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Bezug und Abgrenzung zu Vorgängerprojekten

Die Konzeption und Evaluation von Interventionen zur Ressourcenstärkung bei Schülern haben eine langjährige Forschungstradition am Lehrstuhl für Pädagogische Psychologie und Gesundheitspsychologie der Humboldt-Universität zu Berlin. Interventionsprojekte wie „SIGIS – Sicher und gesund in der Schule“ (Jerusalem, 2005a), „FOSS – Förderung von Selbstwirksamkeit und Selbstbestimmung im Unterricht“ (Jerusalem et al. 2007) und

„FOSIS1 – Förderung von Schutzfaktoren in der Schule 1“ (Jerusalem, 2008) bilden die Vorläufer für die Entwicklung des FOSIS2-Programms. Die Ergebnisse der Evaluationen dieser Vorgängerprojekte belegen die Wirksamkeit von Lehrerfortbildungsprogrammen im Hinblick auf eine Stärkung motivationaler und sozialer Ressourcen von Schülern (z. B.

Drössler, 2009; Drössler, Röder & Jerusalem, 2007; Röder, 2008; Röder, Drössler & Jeru-salem, 2010). Darüber hinaus konnten im Rahmen der Evaluationen jedoch auch Schwach-stellen und daraus abgeleitete Verbesserungsmöglichkeiten für eine erfolgreiche Pro-grammdurchführung identifiziert werden. Besonders große Schwierigkeiten ergaben sich

bei der Implementation der Förderstrategien in den Unterricht und bei der Erfassung bezie-hungsweise der Evaluation des Implementationsgeschehens. So wurde in den Vorgänger-projekten eine teilweise unzureichende und mangelhafte Implementation der Fördermaß-nahmen konstatiert. Diese Schwierigkeiten können auf eine zu geringe Bereitschaft zu ei-ner verbindlichen Projektteilnahme seitens der beteiligten Schulen, auf eine zu kompri-mierte und kompakte Vermittlung der Förderstrategien sowie auf fehlende Unterstützung bei der Umsetzung der Interventionsinhalte in den schulischen Alltag und einer damit ver-bundenen zu geringen Teilnahme- und Durchhalte-Motivation der beteiligten Lehrkräfte zurückgeführt werden. Bei der Konzeption des FOSIS2-Projekts wurden die in den Vor-gängerprojekten identifizierten Schwachstellen berücksichtigt. Durch Veränderungen in den Teilnahmebedingungen, in der zeitlichen und organisatorischen Struktur der Interven-tionsinhalte und durch die Einführung eines umfassenden Unterstützungs- und Beratungs-angebots während der Programm-Umsetzungsphasen sowie der intensiven und häufigen Erfassung des Implementationsgeschehens sollte eine Wiederholung der Probleme aus den Vorgängerprojekten vermieden werden.

Veränderte Teilnahmebedingungen

Zur Förderung einer verbindlichen Teilnahme über den gesamten Projektzeitraum wurde bei der Akquise potentieller Projekt-Schulen bereits in ersten Gesprächen mit der Schullei-tung die EinhalSchullei-tung bestimmter Rahmenbedingungen als Teilnahmevoraussetzung ausge-handelt: Dazu gehörte die freiwillige Beteiligung der Lehrkräfte. Lehrer der zu Beginn des Projekts siebten Jahrgänge sollten sich selbstbestimmt, ohne äußeren Druck, aber in Kenntnis aller Rahmenbedingungen des Projekts aktiv zu einer Teilnahme entscheiden können. Die Schulleitung wurde gebeten, die Projektbeteiligung der Lehrkräfte zu unter-stützen, ohne Kollegen zu einer Projektteilnahme zu verpflichten. Dadurch sollten die Teilnahme- und Durchhalte-Motivation der beteiligten Lehrkräfte erhöht, die Umsetzungs-rate der Interventionsinhalte gesteigert und die Qualität der Implementation verbessert werden. Teil der Unterstützung seitens der Schulleitung und weitere Voraussetzung für eine schulische Projektbeteiligung war zudem die Ermöglichung von klassenübergreifen-den Lehrerteams sowie die Einführung entsprechender Zeitfenster für eine solche Teamar-beit. In den Vorab-Gesprächen mit der Schulleitung wurde außerdem darauf hingewiesen, dass eine Entscheidung für eine Projektteilnahme seitens der Schule zu einer vollständigen Beteiligung über die gesamte Projektdauer von zwei Schuljahren verpflichtet. Die verein-barten Teilnahmebedingungen wurden in entsprechenden Kooperationsverträgen mit den

Projektpartnern (die jeweilige Schule, die Humboldt-Universität zu Berlin, die Unfallkasse Berlin) schriftlich festgehalten und von allen Verantwortlichen im Sinne eines verbindli-chen Vertrags unterzeichnet.

Veränderte zeitliche und organisatorische Struktur der Interventionsinhalte

In den Vorgängerprojekten wurde den beteiligten Lehrkräften in umfassenden Fortbil-dungsveranstaltungen eine Vielzahl verschiedener Förderstrategien inklusive praxisbezo-gener Anwendungsaufgaben vermittelt. Dadurch hatten die Lehrkräfte die Möglichkeit, theoretische und inhaltliche Bezüge zwischen den einzelnen Fördermaßnahmen herzustel-len. Durch die komprimierte Darstellung der Inhalte und die Fülle an Förderstrategien war es den Lehrkräften jedoch kaum möglich, ein tieferes Verständnis von den Interventionsin-halten zu gewinnen und sich intensiv mit einzelnen Strategien auseinanderzusetzen. So fanden dann vor allem eher einfache und den Lehrkräften vertraute Maßnahmen Eingang in den Unterricht und komplexe, noch unbekannte Förderinhalte blieben unberücksichtigt.

Im FOSIS2-Projekt sollten diese Probleme durch eine grundlegend veränderte Struktur der Fortbildung verhindert werden. Dazu wurden die Fördermaßnahmen nach inhaltlichen Ge-sichtspunkten in sechs kompakte, inhaltlich in sich kohärente Förderbereiche unterteilt.

Diese wurden den Lehrkräften im Rahmen von sechs Fortbildungsworkshops vermittelt, die im Abstand von circa drei Monaten stattfanden. Dadurch hatten die Projektlehrer je-weils drei Monate Zeit, sich mit einzelnen Förderbereichen intensiv zu befassen und die gelernten Strategien sukzessive in den Unterricht zu integrieren. Vor dem eigentlichen Programmbeginn fanden in den Projektschulen Informationsveranstaltungen statt, in denen die sechs Förderbereiche bereits überblicksartig vorgestellt wurden, sodass den Lehrkräften auch im FOSIS2-Projekt weiterhin die Möglichkeit erhalten blieb, theoretische und inhalt-liche Bezüge zwischen den einzelnen Förderstrategien zu erkennen.

Einführung eines umfassenden Unterstützungs- und Beratungsangebots während der Programmumsetzungsphasen

Die in den Vorgängerprojekten im Hinblick auf Quantität und Qualität als ungenügend identifizierte Implementation der Programminhalte sollte im FOSIS2-Projekt nicht nur durch eine verbindlichere Regelung der Teilnahme und durch eine veränderte Struktur der Fortbildung, sondern auch durch die Einführung eines umfassenden Unterstützungs- und Beratungsangebots während der Programmumsetzungsphasen verbessert werden. Der Ein-satz neuer, unbekannter Unterrichtsstrategien erfordert einen erhöhten Aufwand, eine

Ab-kehr von alten, bekannten Routinen, eine Neuorganisation des Unterrichts und ein höheres Maß an Selbstreflexion und aktiver Selbstregulation im eigenen unterrichtlichen Handeln.

Diese motivationalen und volitionalen Hürden der Lehrkräfte sind mögliche Gründe für eine mangelnde Umsetzung von Förderstrategien. Zudem sind die positiven Auswirkungen der Interventionsinhalte seitens der motivationalen und sozialen Ressourcen der Schüler oft erst nach einer langfristigen, regelmäßigen und qualitativ hochwertigen Implementation der Interventionsinhalte in den Unterricht zu erwarten, während unmittelbare Wirkungen oft ausbleiben. Die am Projekt beteiligten Lehrkräfte sehen darin oft die Erfolglosigkeit ihres Bemühens bestätigt und kehren zu den alten Unterrichtsroutinen zurück. Im FOSIS2-Programm sollte deshalb ein umfassendes Unterstützungs- und Beratungsangebot imple-mentiert werden, das den Projektlehrern bei der Überwindung der genannten Schwierigkei-ten und Hürden helfen sollte. Dazu wurden insbesondere Maßnahmen zur sozialen Unter-stützung konzipiert, die in dieser Form in den Vorgängerprojekten noch nicht umgesetzt werden konnten: Jede am Projekt teilnehmende Interventionsschule sollte dauerhaft von einem Mitarbeitenden der Humboldt-Universität zu Berlin wissenschaftlich beraten und begleitet werden. In Einzel-, Gruppen-, E-Mail- und Telefon-Beratungen konnten die Pro-jektlehrer mit ihrem jeweiligen „Schul-Betreuer“ Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Interventionsinhalte besprechen und beseitigen. Darüber hinaus wurden Unterrichtshospi-tationen sowie die unterstützende Teilnahme der wissenschaftlichen Begleitung bei Eltern-abenden und Schulinformationstagen angeboten. Zudem wurden auch kollegiale Unterstüt-zungsangebote durch die Förderung der Bildung von klassenübergreifenden, zum Teil fachhomogenen Projektteams und entsprechende Teamtreffen angeregt. Die Unterstüt-zungs- und Beratungsangebote wurden zeitlich und im Format flexibel den Bedürfnissen der jeweiligen Projektschulen angepasst. Zur Erleichterung der Kommunikation zwischen wissenschaftlicher Begleitung und beteiligten Schulen sowie der Schulen untereinander wurde außerdem eine Homepage des FOSIS2-Projekts entwickelt, auf der den Schulen der Zugriff zu Projektinformationen sowie der Austausch der von den Projektlehrern erarbeite-ten Arbeitsmaterialien ermöglicht wurde.

Intensive und häufige Erfassung des Implementationsgeschehens

Nicht nur die eigentliche Umsetzung der Interventionsinhalte in den Unterricht, sondern auch die Erfassung dieses Implementationsgeschehens war in den Vorgängerprojekten erschwert. Das Beantworten von Fragebögen zur Implementation sowie die Dokumentati-on des eigenen Umsetzungsverhaltens im Rahmen vDokumentati-on Protokollen oder sogenannten

Log-büchern einzeln oder auch in Projektteams erwiesen sich für die beteiligten Lehrkräfte als ein erheblicher zeitlicher Zusatzaufwand. Die Rücklaufquoten waren gering. Im FOSIS2-Programm wurde versucht, diesen Erfahrungen Rechnung zu tragen, indem möglichst kur-ze Instrumente zur Erfassung der Implementation eingesetzt und nicht nur die Lehrkräfte, sondern auch die Schüler zum Umsetzungsgeschehen befragt wurden. Standardisierte Be-fragungen sollten vor allem die Quantität der Implementation erfassen und qualitative In-terviews dienten der Erfassung von Schwierigkeiten bei der Umsetzung. Die Lehrkräfte wurden per E-mail angeschrieben und online standardisiert befragt, sodass der Beantwor-tungsaufwand im Vergleich zu den Befragungen der Vorgängerprojekte reduziert und gleichzeitig die Häufigkeit der Erfassung erhöht werden konnte. Auf diesem Weg wurde versucht, das Implementationsgeschehen differenzierter, umfassender und lückenloser als in den Vorgängerprojekten zu erfassen. Eine ausführliche Beschreibung der Instrumente zur Erfassung der Implementation, die als Datengrundlage für die vorliegende Untersu-chung herangezogen werden, findet sich unter Abschnitt 6.4.2.