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Archiv "Hochschulen: Ausbildung ersetzt Bildung" (04.07.2008)

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Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 274. Juli 2008 A1503

B R I E F E

Ausbildung ersetzt Bildung

Deutschland benötigt eine Elite. Un- sere Oberen sind fest überzeugt, die- ses Ziel durch die Egalisierung aller Menschen erreichen zu können. In verbissener Ideologie wird immer mehr Bildung durch Ausbildung er- setzt. Das geht zulasten unserer Kul- tur. Jetzt hat diese Entwicklung die akademische Lehre erreicht. Aus den Fakultäten unserer Universitäten dürfen aber nicht Berufsschulen werden! Für klassische Bildung ist in der neuen Medizin kaum noch Platz. Heilkunde und Arzttum gera- ten als Ziele des Medizinstudiums ins Hintertreffen. Das verschulte Streben im Studium und in der Wei- terbildung gilt dem Auswendigler- nen einer anonymen Evidenzbasis.

Unsere akademischen Lehrer müs- sen sich hinter die Konzepte der DMP zurückziehen: Kranke Men- schen als bloße Substrate für Krank- heiten werden durch Diseases er- setzt. Behandlung ist durch Manage- ment verdrängt. Herkömmliches Wissen und Können müssen von ei- nem unpersönlichen Programm auf- gewogen werden. Mit Multiple Choice werden Examina imitiert.

Diese Prüfmethodik bündelt skotom- artig Symptome und Krankheits- zeichen so willkürlich, dass mit die- sen Kriterien einem Mediziner das Abspulen von evidenzbasierten DMP-Protokollen gelingt. Die ärzt- liche Kunst verschwindet hinter Wissenskatalogen. Auch aus den theoretischen Fächern verschwindet das epistemologische Denken als Grundlage für eine ganzheitliche wissenschaftliche Medizin. Engli- sche Terminologie und deren alpha- numerische Akronyme werden zum

„medium of instruction“ in unserem Gesundheitswesen. Latein und Grie- chisch sind „out“. Jahrhundertelang leiteten wir die Fachbezeichnungen in der ärztlichen Wissenschaft aus den Sprachen der Antike her. Weit über das Sprachliche hinaus prägten humanistische Elemente den ärztli- chen Geist, unsere Bildung. Gegen die Abwertung der akademischen Fundamente der Medizin müssen wir kämpfen, allen voran unsere akademischen Lehrer. Profiteri heißt:

sich frei bekennen. Wann folgen deutliche Worte von anderen Beken- nern als Peter von Wichert?

Dr. med. Wally Hagen, Dr. med. Horst Hagen, Nordmeerstraße 13, 23570 Lübeck-Travemünde

Kritik nicht belegt

In dem Kommentar stellt Prof. von Wichert Behauptungen auf, für die er keinerlei Belege erbringt bzw. erbrin- gen kann. Er fürchtet, dass die Wis- senschaftlichkeit des Medizinstudi- ums durch die neue Approbationsord- nung und die Einführung von Mo- dellstudiengängen verloren geht. Da- bei scheint der Autor ein spezielles Verständnis von Wissenschaft zu ha- ben, das sich dem Leser nicht er- schließt und das leider nicht erläutert wird. So wird z. B. gefordert, dass

„die wissenschaftliche, systematische Ausbildung der Studierenden absolu- te Priorität haben muss“ . . . Es ist je- doch nirgendwo belegt, dass eine tra- ditionelle sogenannte wissenschaft- lich-systematische Ausbildung zu besseren Ärzten führt. Auch dass an deutschen Fakultäten in Modellstudi- engängen „ausschließlich Kleingrup- penunterricht, zumeist nicht von

Hochschullehrern durchgeführt“ bzw.

angestrebt wird, entspricht nicht der Realität. Warum nimmt der Autor an, dass Kleingruppenunterricht keine fundierte Lehre beinhaltet und dass von Hochschullehrern durchgeführte Lehre immer wissenschaftlich und systematisch ist? Kleingruppenunter- richt ist kein Selbstzweck; verschie- dene Lehr- und Lernmethoden erfül- len unterschiedliche Ziele und sollten dementsprechend eingesetzt werden.

Außerdem wird der Eindruck er- weckt, dass es jemals möglich gewe- sen wäre, dass Studierende der Medi- zin jede Krankheit im Studium ken- nengelernt haben. Tatsächlich dient die detaillierte Auseinandersetzung und Kenntnis häufiger und gefährli- cher Erkrankungen eben genau der Sicherheit der Patienten. Zusätzlich ermöglicht das exemplarische Lernen den Absolventen im späteren Berufs- leben die Übertragung des Gelernten in der Auseinandersetzung mit unbe- kannten Symptomen und Krankheits- bildern . . .

Für die Verfasser:

Dipl.-Psych. Simone Scheffer,

AG Reformstudiengang Medizin & Assessment- Bereich, Charité – Universitätsmedizin Berlin, CCM, Charitéplatz 1, 10117 Berlin

INTERVIEW

BÄK-Präsident Hop- pe fordert einen Kurswechsel in der Gesundheitspolitik (DÄ 18/2008: „Der kranke Mensch muss im Mittelpunkt stehen“ von Jens Flintrop, Thomas Gerst und Heinz Stüwe).

Reparaturwerkstätten

. . . Von wegen „Der kranke Mensch im Mittelpunkt“, wir haben bald nur noch „Reparaturwerkstätten“ wie für Autos! Warum übernehmen Kapital- gesellschaften Krankenhäuser? Ja, scheinen sich förmlich darum zu reißen – aus lauter Menschenfreund- lichkeit? Warum wandern Ärzte aus, anstatt sich in Deutschland niederzu- lassen oder im Krankenhaus zu ar- beiten? Warum nehmen die psychi- schen Erkrankungen zu? Der Arzt ist ja nicht mehr gefragt – vielleicht der

Mediziner, der „Körperreparateur“

wird jetzt angestellt, und der Kranke dient der Gewinnmaximierung der Konzerne! Der persönliche Kontakt zum Arzt ist überflüssig! Und die Po- litik unterstützt diesen Trend, hat ihn womöglich erst ins Leben gerufen, um Kosten zu sparen. Quotierung der vom Staat festgesetzten Ge- bühren für Ärzte, Budgetierung der Arzneimittelausgaben und teilweise auch der Leistungen der Ärzte. Und bei Überschreitung des Budgets, Rückzahlungen an die jeweilige Krankenkasse – womöglich erst nach einem Jahr! Da ist eine dem hippo- kratischen Eid gemäße Behandlung nicht mehr möglich, der letzte Idea- lismus geht vor die Hunde, und eine Planung ist auch nicht mehr mög- lich! Eine Hillary Clinton will das bisherige deutsche Gesundheitssys- tem in den USA einführen – weil es so schlecht ist oder war? . . .

Dr. med. Walther-Friedrich Leuchs, Rampenstraße 38, 91564 Neuendettelsau

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A1504 Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 274. Juli 2008

B R I E F E

PSYCHOTHERAPIE

Der Mindestanteil von Ärzten soll von 40 auf 20 Prozent gesenkt werden (DÄ 18/2008: „Mindest- quotenregelung für ärztliche Psychothe- rapeuten: Ein guter Kompromiss“ von Pe- tra Bühring).

Blühender Wildwuchs

. . . Einen ärztlichen Psychothera- peutenmangel zu konstatieren und gleichzeitig psychotherapeutisch ausgebildete Ärzte aus der Versor- gung fernzuhalten, kann psychopa- thologisch nur durch Spaltungsvor- gänge, Verleugnungsprozesse und hohe Verdrängungsbereitschaft der Verantwortlichen möglich sein. Seit in Deutschland, weltweit übrigens einzigartig, ein Facharzt für Psycho- therapeutische Medizin eingeführt wurde, mit einem gigantischen, scheinbar fundierten Ausbildungs- pensum und einer überholten – vor allem mit dem Anspruch einer Fach- arztausbildung – Aufspaltung in Ver- haltenstherapie und tiefenpsycholo- gisch fundierte Therapie, sinkt selt- samerweise die Bereitschaft von Ärzten, psychotherapeutisch zu ar- beiten. Merkwürdig? Nein, keines- wegs. Wer sich die Mühe macht, die Kosten und zeitliche Anforderung eines solchen Facharztes nachzu- rechnen, käme auf einen wirtschaft- lichen Irrsinn. Einzig die vielen selbsternannten Ausbildungsinstitute und Supervisoren sehr unterschiedli- cher Qualität profitieren. Finanziell natürlich, ob das auch einer „guten fundierten Weiterbildung“ dient, das hat noch niemand wirklich über- prüft. Durch das Fehlen jeglicher Qualitätssicherung und Evaluation

blüht gerade im psychotherapeuti- schen Bereich der Wildwuchs, kei- nesfalls nur mit wohlriechenden Wildblumen. Das allein kann sehr abschreckend wirken. Der Zusatzti- tel Psychotherapie – übrigens die äl- teren Semester mit dem Facharzt sind „nur“ mit dem Zusatztitel quali- fiziert – wurde systematisch degra- diert . . . Mein Vorschlag zu einer Lösung des Quotenproblems: Die Zulassung der vorhandenen ärztli- chen Psychotherapeuten als ein- fachste Lösung und die Steigerung der Attraktivität einer Facharztaus- bildung (z. B. Verkürzung, Straffung, Integration, Kostenreduktion, Qua- litätssicherung) als andere Möglich- keit. Es ist schade, eine originäre ärztliche Handlung (das Gespräch) nun noch mehr Psychologen, Heil- praktikern und alternativen Behand- lern zu überlassen.

Dr. med. Monika Reichhart,Freihamer Straße 18, 82166 Gräfelfing

Die Folgen der Quote

Vielen Dank für den Artikel zur Min- destquotenregelung für die Zulas- sung von ärztlichen Psychotherapeu- ten (ÄP), in dem die kontroversen Sichtweisen und Positionierungen von BMG, BÄK, KBV und Spitzen- verbänden der Krankenkassen sowie des Berufsverbandes der Fachärzte für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie einerseits und der Kammer der PP/KJP und der psy- chologischen Berufsverbände ande- rerseits nachvollziehbar dargestellt werden. Leider fällt immer wieder unter den Tisch, dass noch zahlreiche Niederlassungsmöglichkeiten für PP bestehen – allerdings nicht in den at- traktiven Großstädten, sondern vor- wiegend in ländlichen Gebieten in den neuen Bundesländern. Ihre Schlussfolgerung, dass Patienten deshalb länger auf eine Psychothera- pie warten müssen, weil die Quote vor zehn Jahren zu hoch angesetzt worden ist, kann ich allerdings nicht teilen: Dank der Quote für ÄP konn- ten sich in den letzten Jahren auch in Gebieten, die eigentlich gesperrt sind, noch weitere ÄP niederlassen, ohne dass die Wartezeiten dort aber tatsächlich kürzer wurden. Denn die Problematik, die dahintersteht, ist

wesentlich komplexer: Solange z. B.

immer von zur GKV-Behandlung zu- gelassenen Psychotherapeuten nur zwei bis drei Stunden pro Woche GKV-Behandlung erbracht wird, nützt die weitere Zulassung von PP überhaupt nichts!

Birgit Löber-Kraemer,Paul-Clemen-Straße 3, 53113 Bonn

Widersinnig

Angeblich fehlt es dem kassenärztli- chen System an ärztlichen Psycho- therapeuten, sodass die ambulante psychotherapeutische Versorgung nicht ausreichend ist. Daher soll nun die Regelung, die bisher eine Min- destquote von 40 Prozent an ärztli- chen Psychotherapeuten vorgesehen hat, zugunsten der Psychologischen Psychotherapeuten auf 20 Prozent gesenkt werden. Ich bin ärztliche Psychotherapeutin, werde aber zur kassenärztlichen Versorgung nicht zugelassen, weil ich nicht Fachärz- tin, sondern Ärztin mit Zusatztitel

„Psychotherapie“ bin. Dies empfin- de ich als völlig widersinnig, wenn ich lese, dass es an ärztlichen Psy- chotherapeuten fehlt. Umso mehr, weil ich weiß, dass 1997 Kollegen, die damals den Zusatztitel „Psycho- therapie“ bereits abgeschlossen hat- ten, zu „Fachärzten für psychothera- peutische Medizin“ ernannt und (wie bis dahin ohnehin selbstver- ständlich) in die Versorgung einbe- zogen wurden. Gemäß der neuen Weiterbildungsordnung von 2005 dürfen diese Kollegen heute sogar die Bezeichnung „Facharzt für Psy- chosomatische Medizin und Psycho- therapie“ führen. Wer allerdings nicht unter die Regelung von 1997 fiel, hatte mit demselben Zusatztitel später das Nachsehen. Ich glaube, dass wir auch deshalb unter „Ärzte- mangel“ leiden, weil eine kas- senärztliche Niederlassung heute nur als Facharzt möglich ist und die Ausbildung zum Facharzt immer aufwendiger wird, und gerade für Mütter kaum noch zu schaffen ist.

Vor lauter Streben nach „Qualität in der Versorgung“ haben wir bald überhaupt keine Versorgung mehr! . . .

Dr. med. Barbara Günther-Haug,Gartenstraße 12, 61389 Schmitten

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