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2. Stellenwert Studentenparties

2.3. Abschaltfunktion

Trotz der relativen Freiheit, die einem ein Studium bietet, kann es zu Stressituationen kommen, gerade, wenn gegen Ende des Semesters Prüfungen anstehen, oder natürlich gegen Ende des gesamten Studiums, wenn man sich auf den Abschluss vorbereitet (R23: „Das hat nicht bloss mit der Beziehung zu tun, hat auch einfach mit dem Arbeitsaufwand zu tun, dass man andere Sachen machen muss, man muss am Schluss von Studium sicher mehr machen als am Anfang.“). Zeitdruck, beispielsweise der Wunsch, das Studium in einem vernünftigen Zeitrahmen abzuschliessen, kann in diesem Zusammenhang eine grosse Rolle spielen. Es

10 Im Jahre 2001 38% der Studenten ihr Studium möglichst schnell abschliessen; 45% in angemessener Zeit;

17% ist es egal, wie lange es dauert.

11 Siehe Goffman; 1959; S.60.

12 Vgl. Krappman; 1969; S. 77-78.

13 Ein Thema, das sich ausarbeiten liesse, es handelt sich bei dieser Arbeit allerdings nur um eine Randerscheinung.

braucht nun Massnahmen, um sich von diesem Stress abzulenken, eine Quelle, bei der man neue Energie tanken und sich wieder für den Studentenalltag "bereit machen" kann. Ich will nun überprüfen, inwiefern Studentenparties in der Lage sind, diese Funktion zu übernehmen.

Die Antworten meiner Respondenten dazu, haben sehr unterschiedliches ergeben. Für die einen sind Studentenparties eine willkommene Abwechslung zum Alltag und eine ideale Gelegenheit, Stress abzubauen, andere denken eher, dass man auf solchen Anlässen noch zusätzlichen Stress aufbaut.

2.3.1. Stressabbau

(R12: "Ja, eigentlich schon, es ist ein bisschen Zerstreuung, es ist so, dass man nicht darüber nachdenkt, was morgen ist, sondern man geniesst einfach die Zeit und hat halt eine gute Zeit, meistens.") Für diese Respondentin bedeuten solche Parties Zerstreuung, man muss sich nicht viel Gedanken machen, kann ein bisschen die Zeit geniessen und braucht sich für einmal keine Gedanken über Folgen und Konsequenzen seiner Handlungen zu machen (was allerdings auch gefährlich sein kann). Es geht vor allem darum, den Moment zu geniessen, was ja im Studium nur bedingt möglich ist. (R16: "Ne, ganz im Gegenteil, wenn ich den ganzen Tag gelernt habe und dann auf eine Party gehe, dann finde ich es noch viel, viel cooler, als wenn ich nichts getan habe und auf eine Party gehe. Wenn ich dann alles rauslassen kann und tanzen kann.") Für diese Studentin ist die Bedeutung dieser Studentenparties noch höher, für sie ist es in Stressituationen noch wichtiger als sonst, solche Anlässe zu besuchen, sie kann richtig abschalten und diesen Stress hinter sich lassen (es handelt sich wiederum um die Funktion der Party als Belohnung für den Alltag).

Studentenparties kommen einer Art Katharsis gleich (in diesem Fall positiver Art), die Party wird als Ventil, den Alltagsfrust abzubauen, verwendet. Man kann diese Parties also durchaus zum Stressabbau und damit zum Ausgleich benutzen, ich denke, es hängt wesentlich von der Einstellung ab, mit der man solche Anlässe besucht, man sollte in dem Falle keine besonderen Ambitionen haben und die Erwartungen im Vorfeld nicht allzu hoch schrauben.

2.3.2. Stressaufbau

Es besteht immer eine gewisse Chance, dass "der Schuss nach hinten losgeht" und man diese Studentenparties gestresster verlässt als man gekommen ist. (R12: "Meistens denkt man am nächsten Tag, wenn man in der Vorlesung sitzt, das hätte ich mir sparen können. Die Erwartungen sind oft höher als das, was im Nachhinein erfüllt wird. Es ist doch immer wieder das gleiche.") Die Aussage dieser Respondentin ist noch relativ harmlos, ihre Erwartungen

wurden nicht erfüllt, und sie hat das Gefühl, der Besuch der Party wäre nicht unbedingt nötig gewesen, aber ihre Erfahrungen sind eher gleichgültig denn negativ. Dies kann jetzt allerdings weitergehen. Wer solche Parties mit hohen Ambitionen besucht, wird enttäuscht sein, wenn diese nicht erfüllt werden (was, wie ich in den folgenden Kapiteln zeigen werde, oft der Fall ist).

Es gibt verschiedene Gründe, die zum Aufbau von zusätzlichem Stress auf solchen Parties führen können. Sobald man eine solche Party besucht, ist man gewissen Mechanismen, was Alkohol, Aggressionen und Anmachen (werde ich in den folgenden Kapiteln beschreiben) ausgesetzt (oder nimmt aktiv daran teil). Es ist dem Einzelnen überlassen, wie er damit umgeht, aber es gibt Personen, die so was eher schlecht vertragen und sich dementsprechend nerven. Sie bauen zusätzlichen Stress oder gar Aggressionen auf (R17: "Man baut dort Aggressionen auf oder ab. Das ist ja fast noch mehr Alltag, du wiederholst den Alltag ja quasi. Du triffst ja auch die Leute, die du den ganzen Tag über triffst.").

Das andere Geschlecht spielt natürlich die grösste Rolle hinsichtlich hoher Erwartungen, die nicht erfüllt werden. Der Traumpartner ist nicht auf der Party, man traut sich nicht, ihn anzusprechen, oder es gelingt einem nicht, jemanden „für´s Bett“ zu finden, ergo die Party hält nicht, was man sich davon versprochen hat, und es kommt dadurch zu Enttäuschungen (R12: „Das viel geredet wird ist klar, man sagt immer, auf der Party, da schnapp ich mir einen, und man macht es im Endeffekt nicht, weil man nicht den richtigen findet, keinen Mut hat, ich weiss nicht woran es liegt.“). Es kann aber auch das Gegenteil eintreffen, dass man sich in gewisse Liebeswirrungen verstrickt (R24: "Ich mein, wenn es als zusätzlicher Stress gilt, sich in irgendwelche private Sachen zu verstricken, sind Studentenfeten wohl eine gute Adresse. Aber andere Feten ja auch."). Wie die Respondentin richtig bemerkt, ist die Chance natürlich höher, dass so etwas passiert, wenn man sich oft auf diesen Parties aufhält. Aber es ist kein Phänomen, das in direktem Zusammenhang mit Studentenparties steht, in Liebeswirrungen kann man sich natürlich auch ohne Studentenparties verstricken, die Chance ist bei wiederholtem Besuch allerdings einfach höher.

Es kann aber auch passieren, dass einem diese Parties schlicht und einfach allgemein enttäuschen (R7: „Ich gehe da deswegen nicht mehr hin, weil mich diese Parties einfach enttäuscht haben, einfach von ihrem Wesen her, weil man eben viel angenervt und angesprochen wird, und das habe ich definitiv nicht mehr nötig, und die Musik ist meistens schlecht, und meine Freunde kann ich mittlerweile auch woanders treffen.“)