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Teil 1: Funktionen privater Finanzierung bei ÖPP-Projektfinanzierungen im

7.2 Controlling- und Reportingfunktion

7.2.1 Beschreibung der Funktion

Die Controlling- und Reportingfunktion (im Folgenden: C&R-Funktion) beschreibt Aktivitäten, die ein aktives Controlling und Reporting, im Sinne eines zeitgemäßen Rechnungswesens darstellen. Dazu gehören:

• Aufzeichnung und Dokumentation der Geschäftsvorfälle der SPV bzw. des Projektes,

• Prognose von Erlösen und Kosten zu Beginn des Projektes,

• projektbegleitende Erhebung von Kosten und Erlösen,

• Analyse der Ursachen von insbesondere negativen Kostenabweichungen,

• Fortschreibung der Kosten und Erlöse,

• Vorschlagen von Maßnahmen zur Korrektur von Kosten- und Erlösabweichungen.

Neben der Abbildung von den Kosten und Erlösen des Projektes wird die Auswirkung auf den wirtschaftlichen Erfolg des Projektes beurteilt. Aufgrund der Renditeorientierung der Sponso-ren stellt dies eine wichtige Grundbedingung für weitere Funktionen, insbesondere die Steue-rungsfunktion, dar. Denn nur durch die Abbildung der wirtschaftlichen Konsequenzen gemäß den Anforderungen der Sponsoren (vgl. 4.2.4.1), kann eine Entscheidung für eine effizienz-steigernde Maßnahme getroffen werden.

Ziele des öAG: Durch die realitätsgetreue Abbildung der Kosten- (z. B. Berücksichtigung des Werteverzehrs) und Erlösseite mit sämtlichen monetären Konsequenzen leistet die C&R-Funktion einen wesentlichen Beitrag zur Erhöhung der Transparenz im Projekt.

Darüber hinaus wird durch die C&R-Funktion eine Informationsbasis für das Projekt zur Ver-fügung gestellt. Einerseits geht es um Informationen für externe Adressaten, im Wesentlichen externe Kapitalgeber (FK-Geber) und den öAG. Andererseits geht es darum, der Geschäfts-führung der SPV eine bestmögliche Basis zu bieten, um unternehmerische Entscheidungen treffen zu können. Im Einzelnen handelt es sich dabei v. a. um das Aufzeigen verschiedener Handlungsalternativen und den damit verbundenen wirtschaftlichen Konsequenzen. Insofern kann die C&R-Funktion mittelbar auch zur Kostensicherheit und Ressourceneffizienz beitra-gen, indem sie die notwendigen Informationen zur Begrenzung von Kostenüberschreitungen bzw. zur Ergreifung von effizienzsteigernden Maßnahmen liefern kann. Insgesamt kann die C&R-Funktion somit als eine entscheidungsunterstützende Funktion (vgl. 7.7) angesehen wer-den.

Handelnde Akteure: Die C&R-Funktion wird durch die Sponsoren als Gesellschafter der SPV ausgefüllt. Aufgrund der Verantwortung für die Leistungsbereiche Planung, Bau, Erhaltung und Betrieb, werden strategische Investoren üblicherweise die Federführung beim Controlling übernehmen. Der Finanzinvestor wird in erster Linie als Regulativ bzw. Korrektiv bei den Con-trolling-Aktivitäten bzgl. der o. g. Leistungsbereiche auftreten und zudem seine Expertise im Bereich der Finanzierung einbringen.

Projektphasen: Die C&R-Funktion wirkt in sämtlichen Phasen des Projektes. Während in der Planungs- und Vorbereitungsphase v. a. die Prognose der wirtschaftlichen Konsequenzen ver-schiedener Handlungsalternativen im Vordergrund steht, verschiebt sich der Schwerpunkt in den anschließenden Phasen des Baus und Betriebs auf eine projektbegleitende Erfolgskon-trolle.

7.2.2 Beeinflussende Faktoren

Zur realitätsgetreuen Abbildung der Kosten und Erlöse des Projektes ist die rechtliche und organisatorische Trennung des Projektes durch die SPV eine notwendige Bedingung. Durch diese können sämtliche wirtschaftliche Aktivitäten des Projektes eindeutig von den übrigen Geschäften der Sponsoren abgetrennt werden.

Zudem ist die SPV i. d. R. verpflichtet Jahresabschlüsse mit doppelter Buchführung aufzustel-len und diesen nach den jeweils geltenden Regeln des HGB bzw. IFRS zu strukturieren (ex-ternes Rechnungswesen). Das hat zur Folge, dass das gesamte Projekt bilanziert und zudem eine GuV zur Abbildung des Projekterfolges angelegt werden muss.

Neben den gesetzlichen Vorschriften, durch welche die Sponsoren zur Aufstellung von Jah-resabschlüssen für externe Adressaten verpflichtet werden, sind die Aktivitäten der C&R-Funk-tion aus Sicht der Sponsoren v. a. auch Mittel zum Zweck. Aufgrund der durch die Sponsoren zu tragende Refinanzierungslast und insbesondere der Renditeorientierung, sind die Sponso-ren an einer realitätsgetreuen Abbildung des Projektes mit sämtlichen wirtschaftlichen Konse-quenzen interessiert. Insofern bildet die C&R-Funktion eine entscheidungsunterstützende Funktion, um eine wirtschaftlich vorteilhafte Umsetzung aus Sicht der Sponsoren sicherstellen zu können. Diese manifestiert sich z. B. in Gestalt einer Kosten- und Leistungsrechnung (KLR), in der eine ressourcenverbrauchsgetreue Abbildung der Kosten und Erlöse des Projek-tes erfolgen kann.

7.2.3 Vergleich zur öffentlichen Finanzierung

Derzeit gibt es in den mit der AV betrauten Ländern zumeist noch keine doppelte Buchführung, mit der eine Erfassung des Vermögens und Abschreibungen gemäß einer privaten Buchfüh-rung möglich wäre.474 Vor allem auf Bundesebene herrscht nach wie vor die kamerale Haus-haltsführung vor, die dem Realisationsprinzip folgt und dementsprechend rein zahlungsorien-tiert ausgerichtet ist. Somit kann keine periodengerechte Erfassung des Werte- und Ressour-cenverbrauchs erfolgen.475

Zudem besteht im öffentlichen Haushalt eine Trennung zwischen einerseits einem investiven Haushalt, indem v. a. die Auszahlungen der Baukosten verbucht werden, und einem kon-sumtiven Haushalt. Anderseits wird die Kreditaufnahme als Teil der gesamtstaatlichen Kredit-aufnahme verbucht, sodass keine Aussage über projektspezifische Kosten getätigt werden kann.476 Eine Verbindung zwischen Leistungs- und Finanzierungsseite findet nicht statt, da die Finanzierung vollkommen unabhängig vom Projekt dargestellt wird.

Bisher erfolgt häufig noch die Anwendung der Kameralistik, die rein zahlungsorientiert nach Einnahmen und Ausgaben gegliedert ist.477 Zukünftig besteht jedoch im Rahmen der formell privatisierten Autobahn GmbH das Potenzial, die C&R-Funktion auch bei konventioneller

474 Vgl. Fratzscher (2015), S. 6

475 Vgl. Böger (2010), S. 95

476 Vgl. Böger (2010), S. 97

477 Vgl. Schmid (2012), S. 107

Beschaffung vergleichbar zu erfüllen, indem privatwirtschaftliche Kostenrechnungs- und Buch-haltungssysteme angewendet werden.478

Demgegenüber kann in der privaten Finanzierung, aufgrund der Abbildung des Projektes im Rechnungswesen der SPV, eine genaue Zuordnung der verursachten Kosten erfolgen. Bei-spielsweise können durch die Berücksichtigung von Abschreibungen der jährliche Wertever-zehr und somit auch die zeitpunktbezogenen Vermögenswerte des Projektes in der GuV bzw.

Bilanz der SPV abgebildet werden. Der Werteverzehr kann einerseits in Form von Amortisati-onen auf einen immateriellen Vermögenswert bei KonzessiAmortisati-onen oder in Form von Abschrei-bungen auf die Sachanlage abgebildet werden. Darüber hinaus wird im Rechnungswesen der SPV ebenso der Zinsaufwand für das FK in der GuV abgebildet.479 Somit können nicht nur die Kosten für Bau, Erhaltung und Betrieb, sondern v. a. auch der Werteverzehr und die Finanzie-rung im Rechnungswesen der SPV abgebildet werden.

Zudem erfolgt die Verknüpfung der Leistungs- mit der Finanzierungsseite. Das bedeutet, dass jeder leistungswirtschaftlichen Aktivität eine finanzwirtschaftliche Konsequenz in Form eines Zahlungsstroms (CF) gegenübersteht. Änderungen auf der Leistungsseite, z. B. Kostenüber-schreitungen, haben eine Änderung der Finanzierungsseite (Erhöhung der Zahlungsabflüsse) zur Folge. Auch diese Zusammenhänge können im Rahmen der C&R-Funktion abgebildet werden.

Aufgrund der organisatorischen Trennung des Projektes kann auch der zu bewirtschaftende Streckenabschnitt als Betrachtungsgegenstand eingegrenzt werden. Darüber hinaus kann die Definition von Kostenträgern in Form der Streckenabschnitte zwischen zwei Knotenpunkten, z. B. gemäß der Mautabschnitte, erfolgen.480

Ein Problem der Ressourcenerfassung, welches auch nicht durch ein privatwirtschaftliches Rechnungswesen gelöst werden kann ist, dass erbrachte Vorleistungen der öffentlichen Hand bzw. der Straßenbauverwaltungen an den Vermögensgegenständen nicht abgebildet werden können, da diese zuvor nicht erfasst wurden.481 Darüber hinaus müssen im Vergleich zur kon-ventionellen Beschaffung die Transaktionskosten (z. B. zur Gründung der SPV) und ebenso die Finanzierungskosten, als Kosten der Funktionen der Finanzierung, berücksichtigt werden.

478 Die Leistungsfähigkeit eines neu zu schaffenden Controlling & Reporting auf Netzebene im Hinblick auf Wirtschaftlichkeit, Transparenz und Kontrolle wird im Rahmen der Bewertung der Bewirtschaf-tungsmodelle in Kapitel 12 thematisiert.

479 Vgl. Böger (2010), S. 96

480 Vgl. Speer/Kessel/Kutz (2019), S. 396

481 Vgl. Böger (2010), S. 97

7.2.4 Die Funktion im Überblick

Tabelle 14: Funktionssteckbrief "Controlling- und Reportingfunktion"

Titel: Controlling- und Reportingfunktion

Kurzbeschreibung: Die Controlling- und Reportingfunktion beinhaltet Aktivitäten, die ein aktives Controlling und Reporting, im Sinne eines zeit-gemäßen Rechnungswesens darstellen. Dazu gehören neben der Dokumentation der Geschäftsvorfälle der SPV im Wesent-lichen die Prognose, die projektbegleitende Nachhaltung so-wie Analyse der Kosten und Einnahmen und darauf basierend die Beurteilung des wirtschaftlichen Erfolges. Damit einher geht auch die Ableitung von Maßnahmen zur Korrektur von Abweichungen.

Ziele des öAG: ▪ Transparenz

▪ Kostensicherheit

▪ Ressourceneffizienz Beeinflussende

Faktoren:

▪ Organisatorische und rechtliche Trennung des Projektes durch SPV

▪ Pflicht zur Rechnungslegung (extern)

▪ Refinanzierungslast bzw. Renditeorientierung über den LZ des Projektes (intern)