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Berücksichtigung der Abwägungsdirektiven im Rahmen der herab-

Im Dokument Fabian Thiel (Seite 115-119)

II. Steuerung des Flächenverbrauchs im Städtebaurecht unter

4. Das Recht der vermögensrechtlichen Plangewährleistung

4.6 Berücksichtigung der Abwägungsdirektiven im Rahmen der herab-

Oben wurde festgestellt451, dass Gemeinden über geeignete Festsetzungen in Bebauungs-plänen Baurechte entziehen können, ohne dass dies entsprechende Entschädigungsleistun-gen nach sich zieht. Die Bebaubarkeit eines Grundstücks kann limitiert oder entzoEntschädigungsleistun-gen wer-den, soweit dies durch die Geltendmachung des öffentlichen Interesses gedeckt wird und sich für eine ordnungsgemäße städtebauliche Rückentwicklung als erforderlich bzw. ge-eignet erweist.

Müsste zudem jede Änderung der Nutzungsmöglichkeit entschädigt werden, so bedeutete dies „das Ende der Bauleitplanung“, da jede zukunftsbezogene Planung Änderungsvarian-ten impliziere452. Eine Analyse der besonderen Abwägungsvoraussetzungen muss insbe-sondere im Hinblick auf die Aufhebung von Nutzungen die der Beschlussfassung über die Aufstellung des planungsrechtsändernden oder aufhebenden Bebauungsplans voran gehen-den politischen und rechtlichen Vorentscheidungen mit berücksichtigen453. Das Wesen einer Planungsentscheidung liegt nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts ferner in einer Entscheidung über die Vorzugswürdigkeit und Priorität bestimmter Belange ge-genüber anderen454. Von besonderem Interesse dürfte hier sein, was nach Lage der Dinge – nämlich die Herabzonung der „aufgebenden Gebiete“ sowie der davon betroffenen Grundstücke des Stadtareals unter der Zielsetzung einer alternativen, nicht Wohnzwecken dienenden Nachnutzung sowie der wohnwirtschaftlichen Stabilisierung der

450 Volpert/Bachmann/Diederichsen, Bauplanungs- und Bauordnungsrecht, S. 274.

451 Dazu Kap. II. 4.1.1.

452 Battis, Öffentliches Baurecht und Raumordnungsrecht, § 4 III 2.

453 BVerwGE 45, S. 309 ff.

454 BVerwGE 34, S. 301, 308 f.

den Gebiete“ – im Rahmen der Abwägung von Erheblichkeit zu sein vermag455; städtebau-lich relevante Bezüge dürften hier regelmäßig vorliegen. Planungsrecht kann unter An-wendung folgender Vorschriften des BauGB entzogen werden: Beabsichtigt die Gemeinde die Aufhebung von Nutzungen im Rahmen eines Bebauungsplanverfahrens, so gelten die Vorschriften über die Aufstellung der Bauleitpläne grundsätzlich auch für deren Ände-rung456.

4.6.1 Auswahl und planerische Kenntlichmachung der Herabzonungsbereiche Besondere Bedeutung kommt der planerischen Ausweisung der rückzubauenden Areale sowie der Berücksichtigung der durch diese Areale repräsentierten Eigentumsrechte an den von der Herabzonung betroffenen Grundstücken zu457; neben den städtebaulich beachtli-chen Belangen der Allgemeinheit, denen umso stärkeres Gewicht beizumessen ist, je mehr sie in die private Nutzbarkeit von Grundstücken eingreifen oder jene zur Gänze ausschlie-ßen458, ist bei der Aufhebung der Nutzungen neben der im Zuge des EAG Bau vorgenom-menen Ergänzung der Abwägungsbelange die Anforderung des Abwägungsgebots nach § 1 Abs. 6 BauGB a. F. unter der Maßgabe erfüllt, dass für die herabzonenden Festsetzungen nachvollziehbare Gründe bestehen, die im baulichen Gesamtzustand der im Plangebiet vorfindbaren Gebäude zu suchen sind. Begründet wird dies Erfordernis damit, dass das in der Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB a. F. zu berücksichtigende Grundeigentum gegen-über den in § 1 Abs. 5 BauGB a. F. genannten Belangen als gleichwertig anzusehen und ungeschmälert in den Abwägungsprozess einzustellen ist459.

Gerade der aus Art. 3 Abs. 1 GG ableitbare Grundsatz der Lastengleichheit der Eigentü-mer, aus dem ein Ausgleich der planungsbedingten Ungleichbelastungen, verursacht durch Maßnahmen der Planungs- und Bodenordnungsbehörden, entnommen werden kann460, führt in der Fachliteratur unter der Prämisse, dass die im Rahmen der Stadtumbaupolitik durchgeführten Flächenrevitalisierungsstrategien zu einer durch partiellen Rückbau zu er-reichenden Stabilisierung des Wohnungsmarktes führen, zur Forderung nach einem

455 BVerwGE 34, S. 301, 309; BVerwGE 107, S. 215, 219.

456 Vgl. zu den formalen Voraussetzungen: § 2 Abs. 4 BauGB.

457 BVerwGE 47, S. 144, 154; BVerwG, NVwZ 1988, S. 727 f.

458 BVerwG, DVBl. 1971, S. 776, 750; BVerfGE 104, S. 1, 13; BVerwG, NVwZ-RR 1997, S. 83; BVerwG, NVwZ 2001, S. 560 f.

459 BVerfG, NVwZ 1999, S. 979 f.; BVerwGE 47, S. 144, 154; Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 1, Rdnr. 123; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Baugesetzbuch, § 1, Rdnr. 195.

460 BVerfG, GewArch 2003, S. 192 f.; BGHZ 67, S. 320, 327 f.

teilsausgleich innerhalb einer Gruppe Betroffener461. Betroffen von im Rahmen der Abwä-gung festzulegenden abgebenden Gebieten sind danach Wohnungsunternehmen, die noch vermietete Gebäude und Behausungen dem Rückbau zuführen, während diejenigen Unter-nehmen wirtschaftliche Vorteile zu gewinnen vermögen, denen die durch den Abriss frei-gesetzten Mieter zugeführt werden, was regelmäßig dort die Belegungsquote erhöht462. Nicht mehr haltbar dürfte unter den dargestellten städtebaulichen Notwendigkeiten für pla-nerische Eingriffe in Grundstücke die Auffassung sein, dass neue Planungsmaßnahmen, die gemessen an der ursprünglich zulässigen Nutzung eine geringere autonome Nutzbarkeit vorsehen, nur dann Bestand haben sollen, wenn die im Rahmen der nutzungsaufhebenden Festsetzungen dargelegten und in das Abwägungsmaterial eingestellten städtebaulichen Gründe in dem Maße gewichtig sein müssen, in dem sie einen Vorrang vor den damit ver-bundenen Einbußen an privater Nutzbarkeit der in Rede stehenden Parzellen eröffnen463.

4.6.2 Beeinträchtigung privater Belange durch die Herabzonung

Bei der Aufhebung einer Flächennutzung ist eine mögliche Beeinträchtigung privater Be-lange unter den rechtlichen Gesichtspunkten zu diskutieren, inwiefern sich die Grundsätze eines der Genehmigung entgegen stehenden Gesetzesrechts mit den im Verfassungsrecht angesiedelten Aspekten des Bestandsschutzes vereinbaren lassen und ob geltendes Geset-zesrecht der durch großflächige Umnutzungsplanungen verursachten Herabzonung anzu-passen ist, d. h. in welchem Umfang eine Abweisung der Genehmigungsfähigkeit baulicher Maßnahmen nicht an den Grundsätzen des Bestandsschutzes zu messen ist, sondern an der Maßgabe einer – entschädigungsfreien – Eigentumsinhaltsbestimmung des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG464.

461 Bericht der vhw-Arbeitsgruppe „Stadtumbau – Besonderes Städtebaurecht und Städtebauförderung“, 2003, S. 24.

462 Schmidt-Eichstaedt, ZfBR 2003, S. 1, 5 f. Hingewiesen wird hier freilich auf die Schwierigkeit der Kausa-litätsfeststellung im Hinblick auf den Mieterzuzug aus abgebenden in aufnehmende Gebiete hinein sowie auf die praktikabel kaum bewältigbare Berechnung des Vorteilsausgleichs. In diesem Rahmen vermag § 28 WertV die nötigen Werte zu liefern, wenn planerisch mit einem Sanierungsbebauungsplan gearbeitet werden sollte. Von Vorteil könnte ferner der Einsatz städtebaulicher Gebote im Vorfeld der durch die Abwägung zu präzisierenden Festlegung der Nutzungsaufhebung sein.

463 Krohn, Das Planungsschadensrecht im Spannungsfeld zwischen Inhaltsbestimmung des Eigentums und Enteignung, in: Festschrift für Schlichter, 1995, S. 439, 450.

464 Dazu aktuell BVerfG, NVwZ 1999, S. 979; Friauf, Baurecht, in: von Münch, Besonderes Verwaltungs-recht, S. 545.

Hieran schließt sich die Frage an, inwiefern der einfache Gesetzgeber befugt ist, darüber hinaus Regelungen zu schaffen, die das Vorliegen eines restriktiven Bestandsschutzes ver-hindern465. Freilich kann ebenso konstatiert werden, dass derartige Ansprüche der vom Rückbau betroffenen Eigentümer erhebliche Finanzierungsrisiken der rückbauenden Städte und Kommunen in sich bergen. Planungseingriffe im Zusammenhang mit städtebaulichen Umstrukturierungsmaßnahmen dürften oft den Verlust der Baulandqualität für die von Rückbaumaßnahmen betroffenen Grundstücke bedeuten. Angesprochen ist hier erneut das Problem der Wertermittlung unter den Bedingungen des Stadtumbaus; zu prüfen ist ferner, ob Anhaltspunkte dafür bestehen, neben einer Modifizierung der Wertermittlungsgrundla-gen unter Stadtumbau- und UmnutzungsbedingunWertermittlungsgrundla-gen zugleich eine naturverträgliche Komponente in die Bemessung der Ausgleichsbeträge zu integrieren466.

Die Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB a. F. dürfte im Ergebnis unter der Begründung

„Bewältigung des Wohnungsleerstands“ rechtsfehlerfrei durchgeführt werden467. Analog zum Verfahren der städtebaulichen Umlegung kann darüber hinaus festgehalten werden, dass die Privatnützigkeit eines derartigen Verfahrens nicht dadurch beeinträchtigt oder ausgeschlossen wird468, dass einzelne von den Nutzungsaufhebungen durch Planungsent-scheidungen der Gemeinde betroffene Grundstückseigentümer bzw. Wohnungsunterneh-men aus jenen Nutzungsaufhebungen keinen wirtschaftlichen Vorteil für sich erkennen können. Unterstellt man die baulich-infrastrukturelle Situation der „abgebenden Gebiete“

(Rückbaugebiete) sowie die für diese Areale durchgeführten demographischen Prognose-berechnungen, so wird man selbst bei einer umfänglichen Niederlegung von Gebäuden in mehreren Stadtarealen einen spürbaren ökonomischen Vorteil in den aufnehmenden Gebie-ten (ergo in Erhaltungs- und Stabilisierungsbereichen) diagnostizieren können.

Hingewiesen wird in diesem Kontext schließlich darauf, dass die ordnungsgemäße Abwä-gung ein besonderes, wenngleich nicht unüberwindliches Hindernis in den Fällen darstelle, in denen konsensuale Verhandlungsergebnisse mit den Eigentümern scheiterten469. Emp-fohlen wird den betroffenen Kommunen des Weiteren ein so genanntes „gestuftes Vorge-hen“, sowohl, um den Abwägungsprozess nach § 1 Abs. 6 BauGB a. F. zu erleichtern als

465 BVerwGE 88, 191, 293.

466 Dazu Koch, in: Koch/Hendler, Baurecht, § 19, Rdnr. 18, unter Berufung auf BGH, BauR 1999, S. 1001.

467 Birk, in: vhw-Bericht „2. Forum Deutsches Stadterneuerungsrecht“, 2002, S. 2.

468 BVerfGE 104, S. 1 ff.

469 Bericht der vhw-Arbeitsgruppe „Stadtumbau – Besonderes Städtebaurecht und Städtebauförderung“, 2003, S. 24.

auch, um auf der Basis der erarbeiteten planerischen Grundlagen den Abriss- und Rück-bauprozess der Wohnungsunternehmen zu begleiten und erst nach erfolgter Niederlegung der Behausungen den Bebauungsplan in Kraft setzen zu lassen, der die jeweilige Nachnut-zung determiniert470.

4.7 Vertragliche Vereinbarungen für einen Verzicht auf die Geltendmachung

Im Dokument Fabian Thiel (Seite 115-119)