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Anmerkungen zur Restaurierung der Klosterkirche in den 1840er-Jahren

Im Dokument Das Graue Kloster in Berlin (Seite 173-177)

Die zwischen 1841 und 1845 durchgeführte ‚restauratorische‘ Wiederherstellung der Franziska-nerklosterkirche ist wiederholt, zuletzt 2007, ausführlich erörtert worden .49 Interessanterweise hatten sich die seinerzeit an den Arbeiten beteiligten Hauptakteure, Stadtbaurat Friedrich Wil-helm Langerhans, Landbauinspektor WilWil-helm Berger, Bauführer und nachmals Konservator Ferdinand von Quast und Landbauinspektor Theodor August Stein kaum oder auch nur zu Ne-benaspekten in der Fachöffentlichkeit geäußert .50 Dennoch sind wir über die einzelnen Schrit-te, den Fortgang, die Zuständigkeiten durch Personen und Behörden recht gut unterrichtet . Zu Recht wird Ferdinand von Quast mit den Wiederherstellungsarbeiten in Verbindung gebracht, denn richtig ist daran zumindest, dass er, der noch zu den Schülern Schinkels gehörte und auch dessen hohes Vertrauen genoss, früh in die Thematik der dringend erforderlichen Sicherungsar-beiten an der Klosterkirche eingebunden wurde . Dass aber immer wieder er es war, dem man die Hauptrolle bei den Entscheidungen und baulichen Umsetzungen zuordnete, rief 1906 den schon genannten Adler-Vertrauten Julius Kohte auf den Plan . Ein Aufsatz sollte von Quasts wahren

An-47 Ebd ., S . 89 .

48 Josef A . Schmoll, gen . Eisenwerth, Das Kloster Chorin und die askanische Architektur in der Mark Brandenburg 1260–1320 (Veröffentlichungen der Berliner Historischen Kommission beim Friedrich-Meinecke-Institut der Freien Universität Berlin, Bd . 2), Berlin 1961 .

49 Zu dieser jüngsten Bearbeitung mit diversen Verweisen auf die neuere Literatur siehe Stefan Breitling, Ferdi-nand von Quast und die Franziskaner-Klosterkirche in Berlin . Ein Beitrag zur Geschichte der Denkmalpflege im 19 . Jahrhundert, in: Landesdenkmalamt Berlin/Schinkel-Zentrum für Architektur, Stadtforschung und Denk-malpflege der TU Berlin/Architekturmuseum der TU Berlin in der Universitätsbibliothek (Hrsg .), Auch die Denkmalpflege hat Geschichte . Ferdinand von Quast (1807–1877) . Konservator zwischen Trier und Königsberg (Beiträge zur Denkmalpflege in Berlin, Bd . 29), Berlin/Petersberg 2008, S . 77–87 .

50 Von Quast hat offenbar mehrere Werkberichte in die Spenersche Zeitung gebracht, nur Bauleiter Stein lieferte später einen wichtigeren Beitrag: Theodor August Stein, Über den Bau eiserner Thurmspitzen, in: Zeitschrift für Bauwesen 10 (1860), Sp . 481–490, hier Sp . 485–487 . Zu Stein siehe Ingeborg Schild, Theodor August Stein, Das Lebenswerk eines Ingenieur-Architekten im 19 . Jahrhundert, Habilitationsschrift Technische Hochschule Aachen 1970; zum 50-jährigen Berufsjubiläum Steins siehe Deutsche Bauzeitung 9 (1875), Nr . 50, S . 249 .

teil an den Maßnahmen belegen .51 Julius Kohte: „Die neueren Veröffentlichungen, die die Kloster- kirche, das wichtigste mittelalterliche Bauwerk der Stadt Berlin, behandeln, nennen Ferdinand v . Quast als den Leiter der 1842 bis 1844 stattgehabten Wiederherstellung, wobei sie nicht un-terlassen, ihr Mißfallen über diese auszusprechen .“ Und Kohte vermutete wohl nicht zu Unrecht, dass „die Überlieferung“ in ihm den „Urheber“ erblickte, weil er „die bekannteste der an dem Bau beteiligten Persönlichkeiten war“.52 Den Anstoß zu Kohtes Abhandlung gab die auch von ihm abgelehnte Umgestaltung der Westfront mit den in durchbrochenen Zinkgussspitzen endenden oktogonalen Treppentürmen, mit der – wie schon Adler beklagte – das alte klösterliche Erschei-nungsbild beeinträchtigt, wenn nicht gar zerstört worden sei . Die tatsächlichen Hintergründe der Veränderung mit den bekannt gewordenen Entwürfen, Modellen und Zeichnungen Cantians, auch Schinkels, vor allem aber denen vom König goutierten Bergers nachzeichnend, konstatierte er: „Sommer 1843 geschah die Ausführung der drei Türme der Westfront, und an dieser bedenk-lichen Bereicherung war von Quast also ganz unbeteiligt“.53 Kohte legte seine auf gründlicher Durchsicht des vom Architekturmuseum der Technischen Hochschule betreuten Von-Quast-Nachlasses und amtlicher Dokumente basierenden Erkenntnisse vor, die zusammengefasst lau-ten: Von Quast war zwar der unermüdliche Anreger der überfälligen Kirchen-Restaurierung, sein Einfluss auf die jeweiligen Entscheidungen jedoch war dermaßen marginal, dass er sich bald aus dem Unternehmen zurückzog . Die Auflistung der durchgeführten Arbeiten, vor allem die im Inneren, ist aber auch bei Kohte bisweilen widersprüchlich . Unstrittig bleibt, dass sich der

‚Kunstgelehrte‘ von Quast spätestens seit seiner Einschaltung in die Erhaltungsmaßnahmen mit der Bau- und Planungsgeschichte befasste . Frühe Belege etwa sind Kopien bereits 1813 vorge-legter Schinkelentwürfe für Umgestaltungen des Kircheninneren . Durch sie erst sind wir mit der Art und dem Umfang der erstaunlich massiv in die Substanz und den Charakter des Bauwerks eingreifenden Ideen ihres Urhebers vertraut .54 Ferdinand von Quasts durch Kohte akribisch do-kumentierte Versuche, sowohl aufgedeckte Chormalereien als auch ebenso noch mittelalterliche Lettnerelemente zu retten, scheiterten nach langem Bemühen und beschleunigten seinen Rück-zug . Diese Vorgänge kontrastierte allerdings seine Berufung zum ersten Konservator der preu- ßischen Kunstdenkmale vom 22 . Juli 1843, die fraglos als Anerkennung seiner so umfangreichen Fachkompetenzen zu werten ist . Abschließend äußerte sich Julius Kohte zum wirkungsvollsten Neubauelement im Stadtraum an der Klosterstraße, dem so gar nicht mittelalterlich anmuten-den Bogengang .55 Er sollte eine wenig ansehnliche Massivmauer aus dem 18 . Jahrhundert erset-zen . „Im Jahre 1844 entstand der Bogengang, der den Vorplatz der Kirche an der Klosterstraße begrenzt . Auch an diesem Bauwerk hat v . Quast keinen Anteil genommen . Allerdings hatte er sich einmal, vermutlich im Sommer 1842, als er noch hoffte, auf die Gestaltung der Westfront einen Einfluß zu gewinnen, mit dem Gedanken beschäftigt, den tiefen Vorplatz mit in der Höhe der Straße gelegenen, gewölbten Bogengängen zu umschließen, etwa im Sinne des Vorhofs von S . Ambrogio in Mailand, und damit den Bau von ein oder zwei Türmen zu versuchen, die mit

51 Julius Kohte, Ferdinand von Quast und die Wiederherstellung der Klosterkirche in Berlin, in: Die Denkmalpfle-ge 3 (1906), S . 20–24, 28 f .

52 Ebd ., S . 20 . 53 Ebd ., S . 21 .

54 Rave, Karl Friedrich Schinkel . Berlin, T . 1, S . 345–355 . 55 Kohte, Ferdinand von Quast, S . 29 .

der Kirche selbst nicht in Verbindung getreten wären . Diesen Gedanken hat er in zwei anmuti-gen farbianmuti-gen Skizzen dargestellt, obwohl zu deren Verwirklichung sich gar keine Aussicht bot .“56 Diese doch auch vagen Hinweise Kohtes von 1906 verhinderten es offenbar nicht, weiterhin in von Quast den Haupthandelnden der 1840er-Aktionen zu sehen . Es ist aber auch nicht erwiesen, dass Theodor August Stein, der die zumindest bautechnisch beachtenswerten Zinkgussspitzen für die beiden Treppentürme entworfen und konstruiert hatte, Autor dieses „recht hübschen“

Bogengangs war .57 Friedrich Adler, der sich doch so eng mit von Quast verbunden fühlte, hat-te noch 1877 verkündet: Um die stattgefundene Strassenerhöhung archihat-tektonisch zu begrenzen, ist längs der Kloster-Straße ein rundbogiger Arkadengang mit Seitennischen nach Entwürfen von v. Quast erbaut worden.58

Julius Kohte, dessen Aufsatz mit Lobpreisungen Ferdinand von Quasts als des weit vorausschau-enden Begründers der modernen Denkmalpflege ausklingt, vermeldete abschließend: „Am 13 . April 1845 endlich wurde die Klosterkirche dem Gottesdienst zurückgegeben . So lebhaftes Interesse v . Quast ihrer Wiederherstellung entgegengebracht hatte, bedeutete diese für ihn doch nur eine schwere Enttäuschung .“59

Schlussbemerkung

Adlers während der zweiten Hälfte des 19 . Jahrhunderts entwickelten bauhistorischen Ansätze, Analysen und Schlussfolgerungen gelten generell durch seither erfolgte Spezialuntersuchungen und die alle Bereiche der Bauforschung betreffenden Fortschritte weitgehend als überholt . Im Eigentlichen spiegeln sie nur noch eine Sequenz Wissenschaftsgeschichte, die, wenn man tiefer in sie eindringt, auch Faszinierendes bietet . Unter welchen Voraussetzungen und Bedingungen seine Arbeiten und auch die seiner ambitionierten Zeitgenossen entstanden, sollte mit in die Betrachtungen einbezogen werden .60 Gleichwohl hatte seine Forschergeneration noch den be-neidenswerten Vorteil, die – wenn auch mühsamer erreichbaren – Monumente in oft noch we-nig oder gar unzerstörten Zuständen vorzufinden . Die Dokumentation dieser Zustände machen nicht zuletzt auch Adlers Werk für die fortschreitende Forschung noch immer wertvoll . Für seine Zeit aber und die noch durch ihn ausgebildete nachfolgende Generation galt auch seine Me-thodik der alle historischen, politischen, merkantilen und kulturellen Quellen ausschöpfenden Ganzheitlichkeit als bahnbrechend und vorbildlich .

56 Ebd .

57 Rave, Karl Friedrich Schinkel . Berlin, T . 1, S . 355 .

58 Adler in: Architekten-Verein, Berlin und seine Bauten, T . 1, S . 120 . 59 Kohte, Ferdinand von Quast, S . 29 .

60 Und wenn man sich seine so weit aufgefächerten Tätigkeiten, die Forschungsreisen, das Schreiben, sein Lehr-amt an der Bauakademie und an der Technischen Hochschule, die zahlreichen Vorträge im Architekten- und Archäologenkreis in den Geschichtsvereinen, seine sich beständig steigernde Privatbautätigkeit et cetera vor Au-gen führt, überrascht es kaum noch, dass er 1858, also schon ‚sehr früh‘, auch den international ausgeschriebenen Wettbewerb um das Berliner Rathaus gewinnen konnte . Wäre er mit dessen Ausführung beauftragt worden, hätte sich sein Wirken möglicherweise anders gestaltet .

Im Dokument Das Graue Kloster in Berlin (Seite 173-177)

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