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5. A UFGABENSTELLUNG

6.2. Polymerisation von Propen

6.2.2. Copolymerisation bei verschiedenen Propenkonzentrationen

6.2.2.1. Aktivitäten

In Abbildung 6.2 sind die erzielten Aktivitäten in Abhängigkeit von der Propenkonzentration dargestellt.

Abbildung 6.2: Aktivität in Abhängigkeit von der Propenkonzentration bei einer Polymerisationstemperatur von 30°C für die verschiedenen Chrom-Komplexe (1-6).

Für alle Chrom-Komplexe zeigt sich qualitativ bezüglich der Aktivitäten in Abhängigkeit von der Monomerkonzentration dasselbe Bild: Mit steigender Propenkonzentration im Ansatz erfolgt eine Aktivitätsabnahme, wenn die Aktivität in der üblichen Einheit [kgPolmolKat-1h

-1(mol/L)Mon-1] berechnet wird. Allerdings ist bei Nichteinbeziehung der Monomerkonzentration für die Aktivitätsangabe zunächst, bis etwa 1.5 oder 2 mol/L, sehr wohl ein leichter Anstieg zu registrieren; dann divergieren die Aktivitäten mit noch höherer Monomerkonzentration gegen für die verschiedenen Chrom-Komplexe unterschiedliche Werte (vgl. Anhang A, Tabelle A.13). In diesem Zusammenhang wurde vorgeschlagen, dass eine Monomerversorgung bei dem niedrigen Produktivitätsniveau keinen Engpassfaktor darstelle; dieses stimmt jedoch nicht für den Bereich geringerer Monomerkonzentrationen, lässt man die Monomerkonzentration bei der Berechnung der Aktivität unberücksichtigt, da hier sehr wohl ein Anstieg der allgemeinen Aktivität bemerkbar ist. Allerdings kann genannte Begründung in eingeschränkter Form durchaus zum Teil zutreffend sein, neben vielleicht anderen Faktoren.

0,51,0 1,52,0

2,5

1 2 3 4 5 6

0 50 100 150 200 250 300 350 400 450 500

Aktivität [kgPol*molKat-1 *h-1 *(mol/L)Mon-1 ]

cPrope n

[mol/L]

Katalysator

Jedenfalls ist das Verhalten, dass eine Aktivitätsabnahme mit steigender Monomerkonzentration bei Berücksichtigung der Monomerkonzentration erfolgt, ungewöhnlich, und zwar so ungewöhnlich, dass es im Rahmen der Literaturrecherche zur vorliegenden Arbeit kaum gelungen ist, eine Literaturquelle zu finden, in welcher von selbigen Zusammenhängen berichtet wird; Kiesewetter allerdings hat für die Polymerisation von 1-Buten mit ( -Diimin)nickel-Komplexen einen ähnlichen Verlauf beobachtet.[262] In der Regel findet man bei Homopolymerisationen bei nicht zu großen Monomerkonzentrationen nur ein Ansteigen oder irgendwann eine Stagnation der Aktivität mit steigender Monomerkonzentration. Bei hohen Monomerkonzentrationen allerdings kann eine Diffusionskontrolle durchaus eine Rolle spielen, dann nämlich, wenn z.B. eine Reaktion im Batch-Verfahren betrieben wird, die Aktivität an sich hoch ist und mit zunehmender Reaktion die Viskosität ansteigt, was in erster Linie dazu führt, dass neue Monomermoleküle das aktive Zentrum weniger schnell erreichen. Da jedoch bereits eine Propenkonzentration von 1 mol/L zu einer niedrigeren Aktivität führt (bei der Angabe in [kgPol molKat-1 h-1 (mol/L)Mon-1]), kann diese Ursache ausgeschlossen werden. Selbst bei der höchsten gewählten Monomerkonzentration, bei 2.5 mol/L, hielt sich die beobachtete Viskositätszunahme in einem für die Reproduzierbarkeit akzeptablen Bereich. Es mag folglich eher sein, dass mit zunehmender Monomerkonzentration die Leistungsfähigkeit der Katalysatoren anfänglich zunehmend besser ausgenutzt wird, daher die Aktivitätszunahme bei Angabe in [kgPol molKat -1 h-1]. Wenn nun aber die volle Leistungsfähigkeit der Systeme erreicht ist, und ab einer gewissen Monomerkonzentration bei der geringen Produktivität ausreichend Monomermoleküle zur Verfügung stehen, um insertiert zu werden, sollte die Aktivität an dieser Stelle stagnieren, wenn man sie in [kgPol molKat-1

h-1] angibt.

Eine weitere denkbare Erklärung ist, dass mit steigender Propenkonzentration eine zunehmende Verdrängung des Donorsubstituenten vom Metallzentrum, dem Chrom, erfolgt.

Nun kann man zum einen vermuten, dass ein Propen-Molekül diese Bindungsstelle besetzt, wodurch die Insertionsbarriere für Propen-Moleküle an diesem System so stark ansteigt, dass eine weitere Insertion stark erschwert wird.

Zum anderen kann man vorschlagen, dass die Nähe des Donorliganden zum Chrom, des Pyridylrestes bzw. Chinolylrestes in den vorliegenden Fällen, erforderlich für höhere Aktivitäten ist. Für diesen Fall sprechen auch die DFT-Berechnungen von Jolly, Jensen und Angermund, die für Ethen-Polymerisationen mit unverbrückten Cyclopentadienyl-Chrom-Katalysatoren zeigen, dass nicht der Insertionsschritt der Flaschenhals beim Kettenwachstum ist, sondern die Präsenz des Donorliganden in der inneren Koordinationssphäre des

Chrom-Atoms entscheidend ist. Demnach erfolgt bei freien Donoren vermutlich in Gegenwart von MAO und eines Lösungsmittels die Dissoziation des Liganden vom Metallatom; eine Brücke zwischen dem Donor und dem -Liganden könne dieses Problem umgehen.[133] Es stellt sich hier die Frage, ob die Brücke alleine ausreichend ist, um diese Nähe sicherzustellen.

Allerdings gibt es ein Argument, welches gegen eine Verdrängung wie beschrieben spricht:

Nach dem HSAB-Prinzip (Hard and soft acids and bases; PEARSON, 1968) sollte die Wechselwirkung zwischen dem Chromatom und dem Stickstoffatom deutlich stärker sein als zwischen dem Chromatom und dem Olefin, welche bei einer Verdrängung des erstgenannten bestehen sollte, denn da das Alken nach diesem Prinzip eine sehr weiche Base darstellt,

„passt“ das Chromatom (harte Säure) besser zum Pyridylliganden, welcher einen Grenzfall darstellt.[157]

Als weitere - vielleicht auch zusätzliche - plausible Erklärung lässt das Aktivitätsverhalten der Komplexe in Abhängigkeit von der Monomerkonzentration auf einen mit steigender Monomerkonzentration zunehmenden Anteil von 2,1-Insertionen schließen. Zur Neigung der Chrom-Katalysatoren zu Abweichungen von der regulären 1,2-Insertion gibt die Polymerisation von 1-Buten deutlichen Aufschluss (Abschnitt 6.3.3.2). Demnach zeigt sich für die Chrom-Komplexe ein hoher Anteil an 2,1-Insertionen.

Nähere Betrachtung der Aktivität in Abhängigkeit von der Monomerkonzentration zeigt, dass das unsubstituierte System (1) mit einem Maximalwert der Aktivität von 73 kgPol molKat-1

h

-1 (mol/L)Mon-1

bei einer Propenkonzentration von 0.5 mol/L das am wenigsten aktive ist. Von allen Katalysatoren am aktivsten zeigt sich das Benzyl-substituierte System (4) mit einer fast 7-fach höheren Aktivität von 493 kgPol molKat-1

h-1 (mol/L)Mon-1

bei derselben Propenkonzentration.

Die beiden Butenyl-substituierten Komplexe (2) und (3) liegen mit annähernd gleichen Aktivitäten (176 bzw. 167 kgPol molKat-1 h-1 (mol/L)Mon-1 bei cPropen = 0.5 mol/L) zwischen den beiden Systemen. Wesentlich höher wiederum sind die Aktivitäten für das Nicht-Indenyl-System (5) und das Chinolyl-substituierte Nicht-Indenyl-System (6), wenngleich diese auch nicht an den Benzyl-substituierten Indenyl-Chrom-Komplex (4) heranreichen. Bemerkenswert ist an System (6), an sich auch „unsubstituiert“, sieht man von dem Donorliganden ab, dass lediglich ein Austausch des Pyridylrestes mit Methylenverbrückung gegen eine sperrigere und starrere Chinolylgruppe zu einer starken Aktivitätssteigerung führt und bei einer Propenkonzentration von 0.5 mol/L immerhin ein Wert von 255 kgPol molKat-1 h-1 (mol/L)Mon-1 erreicht wird. Es wird vermutet, dass dieses darauf zurückzuführen ist, dass

hierdurch die Präsenz des Donors, also des Stickstoffatoms, in der Koordinationssphäre des Chroms besser sichergestellt wird, bzw. dass der Abstand Donor-Metallatom optimiert ist.

Während der Polymerisationen wurde der Monomerfluss, d.h. der Propenverbrauch, über einen Mass-flow-Controller mit verbundenem Datenlogger verfolgt. Neben Hinweisen auf die Stabilität des Katalysators während der Polymerisationsdauer erhält man hierdurch bereits Aufschluss über die Leistungsfähigkeit des Systems sowie den Zeitpunkt der Aktivierung.

In Abbildung 6.3 sind beispielhaft anhand des Komplexes IndCMeBut-3-enCH2Py*CrCl2 (3) die Propen-Verbrauchskurven bei verschiedenen Monomerkonzentrationen wiedergegeben, wie sie qualitativ - nur mit unterschiedlichen Maximalmonomerflüssen - auch für die anderen Chrom-Komplexe erhalten wurden.

Abbildung 6.3: Propen-Fluss bei den Polymerisationen bei 30°C und verschiedenen Monomerkonzentrationen im Ansatz für das Katalysatorsystem IndCMeBut-3-enCH2Py*CrCl2 (3)/MAO.

Wie man der Abbildung entnehmen kann, nimmt der Propen-Verbrauch mit steigender Monomerkonzentration zu. Diese Zunahme ist allerdings nur so hoch, dass bei Normierung auf die Monomerkonzentration eine Aktivitätsabnahme beobachtet wird.

Zudem lässt sich feststellen, dass mit steigender Propenkonzentration im Ansatz eine spätere Aktivierung stattfindet. In Abbildung 6.4 ist ebenso der Propenverbrauch in Abhängigkeit von der Zeit dargestellt. Hierbei wurde der Chrom-Komplex (2) beispielhaft für die anderen substituierten Komplexe gewählt. Für die substituierten Indenyl-Chrom-Komplexe einschließlich des substituierten Cyclopentadienyl-Chrom-Indenyl-Chrom-Komplexes (5) sowie

0 10 20 30 40 50 60 70

0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000

Zeit t [s]

Propen-Fluss [mL/min] .

1.5 mol/L 2.0 mol/L 2.5 mol/L

für den Komplex (6) mit dem Chinolyl-Donorliganden zeigt sich der gleiche Verlauf: Eine rasche Zunahme des Propen-Flusses bis zum Erreichen des Maximalwertes und anschließend ein relativ rascher Abfall. Für das unsubstituierte Indenyl-Chrom-System (1) hingegen, welches allerdings die niedrigsten Aktivitäten gezeigt hat, wird erst allmählich der maximale Propenfluss erreicht; dieses System deaktiviert jedoch nicht so schnell wie die anderen, im Gegenteil, über den beobachteten Zeitraum bis zu einer Polymerisationsdauer von 2 Stunden bleibt der Propenverbrauch annähernd konstant.

Abbildung 6.4: Propen-Fluss für einige Polymerisationen, die mit verschiedenen Chrom-Komplexen bei einer Propenkonzentration von 2.5 mol/L und einer Polymerisationstemperatur von 30°C durchgeführt wurden.

Optimal verhält sich jedoch keines der sechs Systeme, denn wünschenswert wäre eine schnelle Aktivierung mit einer hohen Aktivität und gleichzeitig hohen Stabilität des Katalysatorsystems, d.h. Konstanz des Propenverbrauches, über die Polymerisationsdauer.