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2.3. Beeinflussung der Reifungsvorgänge durch peri- und postmortale Faktoren

2.3.3. Beeinflussung sensorischer Parameter

Sensorische Eigenschaften des Fleisches sind im Wesentlichen Farbe, Zartheit und Aroma.

Untersuchungen zur Beeinflussung von Farbe und Aroma durch technologische Verfahren sind nicht bekannt. Die Beeinflussung der Zartheit durch externe Faktoren ist hingegen in zahlreichen Studien untersucht worden. Die Zartheit kann durch verschiedene Faktoren wie Haltung, Fütterung, Mastdauer, Transport, Schlachttechnologie, Kühlung, Lagerung und Erhitzen positiv und negativ beeinflusst werden (RISTIC 1984).

Große Unterschiede der Zartheit des Fleisches können durch das Alter, die Rasse und das Geschlecht, die Umwelt- und die Ernährungsbedingungen, denen die Tiere während des Wachstums ausgesetzt sind, sowie die Schlacht- und Verarbeitungsprozesse hervorgerufen werden (KHAN u. NAKAMURA 1970).

Nachfolgend soll im Wesentlichen auf die Effekte des Schlacht- und Verarbeitungsprozesses auf die Zartheit von Geflügelfleisch eingegangen werden.

Einfluss von Wartezeiten vor der Schlachtung

Der Einfluss von Wartezeiten auf die Zartheit des Fleisches ist umstritten. Längere Wartezeiten vor dem Schlachten führten in einer Studie von GSCHWINDT und EHINGER (1979) zu einer signifikanten Verschlechterung der Zartheit der Brustmuskulatur.

Die niedrigsten Scherkräfte zeigte das Brustfleisch der Tiere, die ohne Wartezeit geschlachtet wurden. Bei bis zu drei Stunden Wartezeit kam es zu einer kontinuierlichen Abnahme der Zartheit. Zu entgegengesetzten Ergebnissen kamen KANNAN et al. (1997). Nach einem Transport von 3 Stunden wurde eine Gruppe der Broiler (9 Tiere pro Käfig) direkt geschlachtet, eine andere Gruppe wurde erst nach 4 Stunden Wartezeit geschlachtet. Die Wartezeit hatte keinen Einfluss auf Zartheit und pH-Wert des Brustfleisches. In einem anderen Experiment wurden Broiler 0, 1, 2, 3 oder 4 Stunden vor der Schlachtung in Käfigen gehalten (10 Tiere je Käfig). Auch hier ergaben sich keine signifikanten Unterschiede bei den Scherkraftwerten der Brustmuskulatur.

Einfluss der Betäubung

Der Einfluss der Betäubung auf die Zartheit von Geflügelfleisch ist in zahlreichen Arbeiten beschrieben worden. Die Untersuchungen bezogen sich auf den Einfluss der Betäubung selbst, die Höhe der Betäubungsspannung, die Dauer und die Art der Betäubung. Die Ergebnisse der einzelnen Untersuchungen sind zum Teil widersprüchlich.

Nach DE FREMERY und LINEWEAVER (1962) waren Broiler, die vor der Schlachtung anästhesiert wurden, signifikant zarter als Tiere, die vor der Schlachtung elektrisch betäubt oder die ohne Ausschaltung des Bewusstseins getötet wurden. Die letztgenannten Tiere durchliefen nach Ansicht der Autoren einen „Todeskampf“, bei dem es zu einem Glykogen-abbau kam. Auch LEE et al. (1979) kamen zu dem Ergebnis, dass elektrisch betäubte Broiler nach 24 Stunden Reifung mit 30% niedrigeren Scherkraftwerten zarter waren als die nicht betäubten Kontrolltiere. Nach Ansicht der Autoren wurde der postmortale Abbau von ATP und Glykogen während der Prozessschritte Entbluten, Brühen und Rupfen durch die elektrische Betäubung unterdrückt. Der Beginn des Rigor mortis wurde dadurch verschoben bis nach Kühlung der Tiere, wenn die Muskeltemperatur bei oder unter 4°C lag. So kam es nicht zu einer Hitzeverkürzung der Muskulatur, das Fleisch war zarter als das der nicht betäubten Kontrolltiere.

Bei Versuchen von DICKENS und LYON (1993) wurde der Einfluss der Betäubungs-spannung von 50 V bzw. 200 V auf die Zartheit des erhitzten M. pectoralis major untersucht.

Bei Versuchen mit 50 V lag eine Stromstärke von 34 mA an, bei Versuchen mit 200 V eine von 134 mA. Bei der Auslösung der Brustmuskulatur 1 h p. m. hatte die Betäubungsspannung keinen Einfluss auf die Zartheit, bei der Auslösung 2 h p. m. war das Fleisch der mit der niedrigen Spannung betäubten Tiere signifikant zarter. 4 h p. m. war kein Einfluss der Betäubungsspannungen mehr feststellbar. Die Autoren kamen zu dem Schluss, dass die Betäubungsspannung ein signifikanter Faktor der Textur von erhitztem Fleisch war, wenn die Auslösung der Muskulatur innerhalb der ersten 2 h p. m. erfolgte.

Nach YOUNG und BUHR (1997) kam es mit steigender Betäubungsdauer (2 bis 8 Sekunden) zu einer Zunahme der Scherkraftwerte der Brustmuskulatur, wobei die Auslösung der Brustfilets und die anschließende Erhitzung 1 Stunde p. m. stattfanden. Die niedrigsten Werte

hatten die Tiere, die nicht betäubt wurden. Die Autoren zogen den Schluss, dass die Betäubungsbedingungen die sensorische Qualität von Geflügelprodukten beeinflussen können.

Einige Autoren haben Untersuchungen zum Einfluss verschiedener Betäubungsarten auf die Zartheit von Geflügelfleisch durchgeführt. Bei einem Vergleich von mechanischer und elektrischer Betäubung von Broilern kamen GÖKSOY et al. (1999) zu dem Ergebnis, dass die Zartheit des Brustfleisches, 3 Stunden p. m. filetiert, bei mechanischer Betäubung signifikant größer war. Bei einer Filetierung nach 24 Stunden war der Unterschied weniger offenkundig.

Die Autoren gingen davon aus, dass es bei den mechanisch betäubten Tieren zu einer schnelleren Rigorentwickung kam, da die pH-Werte 10 Minuten nach der Schlachtung niedriger waren. Dies wurde eventuell durch beobachtete langfristige Konvulsionen verursacht. KANG und SAMS (1999) verglichen Textur und Qualität der Brustfilets von Hähnchen, die elektrisch bzw. mit Kohlendioxid betäubt oder durch Kohlendioxid getötet wurden. Die gemessenen Scherkraftwerte bei den einzelnen Methoden waren nicht signifikant unterschiedlich. Die Autoren schlossen daraus, dass sich der postmortale Metabolismus oder die Charakteristika des Fleisches von den Tieren, die nach diesen Methoden betäubt oder getötet wurden, nicht wesentlich unterschieden.

Einfluss des Brühens

Niedrigere Brühtemperaturen (+50 bis +52°C) sollen zu zarterem Fleisch führen (RISTIC 1978). Der gleichen Ansicht sind SHANNON et al. (1957) sowie WISE und STADELMAN (1959, 1961), höhere Brühtemperaturen und längere Brühdauer führten zu einer erhöhten Zähigkeit des Brustfleisches. Es wurden Proben aus verschiedenen Tiefen des Brustmuskels untersucht, in der größten Tiefe war das Fleisch am zartesten. Demnach war der negative Effekt der hohen Brühtemperaturen und der langen Brühdauer auf die Zartheit abhängig von der Tiefe, zu der die Brühhitze den Muskel durchdrang (WISE u.

STADELMAN 1959, 1961).

Einfluss des Rupfens

Mechanisches Rupfen führt zu zäherem Fleisch als ein manuelles Rupfen (KLOSE et al. 1972). Auch WISE und STADELMAN (1957) stellten fest, dass intensives, langan-dauerndes, mechanisches Rupfen ungünstig für die Zartheit war.

Einfluss des Zeitpunktes der Zerlegung

Wenn der Muskel noch mit dem Skelett verbunden ist, ist die durch den Rigor mortis bedingte Kontraktion begrenzt, da das Skelett wie ein Rahmen wirkt und so eine isometrische Spannung erzeugt, die der Muskelkontraktion entgegenwirkt. Probleme mit einer unkontrollierten Verkürzung der Muskeln tauchen auf, wenn diese vor dem Eintritt des Rigor mortis ausgelöst werden (SCHREURS 2000). Hierzu liegen eine Reihe von Untersuchungen vor:

Grundsätzlich wurde festgestellt, dass das Fleisch umso zarter wurde, je später die Zerlegung postmortal stattfand (KLOSE et al. 1972; STEWART et al. 1984a; LYON et al. 1985; SAMS et al. 1990; LYON u. LYON 1997, 1998). KLOSE et al. (1972) zerlegten Broiler 25 Minuten nach der Evisceration bzw. nach einer 6-stündigen Kühlung. Das früher zerlegte Fleisch wies eine 30%ige Steigerung der Scherkraftwerte auf, obwohl das zerlegte Fleisch beider Gruppen vor der Scherkraftmessung noch bei -2°C 1 bis 3 Tage gelagert wurde. Auch MC KEE et al.

(1997) stellten fest, dass Brustfilets von Broilern, die nach 1 Stunde p. m. ausgelöst wurden, nach 71-stündiger Reifung noch immer größere Scherkraftwerte besaßen als Brustfilets, die erst nach 24 Stunden Reifung der Schlachttierkörper ausgelöst wurden. Auch bei Puten wurde die Zartheit des Fleisches durch eine längere Lagerdauer vor dem Zerlegen günstig beeinflusst. Das Zerteilen von warmen Schlachttierkörpern ergab wesentlich zäheres Fleisch als das Zerteilen von gekühlten (GÜHNE 1972). Auch KIM et al. (1988) kamen zu dem Ergebnis, dass das Zerlegen von noch warmen Hähnchenschlachttierkörpern zu zäherem Fleisch führte.