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Die Schule plant rechtzeitig die Wiedereingliederung“ Begründung Artikel 28 Absatz 6 VSG wurde im September 2001 vom Grossen Rat beschlossen

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M 238/2006 M 10/2007 I 213/2006

ERZ ERZ ERZ

8. August 2007 ERZ C

Motion 316 Bregulla-Schafroth, Thun (Grüne)

Weitere Unterschriften: 15 Eingereicht am: 20.11.2006

Professionelle Begleitung bei Schulausschluss

Änderung von Artikel 28, Absatz 6 des Volksschulgesetzes

Der Regierungsrat wird aufgefordert, Artikel 28 Absatz 6 VSG folgendermassen zu ändern:

„Bei einem Ausschluss sorgen Fachstellen auf Antrag von Schulbehörden und in Zusammenarbeit mit den Eltern für eine angemessene Betreuung und Beschäftigung. Die Schule plant rechtzeitig die Wiedereingliederung“

Begründung

Artikel 28 Absatz 6 VSG wurde im September 2001 vom Grossen Rat beschlossen.

Während fünf Jahren sind inzwischen Erfahrungen gesammelt worden.

Es hat sich gezeigt, dass die vorgesehenen Massnahmen nur teilweise durchgeführt werden oder überhaupt nicht möglich sind.

Ein umfangreicher Projektbericht von Dr.Tina Hascher (UNI Bern, Jan.05) 1 zeigt zudem auf, warum die im geltenden VSG festgesetzte Regelung nicht adäquat ist. Auch persönliche Beobachtungen und Erfahrungen haben ergeben, dass die kritischen Einwände, welche schon bei der Festsetzung dieses Abschnitts vor 6 Jahren geäussert wurden, leider sehr berechtigt waren, und dass die Anwendung zu fragwürdigen Resultaten führen kann.

Vom Schulunterricht ausgeschlossen werden wesentlich mehr Jungen als Mädchen, die Ausschlüsse erfolgen vor allem auf der Oberstufe in Real- oder Kleinklassen. Die Gründe für den Ausschluss sind mannigfaltig.

Meistens handelt es sich um ein Zusammenwirken von verschiedenen Schwierigkeiten während Jahren: ungelöste Lernprobleme, Motivationsstörungen, Integrationsprobleme, familiäre Schwierigkeiten etc.

Nicht selten wird der Ausschluss bei Neuntklässlern nach den Frühlingsferien ausgesprochen, was de facto eine Verkürzung der Schulzeit um ein Viertel Jahr zur Folge hat. Für diese jungen Leute kann keine Rede sein vom Ziel einer Wiedereingliederung. Im Gegenteil, mit der vorzeitigen Ausschulung verschlechtern sich auch noch die ohnehin geringen Aussichten auf eine berufliche Zukunft. Zudem ist es eine Tatsache, dass die

1 Tina Hascher, Christine Knauss, Kathrin Hersberger: Retrospektive Evaluation der Massnahme „Unerrichtsausschluss gemäss Art.28 VSG“, Projektbericht Universität Bern, Sekundarlehramt/Forschungsstelle für Schulpädagogik und Fachdidaktik, Januar 2005

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Eltern, welchen nach Gesetz die Verantwortung für eine „angemessene Beschäftigung“

auferlegt wird, in den allermeisten Fällen selber unter Problemen leiden und (schon lange) mit der Erziehung ihres Kindes überfordert sind. Der Einbezug von Fachstellen liegt im Ermessen der Schule oder der Behörde. Nicht selten wird zu lange gewartet, weil man dieses Problem selber “in den Griff“ bekommen will – und damit wächst die Gefahr der Eskalation einer bereits sehr schwierigen Situation.

Diese Extremsituationen könnten zumindest wesentlich entschärft werden, wenn die Zuständigkeiten in Artikel 28.6 VSG verändert würden.

Mit der neuen Formulierung werden die Fachstellen in den Vordergrund des Handelns gerückt. Die Eltern sollen beigezogen werden und im Rahmen ihrer Möglichkeiten ihr Kind unterstützen. Aber sie werden entlastet von einer Pflicht, die sie im Normalfall nicht selber erfüllen können.

Schulleitung und Behörden können schneller als bisher Fachpersonen beiziehen, wodurch auch die Lehrpersonen entlastet werden.

Es wird Dringlichkeit verlangt. Abgelehnt: 23.11.2006

M 010/2007 ERZ

Motion Moeschler, Biel (SP-JUSO)

Weitere Unterschriften: 16 Eingereicht am: 22.01.2007

Betreuungsstrukturen für vom Unterricht ausgeschlossene SchülerInnen Die Regierung wird beauftragt,

1. die Umsetzung von Artikel 28 Absatz 5 VSG zu beurteilen und gegebenenfalls andere Massnahmen vorzuschlagen, um den Lehrkräften zu helfen, die zunehmenden Konflikte in den Schulhäusern und deren Umgebung unter Kontrolle zu bringen

2. Betreuungsstrukturen für Kinder zu schaffen, die gemäss Artikel 28 Absatz 5 VSG vom Unterricht ausgeschlossen sind, damit die Zeit des Ausschlusses für die Wiedereingliederung in den Unterricht genutzt werden kann

3. die Rolle der Jugendfachstellen bezüglich der vom Unterricht ausgeschlossenen Kinder zu präzisieren

4. in den Jugendschutzstellen das Personal, das zur Behandlung der Meldungen im Zusammenhang mit dem Vollzug von Artikel 28 VSG erforderlich ist, vorzusehen 5. alle erforderlichen Massnahmen zu treffen, damit in den Fachinstitutionen, die den

Jugendschutzstellen im Hinblick auf die Platzierung junger Menschen in Not zur Verfügung stehen, genügend Betreuungsplätze vorhanden sind

Begründung:

Lehrkräfte haben oft das Gefühl, dass sich das Klima an den Schulen von Jahr zu Jahr verschlechtert. Sie fühlen sich machtlos und sind der Meinung, dass die Mittel fehlen, um sich bei einigen Schülerinnen und Schülern den nötigen Respekt zu verschaffen und bei diesen eine Einstellung zu schaffen, die den Lernprozess und das gemeinschaftliche Leben begünstigt. Die Schulkommissionen sind ziemlich verzweifelt, da die Umsetzung von Artikel 28 Absatz 5 des Volksschulgesetzes2, der 2002 eingeführt wurde, zu

2 Art. 28 Abs. 5 VSG: Schülerinnen und Schüler, welche durch ihr Verhalten den ordentlichen Schulbetrieb erheblich beeinträchtigen, können von der Schulkommission während höchstens zwölf Schulwochen pro Schuljahr teilweise oder vollständig vom Unterricht ausgeschlossen werden.

[Eingefügt am 5. 9. 2001]

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schwerwiegenden Problemen führt. Fast fünf Jahre nach seiner Einführung ist es nun an der Zeit, eine erste Bilanz zu ziehen.

Die Möglichkeit, Schülerinnen und Schüler mit inakzeptablem Verhalten vom Unterricht auszuschliessen, wurde mit dem Ziel geschaffen, die Klasse vor Störungen zu schützen.

Verschiedene Kreise forderten im Rahmen der Vernehmlassung, dass die Interessen der bestraften Schülerinnen und Schüler ebenfalls zu berücksichtigen und sie nicht einfach ihren Eltern zu überlassen sind. Die Realität zeigt nämlich, dass die Eltern sehr oft mit der Situation und dem Verhalten ihres Kindes überfordert sind. Mit dem Ausschluss vom Unterricht wird so oft genau das Gegenteil erreicht. Der bestrafte Schüler fühlt sich frei, geniesst die freien Wochen, die also nicht für irgendwelche persönlichen Entwicklungen genutzt werden, und hält sich auf dem Pausenplatz auf, um seine Mitschülerinnen und Mitschüler zu verspotten. Die erhoffte abschreckende Wirkung wird so auf jeden Fall nicht erzielt.

Die Schulkommissionen und die Lehrkräfte sind der Ansicht, dass ein Ausschluss möglich sein soll, wenn gewisse Schülerinnen und Schüler den Unterricht beeinträchtigen. Doch es fehlen die entsprechenden Betreuungsstrukturen, die es erlauben, aus dieser extremen und ausserordentlichen Massnahme einen Nutzen zu ziehen. Sie sollten zusammen mit den betroffenen Schülerinnen und Schülern eine Situationsanalyse ermöglichen, um ihnen zu helfen, unter den besten Voraussetzungen wieder in die Schule zurückzufinden, und um die Lehrkräfte zu entlasten.

Sehr oft werden die Jugendschutzfachstellen mittels einer entsprechenden Meldung beigezogen. Doch auch diese Fachstellen sind machtlos und können nicht rasch reagieren. Weder ihre Strukturen noch ihr Betrieb sind für diese Situationen wirklich geeignet. Bei Schülerinnen und Schülern, die selbst in Not sind, wird versucht, sie in spezialisierten Institutionen unterzubringen. Insbesondere im französischsprachigen Kantonsteil fehlt es an Betreuungsplätzen. Sie reichen nicht einmal aus, um den Bedarf der Kinder, die nicht von Artikel 28 VSG betroffen sind, zu decken.

I 213/2006 ERZ

Interpellation Renggli, Biel (FDP)

Weitere Unterschriften: 0 Eingereicht am: 13.09.2006

Disziplinarmassnahmen an den Schulen – eine Illusion?

Heute muss man leider feststellen, dass die disziplinarischen Massnahmen an den Bieler Schulen, namentlich an den französischsprachigen Schulen, mangels geeigneter Strukturen nicht wirksam umgesetzt oder angeordnet werden können.

Als Beispiel werden in der Anlage sechs Fälle aufgeführt, die die französischsprachige Sekundarschulkommission in den letzten drei Jahren behandelt hat und die aufzeigen, dass die Betreuung von Schülerinnen und Schülern, die vom Unterricht ausgeschlossen wurden, nicht befriedigend sichergestellt ist.

Artikel 28 des Volksschulgesetzes sieht vor, dass Schülerinnen und Schüler, die durch ihr Verhalten den ordentlichen Schulbetrieb erheblich beeinträchtigen, von der Schulkommission während höchstens zwölf Schulwochen pro Schuljahr teilweise oder vollständig vom Unterricht ausgeschlossen werden können. Bei einem Ausschluss sorgen die Eltern nötigenfalls unter Beizug von Fachstellen und mit Hilfe der Schulbehörde für eine angemessene Beschäftigung. Die Schule plant rechtzeitig die Wiedereingliederung.

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Leider ist an den Bieler Schulen festzustellen, dass diejenigen Schülerinnen und Schüler, die vom Unterricht ausgeschlossen sind, keiner angemessenen Beschäftigung nachgehen, wie dies vom Gesetz eigentlich vorgesehen wäre. Im Gegenteil, sie geniessen ihre Freizeit und kommen sogar zur Schule, um ihre Schulkolleginnen und Schulkollegen während der Pausen zu belästigen. Es gibt sogar solche, die alles daran setzen, von der Schule ausgeschlossen zu werden, um den Unterricht nicht mehr besuchen zu müssen.

Weiter ist festzustellen, dass die ausgesprochenen Disziplinarmassnahmen oft nicht innert nützlicher Frist umgesetzt werden können und dass die Schulbehörden oft ratlos sind, wenn sie mit schlimmen Disziplinarfällen konfrontiert sind.

In Biel hat man versucht, einen Sozialarbeiter anzustellen, der bei schweren Disziplinproblemen intervenieren sollte. Der angestellte Sozialarbeiter hat sehr schnell seinen Mut verloren und seine Stelle wieder gekündigt. Eine einfache Mediation scheint also nicht zu genügen, und die Schulbehörden müssen bei schweren Disziplinproblemen konsequente und wirksame Massnahmen ergreifen können.

Das Problem spitzt sich zu. 2003 gab es nur zwei bis vier Ausschlüsse vom Unterricht, heute sind rund 17 Personen von Platzierungen und Ausschlüssen betroffen. Die Lehrkräfte von Kleinklassen leiden sehr unter dieser Situation.

Da es ausserdem keine Strukturen gibt, um diese Schülerinnen und Schüler wieder zu integrieren, fehlen ihnen die von der Wirtschaftswelt geforderten Eignungen und Fähigkeiten. Man versucht, ihren Lebensunterhalt durch IV- oder Arbeitslosengesuche zu sichern. Diese Situation ist besorgniserregend! Alarmierend ist vor allem die Tatsache, dass es im Kanton an einer zentralen Stelle fehlt, die sich mit solchen Fälle befasst.

Bevor irgendwelche konkreten Massnahmen verlangt werden, sollte die Meinung des Regierungsrates zu diesem Problem bekannt sein. Der Regierungsrat wird daher um die Beantwortung folgender Fragen gebeten:

1. Ist das Umsetzungsproblem bei Ausschlüssen gemäss Artikel 28 VSG ein lokales, auf Biel oder auf bestimmte Agglomerationen begrenztes Problem oder betrifft es den ganzen Kanton?

2. Welche Massnahmen gedenkt der Regierungsrat zu treffen, damit die ausgeschlossenen Schülerinnen und Schüler betreut werden und die vom Gesetz vorgesehenen disziplinarischen Massnahmen ihre volle Wirkung entfalten können?

3. Ist der Regierungsrat ebenfalls der Meinung, dass für die ausgeschlossenen Schülerinnen und Schüler zentralisierte Institutionen geschaffen werden müssen, damit diese betreut werden können, ohne dass dies die Allgemeinheit zu viel kostet?

4. Gäbe es eventuell andere effiziente Möglichkeiten, um das Problem der ausgeschlossenen Schülerinnen und Schüler zu lösen und die vom Gesetz vorgesehenen disziplinarischen Massnahmen innert nützlicher Zeit umzusetzen?

5. Bis wann gedenkt der Regierungsrat, die nötigen Massnahmen zu ergreifen, um die in dieser Interpellation aufgeworfenen Probleme zu lösen.

Anhang zur Interpellation I 213/2006 Fall 1

In einer Kleinklasse (8. Schuljahr) stört ein Schüler den Unterricht seiner Klasse, sorgt für ein Klima der Gewalt, bedroht die anderen Schüler massiv und misshandelt sie. Er ist ausserdem sehr rüpelhaft und verwendet gegenüber den Mädchen Ausdrücke mit sehr schlimmer sexueller Konnotation. Zudem hat er sehr viele unentschuldigte Absenzen.

Der Schüler wird Anfang 2004 für drei Monate von der Schule ausgeschlossen. Seine Grossmutter schickt ihn zu seinem Vater in die Türkei, da sie denkt, dass der Schüler so wieder auf den rechten Weg komme. Bereits zwei Monate nach dem Ausschluss ist der Schüler wieder in der Schweiz,

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ohne dass die Behörde darüber informiert ist. Tagsüber und während des Unterrichts hängt er auf dem Spielplatz der Schule herum und verspottet seine Schulkameraden. Angesichts der Unmöglichkeit, den Schüler platzieren zu können, bittet die Vormundschaftsbehörde Biel den Schulinspektor, den Schüler von seinem 9. Schuljahr zu befreien; dem Gesuch wird entsprochen.

Fall 2

Ein Schüler der Kleinklasse B (5. und 6. Schuljahr) wird im Jahr 2004 in die Klasse 7G versetzt.

Da seine schulischen Resultate katastrophal sind, werden entsprechende Massnahmen beantragt.

Die Eltern sind mit der Versetzung in die Kleinklasse B einverstanden, lehnen aber einen Kontakt mit der Erziehungsberatungsstelle ab. Seitdem blockt der Schüler völlig ab und bleibt dem Unterricht derart oft fern, dass die Lehrkraft die Fehlstunden schon gar nicht mehr zählt. Die Sekundarschulkommission ist mit der Versetzung des Schülers in eine Kleinklasse ab dem Schuljahr 2005/06 einverstanden. Sein 9. Schuljahr verbringt er in einer Werkklasse.

Der Schüler wird zum Schulleiter zitiert. Er scheint motiviert und ist sich bewusst, dass man ihm eine letzte Chance gibt. Doch ab dem Schulbeginn am 15. August 2005 schwänzt der Schüler sehr oft den Unterricht. Und wenn er anwesend ist, stört er die Arbeit der anderen Schüler. Die Lehrer werden sich schnell bewusst, dass der Schüler nur mit dem Ziel eines Rauswurfs zur Schule kommt.

Der Schüler wird aufgrund dieses Verhaltens für 14 Tage vom Unterricht ausgeschlossen. Da es unmöglich ist, den Schüler wieder in die Schule zurückzuholen und zu verhindern, dass er bei Anwesenheit den Unterricht stört, informiert die Sekundarschulkommission den Inspektor, dass sie gestützt auf die geltende Gesetzgebung der Ansicht ist, der Schüler gehöre nicht mehr in die Schule, weil er den Schulbesuch verweigere und alle Parteien mit einer Platzierung des Schülers einverstanden seien. Heute befindet sich der Schüler in einem Heim.

Fall 3

Ein Schüler wird am 1. Februar 2005 von einer Klasse 7G in eine Kleinklasse B versetzt. Dieser Schüler nimmt im Laufe des Jahres 2005 an körperlichen Übergriffen gegenüber Mitschülern und Lehrkräften teil. Er ist bereits für fünf Wochen vom Unterricht ausgeschlossen. Seine Rückkehr vom Schulausschluss erweist sich als äusserst schwierig: Unehrlichkeit, Lernverweigerung, Gewalt gegenüber Mitschülern und anderen Personen.

Man versucht, ihn in eine Werkklasse (9. Schuljahr) zu versetzen. Hier gehorcht er überhaupt nicht mehr. Er ist arrogant, unehrlich, gewalttätig und wird in der Klasse unkontrollierbar. Zudem ist er gegenüber seinen Mitschülern nach wie vor derart gewalttätig, dass diese es nicht wagen, ihn anzuzeigen; sie fürchten sich vor Racheakten. Der Schüler wird für 14 Tage aus der Schule ausgeschlossen.

Man kommt zum Schluss, dass der Schüler in einem Heim platziert werden sollte. Da jedoch kein freier Platz vorhanden ist, wird der Schüler gebeten, vorerst zu Hause zu bleiben, bis ein Entscheid getroffen ist. Im Gegensatz zum Gesetz sieht sich die Sekundarschulkommission gezwungen davon auszugehen, dass der Schüler nicht mehr Teil der Schule ist, da er den Schulbesuch verweigert oder aber den Unterricht weitgehend stört. Der Schüler befindet sich heute in einem Tagesheim.

Fall 4

Ein Schüler wird aufgrund ungenügender Leistungen von einer 7. Klasse M in eine 8. Klasse G versetzt. Ab diesem Zeitpunkt legt er ein störendes Verhalten an den Tag, es häufen sich die unentschuldigten Absenzen, er gibt sich rüpelhaft und gewalttätig, unterbricht ständig den Unterricht durch unpassende Aktionen und Äusserungen. Durch die Hose reibt er sich ostentativ am Glied, und in der 9. Klasse G öffnet er vor seiner Klassenlehrerin sogar den Reissverschluss, während er ihr etwas Obszönes sagt.

Trotz aller Versuche, die Situation zu verbessern, und trotz einer zwischen ihm, seiner Mutter und der Sekundarschulkommission abgeschlossenen Vereinbarung ändert sich nichts. Abgesehen vom beschriebenen Verhalten wird er auch erwischt, wie er einen Siebenklässler um Geld erpresst und wie er Getränke stiehlt. Die meisten Schüler haben genug von seinem Verhalten, und der Lehrer erklärt, dass er in der Klasse 9G keinen normalen Unterricht mehr durchführen könne.

Die Schulleiterin stellt aufgrund all dieser Vorkommnisse fest, dass der Schüler ein absolut unkontrollierbarer Fall ist. Alles ist ihm egal: zur Schule zu kommen, zu lernen, seine Lehrer.

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Die Mutter würde eine Platzierung ihres Sohnes unterstützen. Bei einem Gespräch erklärt der Schüler nur, er werde die Konsequenzen tragen: Da keine befriedigende Massnahme getroffen werden kann, schliesst ihn die Sekundarschulkommission für die letzten drei Monate seiner obligatorischen Schulzeit von der Schule aus.

Fall 5

Im November 2004 meldet ein Vater seinen Sohn beim Schulamt der Stadt Biel an. Der Vater bestätigt im Gespräch, dass sein Sohn Gegenstand einer freiwilligen Platzierung im Jugendheim von Courtelary ist und dass er davon ausgeschlossen worden sei. Der Vater fleht die Schulkommission an, seinem Kind zu helfen. Die ehemalige Beiständin teilt der Sekundarschulkommission in Biel mit, der Schüler sei ein Kind ohne grössere Probleme, das eine Chance verdiene.

Aus den beim Heim Courtelary eingeholten Auskünften ergibt sich allerdings, dass der Schüler wegen Widerstand gegenüber dem Unterricht, wegen Unehrlichkeit, Respektlosigkeit und aus weiteren Gründen von der Schule in Courtelary ausgeschlossen worden ist. Dem Rauswurf aus dem Heim in Courtelary waren sexuelle Übergriffe bei einem oder bei zwei Mädchen vorangegangen. Gemäss Aussagen des Heimleiters hat der Schüler in einer normalen Schulstruktur nichts zu suchen und sollte in einer Anstalt platziert werden.

Die Sekundarschulkommission muss feststellen, dass man versucht hat, den Schüler aus Courtelary, den niemand mehr haben wollte, an die Sekundarschulen der Stadt Biel abzuschieben.

Die Sekundarschulkommission handelt ungesetzlich, wenn sie eine Einschulung ablehnt.

Fall 6

Mit einer Gefährdungsmeldung informiert die Sekundarschulkommission den Jugendschutzdienst, dass ein Schüler der 8. Kleinklasse B Schwierigkeiten hat, sich zu motivieren, zu lernen und vor allem pünktlich zur Schule zu kommen. Seit August 2005 ist er in einer Werkklasse des 9.

Schuljahres. Die Verspätungen werden zu ganzen Vormittagen oder Tagen, an denen er nicht in der Schule erscheint. In der Klasse zeigt der Schüler ein verwerfliches Verhalten. Die Eltern sind von der Situation überfordert und überlassen es der Schule, ihre erzieherischen Unterlassungen zu beheben.

Die Sekundarschulkommission verlangt, dass Massnahmen getroffen werden. Antwort des Jugendschutzdienstes: Aufgrund der Arbeitsüberlastung könne man leider nicht sofort auf den Fall eintreten. Die mit der Untersuchung beauftragte Sozialarbeiterin werde sich in den kommenden Monaten mit der Sekundarschulkommission in Verbindung setzen O

Antwort des Regierungsrates

Die drei parlamentarischen Vorstösse weisen auf Problemfelder bei der Umsetzung von Artikel 28 Absatz 5 und 6 des Volksschulgesetzes hin:

a) Oft sind Eltern von ausgeschlossenen Schülerinnen und Schülern mit der Situation vor und während der Ausschlusszeit überfordert und können keine geeigneten Betreuungs- und Beschäftigungsstrukturen organisieren (Motionen Bregulla, Thun, und Möschler, Biel, sowie Interpellation Renggli, Biel).

b) Fachstellen wie Vormundschaftsbehörden oder Sozialdienste werden zwar beigezogen, können aber oft auch keine geeigneten Betreuungs- und Beschäftigungsstrukturen finden, da solche nicht oder nicht rechtzeitig zur Verfügung stehen (Interpellation Renggli, Biel, Motion Moeschler, Biel).

c) Für ausgeschlossene Schülerinnen und Schüler wird eine Wiedereingliederung schwierig, wenn in der Zeit des Ausschlusses nicht gezielt mit ihnen an schulischen Lerninhalten und sozialen Kompetenzen gearbeitet wird (Motion Moeschler, Biel).

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1. Ausgangslage

Der Regierungsrat hält grundsätzlich fest, dass Artikel 28 Absatz 5 des Volksschulgesetzes die vom Gesetzgeber erwartete Absicht erfüllt. Die Lehrpersonen und die betroffenen Klassen empfinden den Schritt zum Unterrichtsausschluss als grosse Erleichterung und der Unterricht kann nach Wochen grosser Belastungen wieder in geordnetem Rahmen stattfinden. Damit werden lernwillige Schülerinnen und Schüler, die vom Angebot der Schule profitieren wollen, respektiert. Erst in zweiter Linie ist Artikel 28 ein Strafartikel für Schülerinnen und Schüler, die den Unterricht in einem so hohen Mass stören, dass ein geordneter Betrieb unmöglich ist. Die Schule zeigt damit, dass sie nicht länger bereit ist, Unterstützung anzubieten, ohne dass die Vereinbarungen seitens der Eltern oder des Kindes eingehalten werden. Damit werden die Eltern in die Pflicht genommen.

Wie in den drei parlamentarischen Vorstössen beschrieben, ist vor allem im Vorlauf und bei der Suche nach Beschäftigungsmöglichkeiten während des Unterrichtsausschlusses Verbesserungspotenzial vorhanden. Gemäss Rückmeldungen der Schulinspektorate verfügen nicht alle Schulen resp. Schulkommissionen über einen eigenen Handlungsleitfaden (ähnlich dem kantonalen Leitfaden). Ebenfalls wird die Möglichkeit von Klassenversetzungen oder Schulhausversetzungen oft nicht angewendet. In manchen Schulen und Schulkommissionen wird zu lange gewartet, bis Sanktionen umgesetzt oder Fachpersonen koordiniert beigezogen werden.

Der Evaluationsbericht von Frau Prof. Dr. T. Hascher (2005) weist auf die Problematik des

„zu späten“ Eingreifens hin. Grundsätzlich sollten Schulen vermehrt präventiv vorgehen und renitentem Verhalten früh und konsequent entgegenwirken. Ebenfalls wird im Bericht festgestellt, dass die Zeit vor einem Unterrichtsausschluss für die beteiligten Lehrpersonen und Klassen eine enorme psychische Belastung darstellt und zum Zeitpunkt des Ausschlussentscheides ein tiefer Bruch zwischen Schule und ausgeschlossenem Schüler resp. den betroffenen Eltern vorhanden ist. Dies ist in Bezug auf eine Wiedereingliederung eine grosse Hypothek für die Schule und für den betroffenen Schüler oder die betroffene Schülerin. Die Ansprüche, den Unterrichtsauschluss als letzte Möglichkeit vorzusehen und gleichzeitig die Wiedereingliederung einzuplanen, sind unter den beschriebenen Umständen kaum miteinander vereinbar.

2. Lösungsansätze

Bei einem konsequenten Vorgehen im Umgang mit Disziplinarproblemen benötigen die Schulen Unterstützung. Lösungen müssen von verschiedenen Seiten unterstützt werden.

Denn hierbei handelt es sich nicht um ein primär schulisches Problem. Normalerweise haben die betroffenen Kinder und Jugendlichen eine lange Vorgeschichte mit Schwierigkeiten im näheren Umfeld der Familie. In der Schule zeigen sich nur Symptome und dies zum Teil über Jahre. Die Problematik dauert oft bis in die Zeit der Berufsbildung hinein.

Der Regierungsrat ist überzeugt, dass frühes und konsequentes Eingreifen wichtig und richtig ist. In einer ersten Phase soll die Prävention und damit die konsequentere Anwendung des Leitfadens verbessert werden. In einer zweiten Phase wird die Erziehungsdirektion verschiedene Möglichkeiten zur Verbesserung der Betreuungssituation und der Prävention, beispielsweise auch die Möglichkeit von Anschlussklassen für die vom Unterricht Ausgeschlossenen, prüfen. Solche Klassen werden unter anderem im Kanton Freiburg geführt.

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Für eine Verbesserung der bestehenden Situation klärt die Erziehungsdirektion gegenwärtig folgende Handlungsoptionen ab:

1. Der Leitfaden zu Handen der Schulkommissionen und der Schulleitungen zur Hand- habung von Unterrichtsausschlüssen wird überarbeitet und verbindlicher formuliert.

2. Der Leitfaden wird in den Schulen umgesetzt.

3. Die Rolle und die Vernetzung der involvierten Fachstellen (Vormundschaftsbehörden, Jugendfachstellen, Sozialdienste und Erziehungsberatung) werden mit den zuständigen Stellen geklärt.

4. Zusammenstellung von Kosten und Nutzen der Bildung von regionalen Anschlussklassen, im Vergleich mit anderen Betreuungsstrukturen, für die vom Unterricht ausgeschlossenen Schülerinnen und Schüler.

5. Der gesetzliche Änderungsbedarf wird geklärt.

6. Die finanziellen Auswirkungen werden berechnet.

Der Regierungsrat ist der Ansicht, dass die Einführung von schulergänzenden Betreuungs- strukturen und die von manchen Gemeinden den Schulen zur Verfügung gestellten Schulsozialarbeitenden ebenfalls eine Verbesserung der präventiven Massnahmen ermöglichen.

Mit der Umsetzung der Verordnung über die besonderen Massnahmen im Kindergarten und in der Volksschule (BMV) besteht für die Gemeinden oder Gemeindeverbände im Übrigen weiterhin die Möglichkeit der Bildung von besonderen Klassen für die Zuweisung verhaltensauffälliger Schülerinnen und Schüler.

3. Zu den einzelnen Vorstössen

a) Zur Motion 238/2006, Bregulla-Schaftroth, Thun:

Bei einem Ausschluss soll die Verantwortung für die Organisation einer angemessenen Betreuung und Beschäftigung auf Antrag von Schulbehörden primär durch eine Fachstelle in Zusammenarbeit mit den Eltern wahrgenommen werden. Hauptproblem ist heute weniger die Zuständigkeit als der Mangel an Beschäftigungsplätzen. Der Regierungsrat ist jedoch bereit, diesen Antrag als Postulat entgegenzunehmen, um im Rahmen der erwähnten Abklärungen Möglichkeiten für die bessere Sicherstellung einer angemessenen Beschäftigung zu untersuchen.

b) Zur Motion 10/2007, Moeschler, Biel:

Ziffer 1

Die Umsetzung von Artikel 28 Absatz 5 VSG wurde im Rahmen des Berichtes von Frau Prof. Dr. Tina Hascher beurteilt. Mit dem Leitfaden werden die Lehrpersonen im Umgang mit schwierigen Situationen unterstützt. Der Regierungsrat anerkennt die Problematik im Umsetzungsbereich, der wie oben beschrieben, verbessert werden soll, und ist bereit, Ziffer 1 als Motion anzunehmen.

Ziffer 2

Der Regierungsrat will verschiedene Möglichkeiten von Betreuungsstrukturen für ausgeschlossene Kinder prüfen und das Kosten-/Nutzenverhältnis abklären. Die Ziffer 2 soll als Postulat angenommen werden.

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Ziffer 3

Nicht nur die Präzisierung der Rolle von Jugendfachstellen bezüglich der vom Unterricht ausgeschlossenen Kinder ist notwendig, sondern auch die Rolle der Sozialdienste und der Schulsozialarbeitenden. Der Regierungsrat will die Zusammenarbeit der verschiedenen involvierten Stellen klären und deren Koordination verbessern. In diesem Sinne soll der Antrag als Postulat entgegengenommen werden.

Ziffer 4

Die Aufstockung von Personal in den Jugendschutzstellen zur Behandlung der Meldungen im Zusammenhang mit dem Vollzug von Artikel 28 VSG erachtet der Regierungsrat als ungeeignetes Mittel zur Lösung der Problematik fehlender Beschäftigungs- und Betreuungsplätze. In vielen Fällen sind auch Sozialdienste in der Verantwortung und müssten folglich auch aufgestockt werden. Der Regierungsrat lehnt diese Forderung ab.

Ziffer 5

Die Erziehungsdirektion klärt die erforderlichen Massnahmen für genügend Betreuungsplätze vor allem auch im französischsprachigen Kantonsteil ab. Oft sind jedoch nicht Heimplätze notwendig, sondern Orte mit einer engen Tagesstruktur.

Deshalb soll auch dieser Punkt als Postulat angenommen werden.

c) Interpellation 213/2006 Renggli, Biel:

Ziffer 1

Das Umsetzungsproblem bei Ausschlüssen gemäss Artikel 28 VSG ist lokal sehr unterschiedlich. Wie im Anhang ersichtlich, gab es in Biel im vergangenen Schuljahr eine ungeklärte Zunahme von Ausschlüssen, während die Gesamtzahl gleichzeitig leicht zurückging. Aufgrund der Tabelle kann nicht generell von einer Häufung in Städten oder Agglomerationen gesprochen werden.

Ziffer 2

Die zu treffenden Massnahmen werden von der Erziehungsdirektion gemäss den im Eingangstext erwähnten Grundsätzen abgeklärt.

Ziffer 3

Der Regierungsrat steht zentralisierten Institutionen skeptisch gegenüber, da diese kostenintensiv werden und eine Zusammenlegung von schwierigen Kindern und Jugendlichen tendenziell eher eine schlechte Gruppendynamik, und sogar mehr Probleme schaffen. Trotzdem soll auch die Möglichkeit von Anschlussklassen für die vom Unterricht Ausgeschlossenen geprüft werden.

Ziffer 4

Der Regierungsrat ist überzeugt, dass es für die Verbesserung der Umsetzung von disziplinarischen Massnahmen effiziente Möglichkeiten gibt, und sieht sie in einer raschen und konsequenten Vorgehensweise innerhalb der Schule.

Ziffer 5

Die Erziehungsdirektion wird dem Regierungsrat bis 2009 Vorschläge zu den im Eingangstext erwähnten Lösungsansätzen unterbreiten.

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Antrag:

- Motion Bregulla : Annahme als Postulat - Motion Moeschler: Ziffer 1: Annahme

Ziffer 2: Annahme als Postulat Ziffer 3: Annahme als Postulat Ziffer 4: Ablehnung

Ziffer 5: Annahme als Postulat

An den Grossen Rat

Anhang

Unterrichtsausschlüsse nach Schultyp und Schulstufe

Stufe 2005/06 2004/05 2003/04 2002/03

1.–3. 3 Kinder 3 Kinder 1 Kind 1 Kind

4.–6. 1 Kind 7 Kinder 2 Kinder 3 Kinder

Realklasse 31 Kinder 26 Kinder 21 Kinder 15 Kinder

Sekundarklasse 3 Kinder 5 Kinder 4 Kinder 1 Kind

Kleinklasse 17 Kinder 20 Kinder 10 Kinder 6 Kinder

Total 55 Kinder 61 Kinder 38 Kinder 26 Kinder

Unterrichtsausschlüsse nach Regionen

RegionaIe Verteilung 2005/06 2004/05 2003/04 2002/03

Oberland 7 12 12 3

Bern-Mittelland 11 18 4 6

Emmental-Oberaargau 9 10 13 5

Biel-Seeland 17 5 5 8

Berner Jura 11 16 4 4

Total 55 Kinder 61 Kinder 38 Kinder 26 Kinder

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