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ALLeINeRzIeHeNDe MIT BeHINDeRTeN KINDeRN

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ALLeINeRzIeHeNDe MIT BeHINDeRTeN KINDeRN

Die Situation, mit einem behinderten Kind zu leben, verlangt von den betrof-fenen Eltern viel Kraft. Da die Rechtslage und die Frage nach den Zuständig-keiten von Behörden sehr kompliziert sind, ist es wichtig, über finanzielle und rechtliche Fragen gut informiert zu sein, um eine optimale Betreuung und Pflege des behinderten Kindes zu gewährleisten. Die Rechte von Menschen mit Behinderungen und insbesondere die der Kinder mit Behinderungen sind in den letzten Jahren gestärkt worden. Im Jahr 2009 ist in Deutschland die UN-Behindertenrechtskonvention in Kraft getreten. Deutschland ist verpflichtet, Maßnahmen zu ergreifen, um allen Menschen eine gleichberechtigte Teilhabe zu ermöglichen. Leitgedanke dabei ist Inklusion – alle gehören von vornherein dazu, niemand muss in Nachhinein integriert werden. Demzufolge besteht für Kinder mit Behinderungen nunmehr ein Anspruch darauf, gemeinsam mit Kindern ohne Behinderungen zur Schule zu gehen.

Neben der Klärung von Sachfragen ist gerade für Alleinerziehende mit behin derten Kindern ein gegenseitiger Erfahrungsaustausch von großer Bedeu-tung, um Isolation und Resignation zu verhindern. Bei Fragen der Lebensgestal-tung hilft es oft, mit Eltern, die in einer ähnlichen Situation sind, zu sprechen.

„Wie ist eine Berufstätigkeit möglich?” „Kann/will ich mein Kind regelmäßig von anderen Menschen betreuen lassen?” „Wo bleibe ich?” Gegenseitiger Rat und Unterstützung hilft, Situationen zu meistern und kann neue Horizonte öffnen. Nach der Darstellung der rechtlich-finanziellen Situation sollen daher die Literatur hinweise und Kontaktadressen am Schluss des Kapitels hierzu Anregungen geben.

Ein Teil der folgenden Leistungen kann in Form eines „Persönlichen Budgets“

erbracht werden. Das heißt, dass Sie Geldbeträge oder Gutscheine erhalten und die bewilligten Leistungen selbst „einkaufen“ und organisieren. Durch das per-sönliche Budget kann Ihre Selbstbestimmung gestärkt werden.

PfLe G e V e R S I c H e R u N G

Leistungsberechtigt für die Leistungen der Pflegeversicherung sind Personen, die wegen Krankheit oder Behinderung bei den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate in erheblichem oder höherem Maße auf Hilfe angewiesen sind. Ein Kind mit Behinderung ist ohne

Altersbe-grenzung über die Familienversicherung der gesetzlichen Krankenversicherung in der Pflegeversicherung mitversichert, wenn es wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten.

Um Leistungen der Pflegeversicherung zu erhalten, muss ein entsprechen-der Antrag bei entsprechen-der zuständigen gesetzlichen oentsprechen-der privaten Krankenkasse gestellt werden. Nach Antragstellung wird vom medizinischen Dienst die Eingruppierung in eine der drei Pflegestufen bzw. ab 2017 in einen der fünf Pflegegrade vorgenommen. Die Leistungen bei häuslicher Pflege können als Sachleistungen, als Geldleistung (Pflegegeld) oder auch in kombinierter Form in Anspruch genommen werden. Unter Sachleistung wird die Unterstützung der pflegenden Angehörigen durch professionelle Pflegekräfte (ambulante Dienste) verstanden. Das Pflegegeld steht dem Pflegebedürftigen zu, der es an seine pflegenden Angehörigen weitergeben kann.

Pflegen Sie Ihr Kind mit Behinderung selbst, fließt Ihnen das Pflegegeld direkt zu. Leben die Eltern getrennt, wird das Pflegegeld nicht als Einkommen auf den Unterhaltsanspruch eines pflegenden Elternteils gegen den barunter-haltspflichtigen Elternteil angerechnet. Das an pflegende Angehörige weiter-gegebene Pflegegeld bleibt steuerfrei. Das gilt auch, wenn das Pflegegeld an Nachbarn oder Freunde weitergegeben wird und diese das Kind pflegen, weil sie der Familie helfen wollen. Die Leistungen der Pflegeversicherung richten sich in Umfang bzw. Höhe nach der Pflegestufe, in die die pflegebedürftige Person eingestuft wurde:

– Pflegestufe 0: Personen mit dauerhaft erheblich eingeschränkter Alltags-kompetenz (vor allem an Demenz erkrankte Menschen). Pflegesätze bis zu einem Gesamtwert von 231 Euro oder Pflegegeld in Höhe von 123 Euro monatlich.

– Pflegestufe I: erheblich Pflegebedürftige, mindestens eineinhalb Stun-den Pflege täglich erforderlich. Pflegesätze bis zu einem Gesamtwert von 468 Euro oder Pflegegeld in Höhe von 244 Euro monatlich.

Pflegestufe I mit zusätzlich dauerhaft erheblich eingeschränkter All-tagskompetenz: Pflegesätze bis zu einem Gesamtwert von 689 Euro oder Pflegegeld in Höhe von 316 Euro monatlich.

– Pflegestufe II: Schwerpflegebedürftige, mindestens drei Stunden Pflege täglich erforderlich. Pflegesätze bis zu einem Gesamtwert von 1.144 Euro oder Pflegegeld in Höhe von 458 Euro monatlich.

Pflegestufe II mit zusätzlich dauerhaft erheblich eingeschränkter All-tagskompetenz: Pflegesätze bis zu einem Gesamtwert von 1.298 Euro oder Pflegegeld in Höhe von 545 Euro monatlich.

PfLeGe

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– Pflegestufe III: Schwerstpflegebedürftige, mindestens fünf Stunden Pflege täglich plus Nachtpflege erforderlich. Pflegesätze bis zu einem Gesamt-wert von 1.612 Euro (in Härtefällen 1.995 Euro) oder Pflegegeld in Höhe von 728 Euro monatlich.

Pflegestufe III mit zusätzlich dauerhaft erheblich eingeschränkter Alltags-kompetenz: Pflegesätze bis zu einem Gesamtwert von 1.995 (in Härte fällen 1.995 Euro) Euro oder Pflegegeld in Höhe von 728 Euro monatlich.

Pflegegeld wird in den meisten Fällen erst gezahlt, wenn das Kind mit Behin-derung ein Jahr alt ist, da man davon ausgeht, dass kein Unterschied im Pflege-aufwand eines Säuglings mit oder ohne Behinderung besteht. In Ausnahme-fällen wird das Pflegegeld bereits ab Geburt gewährt, wenn die erforderliche Pflege die eines Kindes ohne Handicap erheblich übersteigt.

Bei Verhinderung der pflegenden Person wegen Urlaub oder Krankheit über-nimmt die Pflegekasse die Kosten einer Ersatzkraft für längstens sechs Wochen jährlich in Höhe von maximal 1.612 Euro. Die Ersatzpflege kann erstmals nach sechs Monaten häuslicher Pflege in Anspruch genommen werden. Bei der Kurz-zeitpflege, die in Krankheitsfällen der Pflegeperson beansprucht werden kann, ist die Frist nicht nötig. Übernehmen Verwandte bis zum zweiten Grad (Kinder, Enkel, Eltern, Großeltern, Geschwister) die Ersatzpflege, wird allerdings nur das anderthalbfache Pflegegeld der jeweiligen Pflegestufe bis zu vier Wochen gezahlt.

Soweit diesen nicht erwerbsmäßigen Pflegepersonen jedoch notwendige Auf-wendungen (z. B. Fahrkosten, Verdienstausfall) entstehen, müssen die Pflegekassen diese zusätzlichen Kosten übernehmen. Insgesamt dürfen die Aufwendungen aber 1.612 Euro nicht überschreiten. Wird die Ersatzpflege durch entfernte Ver-wandte oder Nachbarn übernommen, können bis zu 1.612 Euro erstattet werden.

Unabhängig von der Pflegeversicherung stellt die Krankenkasse in bestimm-ten Fällen eine Haushaltshilfe, wenn Sie wegen eines Krankenhaus- oder Kur-aufenthaltes Ihr Kind nicht versorgen Können. Voraussetzung hierfür ist, dass mindestens ein Kind unter zwölf Jahren oder ein behindertes pflegebedürftiges Kind in der Familie ist und sonst niemand im Haushalt lebt, der die Familie ver-sorgen kann.

Zusätzlich zum Pflegegeld kann ein Betreuungsbetrag von bis zu 2.496 Euro jährlich beantragt werden. Der Betreuungsbetrag ist für die Pflege von Men-schen mit einer Behinderung gedacht, die einer ständigen Beaufsichtigung bedürfen. Durch ihn soll z. B. die zeitweise Betreuung in einer Tageseinrichtung ermöglicht werden. Die bezuschusste Leistung muss von einem Träger erbracht werden, der einen Versorgungsvertrag mit der Pflegekasse abgeschlossen hat.

Der Betreuungsbetrag kann auf das nächste Jahr übertragen werden, wenn er bereits beantragt und bewilligt wurde.

Zudem besteht ein Anspruch auf Pflegehilfsmittel und technische Hilfen: Für zum Verbrauch bestimmte Hilfsmittel (z. B. Einmalhandschuhe, Betteinlagen) wird eine Pauschale von monatlich bis zu 40 Euro ersetzt, bei inkontinenten Kindern übernimmt die Krankenkasse zusätzlich zu diesem Betrag die Kosten für Windeln. Für technische Hilfsmittel (z. B. Lagerungshilfen, Notrufsystem) ist ein Eigenanteil von zehn Prozent zu erbringen, maximal jedoch 25 Euro. Für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes (etwa Treppen-lift, behindertengerechte Ausstattung des Bades) werden bis 4.000 Euro je Maß-nahme gewährt.

Bei der vollstationären Pflege zahlen die Pflegekassen für die pflegebedingten Aufwendungen, die Aufwendungen für medizinische Behandlungspflege und die soziale Betreuung im Heim folgende monatliche Pauschalbeträge in Abhän-gigkeit von der Pflegestufe:

Pflegestufe I: 1.064 Euro Pflegestufe II: 1.330 Euro

Pflegestufe III: 1.612 Euro (in Härtefällen: 1.995 Euro)

Die gezahlten Beträge für die stationäre Pflege dürfen im Einzelfall 75 Prozent der Heimkosten nicht überschreiten. Insgesamt dürfen die Kosten der statio-nären Pflege den jährlichen Durchschnittsbetrag von 15.339 Euro nicht über-schreiten.

Wenn Sie ein Kind pflegen, stehen Ihnen nach der Pflegeversicherung noch weitere Unterstützungsleistungen zu: Abgestuft nach dem Grad der Pflegebedürftigkeit werden Rentenversicherungsbeiträge übernommen. Vo-raussetzung ist, dass Sie nicht mehr als 30 Stunden erwerbstätig sind und das Kind mindestens 14 Stunden wöchentlich zu Hause pflegen. Je nach Umfang der Pflegetätigkeit steigen pro Pflegestufe die Rentenversicherungsbeiträge.

Sie sind während der pflegerischen Tätigkeit in den Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung einbezogen. Es besteht zudem die Möglich-keit einer „freiwilligen Weiterversicherung“ in der Arbeitslosenversicherung.

Sie müssen in den 24 Monaten vor Beginn der Pflege zwölf Monate in der Ar-beitslosenversicherung versichert gewesen sein oder Arbeitslosengeld bezogen haben. Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Pflege bei der Agentur für Arbeit zu stellen. Der Beitragssatz für Pflegepersonen beträgt zurzeit 8,51 Euro (West) und 7,25 Euro (Ost) monatlich.

Auskunft zu Fragen zur Pflegeversicherung erteilen die Krankenkassen und die am Schluss des Kapitels angegebenen Behindertenverbände.

PfLeGe

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Gegenüber den Fürsorgeleistungen nach dem SGB XII (Sozialhilfe) gehen die Leistungen der Pflegeversicherung vor. Davon unberührt bleiben weiter-gehende Leistungen zur Pflege und Eingliederungshilfen für Menschen mit Behinderungen nach dem SGB XII und dem SGB VIII (Kinder- und Jugend hilfe).

Reichen z. B. die Leistungen der Pflegeversicherung und die Eigenmittel des pflegever sicherten Menschen nicht aus, um die Pflege- oder Heimkosten zu decken, kann Sozialhilfe beantragt werden. Voraussetzung für die Gewährung von Leistungen der Sozialhilfe ist jedoch die Bedürftigkeit des/der Betroffenen.

Zum 1. Januar 2017 wird ein neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff eingeführt.

Mit dem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff wird das bisherige System der drei Pflegestufen und der Feststellung einer erheblich eingeschränkten Alltags-kompetenz durch fünf neue Pflegegrade ersetzt. In den neuen Pflegegraden werden körperliche, geistige und psychische Einschränkungen gleicher-maßen erfasst und in die Einstufung einbezogen.

Die soziale Absicherung von pflegenden Angehörigen im Bereich der Renten- Arbeitslosen- und der Unfallversicherung soll ebenfalls ab 2017 verbessert werden.

Dabei kommt es darauf an, in welchem Umfang die Pflege durch Pflegepersonen erbracht wird und in welchen Pflegegrad der Pflegebedürftige eingestuft ist.

Weitere und aktuelle Informationen zu Pflegeleistungen, dem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff sowie den neuen Pflegegraden ab 2017 unter:

www.bmg.bund.de/themen/pflege.html

PfLe G e z e I T u N D fA M I LI e N PfLe G e z e I T Kurzzeitige Arbeitsverhinderung und

Pflegeunterstützungsgeld

Nahe Angehörige haben die Möglichkeit, bis zu zehn Arbeitstage der Arbeit fernzu-bleiben, um in einer akuten Pflegesituation eine bedarfsgerechte Pflege zu organi-sieren oder eine pflegerische Versorgung in dieser Zeit sicherzustellen. Für diese Zeit kann die Lohnersatzleistung Pflegeunterstützungsgeld beantragt werden kann.

Pflegezeit

Sie haben die Möglichkeit, bis zu sechs Monate ganz oder teilweise aus dem Beruf auszusteigen, um Ihr Kind (oder einen anderen nahen Angehörigen) in häuslicher Umgebung zu pflegen. Für diese Zeit können Sie ein zinsloses Darlehen beim

Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben beantragen, um die Einkommensverluste in dieser Zeit abzufedern. Dieses wird in monatlichen Raten in Höhe der Hälfte der Differenz zwischen dem pauschalierten monatlichen Netto entgelt vor und während der Freistellung ausbezahlt. Es besteht keine Ver-pflichtung, die volle Höhe in Anspruch zu nehmen. Der Rechtsanspruch auf eine Pflegezeit gilt nicht gegenüber Arbeitgebern mit 15 oder weniger Beschäftigten.

familienpflegezeit

Möchten oder müssen Sie längerfristig Zeit für die Pflege aufbringen, können Sie auch eine Familienpflegezeit beantragen. Die Familienpflegezeit räumt Be-schäftigten über einen Zeitraum von maximal zwei Jahren die Möglichkeit ein, ihre Arbeitszeit auf bis zu 15 Stunden zu reduzieren. Im Rahmen der Familien-pflegezeit kann seit 2015 ein zinsloses Darlehen beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben beantragt werden kann. Neu ist seitdem auch, dass sie auf diese teilweise Freistellung einen Rechtsanspruch haben, sofern Ihr Arbeitgebern mindestens 25 Beschäftigte hat.

Für die Betreuung eines minderjährigen pflegebedürftigen nahen Angehö-rigen auch in außerhäuslicher Umgebung besteht ebenfalls die Möglichkeit einer vollständigen oder teilweisen Freistellung von bis zu sechs Monaten im Rahmen der Pflegezeit.

Pflegezeit und Familienpflegezeit können auch kombiniert werden. Sie müssen aber nahtlos aneinander anschließen. Ihre Gesamtdauer beträgt höchstens 24 Monate.

Weiterführende Informationen sind zu finden unter:

www.familien-pflege-zeit.de/