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Annäherung differenter Lernkulturen. Eine Voraussetzung für Durchlässigkeit

Annäherung differenter Lernkulturen als Voraussetzung für Durchlässigkeit

3. Annäherung differenter Lernkulturen. Eine Voraussetzung für Durchlässigkeit

vermittelten Kompetenzen vor dem Hintergrund der Anrechenbarkeit auf Hochschulprogramme auseinanderzusetzen.

Zusammenfassend kann resümiert werden, dass die kooperative Ange-botsentwicklung und der intensive Austausch über mehrere Monate hinweg zu einer starken Wertschätzung der jeweils anderen Institution und derer individuellen Kompetenzen geführt hat.

2.2.2 Modulblätter als lernkulturelle Artefakte

Sichtbarer Ausdruck der Wertschätzung sind die Modulblätter als lernkultu-relle Artefakte. Diese Modulblätter fungieren als Türöffner zur breiteren Annäherung der differenten Lernkulturen. Durch die Bereitschaft und das Entgegenkommen der VHS, die Modulblätter für die Programmentwicklung einzusetzen, konnte die THM diese nach Inhalt und Niveau auf ihre Anre-chenbarkeit auf Hochschulprogramme hin überprüfen. Bei dieser Überprü-fung wurde schnell deutlich, dass es in den Kompetenzbereichen der VHS Anrechnungspotentiale auf (Grundlagen)Module von Studienprogrammen gibt, was zu einer weiteren Kooperation der Institutionen und damit zu einer Steigerung von Durchlässigkeit führte. Diese Verbreiterung gelang nur auf der Grundlage der lernkulturellen Verklammerung, welche sich aus der Schaffung gegenseitigen Vertrauens sowie aus der Produktion lernkultureller Artefakte generierte.

Die soziale Interaktion und die aus der gemeinsamen Programment-wicklung resultierende gegenseitige Wertschätzung können daher als Vo-raussetzung für die Produktion von Artefakten betrachtet werden. Das Gene-rieren eben dieser hatte wiederum zur Folge, dass die auf interpersonaler Ebene entstandene Wertschätzung auf die institutionelle Ebene adaptiert werden konnte. Durch die Objektivierung und Synchronisation der Lerner-gebnisse in Gestalt der Modulblätter konnte sich die Annäherung der an dem Prozess beteiligten Akteure und Akteurinnen hin zu einer Annäherung der institutionellen Lernkulturen entwickeln.

3. Annäherung differenter Lernkulturen. Eine Voraussetzung für Durchlässigkeit

In der Gesamtbetrachtung des Annäherungsprozesses von unterschiedlichen Lernkulturen wurde deutlich, dass die eingangs erwähnten Aushandlungspro-zesse (zum Beispiel in Bezug auf die Modulblätter) eine wesentliche Rolle bei der kooperativen Programmentwicklung spielen. Darüber hinaus konnte durch die ‚Harmonisierung der Lernkulturen‘ gezeigt werden, dass nicht eine Anpassung, sondern vielmehr eine Angleichung im Rahmen der Programm-entwicklung eine wichtige Bedingung ist. Vor dem Hintergrund der Durch-lässigkeit konnte ein Dreischritt identifiziert werden (vgl. Abb. 3).

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Während in einem ersten Schritt die kooperative Programmentwicklung zu einer gegenseitigen Wertschätzung und Anerkennung der an dem Prozess beteiligten Akteure und Akteurinnen führte, musste diese Anerkennung in einem zweiten Schritt organisational vollzogen werden. Dies konnte in dem hier dargestellten Beispiel durch die gemeinsame Festlegung auf einheitliche Modulblätter gelingen. In einem dritten Schritt kann es dann darum gehen, die organisational-wertschätzende Anerkennung ‚technisch‘ zu vollziehen, indem die an der VHS vermittelten und in den Modulblättern dokumentierten Kompetenzen formal auf Hochschulprogramme ‚anerkannt‘ werden.

Abb. 3: Dimensionen der Anerkennung (eigene Darstellung)

In dem hier dargestellten Beispiel wurde dies operativ umgesetzt, indem alle an der VHS entwickelten und angebotenen Module (vgl. Abb. 1) in Form von Anrechnungsmodulen pauschal auf den Zertifikatskurs angerechnet werden.

Die hierdurch vollzogene Annäherung differenter Lernkulturen fand darüber hinaus darin Ausdruck, dass im weiteren Verlauf auch andere von der VHS angebotene Kurse pauschal auf ein Bachelorprogramm der THM angerechnet werden können.

Vor dem Hintergrund der Betrachtung von Durchlässigkeit bedeutet dies, dass die Entwicklung von Konzepten und Verfahren der Anerkennung und Anrechnung außerhochschulisch erworbener Kompetenzen mit dem Ziel, die Durchlässigkeit zwischen den Bildungssystemen zu erhöhen, nur eine ge-ringe Wirkung entfalten kann, wenn die organisationale Annäherung diffe-renter Lernkulturen nicht aktiv gestaltet wird. Diese ist, wie aus dem hier

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dargestellten Beispiel deutlich wird, höchst voraussetzungsvoll. Wenn sich die in den letzten zehn Jahren erfolgreich entwickelten und erprobten Verfah-ren zur Anerkennung und Anrechnung außerhochschulisch erworbener Kom-petenzen in der Breite der Hochschullandschaft nachhaltig umsetzen lassen sollen, stehen die Hochschulen vor der Aufgabe, sich der außerhochschuli-schen Bildung zu öffnen, um zu einer Annäherung der unterschiedlichen Lernkulturen zu gelangen. Ein Gelingen dieser Annäherung ist aber ebenso von der Bereitschaft der außerhochschulischen Bildungsträger abhängig, sich für einen solchen Prozess zu öffnen. Besonders Arbeitgebende und Unter-nehmen stehen hier in der Pflicht, auf die Hochschulen zuzugehen, soll die Durchlässigkeit zwischen den Bildungssystemen erhöht werden.

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Ewelina Mania / Monika Tröster