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Wie gesehen, kommt es für die Heilung von Eheschließungsmängeln, die die Willens-freiheit betreffen, auf eine „Bestätigung“ an.446 Der Begriff ist vor allem aus den allge-meinen Anfechtungs- und Nichtigkeitsvorschriften geläufig, vgl. § 141 Abs. 1, § 144

443 Wagenitz/Bornhofen, EheschlRG, 2. Teil 4. Abschnitt Rz. 36.

444 In: FamRZ 1998, 1477, 1485.

445 Zu Recht meint Klippel in: Staudinger (13. Aufl.), Vor § 1313 ff. Rz. 20 § 1314 Abs. 2 Nr. 5 BGB stelle eine „gesetzgeberische Fehlleistung“ dar.

446 Ausführlich zur Bestätigung Köth, S. 109 ff.

Abs. 1 BGB.447 Im Unterschied zu diesen Bestimmungen definiert § 1315 Abs. 1 BGB den Begriff der Bestätigung. Danach liegt eine Bestätigung vor, wenn der Ehegatte nach (Wieder-)Erlangung seiner Willensfreiheit „zu erkennen gegeben hat, dass er die Ehe fortsetzen will“. Dem liegt die Überlegung zu Grunde, dass der ursprünglich Schutzbe-dürftige des vom Gesetz bezweckten Schutzes nicht mehr bedarf, wenn er den bei der Eheschließung bestehenden Mangel später im Zustand voller Entscheidungsfreiheit nicht mehr als relevant empfindet.

Das FGB der DDR kannte weder die Bestätigung noch sonstige Heilungsmöglichkeiten.

Dies lässt sich vor allem damit erklären, dass die nach bundesdeutschem Recht zur Aufhebung berechtigenden Willensmängel nach DDR-Recht nur insoweit beachtlich waren, als sie unter Umständen eine Scheidung rechtfertigten.448 Die Geschäftsunfähig-keit war nur dann relevant, wenn der Ehegatte entmündigt war. Die MinderjährigGeschäftsunfähig-keit stellte zwar ein Ehehindernis dar. Die dennoch geschlossene Ehe eines Minderjährigen war aber wirksam, so dass es einer Heilung nicht bedurfte.

Das EheG hingegen bezeichnete die Heilungsmöglichkeit zwar nicht als Bestätigung, sah jedoch vor, dass Nichtigkeit oder Aufhebung ausgeschlossen sind, sofern der ge-schützte Ehegatte zu erkennen gibt, dass er die Ehe fortsetzen will.449 Wie sich aus § 30 Abs. 1 in Verbindung mit § 18 Abs. 2 EheG ergibt, war für die wirksame Bestätigung eines Minderjährigen im Falle der dauernden oder vorübergehenden Geschäftsunfähig-keit die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters erforderlich. Erfolgte die Bestätigung ohne Einwilligung, so trat zwar Heilung in Bezug auf die Nichtigkeit ein, die Ehe war nun aber aufhebbar.

I. Rechtsnatur

Die Bestätigung nach § 1315 BGB ist kein Rechtsgeschäft, sondern eine Rechtshand-lung.450 Das heißt, ihre Folge – Ausschluss der Aufhebungsmöglichkeit – tritt ein, ohne dass der betroffene Ehegatte einen entsprechenden Rechtsfolgewillen haben muss. Dar-in unterscheidet sie sich sowohl von der Bestätigung Dar-in § 141 BGB, die als Neuvor-nahme des Rechtsgeschäfts gilt und damit selbst Rechtsgeschäft ist, als auch von der Bestätigung in den §§ 144, 2284 BGB, die als empfangsbedürftige Willenserklärung aufgefasst wird.

II. Voraussetzungen

Um die Rechtshandlung wirksam vornehmen zu können, darf der bestätigende Ehegatte nicht geschäftsunfähig sein, § 1315 Abs. 1 S. 2 BGB. Die Ehebestätigung muss nicht gegenüber dem anderen Ehegatten, sondern kann auch Dritten gegenüber erfolgen und bedarf nicht der Form der Eheschließung. Der betroffene Ehegatte muss seinen Fortset-zungswillen nach außen erkennbar kundgeben. Eine ausdrückliche Bestätigung ist hier-für nicht erforderlich. Vielmehr reicht jedes schlüssige Verhalten, mit dem der Ehegatte zu erkennen gibt, dass er die Ehe ungeachtet des Aufhebungsgrundes fortsetzen will451,

447 Er findet sich außerdem in § 2284 BGB (Bestätigung eines anfechtbaren Erbvertrages).

448 Vgl. oben S. 16.

449 Vgl. § 18 Abs. 2, § 30 Abs. 2, § 31 Abs. 2, § 32 Abs. 2, § 33 Abs. 2, § 34 Abs. 2 EheG.

450 BT-Drucks. 13/4898 S. 20.

451 Vgl. BT-Drucks. 13/4898 S. 20.

etwa das langjährige eheliche Zusammenleben, die Begehung eines Ehejubiläums452 oder der Eheverkehr.453 Voraussetzung für eine wirksame Ehebestätigung ist ferner, dass der bestätigende Ehegatte den die Fehlerhaftigkeit der Ehe begründenden Mangel kennt. Andernfalls läge keine bewusste Entscheidung gegen die Relevanz des Mangels vor und bestünde das Schutzbedürfnis fort. Kenntnis bedeutet in diesem Zusammen-hang454 Kenntnis der den Mangel begründenden Tatsachen sowie eine bestimmte (keine juristische) Vorstellung über deren Auswirkungen.455 Ähnlich wird bei § 141 BGB in der Regel Kenntnis der Nichtigkeit, bei § 144 BGB Kenntnis der Anfechtbarkeit ver-langt.

III. Bestätigung eines bei Eheschließung (vorübergehend) geschäftsunfähi-gen Minderjährigeschäftsunfähi-gen

Die Ehebestätigung kann entsprechend der höchstpersönlichen Natur der Ehe nicht durch einen Vertreter erfolgen. Grundsätzlich kann also auch der minderjährige Ehegat-te die Ehe nur selbst bestätigen. Allerdings bedarf seine Bestätigung gemäß § 1315 Abs. 1 S. 3 BGB der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters, wenn er bei der Ehe-schließung nicht nur minderjährig, sondern überdies noch geschäftsunfähig, bewusstlos oder vorübergehend geistesgestört war. Zur Begründung wurde im ursprünglichen Ge-setzesentwurf auf das Erfordernis der Zustimmung zur Eheschließung eines minderjäh-rigen Ehegatten verwiesen: In den von § 1315 Abs. 1 S. 3 BGB erfassten Konstellatio-nen werde die Eheschließung mangels zurechenbarer Eheschließungserklärung erst durch die Bestätigung des Minderjährigen konstituiert, so dass die Bestätigung – „nicht anders als eine erneute Eheschließung“ – der Zustimmung bedürfe.456 Nun ist die Zu-stimmung oder Einwilligung des gesetzlichen Vertreters für die Eheschließung eines Minderjährigen – anders als im bisherigem Recht (§ 3 Abs. 1 EheG) und im ursprüngli-chen Entwurf (§ 1305 Abs. 1 BGB-RegE) – nach der geänderten und schließlich Gesetz gewordenen Fassung nicht mehr erforderlich.457 Nach § 1303 Abs. 3 BGB kommt es nur noch darauf an, ob der gesetzliche Vertreter oder ein sonstiger Inhaber der Perso-nensorge dem Antrag des Minderjährigen auf Befreiung vom Volljährigkeitserfordernis mit triftigen Gründen widerspricht. Zwar erfuhr § 1315 Abs. 1 S. 3 BGB vor Inkrafttre-ten noch eine redaktionelle Änderung458, doch beließ man es beim Erfordernis der „Zu-stimmung“. Im Anschluss an § 1303 Abs. 3 BGB hätte man folgendermaßen formulie-ren sollen:

„Bei Verstoß gegen § 1304 und im Falle des § 1314 Abs. 2 Nr. 1 ist die Bestäti-gung eines Minderjährigen nur wirksam, wenn der gesetzliche Vertreter oder ein sonstiger Inhaber der Personensorge ihr nicht widerspricht; widerspricht er ihr, kann das Familiengericht auf Antrag die Bestätigung für wirksam erklären, wenn der Widerspruch nicht auf triftigen Gründen beruht.“

452 Palandt-Brudermüller (63. Aufl.), § 1315 Rz. 3, 7.

453 OLG Köln FamRZ 2003, 375 (Beschl. vom 29. 8. 2002).

454 Vgl. zur „Kenntnis von der Aufhebbarkeit“ unten S. 146 ff.

455 Palandt-Brudermüller (63. Aufl.), § 1315 Rz. 6.

456 BT-Drucks. 13/4898 S. 20.

457 Vgl. oben S. 39.

458 Vgl. BT-Drucks. 13/9416 S. 8.

L. Zusammenfassung

Die Einführung des Aufhebungsgrundes der Eheunmündigkeit ist insofern zu begrüßen ist, als dadurch die bisherige gesetzliche Inkonsequenz im Zusammenhang mit „Kinde-rehen“ beseitigt wird. Statt zur Aufhebbarkeit sollte die Eheunmündigkeit jedoch zur Vernichtbarkeit der Ehe führen. Eine Befreiung vom Volljährigkeitserfordernis brauch-te es nicht mehr zu geben. Auch die Geschäftsunfähigkeit sollbrauch-te die Vernichtbarkeit der Ehe zur Folge haben. Dauernde und vorübergehende Geschäftsunfähigkeit sollten wie-der im Rahmen wie-der Eheschließungshinwie-dernisse zusammengefasst werden. Bei dieser Gelegenheit sollte die „Ehegeschäftsunfähigkeit“ gesetzlich definiert werden.

Die ex nunc wirkende Aufhebung ist im Fall der Doppelehe verfassungswidrig. Nur die rückwirkende Vernichtbarkeit ist mit dem Prinzip der Einehe vereinbar, so dass die Doppelehe wieder als Nichtigkeitsgrund gelten muss. Über die jetzige Heilungsmög-lichkeit hinaus sollte die zweite Ehe nicht mehr angreifbar sein, wenn die frühere Ehe durch Tod beendet oder gerichtlich aufgelöst worden ist.

Um Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Eheverbots der Verwandtschaft auszu-räumen, sollten die lediglich rechtlich verwandten Geschwister ausdrücklich davon aus-genommen werden. Im Interesse einer einheitlichen Regelung sollte auch die Verwand-tenehe dem Institut der Ehenichtigkeit unterstellt werden. Das für Adoptivgeschwister geltende Eheverbot ist, obgleich es keinen Aufhebungsgrund darstellt, zu streichen. Die Abschaffung des Eheverbots der Schwägerschaft war sowohl hinsichtlich der Ehen zwi-schen Schwiegereltern und Schwiegerkindern als auch hinsichtlich der Ehen zwizwi-schen Stiefeltern und Stiefkindern gerechtfertigt.

Beim Verstoß gegen die gesetzliche Eheschließungsform sollte eine Ehe überhaupt nicht zustande kommen, so dass der Formmangel als Aufhebungsgrund entfiele. Hei-lungsmöglichkeiten sollten in diesem Fall nicht bestehen.

Sämtliche Irrtümer – mit Ausnahme des durch eine arglistige Täuschung hervorgerufe-nen Irrtums – sollten der Korrektur durch das Scheidungsrecht überlassen werden. Dass der Irrtum über persönliche Eigenschaften nicht mehr zur Aufhebung berechtigt, ist in-teressengerecht. Die Streichung des Erklärungsirrtums sowie des Identitätsirrtums aus den Aufhebungsgründen war angesichts der praktischen Irrelevanz dieser Irrtümer nur konsequent. Entsprechend hätte die Streichung des Irrtums über das Vorliegen einer Eheschließung nahe gelegen. Dieser durch das EheschlRG 1998 jedoch als Aufhe-bungsgrund beibehaltene Irrtum ist daher ebenfalls zu entfernen. Im Fall einer arglisti-gen Täuschung oder widerrechtlichen Drohung entspricht die ex tunc wirkende Nich-tigkeit der Interessenlage des jeweiligen „Opfers“ eher als die Aufhebung der Ehe. Bei-de FehlertatbestänBei-de sollten Bei-demnach als NichtigkeitsgrünBei-de behanBei-delt werBei-den.

Der mit dem EheschlRG 1998 eingeführte Aufhebungsgrund der Scheinehe sowie das gleichgerichtete Eheverbot sollten wieder gestrichen werden, denn sie sind zur Verhin-derung des Missbrauchs der Ehe nicht geeignet.

Danach sollten folgende Fehlertatbestände verbleiben, aber einheitlich zu Nichtigkeits-gründen bestimmt werden:

1. Eheunmündigkeit

2. (vorübergehende) Geschäftsunfähigkeit 3. Doppelehe

4. Verwandtenehe

5. Arglistige Täuschung 6. Widerrechtliche Drohung.

4. Kapitel: Verfahren der Eheaufhebung

Eine Ehe kann nur durch gerichtliches Urteil aufgehoben werden, § 1313 S. 1 BGB. Das Verfahren wird durch einen Antrag auf Aufhebung der Ehe eingeleitet.459 In diesem Kapitel werden die Regelungen zur Antragsberechtigung (A.) und zur Antragsfrist (B.) ebenso erörtert wie die gesetzlichen Grundlagen des gerichtlichen Aufhebungsverfah-rens (C.).