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2.3. Beeinflussung der Reifungsvorgänge durch peri- und postmortale Faktoren

2.3.4. Beeinflussung mikrobiologischer Parameter

Die lebenden Tiere bringen eine große Anzahl an Mikroorganismen in den Schlachtprozess ein. Diese stellen die wichtigste Kontaminationsquelle des Geflügelfleisches dar. Es kommt zu einer Kontamination der Schlachtanlagen und zu Kreuzkontamination vieler Schlacht-tierkörper (FEHLHABER 2001a).

Einfluss von Erkrankungen des Schlachtgeflügels

In Versuchen von SAUTER et al. (1968) wurde die Haltbarkeit von Hähnchen, die 1, 2 bzw.

3 Wochen vor der Schlachtung mit einem pathogenen Escherichia coli-Stamm infiziert wurden, mit der Haltbarkeit von nicht-infizierten Hähnchen verglichen. Bei Tieren, die 2 Wochen oder kürzer vor der Schlachtung infiziert wurden, kam es zu einer signifikanten Verringerung der Haltbarkeit. Die Tiere, die drei Wochen vor der Schlachtung infiziert wurden, hatten eine ähnliche Haltbarkeit wie die Kontrolltiere. Wenn die sensorisch wahrnehmbare Verderbnis einsetzte, unterschieden sich die Mikroflora der Hautoberfläche der Schlachttierkörper der infizierten Tiere und die der Kontrolltiere nicht. Die Mikroflora der Hautoberfläche bestand zu dieser Zeit fast ausschließlich aus Pseudomonaden.

Einfluss von prämortalen Belastungen

Durch Stress, dem die Tiere vor der Schlachtung ausgesetzt sind, kann es zu einer Beeinträchtigung der Darmbarriere kommen. Mikroorganismen können so aus dem Darm in die Blutbahn und in die Muskulatur gelangen (FEHLHABER 2001a).

Nach MULDER (1996) kann es bei klinisch gesunden Tieren, die Träger von pathogenen Mikroorganismen sind, zu einer verstärkten Ausscheidung dieser Keime über den Kot kommen. Durch eine Verlängerung der Zeit zwischen dem Einfangen der Tiere im Mastbetrieb und der Schlachtung stiegen auch die Keimzahlen im Produkt, dies deutete auf eine fäkale Kontamination zwischen den Tieren hin. Nach dem Transport zeigten die geschlachteten Broiler außerdem generell einen Anstieg der Kontamination mit Salmonella.

Einfluss der Betäubung und Entblutung

Eine Kontrolle der korrekten Betäubung und des Entblutungsschnittes bei den einzelnen Tieren ist aus Tierschutzgründen erforderlich (vgl. Tierschutzschlacht-Verordnung). Sie ist zudem wichtig, damit keine lebenden Tiere in den Brühtank gelangen und keimhaltiges Brühwasser einatmen. Da nach der Evisceration Reste der Lunge sowie Luftsäcke im Tier-körper verbleiben, erfolgt so eine Kontamination, die nicht mehr rückgängig zu machen ist.

Bei einer nicht ausreichenden Entblutung kommt es zu einem verstärkten Eintrag von Blut ins Brühwasser. Dies bietet den darin enthaltenen Mikroorganismen einen guten Nährboden (FEHLHABER 2001a).

Einfluss des Brühens

Der Keimgehalt im Brühwasser beträgt lg 4-6/ml. Während des Brühens wird der Keimgehalt der Haut reduziert (FRIES 1988; FEHLHABER 2001a). Da die Brühtemperaturen aber nicht ausreichen, um alle Mikroorganismen abzutöten, kommt es während des Brühens zu einer Kreuzkontamination der Schlachttierkörper. Außerdem kann durch die Entblutungswunde Brühwasser eindringen (FEHLHABER 2001a).

Laut RISTIC (1978) hat die Brühtemperatur einen Einfluss auf die mikrobiologische Stabilität der Schlachttierkörper. Die bei hohen Temperaturen (+56 bis +58°C) mit Verlust der Epidermis und Stratum spongiosum gebrühten Tierkörper ließen schneller erste Zeichen der Verderbnis erkennen. Zu ähnlichen Ergebnissen kamen auch SCHOLTYSSEK et al. (1969).

Einfluss des Rupfens

Nach FEHLHABER (2001a) führt das Rupfen zu einer zusätzlichen Kontamination der Haut.

Die Rupffinger massieren die Keime in die durch das Brühen feuchte und aufgequollene Haut ein. Beim Rupfen besteht ebenfalls die Gefahr der Kreuzkontamination. Auch FRIES (1988) stellte bei Betriebsbeginn durch das Rupfen eine Rekontamination der Tierkörper fest. Nach ABU-RUWAIDA et al. (1994) wurden die höchsten Keimgehalte der Hähnchenschlacht-tierkörper nach dem Brühen und dem Rupfen gefunden. SCHMITT et al. (1988) fanden nach dem Rupfen auf der Haut der Tierkörper einen Keimgehalt um lg 4/cm². Durch die starke mechanische Beanspruchung können die Rupffinger leicht Risse bekommen, diese können Mikroorganismen als Reservoir dienen (WEISE 1996).

Einfluss der Evisceration

Wenn der Magen-Darm-Trakt bei der Evisceration verletzt wird, tritt Darminhalt aus und verunreinigt die Haut, die Leibeshöhle und auch die Maschinen. So kann es zu Kreuzkonta-minationen kommen (FEHLHABER 2001a). Auch in Studien von FRIES (1988) beeinflusste die technische Durchführung der Evisceration die Höhe des Keimgehaltes. Bei ABU-RUWAIDA et al. (1994) und SCHMITT et al. (1988) verursachten das Öffnen der Leibes-höhle und die Evisceration nur eine geringe Änderung der Keimzahlen der Hähnchenschlacht-tierkörper. Bei den letztgenannten Autoren lag der Keimgehalt der Hautoberfläche vor bzw.

nach der Evisceration um lg 4/cm². Das Waschen nach dem Ausnehmen reduzierte die aerobe Gesamtkeimzahl um eine Logarithmusstufe (ABU-RUWAIDA et al. 1994).

Einfluss der Kühlung

Es gibt verschiedene Kühlverfahren beim Geflügel. Es werden die Tauchkühlung, die Luft-Sprühkühlung und die Luftkühlung unterschieden.

Bei der Tauchkühlung im Gegenstromprinzip werden die Schlachttierkörper in einem gemeinsamen Wasserbad abgekühlt. Der Keimgehalt des Kühlwassers beträgt lg 4-5/ml. Bei diesem Kühlverfahren nimmt der Schlachttierkörper über die Schlachtwunden und Schnittöffnungen Wasser auf. Während der Hautkeimgehalt bei der Tauchkühlung sinkt (SCHMITT et al. 1988), steigt der Keimgehalt der Muskulatur an. Hier werden Keimgehalte von lg 2-4/g erreicht. Ein großes Problem bei dieser Kühlung ist die Gefahr der Kreuzkontamination der Schlachttierkörper (FEHLHABER 2001a).

Nach FEHLHABER (2001a) kommt es bei der Luft-Sprühkühlung zu einer geringgradigen Reduktion des Hautkeimgehaltes auf ca. lg 5/g. Da bei dieser Kühltechnik die Fremdwasser-aufnahme wesentlich geringer ist, bleibt eine starke Kontamination der tieferen Muskulatur aus. Durch Deckentropfwasser und keimhaltige Aerosole in der Kühlhalle, denen die Schlachttierkörper ausgesetzt sind, können Kreuzkontaminationen jedoch nicht ausge-schlossen werden.

Bei der Luftkühlung erfolgt keine Fremdwasseraufnahme, so dass der Keimgehalt der Muskulatur nicht beeinflusst wird. Kreuzkontaminationen treten bei diesem Kühlverfahren

nicht auf (FEHLHABER 2001a). Da es sich um einen trockenen Prozess handelt, kommt es nicht zu einem Wascheffekt, der Mikroorganismen vom Schlachttierkörper entfernt (BREMNER u. JOHNSTON 1996).

Einfluss des Zerlegens

Bei Untersuchungen von HOLDER et al. (1997) zum mikrobiellen Status von Hähnchenteilen und den Anlagen zur Zerlegung wurden die Anzahl der Pseudomonaden, der coliformen Keime plus der Enterococcen, von Staphylococcus aureus sowie die aerobe Gesamtkeimzahl ermittelt. Die Autoren kamen zu dem Ergebnis, dass sich die Keimzahlen auf den Hähnchenteilen kaum von denen des ganzen Tierkörpers unterschieden. Dort, wo Unter-schiede gefunden wurden, stammten die Kontaminationen von den Anlagen der Zerlegung und den Händen der Arbeiter.

BERRANG et al. (2001) verglichen Teilstücke von Broilern mit bzw. ohne Haut in Bezug auf das Vorkommen von Campylobacter, coliformen Keimen und Escherichia coli sowie die aerobe Gesamtkeimzahl. Durch das Entfernen der Haut kam es zu einer Verringerung der Keimzahlen. Beispielsweise lag die aerobe Gesamtkeimzahl bei dem Teilstück Brust mit Haut bei lg 4,3/Teilstück und ohne Haut bei lg 2,8/Teilstück. Wenn allerdings Teilstücke mit beziehungsweise ohne Haut aus dem Einzelhandel miteinander verglichen wurden, waren keine großen Unterschiede mehr vorhanden. Der Konsument kann deshalb nicht erwarten, durch ein Entfernen der Haut der Hähnchenbrust die Anzahl der Bakterien signifikant zu senken.

Einfluss der Lagerungstemperatur

Die mittlere Lagerungszeit von ausgenommenen und in Teile zerlegten frischen oder gefrorenen Hähnchen ist abhängig von der Lagerungstemperatur. Bei 10°C setzte die Verderbnis nach 2 bis 3 Tagen ein. Bei 4,4°C kam es vor 6 bis 8 Tagen nur gelegentlich zu einer Verderbnis; bei 0°C kam es erst nach 15 bis 18 Tagen zu einer Schleimbildung auf der Oberfläche (AYRES et al. 1950). In den ersten Tagen der Lagerung bei 0°C kam es in einigen Fällen zu einer Verringerung der Gesamtkeimzahl. Nach Ansicht der Autoren war dies unter anderem bedingt durch die ungeeignete Lagerungstemperatur für die Vermehrung oder das Überleben der chromogenen und mesophilen Bakterien und einer nicht ausreichenden Zeit für

psychrophile oder kältetolerante Organismen, um aus der „lag-Phase“ herauszukommen. Bei REGEZ et al. (1988) wurden bei Hähnchenschlachttierkörpern Verderbnisgerüche bei einer Lagerungstemperatur von 0°C nach 12 Tagen, von 4°C nach 6 Tagen, von 10°C nach 2 Tagen, von 15°C nach 1 Tag und von 20°C nach 18 Stunden deutlich. Bei 0°C und 4°C bestand die Verderbnisflora zu 60-80% aus Pseudomonaden, bei 10°C nur noch zu 40%. Bei 20°C waren sie nicht mehr nachweisbar.

Die Effekte von unterschiedlichen Kühl- oder Gefriertemperaturen auf die mikrobiologische Qualität von Hähnchen wurden von BAILEY et al. (2000) untersucht. Dabei wurden Gruppen von Broilerhälften bei 4, 0, -4, -12 beziehungsweise -18°C für 7 Tage gelagert. Anschließend wurde eine Hälfte jeder Gruppe weitere 7 Tage bei -18°C gelagert, während die andere Hälfte sofort untersucht wurde. Die Schlachtkörperhälften wurden mit einer sterilen phosphat-gepufferten Salzlösung gespült und die abfließende Spülflüssigkeit für bakteriologische Untersuchungen verwendet. Die mesophile aerobe Keimzahl lag am Tag 0 bei lg 4,6/ml Spül-flüssigkeit und stieg nach 7 Tagen Lagerung bei 4°C um 2 Logarithmusstufen an. Bei allen anderen Lagerungstemperaturen kam es zu keinen Veränderungen. Bei der psychrotrophen aeroben Keimzahl lag der Ausgangswert bei lg 3,6. Dieser stieg im Laufe der siebentägigen Lagerungszeit bei 4°C auf lg 7,5, bei 0°C auf 5,4 und bei -4°C auf 5,1. Eine Lagerung bei -12 und -18°C führte zu einem Anstieg von weniger als einer Logarithmusstufe. Die Ausgangsanzahl der coliformen Keime von lg 2,2/ml fiel nach 7 Tagen Lagerung auf lg 1,5/ml oder weniger für die Lagerungstemperaturen 0, -4, -12 und -18°C. Für die Lagerungstemperatur 4°C lagen keine Werte vor. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen unterstützten die These, dass Salmonellen und andere Enterobacteriaceae bei Temperaturen unter 4°C auf Geflügelfleisch nicht wachsen. Die psychrotrophen Bakterien sind in erster Linie Verderbnisbakterien. Sie können bei Temperaturen um -4°C wachsen, aber nicht mehr bei -12 oder -18°C. Es war unerheblich, bei welcher Temperatur die Tierkörper anfänglich gelagert wurden; eine anschließende Lagerung bei -18°C führte zu keiner merklichen Veränderung der Art und Anzahl der vorhandenen Bakterien. Die Autoren kamen zu dem Schluss, dass das Einfrieren von Hähnchen die mikrobiologische Qualität nicht verbesserte und dass die Anzahl der Verderbnisbakterien bei der üblichen Kühltemperatur von 4°C zunahm und damit die Haltbarkeit des Produktes signifikant verringert wurde.