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2. Theoretische Verortung von Konzeptionen

2.2 Begriffsbestimmung

Prinzipiell beruht das Wort „Konzeption“ auf dem lateinischen „concipere“ und bedeutet so viel wie „sich vorstellen“ (Academic 2016). In der Literatur ist jedoch keine einheitliche Definition davon zu finden, was unter einer Konzeption konkret zu verstehen ist, sowie auch nicht darüber, was es von anderen Begriffen wie Konzept, Leitbild, Grundsätze oder (Unternehmens-)Philosophie abgrenzt. Vielmehr werden diese Begrifflichkeiten häufig synonym verwendet (vgl. Graf, Spengler 2004: 14f.). Verfolgt man das Ziel einer Konzep-tionsentwicklung scheint es daher von zentraler Bedeutung, auch das Verständnis davon aufzuzeigen, was mit Konzeption gemeint ist. In manchen Konzeptionspapieren wird die-sem Umstand Rechnung getragen und auch vorab versucht, die Begriffe klarer voneinan-der abzugrenzen, wie das folgende Beispiel zeigt:

„Als Konzept gilt zumeist etwas Vorläufiges, ein Entwurf, ein Skript, in dem die Ge-danken für eine Konzeption mit ihren möglichen Zielen und/oder Schwerpunkten grob festgehalten werden. Ein Konzept hat eher einen vorläufigen Charakter und ist mehr oder weniger verbindlich angelegt“ (Unterausschuss Kindertagesbetreuung des Lan-desjugendhilfeausschusses 2009/2010).

Dementsprechend ist ein Konzept als die Vorarbeit für eine Konzeption zu sehen, wobei in letzterem dann erst eine Konkretisierung der Schritte zur Zielerreichung sowie ein ge-nauer Zeitplan für die Erreichung der Ziele festgeschrieben werden. Einen ähnlichen Zu-gang zur Begriffsdefinition schlagen Graf und Spengler (2004: 15) vor, wenn sie feststel-len, dass die „‘Konzeption‘ eher nach einer verbindlicheren und umfassenderen Selbst-darstellung und Programmaussage klingt“. Konzepte können hingegen beschrieben wer-den als „Überlegungen zu Zielen, Wegen und Mitteln, die weniger verbindlich und umfassend sind als ‚Konzeptionen‘“ (ebd. 2004: 108). Sie schlagen jedoch noch eine an-dere Unterscheidung vor, indem sie festhalten, dass von Konzeptionen gesprochen wer-den kann, wenn es um „Grundsatzdokumente bestehender Organisationen“ (ebd.: 14) geht, während Konzepte „für Entwürfe neuer Maßnahmen und Projekte“ (ebd.), also zur

Beschreibung innovativer Projekte herangezogen werden. Dieser Beschreibung folgt auch Brigitta Michel-Schwartze (2007: 294), die im Hinblick auf Konzeptionen ebenfalls auf de-ren „Funktion eines Grundsatzdokumentes“ verweist.

Von Spiegel (2004) stellt zudem eine sehr umfassende Definition der Begrifflichkeiten zur Verfügung:

„Eine Konzeption ist der Entwurf eines ‚institutionellen‘ Wirkungszusammenhangs für die gesamte Arbeit innerhalb einer Einrichtung oder einer Organisationseinheit. Als solche stellt sie mehr dar als eine bloße Kombination verschiedener Wissensbestän-de. Im Unterschied zum Konzept integriert sie zusätzlich institutionelles Wissen, (kommunal-) politisches Wissen, Wissen über Zielgruppen sowie persönliches Erfah-rungswissen der Fachkräfte vor Ort. Sie enthält Aussagen darüber, welche Leistun-gen mit welchen Zielen und Leitlinien (Arbeitsprinzipien) sowie Arbeits- und Ange-botsformen angeboten werden, und wie und mit welchen Aufgaben Mitarbeiterinnen zusammenarbeiten. Sie ist ein gedankliches Grundgerüst, mit dem die strukturellen Elemente, die für methodische Arbeit unabdingbar sind, nachvollziehbar zusammen-gebracht werden; sie ist darüber hinaus als Beschreibung der praktischen Ideologie (Klatetzki 1998) der Einrichtung zu bezeichnen“ (ebd.: 203).

Diese Beschreibung beinhaltet folgende Elemente:

- Wissen (institutionell, politisch, Zielgruppenspezifisch und Praxiswissen)

- Organisatorische Grundlagen (Angebotene Leistungen, Ziele und Handlungswei-sen, Arbeits- und Angebotsformen, Kooperationen, strukturelle Elemente)

- Vision und Ideologie der Organisation

Wie die Ausführungen in Kapitel 2.4 noch zeigen werden, sind diese Inhalte nicht in jeder Konzeption in gleichem Ausmaß bedeutsam, sondern abhängig von der jeweiligen Kon-zeptionsart werden unterschiedliche Bereiche detaillierter oder nur am Rande Eingang in diese finden. Als Gemeinsamkeit zu den zuvor angeführten Definitionen kann aber auch hier die Beschreibung einer Konzeption, im Vergleich zu jener eines Konzepts, als umfas-senderes Grundlagenpapier angesehen werden.

In der vorliegenden Arbeit besteht der Anspruch nicht darin, Grundlagen für einen einzel-nen Workshop von Tanz die Toleranz herauszuarbeiten, sondern vielmehr soll das Pro-gramm TdT insgesamt konzeptionell fundiert werden. Deshalb kann im vorliegenden Kon-text auch von einer Konzeption im Sinne eines Grundlagendokumentes für eine Organisa-tion gesprochen werden. Allerdings werden die Ausführungen in dieser Arbeit lediglich erste Überlegungen zu Zielen, Inhalten, Wegen und Mitteln sowie keine konkreten Zeit-vorgaben beinhalten, sie sind also vielmehr als Vorarbeit für eine umfassende Konzeption zu betrachten, was wiederum für die Verwendung des Begriffes Konzept sprechen würde.

Bezugnehmend auf die zuvor dargestellten unterschiedlichen Definitionen und in Anleh-nung an Graf und Spengler (2004) wird in der vorliegenden Arbeit dennoch vorrangig der Begriff „Konzeption“ verwendet, da dieser die angestrebten Inhalte am treffendsten wider-spiegelt. Falls jedoch im Rückgriff auf vorhandene Literatur auch der Begriff ‚Konzept‘

verwendet wird, ist dies – sofern nicht anders ausgeführt – als synonym mit jenem der

‚Konzeption‘ zu verstehen.

Klar abgegrenzt werden sollen die Begriffe Konzeption und Konzept hingegen von den Begriffen ‚Vision‘ und ‚Plan‘. Konzepte und Konzeptionen unterscheiden sich von Visionen dadurch, dass sie

 „die ‚visionäre‘ Vorstellung von einer wünschenswerten Zukunft bereits in konkrete Ziele umsetzen;

 dazu auch bereits Mittel und Wege skizzieren und handlungsleitende Werte und Normen aufstellen;

 den Charakter verbindlicher Festlegungen für die eigene Organisation beanspru-chen“ (Graf, Spengler 2004: 14).

Nachdem TdT seit mehreren Jahren laufend Workshops anbietet und erfolgreich durch-führt, werden bereits konkrete Schritte und Ziele umgesetzt, und die Mittel und Wege da-für sowie die handlungsleitenden Werte sind zumindest implizit bereits gegeben. Die Visi-on vVisi-on TdT wird dementsprechend folgendermaßen beschrieben:

„Tanz die Toleranz ermöglicht allen Menschen den Zugang zu Tanz und steht für:

 Soziale und gesellschaftliche Veränderung

 kulturelle Teilhabe

 Kunst als Menschenrecht

 Partizipation am kulturellen Leben

 hohen künstlerischen Anspruch“ (Delgadillo Aguilar, Bauer 2013: 4).

Von einem konkreten Plan hingegen sind Konzeptionen aufgrund folgender Merkmale zu unterscheiden:

 „dass sie nicht auf einen festen Zeitpunkt hin ausgerichtet oder für einen bestimm-ten zeitlichen Rahmen aufgestellt sind, sondern eine Darstellung der Ist-Situation in eine unbestimmte Zukunft hinein projizieren und

 dass Mittel und Wege zur Erreichung der postulierten Ziele nicht so konkret formu-liert sind, dass diese unmittelbar umsetzbar wären, sondern hierzu noch der Kon-kretisierung in einem Plan bedürfen“ (Graf, Spengler 2004: 15).

Für die Konzeptionsbausteine, welche in der vorliegenden Arbeit erarbeitet werden sollen, ist das Aufstellen eines zeitlichen Rahmens nicht vorrangig. Ebenso wenig besteht die Intention darin, konkrete Handlungsschritte vorzugeben, da dies die künstlerische Freiheit der ChoreografInnen einschränken könnte. Demzufolge ist als Anliegen der vorliegenden Arbeit auch auszuschließen, einen Plan für die Organisation zu erstellen. Vielmehr ist das Ziel, Bausteine für die Entwicklung einer Konzeption im Sinne eines umfassenden Grund-lagendokuments für das Programm TdT herauszuarbeiten. Einen noch detaillierteren Ein-blick darüber, was dementsprechend in der vorliegenden Arbeit unter Konzeption zu ver-stehen ist, wird im Zusammenhang mit der Unterscheidung von unterschiedlichen Arten von Konzeptionen in Kapitel 2.4 gegeben werden. Zuvor wird noch ein kurzer Einblick in die Aufgaben und Funktionen von Konzeptionen gegeben.