-säuren und wird durch die Abtrennung von Signalpeptiden in die funktionelle Form umgewandelt (SMITH et al. 2000). In der Studie von SMITH et al. (2000) bestand eine hohe Übereinstimmung zwischen den Aminosäuresequenzen der beiden Cyclooxygenasen, wodurch speziesübergreifende Beschreibungen und Vergleiche der Synthasen möglich wurden. COX-1 und COX-2 bestehen beide aus identischen Untereinheiten, unterscheiden sich aber aufgrund zweier Mutationen, die zu strukturellen Abweichungen führen (WONG et al. 1997; VANE et al.

1998). Die COX-1 besitzt an den Aminosäurepositionen 434 und 523 einen Isoleucinrest und an der Aminosäureposition 513 einen Histidinrest. Die COX-2 hingegen weist an diesen Amino-säurepositionen einen Valin- bzw. Argininrest auf. Aufgrund dessen ist die aktive Seite der COX-2 größer und für Inhibitoren und Substrate somit gut zugänglich (WONG et al. 1997).

Die unterschiedliche Funktionalität der beiden Cyclooxygenasen innerhalb der Zelle war laut SMITH et al. (2000) darauf zurückzuführen, dass die COX-2 negativ allosterisch von COX-1 inhibiert wurde. Somit war die Umwandlung der innerhalb der Zelle frei verfügbaren Arachidonsäure für COX-2 verringert. Gleichzeitig war diese Umwandlung durch COX-2 aber viermal effektiver als die durch COX-1.

Des Weiteren war in der Studie von SMITH et al. (2000) eine zeitabhängige Aktivität beider Synthasen nach Stimulation mit LPS, Zytokinen und Growth Factor beschrieben, wonach COX-1 in der frühen Phase, 10 bis 30 Minuten nach Stimulation, hochreguliert wurde. In der Spätphase, 2 bis 12 Stunden nach der Stimulierung, verringerte sich die Prostanoid-Produktion, wahrscheinlich aufgrund der erschöpften Arachidonsäurevorräte der Zelle, und COX-2 dominierte. Die Autoren dieser Publikation spekulierten, dass die individuelle Aktivierung der Cyclooxygenasen zwar ein zeitabhängiger Prozess war, aber auch von der Arachidonsäurekonzentration abhängig sein konnte (SMITH et al. 2000).

2.6.1 Cyclooxygenase-1

Die Cyclooxygenase-1 (COX-1) ist ein konstitutiv exprimiertes Enzym, das unter physiologischen Bedingungen in den meisten Geweben in hohen Konzentrationen exprimiert wird (LÖSCHER 2010). Sie katalysiert die physiologische Prostaglandinsynthese aus Arachidonsäure (TOMLINSON et al. 2004). COX-1 ist unter physiologischen Bedingungen die dominierende Isoform im Gastrointestinaltrakt von Nagern, Menschen und anderen Primaten (KARGMAN et al. 1996; SEIBERT et al. 1997; KOKI et al. 2002). Eine Untersuchung des Gastrointestinaltrakts gesunder Ratten zeigte, dass COX-1 vor allem in den Zellen der Tunica mucosa, der Lamina

muscularis mucosae und im Endothel von Gefäßen der Tela submucosa des Dünndarms und im Caecum exprimiert wurde (HAWORTH et al. 2005). Die geringste Expression wurde im Dickdarm festgestellt (HAWORTH et al. 2005). Beim Menschen wurde COX-1 vor allem in der Magenmukosa, in der Lamina muscularis mucosae sowie im Endothel und in den glatten Muskelzellen der Arterien und Venen beobachtet (ZIMMERMANN et al. 1998). Bei Mäusen konnte COX-1 in den glatten Muskelzellen der Tunica muscularis des Kolons nachgewiesen werden (PORCHER et al. 2004). Bei Ratten wiederum wurden COX-1 exprimierende Zellen nur in der Tela submucosa des Kolons und nicht in den Muskel- und Endothelzellen beobachtet (REUTER et al. 1996).

Die unterschiedlichen Ergebnisse der Studien zeigen, dass die Lokaliationen der COX-1-Expression innerhalb der Darmwand von der Spezies abhängt. Beim Pferd wurde konstitutiv exprimierte COX-1 sowohl in den Zellen der Tela submucosa und der Tunica mucosa (MATYJASZEK et al. 2009; MORTON et al. 2009; GROSCHE et al. 2011) als auch in den Zellen der Tunica muscularis des Jejunums (FRANZ 2013) beobachtet.

2.6.1.1 Cyclooxygenase-1-Aktivierung

COX-1 wird unter physiologischen Bedingungen exprimiert. Über den Mechanismus und die Voraussetzungen der Aktivierung ist bisher wenig bekannt (CRONSTEIN 2002; LITTLE et al.

2007a). In mehreren Studien konnte ein Anstieg der COX-1-Expression durch einen patho-logischen Stimulus induziert werden. So führten z. B. Stresssituationen zu einer gesteigerten COX-1-Expression im Gewebe (HOFFMANN et al. 2006). Beim Menschen konnte infolge einer akuten Organabstoßung einer transplantierten Niere eine signifikante Erhöhung der COX-1-Expression in Blutgefäßen und in infiltrierten Zellen beobachtet werden. Im Vergleich dazu lag bei komplikationsloser Toleranz des Organs kein signifikant erhöhter COX-1-Gehalt vor (HOFFMANN et al. 2006). In einer weiteren Studie beim Menschen zu Magenulzerationen konnte ein Anstieg der COX-1-Expression im Zusammenhang mit einer zunehmenden Mukosa-schädigung beobachtet werden (BHANDARI et al. 2005). Bei der Ratte hingegen wurde kein Anstieg der COX-1-Expression in der einem Magenulkus benachbarten Magenmukosa beobachtet (SCHMASSMANN et al. 1998). In einer anderen Untersuchung an Ratten wurde nach induzierter Kolitis keine signifikante Hochregulierung der COX-1-Expression im Vergleich zur Kontrollprobe beobachtet (REUTER et al. 1996). Auch in einem Ischämie- und Reperfusions-Modell im Gehirn des Schweins (DOMOKI et al. 1999) sowie in den Nieren von Ratten (MATSUYAMA et al. 2004) konnte keine gesteigerten COX-1-Expression in den Endothelzellen venöser und arterieller Gefäße nachgewiesen werden.

Ischämie-Reperfusions-Studien am equinen Jejunum bzw. Kolon zeigten, dass innerhalb einer Spezies Unterschiede in der COX-1-Expression vorlagen. So konnte in ausschließlichen Unter-suchungen der Tunica mucosa und der Tela submucosa ein Anstieg der COX-1-Expression in ischämisch geschädigtem Jejunum (LITTLE et al. 2007b; COOK et al. 2009) und Kolon (MATYJASZEK et al. 2009) beobachtet werden. In drei weiteren Studien hingegen lag keine

Erhöhung der COX-1-Expression in der Tunica mucosa nach Ischämie im Vergleich zur Kontroll-probe vor (MORTON et al. 2009; GROSCHE et al. 2011; MARSHALL et al. 2011).

COX-1 exprimierende Muskelzellen konnten in dem Ischämie-Reperfusionsmodell von FRANZ (2013) am equinen Jejunum bereits in der Kontrollprobe vor Anlegen der Ischämie nachgewiesen werden. Hierbei handelte es sich um eine deskriptive immunhistochemische Untersuchung der COX-1-Expression innerhalb der Schichten der Tunica muscularis und in der Tunica serosa (FRANZ 2013). Insbesondere in der Zirkulärmuskulatur der Tunica muscularis exprimierten Muskelzellen COX-1 homogen (FRANZ 2013). In der Longitudinalmuskulatur wurden dagegen nur vereinzelte COX-1 exprimierende Muskelzellen beobachtet, die sich vor allem im Endomysium befanden. Des Weiteren fiel auf, dass im Vergleich zur ungeschädigten Kontrollprobe des Jejunums nach neunzigminütiger Ischämie- und dreißigminütiger Reperfusion kein Anstieg der COX-1 Expression in den Muskelzellen zu beobachten war (FRANZ 2013).

2.6.2 Cyclooxygenase-2

Die Cyclooxygenase-2 (COX-2) ist die zweite Isoform der Cyclooxygenasen, die ebenfalls die Umwandlung von Arachidonsäure zu Prostanoiden katalysiert. Anders als die konstitutiv exprimierte COX-1 wird die Expression der COX-2 durch inflammatorische Stimuli wie Interleukin-1 (IL-1), Tumornekrosefaktor-α (TNF-α) oder LPS stimuliert (SMITH et al. 2000).

Demzufolge wird eine Hochregulierung der COX-2 in der Literatur überwiegend in Zusammen-hang mit entzündlichen Vorgängen im Organismus beschrieben.

Eine konstitutive Expression von COX-2 wurde bisher nicht einheitlich dargelegt. Im Gegensatz zu COX-1 wurde COX-2 unter physiologischen Bedingungen in Studien in nur sehr geringen Mengen im Dickdarm von Nagern, Menschen und anderen Primaten konstitutiv exprimiert (KARGMAN et al. 1996; SEIBERT et al. 1997; KOKI et al. 2002). In Untersuchungen an Schweinen und Ratten wurde in gesundem Kolon keine COX-2 nachgewiesen (REUTER et al. 1996; CHO u.

CHAE 2004). Eine andere Studie an Ratten wies hingegen COX-2 im gesamten Gastrointestinaltrakt in unterschiedlich starker Expression nach (HAWORTH et al. 2005). COX-2 wird am stärksten in der Tunica mucosa der Ileocaecalklappe exprimiert, gefolgt vom Jejunum und Dickdarm, postulierten HAWORTH et al. (2005). Die geringste Expression wurde in der Tunica mucosa von Duodenum, Pylorus und Magenfundus beobachtet (HAWORTH et al. 2005).

Beim Menschen und Kaninchen wurde in der ungeschädigten Magenmukosa konstitutiv exprimierte COX-2-mRNA nachgewiesen (ZIMMERMANN et al. 1998). Als Grund hierfür sahen die Autoren das die von COX-2 katalysierte Synthese von Prostaglandinen zum Schutz der Magenmukosa notwendig ist (ZIMMERMANN et al. 1998). Des Weiteren wurde in der Tunica muscularis des proximalen Kolons bei Mäusen ebenfalls konstitutiv exprimierte COX-2 beobachtet (PORCHER et al. 2004). Diese Beobachtungen lassen vermuten das COX-2 auch unter physiologischen Bedingungen exprimiert wird.

Wie auch für COX-1 beobachtet scheinen Unterschiede auch hier bezüglich der Expression von COX-2 zwischen den Tierarten zu bestehen. Mit Hilfe von Studien beim Pferd konnten in den

Epithelzellen, den Krypten sowie der Lamina propia mucosae der Tunica mucosa und in der Tela submucosa des gesunden Kolons eine physiologische Expression von COX-2 festgestellt werden (MATYJASZEK et al. 2009; MORTON et al. 2009; GROSCHE et al. 2011). Gleiches wurde in der Tunica mucosa und in der Tela submucosa des equinen Jejunums beobachtet (TOMLINSON et al. 2004; COOK et al. 2009; MARSHALL et al. 2011). Innerhalb der Tunica muscularis des ungeschädigten equinen Jejunums hat bisher nur FRANZ (2013) die konstitutive COX-2-Expression untersucht. Hier konnte keine konstitutive COX-2-Expression des Enzyms festgestellt werden (FRANZ 2013).

2.6.2.1 Induzierbarkeit der Cyclooxygenase-2

Die COX-2 ist ein induzierbares Enzym (SCHMASSMANN et al. 1998; KAINULAINEN et al. 2002;

MATSUYAMA et al. 2004). Bei der Induktion des Enzyms handelt es sich um einen zeitabhängigen Prozess (MATSUYAMA et al. 2004). So konnte in den Endothelzellen der Niere bei Ratten ein kontinuierlicher Anstieg der COX-2-Expression nach neunzigminütiger Ischämie und bis zu fünf Stunden nach Einleitung der Reperfusion beobachtet werden. Danach wurde mit zunehmendem zeitlichem Abstand zum inflammatorischen Stimulus eine Abnahme der COX-2-Konzentration beobachtet (MATSUYAMA et al. 2004). Ebenfalls bei der Ratte konnte bei experimentell induzierten Magenulzerationen eine deutliche Hochregulierung der COX-2-Expression in Monozyten, Makrophagen und Fibroblasten im Vergleich zu ungeschädigten Magenwandproben beobachtet werden (SCHMASSMANN et al. 1998).

In der Dünndarmschleimhaut wurde in der Lamina propria mucosae von an Zöliakie erkrankten Menschen im abgelösten und geschädigten Epithel eine deutliche COX-2-Expression beobachtet (KAINULAINEN et al. 2002). Ebenfalls in der Lamina propria und in der Tunica muscularis wurde sowohl 24 Stunden als auch eine Woche nach induzierter Kolitis bei Ratten ein drei- bis sechsfacher Anstieg der COX-2-Konzentration festgestellt (REUTER et al. 1996). Beim Schwein kam es im Zusammenhang mit ulzerativer Kolitis ebenfalls zum deutlichen Anstieg der COX-2 Expression (CHO u. CHAE 2004).

Beim Pferd wurde in der Tunica mucosa und in der Tela submucosa ein Anstieg der COX-2-Expression nach ischämischer Schädigung im Jejunum beobachtet (COOK et al. 2009; MARSHALL et al. 2011). In der Tunica mucosa des equinen Kolons kam es nach ischämischer Schädigung ebenfalls zu einem deutlichen Anstieg der COX-2-Expression (MATYJASZEK et al. 2009; MORTON et al. 2009; GROSCHE et al. 2011). Eine deskriptive Untersuchung der Tunica muscularis zur Expression von COX-2 in einem neunzigminütigen Ischämie- und dreißigminütigen Reper-fusionsmodell am mittleren Abschnitt des equinen Jejunums ergab, dass COX-2 vor allem in der Longitudinalmuskulatur exprimiert wurde (FRANZ 2013). Dieser Vorgang wurde sowohl während der Ischämie als auch nach der Reperfusion nachgewiesen. Auffällig war, dass es zu keiner Zunahme der COX-2-Expression nach der Reperfusion im Vergleich zu den Ischämie-Proben kam (FRANZ 2013). Diese Beobachtung entspricht der Untersuchung von MATSUYAMA et al. (2004) bei Ratten. Mit zunehmendem zeitlichem Abstand zur inflammatorischen

COX-2-Induktion verringert sich die Intensität der COX-2-Expression im Gewebe (MATSUYAMA et al.

2004).

2.6.2.2 Funktion der Cyclooxygenase-2

Die COX-2 wird im Gegensatz zu COX-1 als induzierbares Enzym im entzündeten Gewebe bezeichnet (SCHMASSMANN et al. 1998; KAINULAINEN et al. 2002; MATSUYAMA et al. 2004). In mehreren Untersuchungen wurde jedoch klar, dass COX-2 sowohl im gesunden als auch im erkrankten Gastrointestinaltrakt eine entscheidende Rolle spielt. Im gesunden Magendarmtrakt von Ratten wurde eine Entwicklung von hämorrhagischen Erosionen im Magen (WALLACE u.

MILLER 2000; GRETZER et al. 2001) und Dünndarm (TANAKA et al. 2002a, b) durch gleichzeitige Hemmung der COX-1- und COX-2-Expression beobachtet. Die alleinige Hemmung von COX-1 bzw. COX-2 führte hingegen nicht zu hämorrhagischen Erosionen. In einer anderen Studie an Ratten führte die selektive Hemmung der COX-2 sogar zur deutlichen Heilungsverzögerung von Magenläsionen (SCHMASSMANN et al. 1998). Der Einsatz selektiver COX-2-Inhibitoren führte bei Ratten mit induzierter Kolitis zu einer deutlichen Verschlechterung der Kolitis und zum Durchbruch des Darms nach einer Woche (REUTER et al. 1996). Die Ergebnisse der Studien lassen vermuten, dass die von COX-2 synthetisierten Prostaglandine eine wichtige Rolle bei der Regeneration von geschädigtem Gewebe einnehmen.

Die Bedeutung der COX-2 wird bei der selektiven Inhibition der COX-1 deutlich. Gleichzeitig führt die Hemmung der COX-1 durch einen selektiven COX-1-Hemmer bzw. ein nicht selektives NSAID zu einem Anstieg der COX-2-mRNA-Expression in der Tunica mucosa des Magens und des Dünndarms bei Ratten (TANAKA et al. 2001, 2002b). Möglicherweise dient die Hochregulierung der COX-2 in diesem Fall dem Ausgleich des Prostaglandindefizits aufgrund der COX-1-Inhibition (TANAKA et al. 2001). Beim Pferd wurde der Effekt selektiver COX-2-Hemmer und nicht selektiver COX-1- und COX-2-Hemmer auf die Entzündungsreaktion von ischämisch geschädigtem Jejunum untersucht (FRANZ 2013). In Bezug auf die Infiltration der Tunica muscularis mit neutrophilen Granulozyten wurden keine signifikanten Unterschiede in Bezug auf die selektive oder nicht selektive Hemmung der Cyclooxygenase beobachtet (FRANZ 2013).