• Keine Ergebnisse gefunden

Beeinflussende Faktoren bei der Entstehung des

1 Einleitung

1.3 Beeinflussende Faktoren bei der Entstehung des

1.3.1 Überblick

Das Endometriumkarzinom steht in Deutschland mit einer Erkrankungsrate von etwa 11.300 Frauen pro Jahr an vierter Stelle der häufigsten Malignome der Frau (11). Damit zeigt sich eine ähnliche Verteilung wie in anderen westlichen Industriestaaten. Die Häu-figkeit ist hier Schätzung zufolge zehnfach höher als in ländlichen Regionen Afrikas oder Asiens. In den westlichen Ländern begünstigen die mit Wohlstand assoziierten Faktoren wie Adipositas, das metabolische Syndrom, Diabetes, geringe körperliche Aktivität, die Abnahme von Schwangerschaften und die Einnahme von Östrogenpräparaten oder Tamoxifen nach Mammakarzinom das Auftreten des hormonassoziierten Typ-1-Tumors.

Daher trägt das Endometriumkarzinom die Bezeichnung als „Wohlstands-“ oder „Life-style-Erkrankung“ und die Prävention der genannten Faktoren stellt einen der wichtigsten Ansätze seiner Eindämmung dar (19).

1.3.2 Genetische Faktoren und Faktoren des Lebensstils Metabolisches Syndrom und Adipositas

Das metabolische Syndrom ist eine Kombination aus Adipositas, arterieller Hypertonie, Hypertriglyzeridämie und Insulinresistenz und wird neben dem Rauchen als Hauptverur-sacher der arteriellen Verschlusskrankheit, insbesondere der koronaren Herzerkrankung,

Einleitung 17

angesehen. Das Krankheitsbild ist vor allem in Industriestaaten sehr verbreitet und ent-wickelt sich aus einem Lebensstil, der von permanenter Überernährung und Bewegungs-armut gekennzeichnet ist (20). Die einzelnen Komponenten dieses Krankheitsbildes sind zusätzlich Risikofaktoren für eine Vielzahl anderer Erkrankungen, wie auch für das En-dometriumkarzinom. In verschiedenen Studien wurde eine drei- bis zehnfache Risikoer-höhung für das Korpuskarzinom durch Adipositas geäußert (21). Durch körperliche Ak-tivität kann das Erkrankungsrisiko gesenkt werden. Auch unabhängig vom Body-Mass-Index (BMI) ist körperliche Bewegung ein protektiver Faktor. Besteht zu dem Überge-wicht noch ein Bluthochdruck, so erhöht sich das Risiko um den Faktor drei (22). Ebenso wirkt sich eine Insulinresistenz negativ auf die Risikobilanz aus. Sie ist eine Vorstufe des Typ-2-Diabetes und entsteht oft bei adipösen Frauen durch ein Überangebot an freien Fettsäuren im Serum. Dies führt zu einer abnehmenden Glukoseaufnahme in die Leber und Muskelzellen und erhöhten Insulinwerten, die sich wiederum über die Erniedrigung des IGFBP1 (Insulin-like growth factor binding protein 1) und die Downregulation des SHBP (Sexualhormon bindendes Peptid) sowie durch direkte Stimulierung der ovariellen Androgenproduktion mitogen auswirken können. Bei einem manifesten Diabetes ist das Risiko für ein Endometriumkarzinom je nach BMI um den Faktor 1,43 bis 1,63 erhöht (19).

Lange Östrogenexposition

Eine lange Östrogenexposition durch Nullparität, eine frühe Menarche (< 12 Jahre) oder eine späte Menopause gilt als anerkannter Risikofaktor für das Endometriumkarzinom (insbesondere für Typ-1-Karzinome). Der protektive Effekt von Schwangerschaften oder später Menarche bzw. früher Menopause liegt in der Verkürzung oder Unterbrechung der Stimulation des Endometriums durch Östrogene. Studien konnten ein doppelt bis fünf-fach erhöhtes Risiko für Endometriumkarzinome bei kinderlosen Frauen feststellen (21).

Für eine frühe Menarche misst das relative Risiko 1,6-2,4, eine späte Menopause steigert das Risiko um den Faktor 2,4 (10).

PCO-Syndrom

Das Syndrom der polyzystischen Ovarien ist die häufigste endokrine Störung der prä-menopausalen Frau und betrifft etwa 4 bis 8% aller Frauen im fertilen Alter (23). Es stellt ein komplexes metabolisches Syndrom dar, das mit erhöhten Androgenspiegeln und einer Insulinresistenz einhergeht. Die erhöhten Androgenkonzentrationen führen einerseits zu einer exzessiven endometrialen Östrogenproduktion und andererseits zur Follikelatresie,

welche bei diesen Patientinnen zu niedrigen Progesteronspiegeln und dem Problem der Anovulation führt (19). Damit beginnt ein Teufelskreis, denn dieser hormonelle Regel-kreis setzt sich mit einer hypophysären LH-Hypersekretion durch Stimulation von Östro-gen und Insulin fort, welche wiederum in den Thekazellen des Ovars eine erhöhte And-rogensynthese bewirkt (21). Damit ist die Situation einer unopponierten Östrogenexposi-tion gegeben und das Risiko für Endometriumkarzinom, insbesondere für das Typ-I-Kar-zinom, etwa um den Faktor 5 erhöht (19).

Lynch-Syndrom

Das Lynch-Syndrom (Synonym; hereditary non-polyposis colorectal cancer syndrome (HNPCC)) ist eine autosomal-dominante Erbkrankheit, die mit dem frühzeitigen Auftre-ten von Kolonkarzinomen (mittleres Alter 45,2 Jahre) und anderen Tumorerkrankungen einhergeht. Erkrankte Frauen haben ein kumulatives Lebenszeitrisiko von 40-60% an ei-nem Endometriumkarzinom zu erkranken (12). Grund dieser Disposition gegenüber Tu-morerkrankungen ist eine Keimbahnmutation im DNA-Reparatur-System (5). Betroffen sind vor allem die DNA-Mismatch-Reparaturgene MLH1, MSH2, MSH6 und PMS2. Die meist von einem Elternteil vererbte Keimbahnmutation findet sich in allen Körperzellen.

Durch ein zufälliges Mutationsereignis wird auch das bisher intakte zweite Allel, welches für ein intaktes Reparatursystem ausreichte, geschädigt (Second hit-Hypothese nach Knudsons) (24). Durch den Funktionsverlust der DNA-Reparaturgene kommt es vor al-lem bei der Zellteilung zu Basenfehlpaarungen in der DNA. Dies äußert sich in einer Verlängerung oder Verkürzung repetitiver Sequenzen durch Veränderung der Basenzahl, welche auch als Mikrosatelliteninstabilität bezeichnet wird. Diese Mikrosatelliteninstabi-lität bewirkt eine beschleunigte Karzinogenese mit einer geringeren Adenom-Karzinom-Sequenz (1-2 Jahre statt 8-10) (25). Patientinnen mit dem Lynch-Syndrom bedürfen einer intensiven gynäkologischen Betreuung, welche ab dem 35. Lebensjahr eine jährliche transvaginale Ultraschalluntersuchung mit Endometriumbiopsie beinhaltet. Ab dem 40.

Lebensjahr oder nach abgeschlossener Familienplanung wird die prophylaktische Hyste-rektomie mit Adnexektomie empfohlen (5,12).

1.3.3 Medikamentöse und toxische Faktoren Östrogene

Ein historisches Beispiel für die Assoziation von Östrogenen und Endometriumkarzinom war die zunehmende Inzidenz Ende der 60er bis Anfang der 70er Jahre in den USA durch

Einleitung 19

hoch dosierte Östrogentherapie zur Behandlung von klimakterischen Beschwerden.

Heute ist die Risikoerhöhung für das Endometriumkarzinom durch eine perimenopausale Hormonersatztherapie mit konjugierten Östrogenen oder Östradiol ohne Gestageneinsatz bekannt und man weiß um den Einfluss von Dosis und Anwendungsdauer (21). Bereits bei dreijähriger Östrogentherapie ohne opponierende Gestagene besteht ein fünffach er-höhtes Risiko, bei über zehn Jahren Therapie kommt es zu einer zehnfach erhöhten Rate an Endometriumkarzinomen. Selbst nach Absetzen der Therapie persistiert das Risiko für mehrere Jahre (26). Durch die antiöstrogene Wirkung des Progesterons konnte durch Ver-wendung von Präparaten mit Gestagenanteil die Zahl der Erkrankungen wieder gesenkt werden (19).

SERMs (selektive estrogen response difiers)

Selektive Östrogenrezeptormodulatoren sind Arzneistoffe u.a. zur Behandlung des Mammakarzinoms und vermitteln ihre Wirkung über Östrogenrezeptoren (z.B. Tamoxi-fen). Trotz ihrer Selektivität üben sie eine proöstrogene Wirkung auf das Endometrium aus (21). Obwohl diese Substanzklasse bei der adjuvanten Therapie des hormonrezeptor-positiven Mammakarzinoms bereits durch Aromatasehemmer verdrängt wurde, wird der Wirkstoff Tamoxifen noch häufig eingesetzt, was die Wahrscheinlichkeit für ein Endo-metriumkarzinom durch eine postmenopausale Anwendung vervierfacht (19,21). Zusätz-lich wurden bei Langzeitgebrauch von Tamoxifen trotz östrogenunabhängiger Genese vermehrt Typ-2-Karzinome beschrieben, die mit einer ungünstigen Prognose einhergehen (27). Des Weiteren ist das Risiko unter Tamoxifentherapie für ein ebenfalls prognostisch ungünstiges Sarkom oder einen Müller-Mischtumor leicht erhöht (21).

Kontrazeptiva

Kombinierte einphasige Kontrazeptiva über die gesamte Zykluslänge haben aufgrund ih-rer dominanten Gestagenkomponente einen protektiven Wert für das Endometriumkarzi-nom von 0,5 (19,28). Nach kontinuierlicher Einnahme eines solchen Präparates über ein Jahr sinkt das Karzinomrisiko um etwa 40%. Dieser protektive Faktor hält nach Absetzen der Therapie für circa 15 Jahre an (29). Handelt es sich um ein sequenzielles Präparat ist auf die Dauer der Einnahme des Gestagenanteils zu achten. Bei einer Verabreichung von weniger als 10 Tagen des Zyklus ist das Risiko für ein Endometriumkarzinom leicht er-höht. Daher empfiehlt sich die Einnahme der Gestagenkomponente für mindestens 14 Tage des Zyklus (21).

Rauchen und Alkohol

Rauchen scheint einen protektiven Effekt auf die Endometriumkarzinogenese auszuüben (21). Laut einer Studie profitieren dabei vor allem Frauen, die mehr als 20 Zigaretten pro Tag rauchen und Kinder geboren haben. Der genaue biologische Mechanismus ist bislang unbekannt, eine Koinzidenz möglich (19). Der Konsum von Alkohol zeigt einen alters-abhängigen Einfluss auf die Entstehung von Endometriumkarzinomen (21). In einer gro-ßen schwedischen prospektiven Studie, bei der 37.000 Frauen mit der Diagnose Alkoho-lismus stationär behandelt wurden, fand sich in der Altersgruppe der unter 50jährigen ein um 70% erhöhtes Risiko, bei den Frauen über 50 Jahren hingegen schien Alkohol das Risiko um 40% gegenüber der Normalbevölkerung zu senken (19).