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Abb. 32: Urinkonzentrationsverläufe von Theobromin bei sechs Pferden nach einmaliger oraler Applikation von 4 mg Theobromin pro kg Körpergewicht

2. Ausscheidungsverhalten von Coffein und Theobromin

Die im Plasma gemessenen Maximalkonzentrationen von Coffein zeigten nach intravenöser Applikation von Coffein mit gemittelten 7406 ng/ml (± 53 %) deutlich höhere Werte als nach oraler Coffeingabe mit durchschnittlich 2531 ng/ml (± 35 %). In beiden Versuchen unterlagen die maximalen Werte großen interindividuellen Schwankungen. Die maximale Theobrominkonzentration nach oraler Applikation von Theobromin wies mit durchschnittlich 2342 ng/ml (± 130 %) ebenfalls enorme Schwankungen innerhalb der Pferde auf.

Vergleichbare Werte für Coffein erzielten TODI et al. (1999) bei einer oralen Verabreichung von 2,5 mg Coffein pro kg Körpergewicht. Auch KELLY und LAMBERT (1978) stellten große interindividuelle Schwankungen der Theobrominmaximalkonzentrationen nach Verfütterung kakaobohnenhaltigen Futters an Pferde fest. Die Ursachen dieser unterschiedlichen Konzentrationen sowie der interindividuellen Schwankungen sind vielseitig. Eine Erklärungsmöglichkeit für die geringere Konzentration von Coffein nach oraler Gabe ist die Beeinflussung der Resorption von Coffein aus dem Gastrointestinaltrakt durch Nahrungsaufnahme. Im Allgemeinen werden Substanzen nüchtern besser resorbiert (GRAMATTÉ, 2002 a). Werden jedoch beispielsweise fettreiche Nahrungsmittel gleichzeitig mit lipophilen Substanzen (z.B. Coffein) aufgenommen, so kommt es zu einer Steigerung der Resorption, da sich die Substanzen aufgrund der Emulgierung durch Galle über eine größere Oberfläche verteilen (FORTH, 1996). Da es sich bei diesem Versuch um eine so genannte

„dirty“-Studie handelte, erfolgte die Haltung der Versuchstiere unter normalen Bedingungen, denen auch die Pferde, die in Wettkämpfen vorgestellt werden, ausgesetzt sind.

Dementsprechend hatten die Tiere freien Zugang zu Futter und Wasser, so dass eine interindividuell unterschiedliche Futteraufnahme durchaus möglich sein kann. Weiterhin hängt die Konzentration einer Substanz im systemischen Blutkreislauf stark von der Bioverfügbarkeit oral verabreichter Pharmaka ab. Für Coffein konnte unter den hier

vorliegenden Bedingungen eine relativ niedrige orale Bioverfügbarkeit von durchschnittlich 57 % festgestellt werden. GREEN et al. (1983) ermittelten in ihrer Studie eine Bioverfügbarkeit für Coffein von 39 %. Die Bioverfügbarkeit hängt unter anderem entscheidend von der Galenik der verabreichten Substanz ab, die sowohl Absorptionsrate als auch Absorptionsmenge bestimmt (SHIVLEY et al., 1985). So ist für Theobromin in der Literatur eine 80 % ige Bioverfügbarkeit aus Schokolade im Vergleich zur Aufnahme in Reinform beschrieben (SHIVLEY et al., 1985). Eine geringe Bioverfügbarkeit kann zudem aus einem ausgeprägten first pass-Effekt resultieren (SAMS, 1992). Bei einem solchen first pass-Effekt werden oral verabreichte Substanzen aus dem Magen-Darm-Trakt über die Pfortader in der Leber aufgenommen und metabolisiert. So gelangt nur ein Teil der oral verabreichten Dosis in den systemischen Kreislauf. Eine diesbezügliche Beurteilung stellt sich als schwierig heraus, da es bis heute noch keine expliziten Studien über das Auftreten eines solchen Effektes von Coffein oder Theobromin beim Pferd gibt. Allerdings wird sowohl beim Menschen als auch bei der Ratte ein first pass-Effekt für Coffein verneint (AXELROD, 1953;

ALDRIDGE, 1977).

Auffällig war, dass es insbesondere nach intravenöser und oraler Applikation von Coffein bei den Versuchstieren zu einem zweiten Konzentrationsanstieg von Coffein nach durchschnittlich drei Stunden im Plasma kam, was einen enterohepatischen Kreislauf vermuten lässt. Gelangt eine Substanz mit der Gallenflüssigkeit in den Darm und wird sie hier erneut resorbiert, so kann es zu einem Anstieg der Plasmaspiegel kommen (DERENDORF, 2002 b). ARNOUD (1993) beschrieb ebenfalls einen enterohepatischen Kreislauf für Coffein.

Zudem konnte sowohl nach intravenöser und oraler Applikation von Coffein als auch nach oraler Applikation von Theobromin besonders bei zwei Pferden ein weiterer Konzentrationsanstieg in einem Zeitraum von 20 bis 60 Stunden nach Behandlung beobachtet werden. Diese Konzentrationserhöhung kann auf einen Recyclingprozess von Coffein bzw.

Theobromin zurückzuführen sein. Die Pferde konnten während der Versuchsphase sowohl Gras als auch Stroh ad libitum aufnehmen. Zudem war ein unkontrollierter Harn- und Kotabsatz möglich („dirty“-Studie). Nehmen die Pferde Gras oder Stroh von einer Stelle auf, an der sie zuvor coffein- bzw. theobrominhaltigen Harn abgesetzt hatten, so gelangt erneut Coffein respektive Theobromin in den Organismus und führt zu dem beobachteten Konzentrationsanstieg. Ein solcher Recyclingsprozeß ist unter normalen Haltungsbedingungen demnach durchaus möglich. Ähnliche Beobachtungen konnten auch bei Schweinen gemacht werden (KIETZMANN et al., 1995). Nach Haltung dieser Tiere in

Buchten, in denen zuvor mit Arzneimitteln behandelte Schweine standen, konnten Arzneimittelrückstände im Urin der Tiere festgestellt werden, die auf solchen Recyclingprozessen basierten.

Die Ergebnisse der pharmakokinetischen Parameter, die für intravenös appliziertes Coffein anhand eines Zwei-Kompartiment-Modells und für die Versuchsabschnitte mit oraler Coffein bzw. Theobrominapplikation mit Hilfe eines Ein-Kompartiment-Modells berechnet wurden, entsprachen im Hinblick auf die intravenöse Coffeinapplikation weitestgehend den in der Literatur veröffentlichten Angaben von GREEN et al. (1983) sowie ARAMAKI et al. (1991), die Pferden 4 mg bzw. 2,5 mg Coffein pro kg Körpergewicht intravenös bzw. oral verabreichten. Es stellten sich jedoch Unterschiede zu den von GREEN et al. (1983) und ARAMAKI et al. (1991) ermittelten Ergebnissen nach oraler Coffeinapplikation heraus. Die Eliminationshalbwertszeiten nach oraler Coffeinapplikation waren in jenen Studien bedingt durch eine niedrigere Clearance länger als in der hiesigen Studie. Die in dem hier vorliegenden Versuch ermittelte hohe Clearance ist ein Hinweis für die schnelle Metabolisierung des Coffeins nach oraler Applikation (GRAMATTÉ, 2002 a). Dies kann unter Umständen auf den zuvor beschriebenen first pass-Effekt zurückzuführen sein, bei dem bereits nach der ersten Leberpassage eine schnelle Umwandlung des Coffeins erfolgt.

Bezugnehmend auf die hier vorliegende Theobrominstudie erzielten KELLY u. LAMBERT (1978), die Pferden einmalig kakaobohnenhaltiges Futter verabreichten, vergleichbare Ergebnisse.

Die nach KIETZMANN (1983) berechnete Zeit bis zum Erreichen der LOQ bzw. der LOD bei Coffein und Theobromin lag der tatsächlich gemessenen Zeit bei allen drei Versuchen zwar sehr nahe, wies jedoch innerhalb der Pferde große Streuungen auf. Nach intravenöser Coffeinapplikation wurde die LOQ von Coffein nach durchschnittlich 101,3 ± 56 Stunden und die LOD nach durchschnittlich 147,8 ± 88 Stunden erreicht. Die Zeit bis zum Erreichen der LOQ bzw. der LOD stellte sich bei oraler Applikation von Coffein als kürzer heraus und betrug im Mittel 63,9 ± 12 Stunden respektive 101,0 ± 14 Stunden. Nach oraler Applikation von Theobromin war die Ausscheidungszeit von Theobromin bis zum Erreichen der LOQ und der LOD mit 114,9 ± 84 Stunden bzw. 184,1 ± 144 Stunden länger als es bei Coffein nach intravenöser und oraler Applikation der Fall war und wies zudem eine größere interindividuelle Streuungsbreite auf. Wie anhand dieser starken Streuung bereits innerhalb der begrenzten Anzahl an Pferden ersichtlich wird, ist es schwierig, aus einem derartigen Versuch eine sichere Information zur Streuung in der Gesamtpopulation zu gewinnen, um

daraus eventuell eine Karenzzeit abzuleiten. Nimmt man jedoch an, dass die Ergebnisse dieser Studie die durchschnittliche Gesamtpopulation widerspiegeln, so ließe sich die Karenzzeit mit Hilfe von Konfidenzintervallen zumindest abschätzen. Dies wird anhand nachfolgender Graphik 34 beispielhaft verdeutlicht (KIETZMANN, persönliche Mitteilung, 2006).

0

Abb. 34: Konfidenzintervalle (nur oberer Grenzbereich angezeigt) für eine ermittelte Kenngröße (z.B. Ausscheidungszeit, angenommen mit einem Mittelwert von 100 Zeiteinheiten) in Abhängigkeit von der Streuung der Stichprobe und mit Prozentangabe der Sicherheit in Bezug auf die Gesamtpopulation

Beispielsweise bezogen auf die orale Applikation von Coffein bedeutet dies, das bei einer mittleren Ausscheidungszeit bis zum Erreichen der LOD von 101 Stunden und einer Standardabweichung von 14 die Ausscheidungszeit bei 95 % der Gesamtpopulation unter 128 Stunden liegt. Eine Sicherheit von 99 % kann für eine maximale Ausscheidungszeit von Coffein nach oraler Applikation von 137 Stunden erwartet werden und eine 99,9 % ige Sicherheit für eine maximale Ausscheidungszeit von 147 Stunden. Erhöht sich die Streuung, wie das beispielsweise bei intravenöser Applikation von Coffein der Fall ist, verlängert sich auch die abzuschätzende Ausscheidungszeit. So ist nach intravenöser Coffeinapplikation mit einem entsprechenden Konfidenzintervall bei 95 % der Gesamtpopulation Coffein nach maximal 320 Stunden ausgeschieden und mit einer Sicherheit von 99,9 % nach maximal 440 Stunden. Eine Karenzzeit basierend auf dieser Berechnung mit dem Doppelten bzw.

99,9 % 99 % 95 %

Mittelwert = 100

Dreifachen der errechneten Ausscheidungszeit würde somit eine Sicherheit von 95 % bzw. 99

% gewährleisten.

Sowohl nach intravenöser als auch nach oraler Verabreichung von Coffein waren im Plasma die Metaboliten Theobromin, Theophyllin und Paraxanthin detektierbar. Die Konzentrationen waren mit den von ARAMAKI et al. (1991), TODI et al. (1999) sowie CHOU et al. (2001) veröffentlichten Werten nach oraler bzw. intravenöser Applikation von 2,5 mg bzw. 3 mg Coffein pro kg Körpergewicht vergleichbar. Das Metabolitenmuster war in beiden Versuchsabschnitten gleich, wobei Theophyllin die höchste Maximalkonzentration aufwies, gefolgt von Theobromin und Paraxanthin, was in den Abbildungen 22 und 23 ersichtlich ist.

Auffallend war, dass die Metaboliten nach oraler Applikation von Coffein ihre maximalen Plasmakonzentrationen zu einem früheren Zeitpunkt erreichten als es bei intravenöser Coffeinapplikation der Fall war. Eine mögliche Begründung hierfür wäre der bereits erwähnte first pass-Effekt, der nach oraler Aufnahme zu einer schnellen Metabolisierung des Coffeins zu Theobromin, Theophyllin und Paraxanthin führt. Dies stünde auch im Einklang mit der kurzen Eliminationshalbwertszeitzeit des oral verabreichten Coffeins. Im Unterschied zur Coffeinverabreichung war nach oraler Applikation von Theobromin im Plasma weder Coffein noch Paraxanthin nachweisbar. Theophyllin wies nur Werte unterhalb der Quantifizierungsgrenze auf. Bedingt dadurch, dass Theobromin als Therapeutikum beim Pferd nicht zuglassen ist und dementsprechend nicht als solches eingesetzt wird, steht keine Literatur über Theobrominmetaboliten im Pferdeplasma zur Verfügung. Beim Menschen allerdings kamen MUMFORD et al. (1996) zu einem vergleichbaren Ergebnis. Nach oraler Gabe von Theobrominkapseln wurde im Plasma nur Theobromin nachgewiesen. Das Ergebnis deckt sich mit dem Resultat von LOEFFLER (2000), der auch beim Hund nach Injektion einer Theobrominlösung keine Metaboliten im Plasma feststellen konnte. Demzufolge findet keine quantifizierbare Umwandlung von Theobromin zu Theophyllin, Coffein und Paraxanthin statt, was den Erkenntnissen von MUMFORD et al. (1996) und LOEFFLER (2000) entspricht.

Die im Urin gemessenen Maximalkonzentrationen von Coffein und Theobromin lagen in allen drei Versuchsabschnitten in deutlich höheren Konzentrationen als im Plasma vor. Dies galt insbesondere für Theobromin nach dessen oraler Applikation, welches mit einer mittleren maximalen Konzentration von 46320 ng/ml (± 50 %) im Urin zwanzigfach höhere Werte als im Plasma aufwies. Vergleichbare Konzentrationswerte bei Pferden konnten GREEN et al.

(1983) nach intravenöser und oraler Verabreichung von 4 mg Coffein pro kg Körpergewicht

sowie DELBEKE und DEBACKERE (1991) nach fünfmaliger Fütterung eines kakaoschalenhaltigen Futters mit einem Theobromingehalt von 38,4 mg erzielen. Ebenso wie im Plasma war auch in den hier vorliegenden drei Versuchsabschnitten eine große interindividuelle Schwankungsbreite der Maximalkonzentrationen von 40 bis 60 % erkennbar.

Die Ursachen sowohl für die Anreicherung der Substanzen im Urin als auch für die große Streuungsbreite innerhalb der einzelnen Pferde sind vielschichtig.

Zum einen ist die unterschiedliche Harnproduktion von großer Bedeutung, die unter anderem durch Stress, Flüssigkeitsaufnahme und intensive Bewegung beeinflusst wird. Stress beispielsweise führt zu einer vermehrten Bildung des in der Nebenniere produzierten Hormons Cortisol (MÖSTL, 2000). Dieses bewirkt über die Erhöhung der glomerulären Filtrationsrate und die Verminderung der tubulären Wasserresorption eine Diuresesteigerung (UNGEMACH, 2003). Stressempfinden der Tiere während der Versuchsphase kann demnach zu einer erhöhten Harnproduktion führen. Da es sich bei diesem Versuch um eine so genannte

„dirty“-Studie handelte war weder eine Überwachung der Wasseraufnahme noch der tatsächlichen Bewegung der Tiere möglich, so dass diese Einflussfaktoren nicht beurteilbar waren. Grundsätzlich hätte der gesamte Urin der einzelnen Pferde über die Versuchsdauer gesammelt werden müssen, um eine ausreichende Beurteilung der Harnproduktion im Hinblick auf Substanzanreicherungen im Urin gewährleisten und um anhand dieser Informationen die exakte Ausscheidungsrate ermitteln zu können (DYKE und SAMS, 1994).

Sowohl die Mehrbelastung der Tiere, als auch die praktische Handhabung sprachen jedoch dagegen.

Neben der Harnproduktion übt die Urinflussrate einen erheblichen Einfluss auf die Konzentration von Coffein und Theobromin im Urin aus. Eine gesteigerte Urinflussrate bedingt eine verminderte tubuläre Rückresorption und eine erhöhte Clearance (GRAMATTÉ, 2002 a). Daher vermindert sich bei Coffein, welches intensiv tubulär rückresorbiert wird, die Konzentration im Urin nur wenig (DELBEKE u. DEBACKERE, 1988; SAMS, 1991;

ARNOUD, 1993). Theobromin und Theophyllin hingegen unterliegen einer geringeren renalen Reabsorption, so dass ein gesteigerter Urinfluss eindeutig zu einer verminderten Konzentration dieser Substanzen im Urin führt (SAMS, 1991). Der Einfluss der Urinflussrate auf die Theobrominkonzentration im Urin konnte in der bereits erwähnten Studie von DELBEKE und DEBACKERE (1991) belegt werden. Bei steigender Urinflussrate erhöhte sich die Exkretionsrate und die Theobrominkonzentration im Urin nahm ab.

Auch der pH-Wert des Urins ist für eine Anreicherung der Substanzen im Urin mitverantwortlich. Im ruhenden Pferd beträgt der pH-Wert des Urins 7,50 bis 9,00 (SAMS, 1991; WOOD et al., 1990). Bei diesem alkalischen pH-Wert liegen Substanzen mit schwach sauren Eigenschaften im glomerulären Filtrat ionisierter vor als im Plasma mit einem physiologischen pH-Wert von 7,36 bis 7,44. Eine geringere tubuläre Reabsorption mit Anreicherung solcher Substanzen im Urin ist die Folge, was die starke Anreicherung von Theobromin im Urin erklärt. Schwache Basen hingegen sind im glomerulären Filtrat weniger ionisiert und unterliegen demnach einer stärkeren tubulären Reabsorption. Daher ist die Anreicherung von Coffein, einer schwachen Base, nicht so stark ausgeprägt wie bei Theobromin. Sinkt der pH-Wert allerdings aufgrund körperlicher Anstrengung auf Werte von 4,50 bis 7,50 (TOBIN, 1986), verhält es sich umgekehrt. Bei der Gegenüberstellung von Urinflussrate, Exkretionsrate und pH-Wert beobachteten DELBEKE und DEBACKERE (1991) bei einem Pferd nach Fütterung theobrominhaltigen Futters, dass der pH-Wert nahezu unverändert blieb, während Urinflussrate und Exkretionsrate miteinander korrelierten. In diesem Fall schien demnach der pH-Wert einen geringeren Einfluss auf die Theobrominkonzentration im Urin auszuüben als Urinfluss- oder Exkretionsrate.

Zusätzlich spielt auch der Gesundheitszustand der Pferde eine wichtige Rolle bei der Ausscheidung von Substanzen mit dem Urin. Bei herabgesetzter Nierenfunktion kann die Gesamtkörperclearance erniedrigt sein. Die gemessenen Kreatininwerte bei den Versuchspferden bewegten sich im Normbereich, so dass dieser Einflussfaktor unwahrscheinlich ist. Mit Hilfe weiterer Parameter, wie z.B. der Kreatinin-Clearance, wäre jedoch eine genauere Aussage über die Nierenfunktion der Probanden möglich gewesen (SCHÄFER, 1999). Zusätzlich sind auch die nicht renalen Eliminationswege als Ursache für die unterschiedlichen Konzentrationen in Betracht zu ziehen. So wurde beim Schaf nach intravenöser Applikation von Coffein eine biliäre Exkretion von Coffein über die Faeces beschrieben (ALY, 1981). Ebenso stellte ALY (1981) eine Theobrominausscheidung in den Faeces von Schafen nach Verfütterung von reinem Theobromin sowie in Form von kakaoschalenhaltigem Futter fest, die jedoch unter Umständen auch auf eine mangelnde Resorption beruhen kann. Auch mit anderen Körperflüssigkeiten kann Coffein ausgeschieden werden. So ist nach körperlicher Beanspruchung die Coffeinkonzentration im Schweiß beim Menschen höher als im Urin (KOVACS et al., 1998). Da die Versuchstiere der hiesigen Studie während der Probenentnahmezeit Temperaturen oberhalb von 25 ºC ausgesetzt waren und sie diese zum Teil durch geringgradiges Schwitzen ausglichen, ist eine Exkretion über den Schweiß durchaus möglich.

Diese unterschiedlichen Einflussfaktoren wirken sich auch auf die im Urin nachweisbaren Metabolitenkonzentrationen aus. Dementsprechend wiesen die Metaboliten Theobromin, Theophyllin und Paraxanthin nach intravenöser und oraler Applikation von Coffein im Urin wesentlich höhere Konzentrationen als im Plasma auf. Die interindividuell beobachteten unterschiedlichen Konzentrationen sind unter anderem auf Varianzen im Metabolismus der einzelnen Pferde zurückzuführen. So bedingt vermehrte Bewegung eine verstärkte Expression der für die Metabolisierung von Coffein zuständigen Isoform des Cytochroms P-450 (CYP1A2). Dies führt zu einer beschleunigten Metabolisierung des Coffeins in der Leber und zu unterschiedlichen Konzentrationen innerhalb der Metaboliten Theobromin, Theophyllin und Paraxanthin. Zudem spielen genetische Faktoren in diesem Zusammenhang eine Rolle.

So ist die Aktivität der N-Acetyltransferase genetisch determiniert, so dass es bei den Tieren zu unterschiedlichen Metabolitenmustern kommen kann (SINCLAIR u. GEIGER, 2000). Das Metabolitenmuster zeigte jedoch in beiden Versuchsabschnitten keine wesentlichen Unterschiede, wie aus den Abbildungen 28 und 30 hervorgeht. Paraxanthin wies im Urin immer die höchste Maximalkonzentration auf, gefolgt von Theobromin und Theophyllin.

Vergleicht man das Metabolitenmuster im Urin mit dem im Plasma, so wird ersichtlich, dass Paraxanthin beim Pferd einer schnellen renalen Elimination unterliegt, was die kurze Zeit bis zum Unterschreiten der LOD im Urin bestätigt. Bei Theobromin und Theophyllin hingegen fällt die Elimination langsamer aus, was unter anderem auf eine gute Verteilung im Körper durch verstärkte Gewebebindung zurückzuführen ist (TSE u. SZETO, 1982; INGVAST-LARSSON et al., 1989; SAMS, 1991). Bei dem Versuchsabschnitt mit oraler Applikation von Theobromin zeigte sich im Urin ein ähnliches Bild wie im Plasma. Es waren keine Metaboliten nachweisbar. Im Zusammenhang mit den Ergebnissen im Plasma verdeutlicht dies, dass es zu keiner Umwandlung von Theobromin zu Coffein, Theophyllin oder Paraxanthin kommt. Dies deckt sich mit den Angaben in der Literatur (ARNOUD, 1993;

LOFFLER, 2000). Diese Erkenntnisse lassen die Schlussfolgerung zu, dass unter den hier vorliegenden Versuchsbedingungen anhand des Metabolitenmusters sowohl im Plasma als auch im Urin eindeutig erkennbar ist, ob eine Coffein- oder Theobrominapplikation vorlag, wie anhand der Abbildungen 29, 31 und 33 ersichtlich ist. Wird im Plasma oder Urin fast ausschließlich Theobromin nachgewiesen, so ist auf eine vorangegangene Theobrominapplikation zu schließen. Für den Fall, dass es zu einer unwissentlichen Verfütterung kakaoschalen- bzw. kakaobohnenhaltigen Futters gekommen ist, in dem neben Theobromin auch geringe Mengen an Coffein enthalten sind, ist laut DYKE und SAMS (1998) die Bildung des Quotienten aus Theobrominkonzentration und Coffeinkonzentration

im Urin ratsam, um auf die Quelle dieser Substanzen schließen zu können. Bei Fütterung theobrominhaltiger Nahrungsmittel ist ein Quotient von 200 auch bei Mehrfachapplikation von Theobromin durchaus erreichbar (DYKE u. SAMS, 1998) und schließt dementsprechend eine Coffeinapplikation aus.

Die Erkenntnis, dass die Substanzen im Urin in höheren Konzentrationen als im Plasma vorlagen, unterstreicht die Tatsache, dass Urin als die dopingrelevantere biologische Matrix angesehen wird. Dies ist auch mit einer längeren Quantifizierbarkeit von Coffein und Theobromin im Urin vereinbar. Wird Coffein intravenös appliziert, so ist diese Substanz im Urin länger quantifizierbar als nach oraler Verabreichung. Die Nachweisgrenze wurde bei beiden Applikationsarten nach nahezu der gleichen Zeit unterschritten, obwohl die Coffeinkonzentrationen im Urin nach oraler Coffeinapplikation niedriger waren. Dies lässt sich durch den bereits im Plasma beschriebenen enterohepatischen Kreislauf des Coffeins erklären (ARNOUD, 1993). Durch eine erneute Resorption des Coffeins aus dem Darm verlängert sich dessen Ausscheidungszeit (KAMERLING u. OWENS, 1994). Der sowohl im Urin als auch im Plasma aufgetretene zweite Konzentrationsanstieg spricht ebenfalls dafür.

Grundsätzlich stellte sich jedoch heraus, dass sowohl Coffein als auch Theobromin im Plasma länger nachweisbar waren als im Urin. Dies ist auf die höhere Nachweisgrenze für Coffein und Theobromin im Urin zurückzuführen. Wäre mittels der eingesetzten Methode die gleiche Nachweisgrenze im Urin wie im Plasma erreicht worden, so wäre die Zeit bis zum Erreichen der LOD bei beiden Substanzen im Plasma und Urin gleich gewesen.

Der international von den Pferdesportverbänden anerkannte Grenzwert für Theobromin von 2000 ng/ml Urin wird unter den in dieser Studie vorliegenden Bedingungen nach oraler Applikation von Theobromin im Mittel nach 72 Stunden unterschritten. In der bereits beschriebenen Studie von DYKE und SAMS (1998) lagen die Urinkonzentrationen trotz der geringen Dosis über 24 Stunden lang oberhalb des Grenzwertes, was die starke Anreicherung von Theobromin im Urin unterstreicht. Mehrfachapplikationen in Form von Futterzusätzen, die nach Untersuchungen von HAYWOOD et al. (1990) maximal 1 mg/kg Theobromin enthalten, führen laut diesen Autoren nicht zur Überschreitung des Grenzwertes. Dieser Grenzwert trägt somit laut HAYWOOD et al. (1990) den Varianzen der Pharmakokinetik von Theobromin in den individuell unterschiedlichen Pferden Rechnung.

Die nach dem PK/PD-Modell von TOUTAIN und LASSOURD (2002) berechneten irrelevanten Plasmakonzentrationen von Coffein betrugen im Mittel 10,8 ± 5 ng/ml (bei einem Dosierungsintervall von 13 Stunden) bzw. 5,8 ± 2,7 ng/ml (bei einem Dosierungsintervall von

24 Stunden) und lagen somit unterhalb der für Coffein ermittelten LOD. Gleiches galt für die ermittelten irrelevanten Urinkonzentrationen mit 4,5 ± 2,3 ng/ml respektive 4,1 ± 2,1 ng/ml.

Demnach ist jedweder Nachweis von Coffein, unabhängig von der gemessenen Konzentration, als positiver Dopingbefund zu werten, da eine pharmakologische Wirkung nicht ausschließbar ist. Auch wenn nach durchschnittlich 120 Stunden kein Nachweis von intravenös appliziertem Coffein im Urin mehr möglich ist, ist die Substanz jedoch noch nicht

Demnach ist jedweder Nachweis von Coffein, unabhängig von der gemessenen Konzentration, als positiver Dopingbefund zu werten, da eine pharmakologische Wirkung nicht ausschließbar ist. Auch wenn nach durchschnittlich 120 Stunden kein Nachweis von intravenös appliziertem Coffein im Urin mehr möglich ist, ist die Substanz jedoch noch nicht