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5. A UFGABENSTELLUNG

6.3. Polymerisation von 1-Buten

6.3.1. Allgemeines zur Komplexität der 13 C-NMR-Spektren

Von der Polymerisation von Propen ist allgemein bekannt, dass neben der begünstigten 1,2-Insertion auch eine 2,1-1,2-Insertion auftreten kann, welche einen stark reduzierenden Einfluss auf die Aktivität besitzt. Die 2,1-Insertion erfolgt um den Faktor 102 bis 103 langsamer als die regioreguläre Insertion, was folglich zu einem „dormant state“ des aktiven Zentrums, an welchem die 2,1-Insertion erfolgt, führt. Im Falle des sterisch anspruchsvolleren 1-Butens darf angenommen werden, dass sich ein regioirregulärer Insertionsschritt sogar noch stärker bemerkbar macht.[162]

Folgt einer Insertion gleich darauf die nächste Insertion, so erfolgt ein regulärer 1,2-Einbau. Das Polymer weist Ethylverzweigungen auf, und zwar ergibt sich bei idealem Verlauf eine Verzweigungsdichte von 250 Verzweigungen pro 1000 Kohlenstoffatome. Auch eine 2,1-Insertion an sich führt zu Ethylverzweigungen.

Neben den zwei Insertionsmöglichkeiten der 1,2- und der 2,Insertion kann es bei der 1-Buten-Polymerisation zu einem „Chain run“ (oder auch „Chain walking“) kommen (vgl.

Abbildung 6.21).

Abbildung 6.21: Möglichkeiten der Insertion von 1-Buten in die Metall-Kohlen-stoffbindung und daraus resultierende Mikrostrukturen.

Mt P

Mt P

n

Mt P

Mt P

P Mt

Mt P

Mt P

Mt P

1,2-Insertion

2, -Einbau

n-fach 1,2-Einbau

1,2-Insertion "Chain run"

1, -Einbau

2,1-Insertion "Chain run"

Ein solcher „Chain run“ kann auf 1,2-Insertionen oder aber auf 2,1-Insertionen erfolgen, was voraussetzt, dass diese Kettenisomerisierung schneller verläuft als der nachfolgende Insertionsschritt, was besonders nach einer vorausgegangenen 2,1-Insertion wahrscheinlicher sein sollte, und ermöglicht die Entstehung von Methylverzweigungen oder längerer Methylensegmente („Chain straightening“) bei der 1-Buten-Polymerisation. Bei einem „Chain run“ kann der Katalysator rückwärts oder vorwärts entlang der Polymerkette laufen. Zudem erfolgt ein „Chain run“ nicht zwangsweise regioselektiv, d.h. z.B. ausschließlich nach einer 2,1-Insertion an das C4-Atom der Buteneinheit, sondern es kann ebenso ein „Chain run“ zu dem Kohlenstoffatom C3 erfolgen, was dann in einer Methylverzweigung resultiert.

Die Kettenisomerisierung mit ihren diversen Möglichkeiten kann folglich zu einer sehr komplexen Mikrostruktur der 1-Buten-Polymere führen, was zu bisher, trotz der fortgeschrittenen Auflösung von NMR-Spektren, noch nicht vollständig aufschlüsselbaren

13C-NMR-Spektren führt. Deren Komplexität wird zudem dadurch erhöht, dass die verschiedenen Verzweigungen zueinander unterschiedliche Konfigurationen aufweisen können.

KIESEWETTER hat sich im Rahmen seiner Dissertation, wobei er allerdings ( -Diimin)nickel(II)-Katalysatoren verwendet hat, die Mühe gemacht, diverse mögliche Mikrostrukturen von Polymerausschnitten, die durch drei aufeinanderfolgende Insertionen mit Kettenisomerisierungen entstehen können, in einer Abbildung aufzuführen (s. Abbildung 6.22, „Nickel“ = Ni wurde hier allgemein durch „Metall“ = Mt ersetzt).[262] Hierbei ist lediglich der „Chain run“ vorwärts entlang der zuletzt insertierten Monomereinheit berücksichtigt. Ein „Chain run“ bzw. “Chain straightening“ rückwärts entlang der Hauptkette, welches zudem eine Vielzahl von denkbaren Strukturen zuließe, bleibt hierbei unberücksichtigt. Auch eine theoretisch denkbare, wenn auch eher unwahrscheinliche, Insertion von 1-Buten in eine sekundäre Kohlenstoffbindung nach rückwärtigem „Chain run“

würde die Zahl potentieller Strukturelemente weiter erhöhen. Die Abbildung zeigt nichtsdestotrotz, was für ein komplexes Produkt bei der 1-Buten-Polymerisation bei Verwendung entsprechender Katalysatoren erhalten werden kann, während Metallocene hingegen ein hochtaktisches, hoch regioreguläres Produkt liefern können.[162]

Abbildung 6.22: Diverse mögliche Strukturelemente eines Produktes der 1-Buten-Polymerisation unter Berücksichtigung des Auftretens von 2,1-Insertionen neben den 1,2-2,1-Insertionen sowie der Möglichkeit der Kettenisomerisierung durch „Chain run“.

(1,2): 1,2-Insertion; (2,1): 2,1-Insertion, I: Kettenisomerisierung der davorstehenden insertierten Einheit durch „Chain run“.[262]

P Ni

(1,2)(1,2)I(2,1)I

P Ni

(1,2)(1,2)I(2,1)I

P Ni

(1,2)(1,2)I(2,1)

P Ni

(1,2)(1,2)(2,1)I

P Ni

(1,2)(1,2)(2,1)I P Ni

(1,2)(1,2)(2,1)

P Ni

(1,2)I(1,2)(2,1)

P Ni

(1,2)I(1,2)(2,1)I

P Ni

(1,2)I(1,2)(2,1)I

P Ni

(1,2)I(1,2)I(2,1)

P Ni

(1,2)I(1,2)I(2,1)I

P Ni

(1,2)I(1,2)I(2,1)I

P Ni

(1,2)(2,1)(1,2)

P Ni

(1,2)(2,1)(1,2)I

P Ni

(1,2)(2,1)(2,1)I

P Ni

(1,2)(2,1)(2,1)I

P Ni

(1,2)(2,1)I(1,2)

P Ni

(1,2)(2,1)I(1,2)I

P Ni

(1,2)(2,1)I(2,1)

P Ni

(1,2)(2,1)I(2,1)I

P Ni

(1,2)(2,1)I(2,1)I

P Ni

(1,2)(2,1)I(1,2)

P Ni

(1,2)(2,1)I(1,2)I

P Ni

(1,2)(2,1)I(2,1)

P Ni

(1,2)(2,1)I(2,1)I

P Ni

(1,2)(2,1)I(2,1)I

P Ni

(1,2)I(2,1)(1,2)

P Ni

(1,2)I(2,1)(1,2)I

P Ni

(1,2)I(2,1)(2,1)I

P Ni

(1,2)I(2,1)(2,1)I

P Ni

(1,2)I(2,1)I(1,2)

P Ni

(1,2)I(2,1)I(1,2)I

P Ni

(1,2)I(2,1)I(2,1)

P Ni

(1,2)I(2,1)I(2,1)I

P Ni

(1,2)I(2,1)I(2,1)I

P Ni

(1,2)I(2,1)I(1,2)

P Ni

(2,1)(1,2)(1,2)I P Ni

(2,1)(1,2)(1,2)

P Ni

(1,2)I(2,1)I(2,1)I

P Ni

(1,2)I(2,1)I(2,1)I

P Ni

(1,2)I(2,1)I(1,2)I

P Ni

(2,1)(1,2)(2,1)

P Ni

(2,1)(1,2)(2,1)I

P Ni

(2,1)(1,2)(2,1)I

P Ni

(2,1)(1,2)I(1,2)

P Ni

(2,1)(1,2)I(2,1)I

P Ni

(2,1)(1,2)I(2,1)

P Ni

P Ni

(2,1)I(1,2)I(2,1)I

P Ni

(2,1)I(1,2)I(2,1)I

P Ni

(2,1)I(1,2)I(2,1)

P Ni

(2,1)I(1,2)I(1,2)I

P Ni

(2,1)I(1,2)I(1,2)

P Ni

(2,1)I(1,2)(2,1)I

P Ni

(2,1)(1,2)I(2,1)I

P Ni

(2,1)(1,2)I(2,1)I

P Ni

(2,1)I(1,2)(1,2)

P Ni

(2,1)I(1,2)(1,2)I

P Ni

(2,1)I(1,2)(2,1)

P Ni

(2,1)I(1,2)(2,1)I

P Ni

(2,1)I(1,2)(1,2)

P Ni

(2,1)I(1,2)(1,2)I

P Ni

(2,1)I(1,2)(2,1)

P Ni

(2,1)I(1,2)(2,1)I

P Ni

(2,1)I(1,2)(2,1)I

P Ni

(2,1)I(1,2)I(1,2)

P Ni

(2,1)I(2,1)(1,2)

P Ni

(2,1)I(1,2)I(1,2)I

P Ni

(2,1)I(1,2)I(2,1)

P Ni

(2,1)I(1,2)I(2,1)I

P Ni

(2,1)I(1,2)I(2,1)I

P Ni

(2,1)I(2,1)(1,2)I

P Ni

(2,1)I(2,1)I(1,2)

P Ni

(2,1)I(2,1)I(1,2)I

P Ni

(2,1)I(2,1)I(2,1)

P Ni

(2,1)I(2,1)I(2,1)I

P Ni

(2,1)I(2,1)I(2,1)I

P Ni

(2,1)I(2,1)I(2,1)I

P Ni

(2,1)I(2,1)I(1,2)

P Ni

(2,1)I(2,1)I(1,2)I

P Ni

(2,1)I(2,1)I(2,1)

P Ni

(2,1)I(2,1)I(2,1)I (1,2)I(2,1)I(2,1)

Mt Mt Mt

Mt

Mt

Mt Mt

Mt Mt

Mt Mt

Mt Mt

Mt

Mt

Mt

Mt

Mt

Mt Mt Mt Mt

Mt Mt

Mt Mt

Mt Mt Mt

Mt

Mt Mt Mt

Mt Mt

Mt

Mt Mt Mt

Mt Mt Mt

Mt Mt Mt Mt

Mt Mt

Mt Mt Mt

Mt Mt Mt

Mt Mt Mt

Mt Mt Mt

Mt Mt

Mt Mt

Mt Mt

Mt

Mt

Mt Mt

Mt Mt

Mt Mt Mt

Mt Mt

Mt

Mt

Mt

Mt

Mt

Nachdem nun bereits mehrmals die Rede von „Chain run“ mit Bildung von Methylverzweigungen sowie mit dem Ergebnis des „Chain straightenings“ war, die offensichtlich in der 1-Buten-Polymerisation eine Rolle spielen können, dieses zumindest bei ( -Diimin)nickel(II)-Komplexen[262] und auch z.B. bei dem Bis(trimethylsilyl)amino-bis(trimethylsilylimino)phosphorano-nickel(0)-Komplex[163], werden nun im Folgenden zunächst die in der Literatur vorgeschlagenen Mechanismen zur Bildung von Methylverzweigungen und unverzweigter Kettensegmente vorgestellt.

In Abbildung 6.23 ist der von Fink et al. vorgeschlagene Mechanismus der 2, -Polymerisation am Beispiel von 1-Buten unter Katalyse durch genannten Nickel-Komplex dargestellt.[163] Hierbei wandert das Metallatom schrittweise die Kette entlang; das Ergebnis ist eine Methylverzweigung und eine Bindung zwischen dem Metallatom und einem Kohlenstoffatom, von dem neben der Kette keine Verzweigung ausgeht.

Ni N N

P

Ni N N

Ni N N

P

Ni N

N P

Ni N N

P

Ni N

N P

Ni N N

P N

SiMe3

SiMe3 P

NSiMe3

NSiMe3

1 2 3

4

2 3

4 1

2 3

4 1

3 2 4

1

:

P: Polymerkette

Abbildung 6.23: Von Fink et al. vorgeschlagener Mechanismus für die Entstehung von Methylverzweigungen in den Produkten der Polymerisation von 1-Buten unter Verwendung des Bis(trimethylsilyl)amino-bis(trimethylsilylimino)phosphorano-nickel(0)-Komplexes über „Chain run“ nach 1,2-Insertion.

Als Zwischenschritte zu formuliertem Schema ist ein ständiges Lösen von gebildeten Nickel-Kohlenstoff-Bindungen unter Ausbildung von Nickel-Hydrid-Bindungen und Doppelbindungen in der wachsenden Kette und anschließender Bildung neuer Nickel-Kohlenstoff-Bindungen wahrscheinlich.

Bei dem von Fink vorgestellten System wurden bei der Polymerisation linearer -Olefine ausschließlich Produkte mit Methylverzweigungen erhalten, und zwar mit einer Anordnung entlang der Hauptkette des Polymers, welche sich nach der Länge der eingesetzten Monomere richtet.

Abbildung 6.24 zeigt das Prinzip des „Chain straightenings“, d.h. die Bildung unverzweigter Kettensegmente durch „Chain run“. Nach einer regioirregulären 2,1-Insertion erfolgt ein

„Chain run“ zu dem Kohlenstoffatom C3, wodurch zunächst eine Methylverzweigung entsteht. Nachfolgender „Chain run“ zum Kohlenstoffatom C4 führt dann zur „Glättung“ der Kette, zu einem unverzweigten Kettensegment.

Abbildung 6.24: Mechanismus des „Chain straightenings“ über „Chain run“ nach einer 2,1-Insertion bei der 1-Buten-Polymerisation.

2,1-Insertionen bei der Propen-Polymerisation mit Komplexen früher Übergangsmetalle treten nur vereinzelt als Regiofehler auf. Bei der 1-Buten-Polymerisation werden sie in der Regel überhaupt nicht beschrieben.

Für Nickel-Komplexe aber hat Brookhart gezeigt, dass das Auftreten von 2,1-Insertionen bei verschiedenen Monomeren durchaus in stärkerem Umfang auftreten kann.[164,165]

Dieses trifft offenbar auch für die Chrom-Komplexe zu.

Neben den bereits vorgestellten Möglichkeiten zur Strukturbildung können, ebenso bekannt aus der 1-Buten-Polymerisation mit Nickel-Komplexen, zudem auch sogenannte Hyperverzweigungen auftreten. Hierbei handelt es sich um von Verzweigungen abgehende Verzweigungen, die dadurch entstehen, dass der Katalysator nicht nur die Hauptkette entlang

P

Mt P Mt P Mt

P Mt

2,1-Insertion

1 2

3 4

1

2 3

4

1 2

3 4

wandern kann, sondern zu einer Verzweigung hinwandert. Durch eine anschließende Insertion einer weiteren Monomereinheit wird dann eine Hyperverzweigung erhalten (Abbildung 6.25).

Abbildung 6.25: Bildung von Hyperverzweigungen bei der 1-Buten-Polymerisation.