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2.2. Postmortale Veränderungen im Rahmen der Fleischreifung

2.2.1. Biochemische Veränderungen im Verlauf der Fleischreifung

Durch das Schlachten kommt es zu einer Unterbrechung des Blutkreislaufes, die Sauerstoffversorgung der einzelnen Zellen ist nicht mehr gewährleistet und die Zellen müssen ihren Energiebedarf ausschließlich anaerob über Kreatinphosphatspaltung, ADP-Dismu-tierung und anaerobe Glykolyse decken (PRÄNDL 1988, S. 135). Letzteres führt zur Anhäufung von Laktat und Wasserstoffionen, da diese Stoffwechselprodukte nicht mehr abtransportiert werden können. Dies hat eine pH-Wert-Senkung in der Muskulatur zur Folge.

Der durch diese Senkung erreichbare postmortale End-pH-Wert hängt von der vor dem Eintritt des Todes in der Muskulatur vorhandenen Glykogenmenge ab (SCHWÄGELE 1998).

Unter dem pH-Wert wird der negative dekadische Logarithmus der Wasserstoff-Ionen-Konzentration verstanden. Die pH-Skala reicht von 0 bis 14, wobei für Fleisch nur der relativ enge Bereich zwischen pH 5-7 von Bedeutung ist (HOFMANN 1987). Bei Geflügel-muskulatur liegt der pH-Wert im lebenden Zustand etwas über 7,0 und nimmt p. m. in kurzer Zeit ab (PETERS u. SIELAFF 1996). Nach DRANSFIELD (1994) wird der End-pH-Wert bei Geflügelfleisch innerhalb von 2 h p. m. erreicht. Messungen von DODGE und PETERS (1960) zu pH-Wert-Veränderungen in der Brustmuskulatur von Hähnchen während der Schlachtung ergaben folgenden typischen pH-Wert-Verlauf (Abbildung 4):

Abb. 4: Typischer pH-Wert-Verlauf in der Brustmuskulatur während und nach der Schlachtung bei Hähnchen (nach DODGE u. PETERS 1960)

Die Messungen wurden mit einer pH-Elektrode durchgeführt, die im Musculus (M.) pectoralis major befestigt war und innerhalb der ersten 5 Minuten alle 30 Sekunden und danach alle 2 bis 5 Minuten automatisch den pH-Wert erfasste. Die Messungen wurden fortgeführt, bis ein Wert von 5,8 erreicht war. Es kam zu einem Anstieg des pH-Wertes während der Schlachtung und in der frühen postmortalen Phase. Die Autoren sahen als Gründe für diesen Anstieg die Freisetzung von Kreatin aus Kreatinphosphat oder Veränderungen des Gewebe-Puffer-Systems.

Bei Untersuchungen von STEWART et al. (1984b) zum postmortalen pH-Wert-Abfall in direkt nach der Entblutung ausgelöster Brustmuskulatur von Broilern wurde der pH-Wert mit einem digitalen pH-Meter direkt im Brustmuskel gemessen. Die Messungen wurden im Zentrum des M. pectoralis major nach Vorschneiden mit einem Messer in 2 Minuten-Intervallen während der ersten 30 Minuten p. m. durchgeführt. Der erste pH-Wert wurde ca.

6 Minuten nach der dreiminütigen Entblutungsphase erfasst. In den nächsten 30 Minuten erfolgten die Messungen in 5 Minuten-Intervallen, danach bis zu 2 Stunden alle 15 Minuten, von 2 bis 4 Stunden alle 30 Minuten und danach stündlich bis zu 6 Stunden und nochmals bei 24 Stunden. Dabei kam es in den ersten 60 Minuten nach der Schlachtung zu einem sehr schnellen pH-Wert-Abfall. In dieser Zeitspanne fiel der pH-Wert in einem Experiment von ca.

6,6 auf weniger als 6,1. Nach dieser ersten Stunde wurde der Abfall weniger stark, der pH-Wert pendelte sich zwischen 4 und 6 Stunden auf ungefähr 5,9 ein. Nach 24 Stunden wurde ein Wert von 5,8 bis 5,9 erreicht. In einigen Experimenten kam es zu einem leichten pH-Wert-Anstieg nach 24 Stunden p. m. Die Autoren stellten keine signifikanten Unterschiede in der postmortalen anaeroben Glykolyserate, gemessen über den Muskel-pH-Wert, zwischen rechtem und linkem Brustmuskel fest. Unterschiede zwischen den Anfangs-pH-Werten zwischen den Tieren eines Experimentes wurden durch möglicherweise vorhandene unter-schiedliche Reaktionen der Tiere auf den Stress ante-mortem erklärt.

Nach KRÖCKEL und HECHELMANN (1998) kann es durch mikrobiellen Eiweißabbau zu einem pH-Wert-Anstieg auf der Oberfläche von unverpacktem Fleisch kommen.

Im wissenschaftlichen Schrifttum sind verschiedene Angaben über Anfangs- und End-pH-Werte des postmortalen pH-Wert-Verlaufes in der Brustmuskulatur von Hähnchen vorhanden.

In Tabelle 2 werden einige dargestellt. Die Messzeitpunkte sind bei den einzelnen Quellen zum Teil unterschiedlich.

Tab. 2: Anfangs- und End-pH-Werte des postmortalen pH-Wert-Verlaufes in der Brustmuskulatur von Hähnchen

Nach DE FREMERY und POOL (1960) wird der End-pH-Wert erreicht, wenn der Rigor mortis voll ausgeprägt ist.

Nach Ansicht einiger Autoren gibt es auch bei Broilern Formen abweichender Fleischreifung (SCHÖN u. RISTIC 1977; KLOSOWSKA et al. 1979; NIEWIAROWICZ u. PIKUL 1979;

RISTIC 1981, 1982). Bei KLOSOWSKA et al. (1979) erfolgte eine Einteilung des Broilerfleisches aufgrund des nach 15 min p. m. gemessenen pH1-Wertes in der Brust-muskulatur in drei Gruppen. PSE (pale, soft, exsudative)-Fleisch mit beschleunigter Glykolyserate besaß einen pH1 zwischen 5,6 und 5,8; DFD (dark, firm, dry)-Fleisch mit verzögerter Glykolyserate hatte einen pH1 zwischen 6,4 und 6,6; normales Fleisch mit nor-maler Glykolyserate besaß einen pH1 zwischen 5,9 und 6,2. Versuche von KRAPOTH (1987) ergaben nur sehr geringe Variationskoeffizienten von 3-5% im pH-Wert 10 min p. m., weshalb der Autor die These von PSE-Fleisch bei Broilern nicht unterstützte.

SEEMANN (1986) fand zwar deutliche individuelle Differenzen in den pH-Werten und im pH-Wert-Abfall im Brustmuskel bei Hähnchen, es waren jedoch keine Beziehungen zu den anderen erfassten Qualitätsparametern wie Scherkraft, Grillverlust, Wasserbindungsvermögen und Fleischfarbe nachweisbar. Der Autor kam daher zu dem Schluss, dass es keine mit dem pH-Wert korrelierten Qualitätsprobleme beim Broiler gibt und dass eine Klassifizierung der Fleischqualität von Masthähnchen nach dem pH-Wert nicht sinnvoll ist.

In Abhängigkeit von der Glykolysegeschwindigkeit kommt es im Verlauf der postmortalen Vorgänge zur Schädigung der Zellmembranen und zur Freisetzung von Ionen in den Extrazellularraum. Dies führt zu einer Erhöhung der Leitfähigkeit des Gewebes (PETERS 1996; SLOWINSKI u. STOLARSKI 1998). Nach Ansicht der letztgenannten Autoren ist die elektrische Leitfähigkeit kein guter Parameter zur Voraussage der Qualität von Geflügelfleisch, da nur eine geringe Korrelation zwischen der elektrischen Leitfähigkeit und den Parametern Wasserbindungsvermögen, Kochverlust und Safthaltevermögen besteht.