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Übersetzung und Kommentar des Gebetszyklus

f. 1r1: 1. Subskription

Ich, Dmităr, ein Sünder, oh weh!

f. 1r2-17: 2. Gebet an den hl. Demetrios von Thessaloniki Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.

Ich besteige einen28 hohen Berg29 und rufe mit gewaltiger Stimme.30

Ich fessele das wilde Tier, und es wird mich hören der heilige Demetrios von Thessaloniki31 und zu mir sagen: „Wer

ist es, der das wilde Tier fesselt32? Ein Mensch ist es, der das wilde Tier33 fesselt, den Bären und die Bärin34, den Wolf und die Wölfin35, die Füchsin und das Füchslein36 mit Nadel und Zwirn, mit Feder37 und Blei?“

Und das Messer/Schwert im schwarzen Griff/Heft38 stecke ich in seine

28 Aufgrund der unbestimmten Form velikǫ; zu erwarten wäre eher „den“.

29 Die Anrufung des hl. Demetrius würde den Athosberg nahelegen. Wie der allgemeine Kontext scheint jedoch das Folgende eher für den hinter dem Katharinenkloster liegenden Mosesberg zu sprechen. Aufgrund der großen Ent-fernung zu Thessaloniki wird begreiflich, dass es einer gewaltigen Stimme bedarf, diese zu überbrücken. Vgl. auch Anm. 43 zur Bergpredigt (Rede von der wahren Gerechtigkeit: 5.1–7.29).

30 In Anlehnung an die Offenbarung des Johannes 18.2.

31 Der Märtyrer und Patron der kyrillomethodianischen Slavenmission Demetrios von Thessaloniki (†302/304, Ge-denktag 26. Oktober), vgl. BAutz 1975 (21990). Er war neben dem hl. Georg auch einer der Schutzpatrone der Kreuzzüge und gilt noch heute als Schutzheiliger der Soldaten, vgl. Roth 1993, 36.

32 SAvić (2019, 97, Anm. 12) weist hier auf Bestimmung 184 des Nomokanons im osl. Großen Euchologium (Treb-nik), die das Fesseln wilder Tiere verbietet.

33 Konkret würde die Nennung des Bären den Sinai als Schauplatz der Entstehung des Zyklus wahrscheinlich aus-schließen, jedoch scheint hier eher eine allegorische Deutung angebracht: Der Bär wird in der christlichen Traditi-on zum Sinnbild des Unheimlichen und Bösen. Füchse gelten in der Bibel als Verwüster der Weinberge (Hld 2.15) und versinnbildlichen die falschen Propheten (Ez 13.4). Auch Herodes wird von Jesus als Fuchs bezeichnet. Der Wolf wiederum symbolisiert die Bedrohung, denn Jesus sagte zu seinen Jüngern: „Seht, ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe; seid daher klug wie die Schlangen und arglos wie die Tauben!“ (Mt 10.16), vgl. LuRkeR 1973, 37–38, 110–111, 199–201, 357.

34 Der letzte Bär in Palästina wurde in den 1930er Jahren erlegt. Im Buch der Sprüche symbolisiert der Bär einen gottlosen Herrscher und sein Brummen großen Unmut (Am 5.19; Spr2 8.15; Jes 59.11). Eine ihrer Jungen beraubte Bärin ist der Inbegriff gefährlichen Zorns. Als Held gilt ein Mensch, der sich wie David rühmen kann, einen Bären bezwungen zu haben (2 Kön 2.24). Die Gefahr einer direkten Begegnung mit dem Bären spiegelt die Klage, Gott selbst habe dem Beter wie ein Bär aufgelauert (Klgl 3.10), vgl. schRoeR 2010, 90–91.

35 Zu denken ist an die Wölfin als Symbol Roms und falsche Propheten als „Wölfe in Schafspelzen“ (Mt 7.15).

Aufgrund der späteren Nennung Gregors (des Großen) sowie der wahrscheinlichen Anspielung auf dessen legen-däre Vision des Erzengels Michael über dem Hadriansmausoleum denkt man unwillkürlich an Peter Damianis Charakteristik Papst Gregors VII., der letzteren durchaus anerkennend „Heiliger Satan“, „Zuchtrute Gottes“ und

„Höllenbrand“ nannte und ihn mit dem Tiger, Löwen und reißenden Wolf verglich, vgl. Anm. 40. Die weibliche Form versinnbildlicht wohl indirekt die päpstliche Kurie (und damit gem. Off. 17.3 als scharlachrotes Untier die verfolgende Rolle der Römischen Kirche).

36 Der Fuchs gilt in der Bibel als Verwüster der Weinstöcke und Liebhaber reifer Trauben, siehe das Hohelied: „Fangt uns die Füchse, die kleinen Füchse, die Weinbergverwüster, denn unsere Weinberge stehen im Saft!“ (Hld 2.1).

Ähnlich wie in der ägyptischen Liebeslyrik symbolisiert der Fuchs auch in der christlichen Tradition einen Lust-molch und Schürzenjäger, der angebunden werden soll, vgl. schRoeR 2010, 102–103.

37 trьstь, d.h. die Schreibfeder, Kalamos. Im Verein mit den übrigen Utensilien spricht dies deutlich für eine übertra-gene Deutung, i.e., den Kampf mit der Waffe der Feder, Nadel und Zwirn beziehen sich offenbar auf die Herstel-lung der Lagen und ihre Verbindung zum Buch, während das Blei nicht für Texttinte (damals meist aus einer Eisen-Gallus-Lösung), sondern entweder für rote Auszeichnungstinte (Minium, i.e. Bleioxid), das Siegel von Bleibullen (vgl. dann f. 2r13) oder ein Instrument zur Liniierung, also eine Art Lineal bzw. einen Stilus zum Auszeichnen, steht. SAvić (2019, 98) meint, die Stelle sei allzu schlecht lesbar, als dass man mit Sicherheit von trьstь ausgehen könne, weshalb auch andere Lösungen wie „Gewicht“ (tęžestь) denkbar wären. Dem muss jedoch widersprochen werden.

38 Von črěnъ, eig. „Henkel“, daher unter Berücksichtigung erhaltener Parallelen zu der alliterativen Wendung eher

„im schwarzen Griff/Heft“. Der L sg -u könnte zwar auch ein altes u-Stammrelikt darstellen, doch wird man mit

Scheide; und bis ich das Messer/Schwert aus der Scheide ziehe,39 möge sich der Wolf nicht wieder losreißen40.

f. 1r18-25: 3. Epilog

Das aber schrieb ich, doch sie wissen nicht wann (?41) ...

Zu / In (=Am Tag / Im Heiligtum) der hl. Maria42

f. 1r20-25: 4. Griechisch-lateinisch-glagolitisches Abecedarium f. 2r2-13: 5. Gebet zu Jesus Christus43 gegen den Wolf

Rücksicht auf das folgende ꙋ свто мр[ѭ] f. 1r19 und die vergleichbare Phrase ножь ꙋ рьнѣ рѣнѣ in einer späteren serbischen Hs. aus dem Raum Prilep eher an das Štokavische denken, vgl. KovAčević 1878, 278, der in Anm. 3 hinzufügt: „Crnokorcem nožem i sad se često baje u Srba”. Derartige Phrasen sind auch belegt im Rečnik SKJ 6, 824 (sub црнòкорац). Interessanterweise ist unsere enthalten in einem kurzen paraliturgischen Gebet zur Vertreibung eines Hundes oder Wolfs (Ml. otь běsna psa ili otь vlkь), das Demetrius in vergleichbarer Gestalt als eine seiner Quellen gedient haben mag. Das Lexem ist darüber hinaus russ.-ksl. belegt bei Miklosich 1125 („ma-nubrium“) und liegt heute im Bulgarischen und BKS nur mit anlautendem cr- vor, während čr- auf das Slovenische beschränkt ist, vgl. u.a. BezlAJ 1, 87 („ročaj pri nožu, vilicah“), Skok 1, 273 („držak u noža, svrdla“), vAsMeR -tRuBAčev IV/1973, 340 (sub čeren I – „čerenok, lemech“). Was die Farbe schwarz angeht, siehe den Gegensatz zur roten Farbe Roms oben in Anm. 35.

39 Vgl. oben unter Kap. V.1.4. zur Wirkung des Schwerts in Heilritualen. In der einzigen vergleichbaren Stelle Joh 18.11 (vъnьzi nožь vъ nožьnicę) kombinieren die aksl. Quellen (Zogr, Mar, Ass u.a.) das Verb mit nožьnicę im Gegensatz zu kapi in unserem Text. Zum Topos vgl. auch die römische Gregorlegende (in der 3. Vita Gregors von Johannes Diaconus und später über die Legenda aurea weit verbreitet), in der erzählt wird (vgl. oben unter 2.), Gregor habe die Bewohner Roms zu einer Prozession zu Ehren der Gottesmutter aufgerufen, weil die Pest in Itali-en wütete, und sei mit der MariItali-enikone in HändItali-en zum Hadriansmausoleum gezogItali-en. Da erschiItali-en der hl. ErzItali-engel Michael über dem Mausoleum und steckte das Schwert des göttlichen Zorns in die Scheide, um das Ende der Pest anzuzeigen. Seit jenem Tag wird das Mausoleum Engelsburg genannt. Siehe AltAneR & stuiBeR 1978, 466–473;

RichARds, GeRWinG et al. 1989; Rädle 1990, 113–117; heRBeRs 2002, 114–134; MiklAs, GAu, hüRneR 2016, 59ff.

und die bebilderte Darstellung bei schäFeR 2020.

40 Hier wie auch im 2. Gebet dürfte sich hinter dem „Wolf“ Papst Gregor VII. verbergen, der von seinem Anhänger und Mitstreiter Peter Damiani u.a. mit dem reißenden Wolf verglichen wurde, vgl. oben unter V.1.2. und Anm.

35. Sollte dies zutreffen, so müsste sich die Stelle auf die Zeit von Gregors Rückzug vor Kaiser Heinrich IV. ins Hadriansmausoleum (1083–84) beziehen. Zu Gregor VII. (Hildebrand von Soana, *um 1020, † 25. Mai 1085, Papst 1073–85) siehe u.a. lAu 1845, 38–39 und GelMi 1989, 100–103. In den Büchern der Propheten wird der reißende Wolf häufig zum Sinnbild für Fürsten, Richter und Propheten, die ihre Ämter missbrauchen (Mt 7.15, Ez 22.27, Zef 3.3), vgl. schRoeR 2010, 101.

41 Ansonsten wäre noch koliž-… (am ehesten mit -dy) denkbar, was dann als „wie oft/lang“ gedeutet werden könnte.

Im übertragenen Sinn wäre auch „weshalb“ denkbar.

42 SAvić 2019, 98 übersetzt: „A pisah ovo, no ne znaju, kada […] u Svetu Mariju.“ Obwohl der Kontext eher für eine temporale Deutung spricht, lässt sich auch die lokale nicht ausschließen. Sicher nicht gemeint ist die Interj. u mit Vokativ (bei der man im Anschluss ein gore oder dgl. erwarten würde), sondern die volkssprachliche Konstruktion Präp. u (vъ) + Lok. Im ersten Falle bezöge sich dies am ehesten auf den 25. März (Verkündigung Mariae) oder den 15. August (Mariae Entschlafung), im letzteren am ehesten auf das Katharinen-Kloster, welches damals noch unter dem ursprünglichen Namen der hl. Jungfrau vom brennenden Dornbusch (Παναγία του Βάτου) bekannt war.

Für die westliche Provenienz des Verfassers spricht die Bezeichnung der Gottesmutter mit ihrem Namen anstatt als Bogorodica (Theotokos). Dies verbindet die Stelle mit dem Gebet zu Mariae Verkündigung, das Demetrius auf der ersten Seite der Kiever Blätter (im Anschluss an die Apostellesung zur Tyrophagie) nachtrug und das schon jAgić (1890, 57–58) aus dem sog. Gregor-Sakramentar herleitete.

43 Aufgrund der Lokalität wird man unwillkürlich an das sog. Jesusgebet erinnert, als dessen Geburtsstätte das Sinai-Kloster gilt und dessen Anfänge in enger Verbindung mit der Region Ägypten-Gaza-Sinai stehen. So versuchten die ersten Mönche, dem biblischen Gebot zu Wachsamkeit und ständigem Gebet durch beharrliche Wiederholung kurzer Stoßgebete nachzukommen. Dazu zählten auch die an Jesus gerichteten, mit der Bitte um Erbarmen ver-knüpften Gebete aus den Evangelien, die bis heute seine Bestandteile sind. Bedeutung hat das Jesusgebet vor allem für den von Johannes Hesychastes (454–559) begründeten Hesychasmus, dessen Ideal das Erreichen der Hesychia, des inneren Schweigens und aufmerksamen Hörens auf Gott war. Dabei gelten Selbstdisziplin, Befolgung der Gebote und Sorglosigkeit im Sinne der Bergpredigt als Voraussetzungen für die geistige Wachsamkeit und das innere Schweigen, die den Betenden für die Stimme Gottes öffnen sollen, vgl. tiBi 2008, 5–6. Mit der Bezeichnung

Gebet über den Wolf, damit er nicht ins Gehege44 eindringt.

Herr, Jesus Christus, unser Gott, und heiliger Tarsier45. Gott, der Du verschlossen hast46 das Maul des

Löwen47. Über dem Propheten Daniel48 und über der Thekla49. Verschließe50 Du auch das Maul der Wölfe und der wilden Hunde, damit sie nicht ins

Gehege eindringen und dem Vieh Deines Dieners N.N. Schaden zufügen, jetzt und immerdar und in Ewigkeit, amen.

Siegel, Gabe des hl. Geistes51.

„Bergpredigt“ (Mt 5.1–2: „Als Jesus die vielen Menschen sah, stieg er auf einen Berg. Er setzte sich, und seine Jünger traten zu ihm.Dann begann er zu reden und lehrte sie.“) betonte der Apostel die grundlegende Bedeutung seiner Lehre durch einen Vergleich mit dem Sinai-Berg, wo Moses von Gott die Tora empfing (Ex 19) und an die Israeliten als Gottes Willen weiterreichte, vgl. u.a. klAusneR 1952, 534; FlusseR 1968, 43f.

44 Wie in Zeile 10 košarǫ, eigentlich „Pferch“, wohl wieder übertragen gemeint als geistliche (Mönchs- oder Kir-chen-) Gemeinde bzw. deren Behausung. Bemerkenswerter Weise findet sich unter den Bedeutungen des Worts auch das in volkstümlichen Rätseln vorkommende „crkva“ (RSK 10, 363).

45 tARnAnidis 1988, 93 liest Tara/sii, und auch SAvić 2019, 99 vermutet hinter Tarъ/sii den hl. Patr. Tarasios von K/

pel (ca. 730–25.II.806; Patr. vom 25. Dez. 784 bis zum Tode; Gedenktag jul. 25. Febr., greg. 10. März), was aber nicht in den Kontext passt. Gemeint ist vielmehr Paulus (Saulus) von Tarsus in Kilikien († nach 60, eventuell in Rom; Gedenktag 29. Juni, zusammen mit Petrus), Schutzpatron der Theologen und Seelsorger, Weber, Zeltwirker, Korbmacher, Seiler, Sattler etc. Er wird als Heiliger angerufen für Regen und Fruchtbarkeit der Felder und gegen Furcht, Ohrenleiden, Krämpfe und Schlangenbiss. Da aber auch David als Tarsier bezeichnet wird, könnte sich die Stelle auf beide beziehen.

46 hüRneR 2010, 383 übersetzt zunächst: „Gott, der Du (uns) ein Zeichen gabst durch das Maul des Löwen. Über den Propheten Daniel und über die Thekla“, doch deutet die Parallelität des Satzes mit dem folgenden eher auf die obi-ge Übersetzung, zu welcher vgl. Dan 6.16–22. SAvić 2019, 99 verweist zu Recht auf die altertümliche, ansonsten nur in den Codd. Zographensis und Marianus (unter Mt 27.66 anstelle von zapečatьlěti) belegte Bedeutung des in beiden Fällen verwendeten Verbs znamenati.

47 Der Löwe gilt in der biblischen Tradition als Symbol für königliche Macht, Gefahr, Teufel (1 Petr 5.8) und Hölle („Rachen des Löwen“), zugleich aber auch die schützende Kraft Gottes. Jesus wird als „Löwe aus dem Stamme Juda“ (Offb 5.5) bezeichnet. Der Löwe, der mit dem Schweif seine Spuren verwischt, ist Sinnbild für die geheim-nisvolle Herkunft Jesu, Menschwerdung Gottes und Symbol der Auferstehung (vgl. nur den Artikel P. Riedes von 2010 im Lexikon für Bibelwissenschaft unter https://www.bibelwissenschaft.de/stichwort/25081/).

48 Im Gegensatz zum Judentum erachtet das Christentum den Protagonisten des sog. Daniel-Buches als Propheten (Dan 2.24f.).

49 Die hl. Thekla (hier stellvertretend für das NT; Gedenktag 23./orthodox 24. September) ist eine Protomärtyrin mit den Attributen Löwe, wilden Tieren im Allgemeinen und dem Scheiterhaufen. Der Legende nach folgte die vornehme Jungfrau aus Ikonion (heute Konya) nach ihrer Bekehrung zum Christentum dem Apostel Paulus nach Antiochia, wurde deshalb von ihrer Familie und ihrem Bräutigam verstoßen bzw. als Christin denunziert und vor ihrer Hinrichtung durch ein Wunder vor den wilden Tieren und dem Flammentod gerettet, vgl. WesselinG 1996, 806–814; schlAu 1877, 10ff. Die ksl. Übersetzung dieser Apokryphe erfolgte an der Wende des 10./11. Jh.s in Bulgarien. Die älteste, in russ. Redaktion erhaltene Version stammt aus dem 11. Jh., vgl. kAtičić 1999, 484.

50 Tъi znamena (das SAvić 2019, 99 mit On zapečati übersetzt) ist wohl Kopierfehler für Imperativ Tъi znamenai, weil der Aorist hier wenig Sinn ergibt.

51 Die Schlussformel (die theoretisch wegen der Ambivalenz von darъ mit SAvić 2019, 99 auch als „Siegel der Gaben

…“ wiedergegeben werden könnte) nimmt Bezug auf die obige Danielstelle, dient hier aber wohl der Firmung bzw. Konfirmation (entsprechend Eph 1.13: „Durch ihn habt auch ihr das Wort der Wahrheit gehört, das Evange-lium von eurer Rettung; durch ihn habt ihr das Siegel des verheißenen Heiligen Geistes empfangen, als ihr den Glauben annahmt.“ Ebenso Apg 19.6: „Und als Paulus die Hände auf sie legte, kam der Heilige Geist auf sie, und sie redeten in Zungen und weissagten.“ Und Apg 28.8: „Es geschah aber, dass der Vater des Publius am Fieber

f. 2r14-20: 6. Gebet an den Herrn Erbarme Dich, Herr, dieser Häuser und ihres Viehs, Tag und Nacht, und

beschütze durch den hl. Gregor52 und die Gottesmutter die Armen und Lahmen

und ihre Habe53,

wir bitten Dich, Herr, und die Kinder

f. 3r14-21: 7. Gebet an den Herrn (Fortsetzung) mit Kreuzesgebet und das Vieh. Zieh’ die Jugend auf54 und erziehe

sie und tröste die Kinder. Den Religiösen ist das Kreuz die Hilfe55. Dieses Kreuz ist

die Rettung der Wahrhaftigen, der Vertreiber der Teufel. Das Kreuz

(ist) der Führer der Blinden und der Dämonen ganze (?)…

f. 34v1-3: 8. Liturgische Anweisung

In der 1. Nachtstunde56 bete: Alleluja, 7. Ton.

Vers (Ps. 142): „Herr erhöre…“ bis „dass“ (und) „denn ich bin Dein Knecht.“ Durch die Gebete… (?)

f. 140r13-23: 9. Gebet des hl. Gregor zu Jesus Christus57 (Gebet) Gregors. Christus,

ich bitte Dich58, zum Grabe zu kommen, um Lazarus

und an der Ruhr darnieder lag. Zu dem ging Paulus hinein und betete und legte die Hände auf ihn und machte ihn gesund.“), die damals wohl noch nicht als Sakrament galt, sondern als Apostolische Handauflegung oder Versie-gelung durch Handauflegung, Salbung der Stirn mit Chrisma (Myronsalbung) und Gebet gespendet wurde.

52 Papst Gregor I. d. Gr. (*um 540 in Rom; † 12. März 604, Papst ab 590, Gedenktag 3. Sept., urspr. 12. März), der im Zusammenhang steht mit der Gottesmutter, Armen und Besitz; cf. allg. BAutz 1976 (1990). Er war über seine Vita (10. Jh., vgl. zuletzt MiRčevA 2020), die Übersetzung seiner Evangelienhomilien (Besědy, wohl Mitte des 11. Jh.s in Sázava übertragen) und die Erzählungen über das ital. Mönchsleben (Dialoge, Rimskij paterik) den der kyril-lomethodianischen Tradition verbundenen Slaven als Persönlichkeit und Autor schon im 10./11. Jh. wohlbekannt, siehe stAnkovskA 2013. Vgl. auch Anm. 12.

53 Eig. ihr Einkommen, G.sg. von dobyvanije, aksl. bisher nur dobytъkъ belegt; in den modernen ssl. Sprachen u.a.

im Bulgarischen als dobivane und Slowenischen als dobivanje erhalten. Vgl. auch sAvić 2019, 100/Anm. 18.

54 Bisher nur pěstovati belegt, hier vъ-.

55 Vielleicht ein Bezug zum Amalfiter-Kreuz, das Gérard Tonque für seinen Johanniter bzw. Hospitaller-Orden ange-nommen hatte, vgl. nur allg. zu dessen Hospiz am Kloster der S. Maria Latina in Jerusalem MAyeR 1977. Sicher-lich zu weit hergeholt wäre dagegen die Deutung eines Zusammenhangs mit dem Kreuz des Ivan Vladimir, das seit dessen Ermordung in Prespa 1016 besondere Verehrung genießt. Allgemein ist natürlich zu verweisen auf die paraliturgische Tradition der sog. Pochvala čęstnomu kr’stu, wozu vergleiche u.a. tRiFunović 1974, 152–153 (der zitierte Text weicht freilich ab), der auch auf die Urquelle desselben hinweist: den Kreuzeskanon, Akathistoshym-nus sowie Ps. 67. In den Hss. oft gesondert als „Kreuzesgebet“.

56 Die Stelle ist schwer leserlich; nicht undenkbar wäre auch der Zusammenhang mit dem vorangehenden vse(-), was dann soviel wie „jegliche Nacht“ hieße. Dafür spräche der N. sg. noštь, dagegen die (allerdings nur schwach sichtbaren) Punkte vor und nach .a., der Abstand vom Vorhergehenden sowie die Form vseč’sk-, in der eher Jat zu erwarten wäre. Nun war es zwar üblich, das Alleluja in der 1. Nachtstunde zu rezitieren, jedoch im Anschluss an den Psalmenvers. Heute gehört Ps. 142 zum Abendgottesdienst der 28. und 34. Woche; der Echos (Modus) weist auf die Zeit zu oder nach Ostern hin, vgl. onAsch 1981, 149f. (Halleluja) u. 285–289 (Oktoechos).

57 Zu diesem Exzerpt auf lateinischer Grundlage siehe oben im Text!

58 Freie Wiedergabe: molęštǫ hätte von Demetrius an den Kontext angepasst werden müssen, doch behielt er den A.

sg. f. des Partizipiums aus seiner Vorlage bei.

zu erwecken59. Und (wie) Du ihn erweckt hast,

f. 140v1-9: 10. Gebet zu Jesus Christus (Fortsetzung) über die Vergebung der Sünden in der Stunde des Todes

„Kommt, gesegnet (von) meinem

Vater!“61 Und sei sanft zu mir und barmherzig, so wie Du warst zur Hure

im Hause Simons des Leprakranken62 Lass’ durch meine Augen Tränen

fließen, so wie Du sie dieser mit Tränen fülltest,

die Deine Füße wusch und mit (ihrem) Haar trocknete63 und die Du in Frieden ziehen ließest64!

Ich bete zu Dir, Herr Jesus Christus, Allmächtiger, damit Du mich von allen meinen

Sünden erlöst, bevor ich sterbe und damit sich nicht freue

über mich mein Feind!65 Und ich bete zu Dir, hl. Petrus, der Du hältst

59 Joh 11.11–44.

60 Für ut merear esse ad dextram (tuam) mit übertragener Bedeutung von postignǫti, vgl. Belege für stati plus o desnojǫ im SJS (2, 475sq. sub desnъ, wo zuerst eine Stelle aus der Vita Methodii, c. 17 / lAvRov 1930, 78/29: da…

stanem … o desnuju stranu christosa boga našego –, dann die Psalterstelle 108.31 – jako sta o desnojǫ oubogaago – zitiert ist). Zu Konstruktionen von postignǫti mit Infinitiv siehe SJS 3, 199 (Beispiele primär aus dem Parömien-buch und den Besědy Gregors).

61 Eigentlich „Ihr Gesegneten meines Vaters“, vgl. Mt 25.34.

62 Siehe Lk 7.36–50 und Joh 12.1sqq., worin Jesus am Festmahl im Haus von Simon dem Aussätzigen teilnahm und viele Leute kamen, um den Geretteten zu sehen. Dabei nahm eine (nicht namentlich genannte) Sünderin eine Sal-be, salbte Jesus die Füße und trocknete sie mit ihrem Haar (Lk 7.38; zur aksl. Übers. siehe im Originaltext). Die Stelle erinnert an Gregors bekannte Predigt von 591, worin er (in Anschluss an Hippolytus [† 235]) die Sünderin mit Maria von Magdala identifizierte. Diese Identifikation wurde Teil der katholischen Tradition um Maria Mag-dalena, in der diese auch mit Maria von Bethanien, der Schwester Marthas und Lazarus’ gleichgesetzt wird. In der Folge wurde die „Sünderin“ als Hure interpretiert, was ihr bis heute anhaftet (vgl. etwa https://www.thewholestory.

de/de/die-geschichte-der-sunderin-die-jesu-fuse-salbte/). Vgl. noRdsieck 2014 und den Kommentar von vePřek 2013b/1, 15–16 u. 31.

63 Mt 26.6–7, Mk 14.3, Lk 7.37, Joh 11.2, 12.3.

64 Lk 7.50. J. Reinhart schlug vor, die Stelle zu übersetzen als „Und er vergab ihr“, was jedoch nicht im Einklang steht mit der vorausgehenden Imperativ-Konstruktion und auch von der liturgischen Terminologie abweicht, die otpust- und otpustiti im Sinne der „Entlassung“ (lat. dimissio, gr. ἀπόλυσις) kennt, während für „vergeben“ andere Wörter zur Verfügung stehen. Dennoch wäre diese Übersetzung möglich, da otpuštenije auch im Sinne von „Ver-gebung“ vorkommt (vgl. u.a. theissen 2001, 414) und die beschriebene Handlung zum Zeitpunkt der Anrufung be-reits vergangen ist. Die lateinische Basis enthält jedoch dimisisti in pace und ist eindeutig (vePřek 2013/2, 125/9–

10). Zusammen mit der folgenden Anrufung des Petrus erinnert die Stelle an das in den Euchologien verankerte Bußritual иⷩ наⷣ исповѣдѣѭщиимь сѧ (EuchSin ff. 66v-80r, vgl. nAhtiGAl 1942, 177); CiBRAnSkA-koStovA 2012 bringt weitere Belege mit Varianten aus späteren Dmm. (Inc. Г бе нашь давы сльꙁам петров  блѹдьнц

ѿпѹщенѥ грѣховь cod. Dečani 67, f. 46r; Г бе нашь давы петров сльꙁам покаꙗнѥ  блѫднѣ ѿданѥ грѣхомь, Zajkovski Trebnik, f. 40r).

65 Sir 23.3.

die Schlüssel zum Himmelreich66,

damit du mich von meinen irdischen Sünden

erlöst! Und gib mir, Herr, Jesus Christus, Kraft vom Himmel, um den Teufel zu bezwingen,

der mich erregt und mit mir kämpft.

Ich bete zu allen heiligen

f. 144r1-24: 12. Gebet zu Jesus Christus über die Vergebung der Sünden in der Stunde des Todes (Schluss)

zu allen Bekennern und Fastern

zu allen Bekennern und Fastern