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Bebauungsplanung (§ 9 BauGB)

Im Dokument Fabian Thiel (Seite 53-57)

II. Steuerung des Flächenverbrauchs im Städtebaurecht unter

1. Das Recht der Bauleitplanung

1.6 Bebauungsplanung (§ 9 BauGB)

Die Verleihung der Rechtsverbindlichkeit der Darstellungen des Flächennutzungsplans erfolgt durch die textliche Verarbeitung und Aufnahme als Fixierung innerhalb des Bebau-ungsplans, der im Gegensatz zum Flächennutzungsplan rechtsverbindliche Festsetzungen enthält (§ 8 Abs. 1 Satz 1 BauGB) und aus städtebaulichen Gründen nach § 9 Abs. 1 Nr. 20 BauGB die Flächen oder Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft bestimmen kann. Indem diese Nutzungsfestlegungen nicht nur neue bzw. künftige Änderungen der Grundstücksnutzungen determinieren, sondern auch eine vorhandene Nutzung weiterentwickeln können184, treffen sie grundsätzliche Ent-scheidungen für die Verteilung von Raumnutzungen und ergo für eine ressourcenschonen-dere oder belastenressourcenschonen-dere Flächenentwicklung des gesamten Gemeindeareals.

In Bezug auf die Stadtumbaupolitik als Sonderfall der Flächenhaushaltspolitik185 stellt sich insbesondere die Frage nach der „Umverteilung“ einer Raumnutzung, die sich etwa in ei-ner plaei-nerischen Herabzonung durch Bebauungsplanung bzw. gar in eiei-ner vollständigen Aufhebung eines Bebauungsplans manifestieren kann. Für eine derartige

182 Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 1, Rdnr. 85.

183 Peine, Öffentliches Baurecht, Rdnr. 605.

184 Mitschang, Steuerung der städtebaulichen Entwicklung durch Bauleitplanung, 2003, S. 228.

185 Dazu Kap. I. 6.

lung“ eines Bebauungsplans dürfte im Ergebnis nichts anderes gelten als für die Neuauf-stellung: Auch hier muss seitens der planenden Verwaltung eine prospektive Überlegung dahin gehend angestellt werden, mit welchen Rechtsvorgaben sowie mit welchen vorhan-denen (bei der Wieder- und Nachnutzung von Flächen auch zukünftigen) Bodennutzungs-arten ein Aufeinandertreffen konfligierender Belange nach Lage der Dinge zu erwBodennutzungs-arten sein wird186 (planerische Konfliktbewältigung des Rückbaus von Gebäuden, Freilegung von Grundstücken und „Einspeisung“ der Flächen in das Wiedernutzungsreservoir).

Der Charakter der Bauleitplanung als räumliche Gesamtplanung wird für den Stadtumbau primär ergänzt sowohl durch Elemente der Auffangplanung, d. h. durch Abschätzung und Einbindung einer voraussichtlichen städtebaulichen Entwicklung, als auch durch Elemente der Entwicklungsplanung, d. h. durch die planerische Aktualisierung und Konkretisierung der sich aus der bestimmten Situation des Grundeigentums heraus ergebenden öffentlich-rechtlichen Bebauungsbefugnis (Lenkung der Grundstücksnutzung im Sinne des städtebau-lichen Entwicklungskonzepts der Gemeinde, Befristung von Baurechten und die Aufhe-bung von Flächennutzungen)187.

1.6.1 Abgrenzung zur Negativplanung

In der Fachliteratur wird darauf verwiesen, dass die Bewahrung einer gegenwärtigen Flä-chennutzungssituation durch Negativplanung sich nicht ohne weiteres unter das Kriterium der „gemeindlichen Bauleitplanung“ subsumieren lassen könne; ein Bebauungsplan mit ausschließlich negativ ausgestalteten Festsetzungen sei unzulässig und damit nichtig188. Trifft eine Kommune Festsetzungen in einem Bebauungsplan, die vorrangig der Verhinde-rung einer baulichen RealisieVerhinde-rung eines Bauvorhabens zu dienen bestimmt sind, so sind diese allerdings nicht schon dann nach § 1 Abs. 3 BauGB als Negativplanung unzulässig, wenn sie nicht im Sinne einer Verhinderungsstrategie der Gemeinde vorgenommen wur-den, die als ein Vorschieben von Gründen interpretiert werden müssten, um alternative Planungsvorstellungen zu realisieren189. Da eine an städtebaulichen

186 Ministerium für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr des Landes Brandenburg, Rechts- und Verfah-rensinstrumente beim Stadtumbau, 2002, S. 61 f.

187 Siehe Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Bericht der Unabhängigen Experten-kommission zur Novellierung des Baugesetzbuchs, 2002, Rdnrn. 197 ff.

188 Freiherr von und zu Franckenstein, BayVBl. 1997, S. 202, 203.

189 BVerwG, NVwZ-RR 1998, S. 217.

rien sich orientierende Entwicklung der Gemeinde in ihren Konzepten nicht nur die bauli-che Bestandsentwicklung im Sinne einer die Inanspruchnahme von Fläbauli-chen am Stadtrand verhindernden Flächenhaushaltspolitik im Auge zu behalten hat, sondern da Revitalisie-rungsbestrebungen durchaus alternative Nutzungsvorstellungen zu beinhalten vermögen, ist zur Beurteilung des Vorliegens einer Negativplanung die zu Grunde liegende planeri-sche Konzeption der Gemeinde insoweit maßgebend190, als sie in ihrer eigentlichen Ziel-setzung – heute und hier – gewollt und erforderlich ist191.

Der einer Bestandsentwicklung förderlich gegenüber stehende Bauantrag eines Bauherrn darf daher mit entsprechend verhindernden Festsetzungen des Bebauungsplans rechtsfeh-lerfrei nur dann abgelehnt werden, wenn sowohl aus dem Bebauungsplan, als auch aus den Gliederungsmöglichkeiten der BauNVO sich entsprechend den städtebaulichen Entwick-lungsvorstellungen gut begründbare Festsetzungsmotivationen ergeben, die darüber hinaus auch einen ergänzenden Charakter aufweisen können, wenn die Gemeinde nachträglich sich als erforderlich heraus stellende Festsetzungen trifft, die auf die Verhinderung eines Bauprojekts zielen192.

1.6.2 Abgrenzung zur Positivplanung

Fraglich ist ferner, ob zur Identifizierung einer gemeindlichen Negativplanung eine Ge-genüberstellung mit einer als „positiv“ zu interpretierenden planerischen Strategie einer Kommune zielführend ist.

Ein Bedürfnis für die Erhaltung des Status quo durch Negativplanung besteht erst dann, wenn die Veränderung der Nutzung der freizuhaltenden Fläche(n) einzutreten droht193. Dies ist in der Regel dann der Fall, wenn Bauanträge für Grünflächen gestellt werden, die die Gemeinde nicht in der beantragten Weise einer Nutzung zuführen möchte. Die Veror-tung von planerischen Negativfestsetzungen könnte dem Förderungs- und Konkretisie-rungszweck der positiven Planungsgesamtkonzeption zuwiderlaufen, den die Gemeinde gemäß § 9 Abs. 8 BauGB darzustellen und zu begründen hat. Im Einzelfall soll ein aus-schließlicher Negativplan zulässig sein, etwa im Falle heranrückender Bebauung bzw. der

190 BVerwG, NVwZ 1993, S. 1102 f.

191 BVerwGE 40, S. 258, 262.

192 BVerwG, BauR 2001, S. 1060 f.

193 Freiherr von und zu Franckenstein, BayVBl. 1997, S. 202, 203.

Verhinderung eines Industriegebiets194. Gemeindliche Negativplanung umschreibt danach den Erlass eines „Verhinderungsplans“ in dem Sinne, dass die Gemeinde in einem Bebau-ungsplan bestimmte Vorhaben für unzulässig erklärt und auf diese Weise zur Bewahrung der aktuellen Grundstückssituation beiträgt195.

Andererseits wird darauf aufmerksam gemacht, dass zur Feststellung dieser unzulässigen Verhinderungsplanung letztlich jene bereits erwähnte Gegenüberstellung von positiven und negativen planerischen Zielen der Gemeinde als wenig hilfreich erscheint, da es für die Zulässigkeit der Bauleitplanung entscheidend darauf ankommt, ob die konkrete Planung für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung sich als im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich erweist196; von einer Erforderlichkeit vermag indes nicht nur lediglich dann ausgegangen zu werden, wenn sie als geeignet erscheint, sich planerisch bereits vollzie-hende bauliche Entwicklungen zu kanalisieren oder in geordnete Bahnen zu lenken, son-dern vielmehr bereits zu dem Zeitpunkte, in dem durch die planerischen Aktivitäten der Gemeinde mögliche, für die Zukunft sich ergebende Bedarfslagen geschaffen werden197. Zum anderen ist ferner gewiss richtig, dass es ein generelles Verbot negativer Festsetzun-gen im Bebauungsplanverfahren nicht gibt198 und dass der Gemeinde zur Bestimmung der städtebaulichen Erforderlichkeit ein weites planerisches Ermessen zuzubilligen sein wird199. Einen untrennbaren Regelungszusammenhang der sich als verhindernde Planung erweisenden Festsetzungen mit den als positiv empfundenen Vorstellungen zur Herausbil-dung des Gebietscharakters wird man ebenso anerkennen können200 wie die durch die Ju-dikatur abgesicherte Rechtsprechung, wonach die mit der Bauleitplanung u. U. verbundene Verhinderungsplanung sich als rechtsfehlerhaft dann herausstellt, wenn von vorne herein ein nachvollziehbarer Anlass für die Bauleitplanung nicht nur nicht erkennbar ist, sondern sie auch mit einer Planverwirklichungsstrategie des BauGB keineswegs in Verbindung gebracht zu werden vermag201 bzw. wenn die planerisch zu Grunde gelegte Konzeption

194 BVerwG, BayVBl. 1991, S. 280 ff.

195 BayVGH, BayVBl. 1992, S. 721 f.

196 Volpert/Bachmann/Diederichsen, Bauplanungs- und Bauordnungsrecht, S. 8.

197 BVerwG, NVwZ 1999, S. 1338; BVerwG, NVwZ 2001, S. 1280 f. Nach BVerwG, NVwZ 1999, S. 878 ist die negative Festsetzung zur Verhinderung zweier Bauvorhaben zulässig, die ein Landschaftsschutzgebiet trennen würden.

198 BVerwG, BayVBl. 1991, S. 281.

199 BVerwG, BauR 2003, S. 209, 212.

200 BVerwG, BayVBl. 1991, S. 281.

201 BVerwG, NVwZ 1993, S. 1102 f.; BVerwG, DVBl. 2002, S. 1469 f.

positive Planungsaspekte generell vermissen lässt, privaten Interessen zu dienen bestimmt ist respektive bloße Verhinderungsplanung intendiert202.

Im Dokument Fabian Thiel (Seite 53-57)