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ABWEICHENDE TIEFEN DER ABSTANDSFLÄCHEN

Im Dokument Arbeitshilfe Bebauungsplanung (Seite 189-192)

Die Regelung baurechtlich erforderlicher Abstandsflächen zwischen Gebäuden und zu den Grundstücksgrenzen war historisch im Bauordnungsrecht verankert. Im Zuge der BauGB-Novelle 2007 hat der Bundesgesetzgeber die Möglichkeit geschaffen, bei der Aufstellung von Bebauungsplänen ein vom Bauordnungsrecht abweichendes Maß der Tiefe der Abstands-flächen festzusetzen, ohne dass es hierzu einer landesrechtlichen Ermächtigung bedarf.

§ 9 Abs. 1 Nr. 2a BauGB eröffnet den Gemeinden die Möglichkeit, in einem Bebauungsplan aus städtebaulichen Gründen vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Abstandsflächentiefe festzusetzen. Damit können bei den Regelungen über Abstandsflächen verstärkt auch städtebauliche Aspekte zur Geltung gebracht werden, die durch die landes-rechtlichen Vorschriften, bei denen Gesichtspunkte der Gefahrenabwehr, der Belichtung und des Brandschutzes im Vordergrund stehen, nicht erfasst werden.

Wie die Abstandsflächen bestimmt werden und welche Abstandsflächentiefen bauordnungs-rechtlich erforderlich sind, ergibt sich aus § 6 BbgBO.

Soweit die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenerfordernisse den städtebaulichen Zielen für ein zu beplanendes Baugebiet nicht entgegenstehen, kann und muss auf die Festsetzung von Abstandsflächentiefen im Bebauungsplan verzichtet werden; § 9 Abs. 1 Nr. 2a BauGB erlaubt nur die Festsetzung abweichender Maße.

Der enge Sachzusammenhang zwischen den Festsetzungen eines Bebauungsplans zu Bauweise, überbaubaren Grundstücksflächen und zulässigen Gebäudehöhen einerseits und den bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenerfordernissen andererseits kann jedoch aus städtebaulichen Gründen eine abweichende Festsetzung von Abstandsflächentiefen erfor-dern. Solche städtebaulichen Gründe können z.B. vorliegen, wenn für ein Baugebiet neben einer geringen baulichen Dichte auch eine aufgelockerte Bebauung mit großzügigen Abständen zwischen den Gebäuden bzw. zu den Grundstücksgrenzen angestrebt wird.

So ist die Regelung des § 9 Abs. 1 Nr. 2a BauGB vom Gesetzgeber vor allem deshalb in das Baugesetzbuch aufgenommen worden, um die Festsetzung größerer Abstandsflächentiefen zu ermöglichen, als sie die Bauordnung für das jeweilige Baugebiet verlangt, z.B..

 Im allgemeinen Wohngebiet beträgt die erforderliche Tiefe der Abstandsflächen 0,8 H.

 Im Gewerbegebiet beträgt die erforderliche Tiefe der Abstandsflächen 0,3 H.

Problemaufriss

Planungsrechtlicher Rahmen

§ 6 Abs. 4 und 5 BbgBO

Abweichungen aus städtebaulichen Gründen

i.d.R. größere Maße

Abweichende Tiefen der Abstandsflächen

B 2.4

Da die Vorgabe größerer Abstandsflächentiefen mittelbar die Ausnutzung der Grundstücke einschränken bzw. die Verteilung der Baumassen auf dem Grundstücken beeinflussen kann, sind die Auswirkungen auf die private Baufreiheit zu ermitteln und in die Abwägung ein-zustellen.

In begründeten Fällen können auch geringere Abstandsflächentiefen festgesetzt werden, entweder durch textliche Festsetzung oder gemäß § 6 Abs. 5 Satz 4 BbgBO durch eine enge Baukörperausweisung (

B 2.2). Um das Planungsziel klarzustellen, empfiehlt sich im letztgenannten Fall eine ergänzende Festsetzung:

 Im Mischgebiet MI1 darf an die festgesetzten Baulinien und Baugrenzen mit der festgesetzten Gebäudehöhe/Traufhöhe/Geschossigkeit herangebaut werden, auch wenn dadurch die erforderlichen Abstandsflächentiefen nicht eingehalten werden.

Bei Ermöglichung geringerer Abstandsflächentiefen dürfen jedoch die bauordnungsrechtlich relevanten Aspekte der Abstandsflächen wie die Sicherung einer ausreichenden Belichtung und die Berücksichtigung von Brandschutzanforderungen nicht außer Acht gelassen werden.

Die Zulassung von Abstandsflächentiefen unterhalb des nach der BbgBO unter dem Aspekt der Gefahrenabwehr für erforderlich erachteten Maßes von 0,4 H, ist daher meist nur bei Planungen im erhaltenswerten Bestand begründbar. Bei der Planung neuer Baugebiete werden allenfalls städtebauliche Sondersituationen geringere Abstandsflächentiefen recht-fertigen, die sich in der Regel auf wenige Gebäude bzw. Gebäudeteile beschränken werden.

Die Ermöglichung geringerer Abstandsflächentiefen setzt eine Prüfung des Einzelfalls voraus, um die Auswirkungen der Festsetzung auf öffentliche und private, insbesondere auch nachbarliche Belange (Sozialabstand, Wohnfrieden) sachgerecht in die Abwägung einstellen zu können. Der Wahrung der allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeits-verhältnisse ist dabei besondere Bedeutung beizumessen. Im Zweifelsfall kann der Nachweis einer ausreichenden Besonnung durch eine Verschattungsstudie erforderlich werden.

Nötigenfalls sind Festsetzungen zu treffen, die eine mögliche Beeinträchtigung mindern oder vermeiden (z.B. nur ausnahmsweise Zulässigkeit von in ihrer Belichtung besonders einge-schränkten Wohnungen im Erdgeschoss). Eine generelle Festsetzung zur Ermöglichung geringerer Abstandsflächentiefen für größere Gebiete kommt daher meist nicht in Betracht.

Die abweichende Festsetzung von Abstandsflächentiefen soll sich auf diejenigen Seiten einer baulichen Anlage beschränken, für die dies städtebaulich geboten ist. So können unterschied-liche (abweichende) Maße für seitunterschied-liche, vordere oder hintere Abstandsflächen festgesetzt werden. Wo weiterhin die bauordnungsrechtlich vorgegebenen Maße gelten sollen, ist im Bebauungsplan auf eine Festsetzung zu verzichten.

 Im allgemeinen Wohngebiet beträgt die erforderliche Tiefe der seitlichen Abstands-flächen 0,3 H, (mindestens 3,0 m).

Die Festsetzung eines abweichenden Maßes der Abstandsflächentiefe muss den Anforde-rungen der hinreichenden Bestimmtheit genügen. Sollen bei engen Baukörperfestsetzungen und Gebäudehöhen geringere Abstandsflächentiefen ermöglicht werden, so reicht ein bloßer Hinweis auf die Unterschreitung der bauordnungsrechtlich vorgegebenen Maße nicht aus.

Auch ausdrückliche Festsetzungen (z.B. durch Baulinien in Verbindung mit einer Mindesthöhe der Gebäude) entbinden nicht von der Festsetzung geringerer Abstandsflächentiefen.

 Auf den Grundstücken …. darf an die seitlichen Baugrenzen bis zur zulässigen Zahl der Vollgeschosse herangebaut werden, auch wenn hierdurch die bauordnungsrechtlich erforderlichen Abstandsflächentiefen unterschritten werden.

Vielmehr ist das zulässige Maß der Abstandsflächentiefe in die Festsetzung aufzunehmen.

in begründeten Fällen auch geringere Maße

Einzelfallprüfung erforderlich

nach allen oder zu einzelnen Seiten

hinreichende Bestimmtheit der Festsetzung

 Auf den Grundstücken …. (Benennung der jeweiligen Grundstücke) darf an die seit-lichen Baugrenzen/ Baulinien bis zur zulässigen Zahl der Vollgeschosse/ bis zur zulässigen Oberkante herangebaut werden; die seitlichen Abstandsflächentiefen betragen hier 0,3 H.

Neben der Festsetzung der Abstandsflächentiefe im Verhältnis zur jeweiligen Wandhöhe können auch abweichende Mindestmaße als die ansonsten erforderlichen 3,0 m festgesetzt werden.

 Im reinen Wohngebiet, in dem nur Einzel- und Doppelhäuser zulässig sind, beträgt die erforderliche Mindesttiefe der seitlichen Abstandsflächen 4 m.

In vielen Fällen kann dabei die Aufnahme von Ausnahmenregelungen in die Festsetzung zweckmäßig sein.

… Ausnahmsweise kann eine Mindesttiefe von 3 m zugelassen werden, sofern die Länge der Außenwand 10 m nicht überschreitet.

§ 9 Abs. 1 Nr. 2a BauGB ermöglicht ausschließlich die Festsetzung abweichender Maße der Abstandsflächentiefen. Eine von § 6 Abs. 4 BbgBO abweichende Ermittlung des abstands-flächenrelevanten Maßes H ist dagegen nicht zulässig. Ebenso wenig können die sonstigen Vorschriften des Abstandsflächenrechts wie etwa die Lage der Abstandsflächen auf dem Grundstück (§ 6 Abs. 2 BbgBO) oder die Nichtberücksichtigung untergeordneter Bauteile und Vorbauten (§ 6 Abs. 6 BbgBO) durch die Festsetzungen eines Bebauungsplans geändert werden.

 Untergeordnete Bauteile wie Wintergärten, Erker und Balkone sind bei der Bemes-sung der erforderlichen Abstandsflächentiefen (eigenständig) zu berücksichtigen.

Unabhängig von § 9 Abs. 1 Nr. 2a BauGB kann die Gemeinde nach § 87 Abs. 2 BbgBO durch örtliche Bauvorschriften (die in den Bebauungsplan integriert werden oder Gegenstand einer eigenständigen (z.B. Gestaltungs-) Satzung sein können) andere als die nach § 6 Abs. 5 BbgBO vorgeschriebenen Abstandsflächen festsetzen, insbesondere zur Wahrung der erhaltenswerten Eigenart und zur städtebaulichen Gestaltung eines bestimmten Ortsteils. Die Abwägung der nachbarlichen Belange muss dabei gewährleistet sein.

auch Mindestmaße festsetzbar

Ausnahmen

Festsetzung abweichender Ermittlungsmethoden des Maßes H nicht zulässig

Festlegung abweichender Abstandsflächentiefen durch örtliche Bauvorschriften

Abweichende Tiefen der Abstandsflächen

B 2.4

ANWENDUNGSFÄLLE UND FESTSETZUNGSBEISPIELE

Im Dokument Arbeitshilfe Bebauungsplanung (Seite 189-192)

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