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2. Theoretische Verortung von Konzeptionen

2.5 Inhalte der Konzeption

2.5.3 Aktueller Stand der Wirkungsforschung im Bereich der

Hinsichtlich der Ziele von kultureller Bildung ist bei der zweiten UNESCO-Weltkonferenz zur kulturellen Bildung folgendes formuliert worden:

„1.a Affirm arts education as the foundation for balanced creative, cognitive, emotion-al, aesthetic and social development of children, youth and life-long learners”

(UNESCO 2010).

Kulturelle Bildung ist demnach als Grundlage für eine ganzheitliche Entwicklung zu sehen und betrifft obigem Zitat zufolge kreative, kognitive, emotionale, ästhetische und soziale

Bereiche. Sie ist zudem als lebenslanges Lernen zu definieren. Als weiteres Ziel wird – neben der Sicherung von Qualität und Erarbeitung von Qualitätsstandards (vlg. ebd.) – auch das Aufzeigen von Potenzialen der kulturellen Bildung genannt:

“3.b (i) Encourage recognition of the social and cultural well-being dimensions of arts education including:

 the value of a full range of traditional and contemporary arts experiences,

 the therapeutic and health dimensions of arts education,

 the potential of arts education to develop and conserve identity and heritage as well as to promote diversity and dialogue among cultures,

 the restorative dimensions of arts education in post-conflict and post-disaster situa-tions” (UNESCO 2010)

In diesen Punkten finden sich Hinweise auf die Potenziale der kulturellen Bildung, wobei hier insbesondere therapeutische und gesundheitsfördernde Wirkungen angesprochen werden, ebenso wie auch identitätsstiftende Faktoren. Kulturelle Bildung ist dementspre-chend ein sehr aktuelles Thema, und die Frage nach den Potenzialen, die dadurch in den Fokus des Interesses gerät, ebenso. Trotz dieses Potenzials, das der kulturellen Bildung zugesprochen wird, sind es gerade KlientInnen der Sozialen Arbeit, denen durch „hoch-kulturelle Praktiken und die Abwertung von alltags-ästhetischen Äußerungen“ (Meis 2012:

33) die Teilhabe an Kunst und Kultur erschwert wird, also Menschen, die in besonderer Weise von den Potenzialen kreativer Betätigung profitieren können:

„Das scheinbar paradoxe an dieser Situation ist aber: Kunst und Kultur können auch Brücken bauen. Und gerade die Kultur und die künstlerisch-ästhetische Praxis kön-nen zu einer größeren gesellschaftlichen Teilhabe der Klient/inkön-nen der Sozialen Ar-beit führen“ (ebd.).

Denn kreative Methoden können genutzt werden, um zur Lösung von konkreten Proble-men beizutragen und sollen in einem weiteren Sinne zur Steigerung von Problemlösungs-kompetenzen dienen (vgl. Kruse 1997: 13). Dementsprechend gewinnen auch in der So-zialen Arbeit kreative Methoden zunehmend an Bedeutung. Denn mit kreativen Methoden können Veränderungen bewirkt werden, „die mit der Entwicklung und Aktivierung innerer Ressourcen verbunden sind, mit einer Förderung von Spontaneität, Intuition, Engage-ment, kognitiver Flexibilität, emotionaler Intelligenz, Beziehungsfähigkeit und ästhetischer Sensibilität“ (ebd.). Unterschieden werden können hinsichtlich der kreativen Methoden zwischen therapeutischen Ansätzen, Ansätzen aus der Sozial- und Kulturpädagogik sowie solchen Ansätzen, die aus der jeweiligen Kunst selbst kommen (vgl. ebd.: 13f.). „Eine empirisch abgesicherte Wirksamkeitsforschung steckt zwar noch in den Kinderschuhen“

(Meis 2012: 68), jedoch sind in den letzten Jahren vor allem im englischsprachigen Raum viele neue Studien dazu erschienen (vgl. ebd.). Diese Tendenz hängt u.a. mit dem zu-nehmenden Legitimationsdruck von sozialen Dienstleistungen zusammen, was wiederum die Frage nach Qualität, Unterscheidungsmerkmalen und der Wirkung von sozialen Dienstleistungen und somit in weiterer Folge die Wirkungsforschung zunehmend ins Zent-rum des Interesses rückt (vgl. Kapitel 3.3.2 und 3.3.3). Dementsprechend werden auch im

deutschsprachigen Raum zunehmend mehr Untersuchungen zu dieser Thematik veröf-fentlicht (vgl. Meis 2012: 69). Ein Überblick über die wichtigsten Studien im Zusammen-hang mit Wirkungsdimensionen im künstlerisch-sozialen Bereich ist bspw. zu finden in Meis (2012) oder Hamer (2014), sowie aus einer kritischen Perspektive bei Rittelmeyer (2010).

Zusätzlich werden von unterschiedlichen AutorInnen Kompetenz- und Ressourcenmodelle entwickelt, um die möglichen Wirkungsdimensionen von kultureller Bildung und Kreativität aufzuzeigen. Demnach erscheint es in Hinblick auf den empirischen Teil der vorliegenden Arbeit bedeutsam, einen kurzen Einblick in die Erforschung der Entwicklung interpersonel-ler und soziainterpersonel-ler Kompetenzen zu geben. Dabei gibt es unterschiedliche Ansätze, wobei im Zusammenhang mit TdT insbesondere jener des Empowerment als bedeutsam erscheint.

Auch in diesem Zusammenhang wird die Entwicklung von Kompetenz- und Ressourcen-modellen forciert. Deshalb soll an dieser Stelle ein kurzer Exkurs dazu Einblick geben.

2.5.3.1 Exkurs: Empowerment

In der Sozialen Arbeit werden vor allem Methoden eingesetzt, welche, „auch wenn mit den Künsten gearbeitet wird, den Zielen Empowerment, Selbstbildung und Selbstermäch-tigung“ (Meis 2012: 39) dienlich sein sollen. „Der Begriff Empowerment stammt aus den USA und könnte mit Selbst-Bemächtigung oder Selbst-Ermächtigung übersetzt werden“

(Biewer 2009: 147). In der Literatur werden vier Ebenen unterschieden, auf welchen sich Empowerment-Prozesse vollziehen (vgl. Herriger 2014: 86). Dies sind die individuelle Ebene, zu der z.B. soziale Einzelhilfe (vgl. ebd.: 87ff.) und Ressourcendiagnostik (vgl.

ebd.: 92ff.) zählen, die Gruppenebene im Sinne der kollektiven Selbstorganisation (vgl.

ebd.: 130ff.), die institutionelle Ebene (vgl. ebd.: 157ff.) und die Gemeindeebene (vgl.

ebd.: 178ff.). Von Bedeutung für die Thematik der vorliegenden Arbeit ist hauptsächlich der Aspekt der Ressourcenaktivierung.

Das pädagogische Handeln in Feldern der Sozialen Arbeit wird heute dementsprechend zumeist als ressourcenorientiert und -fördernd dargestellt und von einer Defizit-Orientierung wird zunehmend Abstand genommen (vgl. Meis 2012: 39). In diesem Zu-sammenhang gewinnt die zuvor genannte Entwicklung von Ressourcen- und Kompe-tenzmodellen zunehmend an Bedeutung. Beschlagwortet wird diese Tendenz in Konzep-tionen mit den Begriffen ‚Stärkenorientierung‘, ‚Ressourcenentwicklung‘ und ‚Kompetenz-förderung‘ (vgl. Herriger 2014: 92). Ein konkretes Instrument für die strukturierte Erfas-sung dieser Ressourcen ist allerdings noch nicht zu finden (vgl. ebd.: 93). Dies wäre allerdings wichtig in Hinblick auf eine gezielte „Hilfeplanung“, für eine „prozessbegleitete Reflexion“ und für die „Evaluation und Qualitätsdokumentation“ (ebd.). So hält Herriger (2014: 93) fest, dass ein derartiges Ressourcenmodell „als Instrument der Verfahrenseva-luation“ und als „praktische Reflexionshilfe“ eingesetzt werden kann um „die bereits

einge-tretenen Veränderungen dokumentieren, [sowie] Hindernisse im Zugang zu Ressourcen reflektieren“ (ebd.) zu können. Wie viele andere ForscherInnen unternahm auch Herriger den Versuch, ein solches Modell zu entwickeln. Dadurch entstand eine Liste, in welcher Ressourcen

- auf Personenebene (physische Ressourcen, psychische Ressourcen, kulturelle und symbolische Ressourcen, relationale Ressourcen),

- Ressourcen in Lebenskrisen und belastenden Lebenslagen,

- Umweltressourcen (soziale Ressourcen, ökonomische Ressourcen, ökologische Ressourcen und professionelle (Dienstleistungs-)Ressourcen)

unterschieden werden. Zu jedem der genannten Bereiche werden noch unzählige Bei-spiele genannt (vgl. Herriger 2014: 96ff.).

Da das Ziel der vorliegenden Arbeit nicht darin besteht, eine Wirkungs(ketten)analyse durchzuführen, erscheint dieses Modell für die Absichten der vorliegenden Arbeit zu um-fangreich. Um in Hinblick auf den empirischen Teil dennoch eine theoretische Grundlage zu schaffen, soll nachfolgend auf Uwe Peter Kanning (2009) verwiesen werden. In seinem Bestreben, die Diagnostik von sozial kompetentem Verhalten zu beschreiben, versuchte Kanning die unzähligen in der Literatur zu findenden Kompetenzen zu bündeln und in übersichtlicher Form darzustellen. Die Einteilung von Kanning wird in der nachfolgenden Abbildung veranschaulicht:

● Unterstützung (fordern & gewähren) ● Bewertung

● Einflussnahme ● Expressivität ● Zuhören

─ Konfliktverhalten

● Verwirklichen eigener Interessen

● Berücksichtigung der Interessen anderer

─ Selbststeuerung

● Verhaltenskontrolle im soz. Kontext ● Selbstdarstellung

Abb. 5: Drei Gruppen sozialer Kompetenzen (Kanning 2009: 21)

Sein Modell, das in obiger Abbildung dargestellt ist, zeigt, dass soziale Kompetenzen sich aus den drei Bereichen perzeptiv-kognitiv, motivational-emotional und behavioral zusam-mensetzen (vgl. ebd.: 21). Von Veränderungen in diesen Bereichen können demnach auch Wirkungen in der sozialen Kompetenz erwartet werden.

Auch im Konzept des psychologischen Empowerment werden Veränderungen auf drei Ebenen als bedeutsam festgestellt: „auf der Ebene der selbstbezogenen Kognitionen und der Selbstwerterfahrung, auf der Ebene der Kompetenz-Ausstattung und auf der Ebene der Handlungsmotivation“ (Herriger 2014: 188).

Über diese individuelle Ebene hinausgehend kann auch das politische Empowerment genannt werden, welches ebenfalls bei den oben genannten persönlichkeitsrelevanten Veränderungen ansetzt, darüber hinaus aber auch Veränderungen auf der Ebene der sozialen Lebenswelt und des sozialen Engagements misst (vgl. Herriger 2014: 188).

„Empowerment war von Anfang an mit politischen Zielsetzungen verbunden und wur-de zunehmend zur Bezeichnung eines Prozesses, in wur-dem benachteiligte und ausge-grenzte Bevölkerungsgruppen ihre Angelegenheiten selbst in die Hand nehmen und sich für ihre Interessen einsetzen. Ein wichtiges Ziel besteht in der Herstellung von Kontrolle über die eigenen Lebensumstände“ (Biewer 2009: 147).

Dementsprechend zielt Empowerment auf der Gemeindeebene „auf die Mobilisierung der kollektiven Ressourcen der Bewohner eines Stadtteils“ (Herriger 2014: 86). Auch hierbei geht es unter anderem wieder darum, Menschen dazu zu befähigen „eigene Ressourcen zu entdecken und ihre Lebensverhältnisse gemäß der eigenen Interessen zu gestalten“

(ebd.).

Um das Thema Empowerment wieder abzuschließen, soll im Folgenden eine Auflistung von Elementen angeführt werden, welche Empowerment inhaltlich bestimmen (Lenz 2002: 14; zit. n. Biewer 2009: 147f.):

 „die Fähigkeit, eigene Entscheidungen zu treffen,

 über einen Zugang zu Informationen und Ressourcen zu verfügen,

 über verschiedene Handlungsalternativen und Wahlmöglichkeiten zu verfügen,

 das Gefühl zu haben, als Individuum etwas bewegen zu können,

 kritisch denken zu lernen und Konditionen zu durchschauen,

 Wut erkennen und äußern lernen,

 sich nicht allein zu fühlen, sondern als Teil einer Gruppe oder eines sozialen Netzwerkes,

 zu der Einsicht gelangen, dass jeder Mensch Rechte hat,

 Veränderungen im eigenen Leben und im sozialen Umfeld zu bewirken,

 neue Fähigkeiten zu erlernen, die man selbst für wichtig hält,

 die Wahrnehmung anderer bezüglich der eigenen Handlungskompetenz und – fähigkeiten zu korrigieren,

 das innere Wachstum und die innere Entwicklung als einen niemals abgeschlos-senen, selbst beeinflussbaren und steuerbaren Prozess zu begreifen, sich ein po-sitives Selbstbild zu erarbeiten und Stigmatisierungen zu überwinden“ (ebd.).

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass eine Auseinandersetzung mit den bisher gewonnen Ergebnissen in der Wirkungsforschung vor allem in Hinblick auf Evalua-tionen der Workshops von TdT hinsichtlich der Wirkungen von großer Bedeutung zu sein scheint. Da es jedoch nicht Ziel der vorliegenden Arbeit ist, eine umfassende analyse durchzuführen, sondern die Vorarbeit dafür zu leisten, indem mögliche Wirkungs-ziele aufgezeigt werden, erschien es der Autorin wichtig, einen Einblick in diese Thematik zu geben, auch wenn diese Modelle sowie die unterschiedlichen Studien zur Wirkungsfor-schung an dieser Stelle nicht konkret thematisiert werden können, da eine detaillierte Auseinandersetzung damit zu umfangreich wäre.

An dieser Stelle soll jedoch noch einmal auf die Besonderheiten sozialer Dienstleistungen und die damit verbundenen Schwierigkeiten, deren Qualität und deren Wirkung zu mes-sen, verwiesen werden (vgl. Kapitel 3.2). Diesbezüglich streicht auch Meis (2012) heraus:

„Eindeutige Aussagen über die Ursache der Veränderungen auf Seiten der Zielgruppe und auf Kausalzusammenhänge sind jedoch äußerst schwierig und streng genommen in den meisten Fällen in dem gewählten Forschungsdesign nicht ableitbar“ (ebd.: 73). Und auch Sarah Uwer hält in diesem Zusammenhang fest: „Die Schwierigkeit der Messbarkeit besteht einerseits darin, dass sich qualitative Effekte nur langfristig messen lassen, ande-rerseits darin, dass eine Korrelation zwischen Vermittlung und den beabsichtigten Effek-ten sehr schwierig nachzuweisen ist“ (Uwer 2010: 79). Oftmals sind diese Effekte erfreuli-che und positiv zu wertende Nebeneffekte. „Die Projekte darauf zu fokussieren, zuzu-schneiden oder gar zu reduzieren ist jedoch nur in wenigen Fällen vertretbar“ (Meis 2012:

51) und meist wiederum „eher dem Legitimationsdruck geschuldet“ (ebd.). Dennoch ist die Entwicklung von Kompetenz- oder Ressourcenmodellen als hilfreich für Evaluationen oder Wirkungsmessungen zu betrachten: „Das Ziel der Kompetenzmodelle […] ist die Operati-onalisierbarkeit, Quantifizierbarkeit und Messbarkeit von Lernprozessen“ (Meis 2012: 52).

Ein Konzept kann in dieser Hinsicht als hilfreich angesehen werden, insbesondere durch konkrete Zielformulierungen. Deshalb soll im folgenden Abschnitt die Bedeutung, die Konzeptionen (und insbesondere die darin enthaltenen Zielformulierungen) für verschie-dene Bereiche einer sozialwirtschaftlichen Organisation haben (können), aufgezeigt wer-den.