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Der Chemokinrezeptors 7 (CCR7) und seine Relevanz für die T-Zell-Entwicklung

1. Einführung

1.4 Der Chemokinrezeptors 7 (CCR7) und seine Relevanz für die T-Zell-Entwicklung

Wie bereits anfangs des Abs. 1.2 erwähnt, sind Chemokine ein unabdingbarer Bestandteil für die Ausbildung und Unterhaltung der eigenen Immunität. Sie stellen eine der fünf Hauptgruppen der Zytokine dar. Ihre Hauptfunktion besteht in der Auslösung von Chemotaxis bei Immunzellen. Die Chemokine werden nach ihren funktionalen Kriterien in zwei Hauptgruppen, inflammatorisch und humoral, unterteilt. Die inflammatorischen Chemokine werden unter anderem von Gewebszellen bei Verletzungen, Infektionen oder Entzündungsprozessen ausgeschüttet und lenken die Zellen, zugehörig zum angeborenen und adaptierten Immunsystem, hin zu Infektionsherden. Die homöostatischen Chemokine wiederum werden kontinuierlich produziert und sind für die funktionelle Organisation der lymphatischen Organe zuständig. Des Weiteren sind sie speziell an der Entwicklung, Migration und Aktivierung der Lymphozyten beteiligt (Zlotnik und Yoshie, 2000; Allen et al., 2007). Während der bereits erläuterten T-Zellentwicklung im Thymus (s. Abs. 1.2) spielen die Chemokine CXCL12, CCL19/CCL21 und CCL25 mit ihren dazugehörigen Rezeptoren CXCR4, CCR7 und CCR9 eine wichtige Rolle.

Im Rahmen dieser Arbeit soll das Augenmerk auf den Chemokinrezeptor CCR7 gerichtet werden. CCR7 ist ein G-Protein-gekoppelter integraler Membranproteinrezeptor mit sieben Membran-durchspannenden Helices. CCR7 wird beispielsweise benötigt, um zirkulierende naive Lymphozyten in sekundär lymphatische Organe, wie z. B. die Lymphknoten, zu rekrutieren (Förster et al., 1999). Im Thymus wird er von sich entwickelnden T-Zellen (DN1-2) nach deren Eintreten in die CMJ zur Migration in den Kortex exprimiert, sowie von einem Teil der positiv selektionierten DP-Thymozyten, die auf dem Weg von der subkapsulären Zone zurück in die Medulla sind (Misslitz et al., 2004; Ueno et al., 2004). Da die Thymozyten-Progenitoren im Stadium DN1-2 beginnen, CCR7 herauf zu regulieren, um die CMJ verlassen zu können und Chemokin-gesteuert in Richtung Kortex, bzw. subkapsuläre Zone, migrieren zu können, ist bei den CCR7-/--Mäusen durch das Fehlen des Rezeptors eine deutliche Anhäufung der Zellen an der CMJ zu finden.

Von Kwan et al. (2004) und Ueno et al. (2004) wurde vorgeschlagen, dass CCR7 von den Thymozyten ebenfalls benötigt und herauf reguliert wird, um nach erfolgter positiver Selektion im Kortex dem Gefälle der von den mTEC produzierten Chemokine CCL19 und CCL21 zurück in die Medulla folgen zu können. Dieser Theorie nachkommend wäre die von

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Ueno et al. (2004) beschriebene Akkumulation der SP-Zellen im Kortex bei CCR7-/--Mäusen durch das Fehlen von CCR7 zu erklären.

Darüber hinaus zeigten Yin et al. (2007), dass CCR7 auch eine Rolle in der Differenzierungsentscheidung der DP-Zellen in CD4+- oder CD8+-SP-Zellen spielt. Er wird von an MHCI-Komplexen positiv selektionierten CD8+-Zellen viel stärker exprimiert als von an MHCII-Komplexen positiv selektionierten CD4+-Zellen. Außerdem können die an MHCII-Komplexen selektierten CD4+-Thymozyten durch transgene Überexpression von CCR7 in Richtung der CD8+-Entwicklung umgekehrt werden. Dies lässt vermuten, dass während des Differenzierungsprozesses der DP-Zellen Transkriptionssignale ausgesendet werden, die das Ausmaß der CCR7-Expression bestimmen, welche wiederum die Richtung der CD4+- zur CD8+-T-Zell-Differenzierung verstärkt.

Es existiert ein weiteres Mausmodell, welches dem Phänotyp der CCR7-/--Maus extrem ähnelt. Plt/plt-Mäuse (plt, paucity of lymph node T cells) haben eine spontane Mutation (Deletion) in zwei von drei Genen, die für die Liganden des CCR7 (CCL19 und CCL21) kodieren. Normale Mäuse besitzen für CCL21 zwei unabhängige Gene, Scya21a und Scya21b. Scya21a kodiert für Serin an Position 65 von CCL21 (CCL21-Ser) und wird in sekundären lymphatischen Organen und Lymphgefäßen exprimiert. Das CCL21b Gen kodiert für Leucin an Position 65 (CCL21-Leu) und wird nur auf lymphatischem Endothel von peripherem Gewebe exprimiert. CCL19, von Scya19 kodiert, wird überwiegend von Stroma-Zellen in der T-Zell-Zone der Lymphknoten, Milz und Peyer-Plaques (PP) in der Darmmukosa exprimiert. Die natürliche Deletion der plt/plt-Mäusen schließt die Gene Scya19 und Scya21a ein. Dies führt dazu, dass plt/plt-Mäuse nachgewiesene Defekte in der Lymphozyten-Lokalisierung aufweisen. T-Zellen können z. B. nicht an HEV (hoch-endotheliale Venolen, high endothelial venules) in Lymphknoten, PP und weißer Pulpa der Milz adhärieren (Scya21a). Außerdem sind die T-Zell-Zonen in Lymphknoten nicht ausgebildet, da die T-Zellen sich in und um die Lymphfollikel ansammeln, welche eigentlich der Ort für B-Zellen sind (Scya19) (Nakano et al., 1998; Gunn et al., 1999; Mori et al., 2001).

Die beiden Mausmodelle, CCR7-/- und plt/plt, besitzen zusätzlich eine erhöhte Suszeptibilität, Multiorgan-Autoimmunität zu entwickeln. Diese geht mit erhöhter Infiltration von Lymphozyten in verschiedene periphere Organe und erhöhten Titern von Autoantikörpern gegen mehrere gewebespezifische Antigene einher, sowie mit erhöhter Suszeptibilität, einen Streptozotocin-induzierten Diabetes oder eine chronische Nierenerkrankung durch IgG-Ablagerungen auf den Glomeruli zu entwickeln

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Misslitz et al, 2007; Kurobe et al., 2006). Die Ursachen für diese starken Ausprägungen werden hauptsächlich im Thymus gesehen, da dieser für die Sicherung der zentralen Toleranz zuständig ist.

Der Weiteren zeigten Davalos-Misslitz et al. (2007), dass der Vorgang der negativen Selektion bei den SP-T-Zellen gestört ist, da die TCR von CCR7-/--Thymozytenein deutliches Defizit in ihrer Stimulierbarkeit aufweisen. Außerdem werden in CCR7-/--Mäusen auch nicht alle Thymozyten klonal deletiert, deren TCR sich reaktiv auf die physiologisch vorkommenden Superantigene in BALB/c-Mäusen zeigen. Dies deutet stark auf eine fehlerhafte Entwicklung seitens der T-Lymphozyten in Abwesenheit von CCR7 hin. Auf Grund der gegenseitigen Beeinflussung könnten die defekten T-Zellen wiederum die Differenzierung der Epithelzellen beeinflussen und somit darüber hinaus zu stromalen, bzw., epithelialen morphologischen Veränderungen und Dysfunktionen führen.

Es ist bekannt, dass die Abwesenheit des CCR7 zu einer veränderten Thymusarchitektur und einer verminderten T-Zell-Anzahl führt (Abb. 1 und Misslitz et al., 2004).

Abb. 1: Unterschiedliche Morphologie von Kortex und Medulla im Thymus von Wildtyp (a) und CCR7-defizienten (b) Mäusen. Hämatoxylin und Eosin gefärbte Kryoschnitte eines Wildtyp (a) und eines CCR7defizienten (b) -Mausthymus. Im Gegensatz zum Wildtyp weisen die CCR7-/--Mäuse vermehrte und kleinere Medulla-Areale (rosa) auf, die sich durch den ganzen Kortex (violett) sogar bis unter die Kapsel erstrecken (Pfeile). Zudem ist ein leichter Größenunterschied zwischen Wildtyp- zu knock out-Thymus erkennbar [Abb.

modifiziert aus: Misslitz et al., 2004].

a b

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Die Medulla-Areale (rosa) sind in der CCR7-/--Maus wesentlich kleiner und zahlreicher als im Wildtyp Mäuse. Zusätzlich ist die Medulla viel zerstückelter im ganzen Kortex (violett) verteilt und erstreckt sich sogar bis unter die Kapsel (Pfeile). In der Wildtypmaus ist die Medulla hingegen eine miteinander verbundende, zentral liegende Fläche. Bei der Thymuspräparation wird außerdem deutlich, dass sich die Thymi in ihrer anatomischen Form unterscheiden. Der CCR7-/--Thymus ist insgesamt kleiner und gedrungener.

Veränderte Thymusmorphologien lassen sich auch in anderen Mausmodellen beobachten, in denen eine Blockierung der Thymozyten-Entwicklung vorliegt. Auf Grund der unabdingbaren Interaktionen zwischen T-Zell-Progenitoren und Thymusepithelzellen („thymic crosstalk“) zeigt sich sehr deutlich, dass durch die fehlenden T-Zell-Progenitoren angesichts der T-Zell-Entwicklungsstopps es auch zu Differenzierungsunvollständigkeiten bei den Epithelzellen kommt, was einen anatomisch vollständigen Thymusaufbau unmöglich macht.

CD3ε-Mäusen, bei denen die T-Zell-Entwicklung im Stadium CD25-CD44+ (DN1) gestoppt wird, weisen einen unvollständigen Kortexaufbau und keinerlei Medullastrukturen auf, da die Differenzierungssignale von den nicht vorhandenen T-Zell-Progenitoren fehlen. In RAG-1-/-- und RAG-2-/--Mäusen oder bei Mäusen mit einem SCID, deren T-Zellen in einem Entwicklungsstadium später blockiert worden sind (DN2, CD25+CD44-), ist eine vollständige kortikale Differenzierung sichtbar. Der medulläre Teil fehlt jedoch weiterhin gänzlich.

Bei den CCR7-defizienten Tieren, in deren Thymus alle T-Zellentwicklungsstadien vorhanden sind, wenn auch zeitlich verzögert und mengenmäßig vermindert, sind nun auch medulläre Anteile sichtbar. Der T-Zell-Defekt sowie die veränderte Thymus-Morphologie in CCR7-defizienten Mäusen deuten jedoch daraufhin, dass in der CCR7-/--Maus ein Epithelzelldefekt vorliegt.

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