Das Client-Server-Prinzip
535vermag bei der Abgrenzung zwischen Telekommunikationsdienst und Teledienst keinen zuverlässigen
Anknüpfungspunkt für deren Einordnung bilden. Zwar wird die Auffassung vertreten, dass stets bei einem Angebot, das auf dem Client-Server-Prinzip basiert und dem die redaktionelle Gestaltung fehlt, ein Teledienst gegeben ist.
536Dass dies in dieser Pauschalität nicht stimmen kann, zeigt aber, dass anderenfalls im Zusammenhang mit dem Internet überhaupt nicht mehr über Telekommunikationsdienste diskutiert und ohne weiteres das TDG zur Anwendung gelangen müssteda sämtliche Dienstleistungen im Internet auf diesem Prinzip beruhen. Dies würde bedeuten, dass selbst die Dienstleistung des Access-Providing, die nach überwiegender Meinung einen
Telekommunikationsdienst gemäß § 3 Nr. 24 TKG darstellt,
537nun zum Teledienst „mutieren“ müsste. Denn auch beim Aufbau einer
Internetverbindung ruft ein Client einen Server (Internetzugangsknoten) an, um
„ins Internet“ weitervermittelt zu werden.
538
534 Siehe zum Begriff des Backbone S. 28.
535 Siehe hierzu S. 43.
536 Spindler in: Roßnagel, Recht der Multimedia-Dienste, § 2 TDG Rn. 82 f.. Vgl. in diesem Sinne ebenso Holznagel/Kibele in Hoeren/Sieber, Teil 5 Rn. 68, die ausführen, dass Internet-Dienste nach dem Client-Server-Prinzip (www, gopher, telnet, ftp) dem Nutzer ermöglichen, einen Dienst zu empfangen und Abrufdienste gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 4 MDStV darstellen, da sie an eine beliebige Öffentlichkeit gerichtet sind. Siehe auch Kröger/Moos, ZUM 1997, 462, 466 ff., insbesondere S. 467; Kröger/Moos, AfP 1997, 675, 679, verweisen darauf, dass alle Internet-Dienste aufgrund des Client-Server-Prinzips als Tele- oder Mediendienste einzustufen sind.
Ebenso Eberle in: Eberle/Rudolf/Wasserburg, Kapitel I, Rn. 56, der darauf verweist, dass alle
„Internet-Dienste“ auf dem Client-Server-Prinzip beruhen.
537 Siehe S. 122.
538 Siehe S. 32
Die Abgrenzung zwischen Telekommunikationsdienst gemäß § 3 Nr. 24 TKG und Teledienst gemäß § 2 Abs. 1 TDG lässt sich aber unmittelbar aus den einschlägigen Normen des TKG und des TDG ableiten: Das TKG gilt für den technischen Vorgang der Übertragung von Inhalten gelten,
539während sich das TDG auf die übertragenen Inhalte bezieht.
540So kommt gemäß § 3 Nr. 24 TKG das TKG für Vorgänge zur Anwendung, die ohne nach dem Inhalt zu unterscheiden anwendungsdiensteunabhängig die Übertragung der Nachrichten und die Verständigung zwischen Sender und Empfänger regeln.
541Gemäß § 2 Abs. 1 TDG bezieht sich das Teledienstegesetz hingegen auf
Vorgänge, welche anwendungsspezifisch Darstellung, Inhalt oder Anwendung der übertragenen Daten regeln.
542Bei diesen Inhalten handelt es sich um
Informationen oder Daten, die der Anbieter regelmäßig auf seinem Server bereithält.
543Betrachtet man den im technischen Teil beschriebenen Einwahlvorgang ins Internet,
544dann liegt der hauptsächliche Bezugspunkt darin, dass überhaupt eine Verbindung in das Internet zustande kommt und Daten übertragen und/oder abgerufen werden können: Der Nutzer (Client) ruft den
Internetzugangsknoten (Server) an, um mit dem Internet verbunden zu werden.
Die Dienstleistung des Access-Providers, die notwendigen technischen Voraussetzungen, insbesondere den Internetzugangsknoten, für die
Datenübertragung bereit zu stellen, ist Grundvoraussetzung, um den Nutzer zu ermöglichen, Teledienste, Mediendienste oder gegebenenfalls weitere
539 Telekommunikation ist gemäß § 3 Nr. 22 TKG der technische Vorgang des Aussendens, Übermittelns und Empfangens von Signalen mittels Telekommunikationsanlagen.
540 Siehe die Ausführungen auf S. 66 ff. Außerdem: OLG Hamburg, CR 2000, 363, 364;
Stögmüller in: Spindler, Vertragsrecht der Internet Provider, Teil II Rn. 95; Tettenborn, MMR 1999, 516, 518; Engel-Flechsig/Maennel/Tettenborn, NJW 1997, 2981, 2983; Gola/Müthlein, TDG/TDDSG, § 2 TDG, S. 109; Beck-IuKDG-Tettenborn, § 2 TDG Rn. 46; Eichhorn, Internet-Recht, S. 35/36/39 (Tabelle); Schmitz, TDDSG und das Recht auf informationelle
Selbstbestimmung, S. 70.
541 Schmitz, TDDSG und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, S. 75.
542 Schmitz, TDDSG und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, S. 75; Schmitz in:
Hoeren/Sieber, Teil 16.4 Rn. 24.
543 In § 2 Abs. 2 TDG findet sich der Beispielkatalog für Teledienste, worunter auch etwa Werbebanner als Angebote zur Information und Kommunikation im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 2 TDG fallen sollen (vgl. hierzu Pankoke, Von der Presse- zur Providerhaftung, S. 78 ff.).
544 Siehe S. 32.
Telekommunikationsdienste in Anspruch nehmen zu können. Diese
Bereitstellung erfolgt dementsprechend anwendungsdiensteunabhängig. Auch dem Access-Providing liegen Internet-Dienste zugrunde, die jedoch
unterschiedlich von dem angestrebten Einsatz des Nutzers sind. So kann die Bereitstellung eines Internetzugangs mit einer Datenübertragung mittels ftp, http, smtp genauso gut zusammenhängen wie mit der Ermöglichung des Internet-Chats mittels des Protokolls IRC.
545Der Dienst des Access-Providing wird ebenso wenig aufgrund der Vergabe einer IP-Adresse für den Einwahlvorgang zu einem Teledienst.
546Im IuKDG-Bericht der Bundesregierung
547sind zwar die IP-Adressen den Nutzungsdaten
548des § 6 TDDSG zugeordnet worden,
549und es wird des Weiteren die Auffassung vertreten, dass es sich bei der Vergabe einer IP-Adresse um einen Teledienst handelt.
550Richtigerweise besteht aber kein zwingender Zusammenhang zwischen IP-Adresse und Teledienst. Hiergegen spricht, dass die Vergabe von IP-Adressen in keiner Weise auf Teledienste begrenzt ist. Für die Nutzung des Internets bzw. von dessen Angeboten eine IP-Adresse notwendig,
551und zwar als unerlässliche Voraussetzung sogar bereits für den Aufbau einer Verbindung.
Es empfiehlt sich nicht, den Vorgang der Vergabe der IP-Adresse von dem Vorgang des Internet-Access „künstlich“ abzutrennen,
552da die Vorgänge des
„Internetzugangs“ und die „Vergabe der IP-Adresse“ vielmehr untrennbar
545 Siehe hierzu auch S. 75 ff. sowie das Bildbeispiel zur E-Mail-Kommunikation S. 63.
546 Vgl. auch Dix, DuD 2003, 234, 235; Heidrich, DuD 2003, 237, 237/238.
547 Bundestag-Drucksache 14/1191.
548 Nach Ansicht der Regierung handelt es sich bei Nutzungsdaten im Sinne des § 6 TDDSG um solche personenbezogenen Daten, die für die Nutzung der Netzinhalte notwendig sind oder damit im Zusammenhang stehen, z.B. IP-Adresse, Name Service, Routing. Diese seien jedoch nicht mit dem in § 5 TDSV geregelten Katalog der Verbindungsdaten deckungsgleich (siehe Bundestag-Drucksache 14/1191, S. 15).
549 Dadurch war geplant, eine klare Abgrenzung zwischen den Nutzungsdaten im Sinne des TDDSG und den Verbindungsdaten im Sinne der Telekommunikationsdatenschutzverordnung (TDSV) zu schaffen (siehe Bundestag-Drucksache 14/1191, S. 15).
550 Tettenborn, MMR 1999, 516, 518; Gola/Müthlein, TDG/TDDSG, § 2 TDG, S. 75/83; siehe auch Schmitz, TDDSG und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, S. 74;
551 Siehe S. 21 ff.
552 So aber auch: Holznagel/Kibele in: Hoeren/Sieber, Teil 5 (ab der 6. Ergänzungslieferung) Rn. 72 und Schaar, Datenschutz im Internet, Rn. 262.
miteinander verbunden sind.
553Der Internetzugang bzw. Access ist ein Telekommunikationsdienst und benötigt hierfür als unbedingte technische Voraussetzung IP-Nummern.
554Daher wäre es nicht folgerichtig, die Vergabe der IP-Adresse bzw. den Vorgang der Vergabe der IP-Adresse separat als Telekommunikationsdienst
555oder als Teledienst
556einzuordnen. Eine andere Beurteilung ergibt sich ebenso wenig aus den Ausführungen der Bundestag-Drucksache 14/1191.
557Hier wird zwar die Vergabe der IP-Adresse als Teledienst eingestuft. Aus dem
Gesamtzusammenhang ergibt sich aber, dass mit der Vergabe der IP-Adresse die Bereitstellung eines Internetzugangs den Access-Provider gemeint ist, und zwar in Abgrenzung zu demjenigen Provider, der die Telefonleitung bereitstellt.
Dort wird ausgeführt, dass für die Möglichkeit, im Internet zu surfen, neben dem Aufbau einer ständigen Verbindung über die Telefonleitung, die Vergabe einer IP-Adresse, (Domain-)Name-Service und Routing erforderlich ist. Dies bedeutet aber nichts anderes, als dass neben einem TK-Provider auch ein
Access-Provider erforderlich ist. Denn letzterer ist für die Vergabe der IP-Adresse als unerlässliche Voraussetzung des Internetzugangs „zuständig“.
553 Dies ändert natürlich nichts an der Tatsache, dass im Verhältnis zwischen einem Nutzer und einem Telediensteanbieter, etwa bei Zugriff auf eine Website, die IP-Adresse ebenso ein Nutzungsdatum gemäß § 6 TDDSG darstellen kann. Hier kann also keine pauschale
Einordnung als Verkehrsdatum im Sinne von § 3 Nr. 30 TKG oder Nutzungsdatum gemäß § 6 TDDSG vorgenommen werden.
554 Siehe Bundestag-Drucksache 14/1191, S. 7.
555 In diesem Sinne aber wohl Schmitz in: Hoeren/Sieber, Teil 16.4 Rn. 41; vgl. auch Holznagel, MMR 2003, 219 ff., der IP-Nummern als Nummer im Sinne von § 3 Nr. 10 TKG bewertet.
556 Vgl. aber Fröhle, Web Advertising, Nutzerprofile und Teledienstedatenschutz, S. 96;
Tettenborn, MMR 1999, 516, 518; siehe außerdem die Nachweise bei Schmitz in:
Hoeren/Sieber, Teil 16.4 Rn. 41 Fn. 2.
557 Siehe Bundestag-Drucksache 14/1191, S. 7.