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Abgrenzung zur Veränderungssperre (§ 14 BauGB)

Im Dokument Fabian Thiel (Seite 110-113)

II. Steuerung des Flächenverbrauchs im Städtebaurecht unter

4. Das Recht der vermögensrechtlichen Plangewährleistung

4.4 Festsetzungen nach § 39 BauGB

4.4.4 Abgrenzung zur Veränderungssperre (§ 14 BauGB)

Das berechtigte Vertrauen auf einen Plan kann überdies dadurch gestört sein, dass in ab-sehbarer Zeit mit einer nicht unerheblichen Ergänzung, Änderung oder Aufhebung eines Planes zu rechnen ist; insbesondere in vom Rückbau betroffenen „abzugebenden Gebieten“

kann es diskussionswürdig sein, ob einem berechtigten Vertrauen auf den Bestand eines Plans Hindernisse entgegenstehen, weshalb sich eine Gemeinde möglichen planschadens-rechtlichen Ansprüchen nach § 39 BauGB ausgesetzt sehen könnte. Voraussetzung ist auch hier das berechtigte Vertrauen eines Bauherrn auf den Bestand des Bebauungsplans zum Zeitpunkt der getätigten Aufwendungen430.

Strittig ist der Beginn des Zeitpunkts, ab welchem mit dem Eintritte der sichtbaren Bebau-ungsplanänderung der Vertrauensschutz für getätigte Aufwendungen nicht mehr greifen soll431. Einerseits wird für die Bebauungsplanänderung ein Aufstellungsbeschluss nach § 2 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 4 BauGB für ausreichend erachtet432, andererseits wird es für prak-tikabel gehalten, dass herabzonende Planungsmaßnahmen der Gemeinden sich dabei im

428 Breuer, in: Schrödter, BauGB, § 39, Rdnr. 29.

429 Battis, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 39, Rdnr. 4.

430 Battis, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 39, Rdnr. 9; Gaentzsch, in: Schlichter/Stich, Berliner Kommentar zum BauGB, § 39, Rdnr. 10.

431 Gaentzsch, in: Schlichter/Stich, Berliner Kommentar zum BauGB, § 39, Rdnr. 10.

432 Volpert/Bachmann/Diederichsen, Bauplanungs- und Bauordnungsrecht, S. 261.

Rahmen des § 14 BauGB dem hiervon betroffenen Bauherrn nachvollziehbar darstellen, wenn das Grundstück mit einer Veränderungssperre belegt wird433 oder nach § 15 BauGB die Zurückstellung eines Baugesuchs durch die Kommune erfolgt.

4.4.4.1 Regelungsinhalt

Das gegenseitige Bedingen von Planschadensrecht sowie der Möglichkeit für die Gemein-de zum Erlass einer VeränGemein-derungssperre ergibt sich dabei aus § 14 Abs. 1 Satz 1 BauGB:

Die Veränderungssperre ist lediglich als Sicherungsinstrument der Bauleitplanung zuläs-sig; die Literatur spricht insoweit von „ernsthaften planerischen Vorstellungen“434 der Ge-meinde, die verhindern sollen, dass es zu einer Sperre der baulichen Nutzung einer Parzelle kommt, die wiederum auf einer Planung beruht, „die sich in ihrem Inhalt noch in keiner Weise absehen lässt“435. Zugleich wird klargestellt, dass eine Modifizierung der planungs-rechtlichen Beurteilungsunterlagen für einen künftigen Planbereich436, dem ein formell ordnungsgemäßer Planaufstellungsbeschluss vorangehen muss437, ggf. nur gegen die Zah-lung einer Kompensation möglich ist438.

Aus der zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts439 ergeben sich weitere klarstellende Hinweise für eine Gemeinde, die den Erlass einer Veränderungssperre in Er-wägung gezogen hat und die eine „Sperrwirkung“ für Bauvorhaben erreichen möchte: Die Zulässigkeit einer Veränderungssperre hat nicht zur Voraussetzung, dass bereits der ihr zu Grunde liegende Beschluss zur Aufstellung eines Bebauungsplans den Umfang und Inhalt der angestrebten Planung exakt umreißt. Keinen rechtlichen Bedenken begegnet außerdem

433 Der Inhalt einer Veränderungssperre, die im Rahmen von stadtumbaulichen Prozessen gleichfalls eine Rolle zu spielen vermag, zielt ebenfalls auf eine erhebliche Veränderung bzw. auf eine wesentlich Wert stei-gernde Entwicklung von Grundstücken oder baulichen Anlagen ab, die sich hinsichtlich der ins Auge gefass-ten städtebaulichen Entwicklung als „hemmend“ heraus stellt. Dabei sind diejenigen Wert steigernden Ver-änderungen nicht zu berücksichtigen, die während einer Veränderungssperre ohne Genehmigung der zustän-digen Behörde vorgenommen worden sind (§ 18 Abs. 1 Satz 2 BauGB), woraus sich die Verknüpfung mit dem hier behandelten Planschadensrecht ergibt (§ 43 Abs. 2 Satz 2 BauGB).

434 Koch, in: Koch/Hendler, Baurecht, § 16, Rdnr. 3.

435 BVerwGE 51, S. 121, 128; BVerwG, NVwZ 1990, S. 558.

436 Die Festlegung dieses „künftigen Planbereichs“ soll innerhalb eines Zeitraumes von 3 Jahren über einen neuen Bebauungsplan entsprechend vorbereitet und abgeschlossen sein (vgl. § 17 Abs. 1 und 2 BauGB).

Nach Verstreichen des vierten Jahres sind die durch das Instrument der Veränderungssperre hervor gerufenen Restriktionen der Nutzung der Grundstücke monetär auszugleichen (vgl. § 18 Abs. 2 BauGB).

437 BVerwGE 79, S. 200, 305; BVerwG, NVwZ 1989, S. 661 f.; BVerwG, NVwZ-RR 1993, S. 65.

438 BVerwG, NJW 1990, S. 1495.

439 BVerwGE 51, S. 121 ff.

der Sachverhalt, wenn eine Veränderungssperre nur für einige wenige Grundstücke bzw.

nur für ein einzelnes Flurstück erlassen worden ist440.

Eine erneute Veränderungssperre ist mit dem Ablauf des dritten Jahres nur unter besonde-ren Umständen zulässig, die beispielsweise dann vorliegen können, wenn die Verzögerung des mit dem Erlass der Veränderungssperre zusammen hängenden Planverfahrens durch eine ungewöhnlich komplexe Sachlage verursacht ist und der Gemeinde nicht der Vorwurf eines Fehlverhaltens gemacht werden kann441. Eine solch ungewöhnlich komplexe Sachla-ge kann bei einem Erlass einer Veränderungssperre in den ostdeutschen Bundesländern freilich vorliegen.

4.4.4.2 Bestandsschutz im Rahmen einer Veränderungssperre

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts442 ist eine möglicherweise Be-standsschutz auslösende Änderung der bauplanungsrechtlichen Situation mit einem Siche-rungsbedürfnis gegenüber der Gemeinde begründet, die einem zur Genehmigung beantrag-ten Bauprojekt nicht zustimmt, da insoweit keine Übereinstimmung mit den – geänderbeantrag-ten – planerischen Grundsätzen der Gemeinde vorliegt.

Bestandsschutz kann ferner aus § 14 Abs. 3 BauGB abgeleitet werden. Zur Frage, ob eine in der Hand des Bauherren sich bereits befindliche Baugenehmigung von dem späteren Erlass einer Veränderungssperre berührt wird, hat bereits das Bundesverwaltungsgericht Stellung bezogen443: Ein Bauvorbescheid mit dem Inhalt einer Zulässigkeitserklärung des beantragten Vorhabens mit dem zu Grunde liegenden Bebauungsplan ist als gegenüber nachfolgenden Rechtsänderungen durch die wirksame Inkraftsetzung einer Veränderungs-sperre (oder eines Baurechte aufhebenden oder einschränkenden Bebauungsplans) höher-wertig einzustufen. Bedeutung dürfte der Satz 2 deshalb erlangen, da hierdurch Maßnah-men untersagt werden, die als erhebliche Veränderungen bzw. wesentlich Wert steigernde Modifizierungen von Grundstücken oder baulichen Anlagen gelten. Die Querverbindung zum Planschadensrecht ergibt sich daraus, dass bei der Festlegung von Zahlungen, die

440 Gefordert wird indes von dem Bundesverwaltungsgericht, dass ein formell ordnungsgemäß durchgeführter Planaufstellungsbeschluss den mit dem Instrument der Veränderungssperre zu sichernden Planbereich fest-legt und dass nach § 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB eine ortsübliche Bekanntmachung stattfindet; vgl. BVerwGE 79, S. 200, 305; BVerwG, NVwZ 1989, S. 661 f.; BVerwG, NVwZ-RR 1993, S. 65.

441 BVerwGE 51, S. 121 ff.

442 BVerfGE 20, S. 351, 361.

443 BVerwGE 69, S. 1 ff.

ner Kompensation dienen, Wert steigernde Entwicklungen nicht zu berücksichtigen sind (§

18 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 95 Abs. 2 Nr. 4 BauGB).

Im Dokument Fabian Thiel (Seite 110-113)