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Wie lange noch müssen SMA-Betroffene auf die Medikamente warten?

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POLITFORUM

ARS MEDICI 18 | 2018

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Der Bundesrat wird gebeten, die folgenden Fragen zu beantworten:

1. Was ist der Stand der Preisfestsetzung bei Spinraza, und wie lang soll der Prozess noch dauern?

2. Wie kann es sein, dass ein grundsätzlich wirksames Medikament nicht auf der Spe- zialitätenliste aufgenommen worden ist, was zu Verzögerungen führt und Menschen dadurch zu Schaden kommen, im Wissen um den ansonsten tödlichen Verlauf der Krankheit?

3. Wie ist zu erklären, dass im Ausland (etwa in Deutschland und Italien) die Kosten für die Behandlung übernommen werden, in der Schweiz aber nicht?

4. Weshalb haben die Patienten bei der Frage der Aufnahme in die Spezialitätenliste keine eigene Parteistellung, und wie sehen Sie das im Zusammenhang mit der Rechts- weggarantie, geht es doch um lebensnot- wendige Anspruchsgrundlagen? Weshalb gibt es kein Verbandsbeschwerderecht?

Begründung

Bei der spinalen Muskelatrophie (SMA) handelt es sich um eine bösartige Erkrankung. Aufgrund eines Gendefekts wird ein bestimmtes Protein, das SMN-Protein, nicht in genügender Menge ge- bildet. Die Folge davon ist eine Muskelatrophie.

Laufen, sitzen, schlucken und atmen wird für Be- troffene mit Fortschreiten der SMA zunehmend schwieriger. In letzter Konsequenz droht der Ersti- ckungstod.

Bis vor Kurzem gab es keine Therapie für Men- schen mit SMA. Die Firma Biogen konnte nun das Präparat Spinraza entwickeln, dessen Wirksam- keit in klinischen Studien eindrücklich aufgezeigt wurde. Das Medikament ist jedoch sehr teuer. Im

ersten Jahr muss aktuell mit einem Betrag von 600 000 Franken gerechnet werden. Swissmedic liess das Medikament im September 2017 für die Behandlung von SMA zu. Da die Medikamente nicht in der Spezialitätenliste sind respektive kein Kreisschreiben die Bezahlung regelt, sind die Ärzte gehalten, stellvertretend für ihre Patienten Gesu- che einzureichen, in denen sie den hohen Nutzen des Präparats nachweisen müssen. Erst wenn die- ser Beweis gelingt, kommt es zu einer Vergütung durch den Versicherer. Das Bundesgericht hat in BGE 136 V 395 die Schwelle beinahe unterreichbar werden lassen, sodass es im Belieben der Kran- kenkassen und ihrer Vertrauensärzte liegt, die Kosten zu übernehmen. Für die Betroffenen ist es unerträglich zu wissen, dass es ein wirksames Me- dikament gibt, dieses ihnen jedoch nicht zur Ver- fügung steht.

INTERPELLATION

vom 16.3.2018

Wie lange noch müssen SMA-Betroffene auf die Medikamente warten?

1. Mit Rundschreiben vom 11. April 2018 hat die Invalidenversicherung (IV) darüber informiert, dass sie die Behandlung der spinalen Muskel- atrophie (SMA) mit Spinraza (Nusinersen) für Betroffene mit den Typen I, II und III sowie von präsymptomatischen Patienten übernimmt.

2./3. Im vorliegenden Fall stand nicht eine Auf- nahme auf die Spezialitätenliste (SL) der obliga- torischen Krankenpflegeversicherung (OKP) zur Diskussion, weil dort nur Arzneimittel zur Be- handlung von Geburtsgebrechen aufgenommen werden, deren Diagnose auch nach dem 20. Al- tersjahr erfolgen kann. Das ist bei SMA nur sehr selten der Fall, zudem liegen für die Anwendung von Spinraza bei SMA Typ IV (Diagnose erst im Erwachsenenalter) keine relevanten Studien vor.

In Frage kommt somit einzig eine Aufnahme in die Geburtsgebrechenmedikamentenliste (GGML) der OKP, wobei hierfür die Kostenübernahme durch die IV vorausgesetzt wird. Nachdem die IV nun die Kostenübernahme bejaht hat, ist es an der Zulassungsinhaberin, beim Bundesamt für Gesundheit (BAG) einen Antrag auf Aufnahme des Arzneimittels in die GGML zu stellen. Das BAG wird danach prüfen, ob die Kriterien der

Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaft- lichkeit auch für eine Vergütung des Arzneimit- tels durch die OKP ab dem 20. Altersjahr nach Vergütung durch die IV vor dem 20. Altersjahr erfüllt ist.

Der Bundesrat stellt in letzter Zeit fest, dass die Preisvorstellungen der Zulassungsinhaberinnen insbesondere bei Arzneimitteln zur Behandlung von seltenen Krankheiten, sogenannte Orphan- Drugs, sehr hoch sind. Da ein Preis definiert wer- den muss, der mit dem klinischen Nutzen des Arzneimittels in einem angemessenen Verhält- nis und für die Sozialversicherung mittelfristig verallgemeinerungsfähig und somit tragbar ist, kann das Aufnahmeverfahren in die Listen der IV und der OKP unter diesen Umständen länger dauern. Dass das Verfahren in der Schweiz länger dauern kann als im Ausland liegt auch daran, dass die für den Auslandpreisvergleich berück- sichtigten Preise der Referenzländer nicht den in diesen Ländern tatsächlich vergüteten Preisen entsprechen. Es ist in den meisten Ländern üb- lich, dass zwischen Zulassungsinhaberin und So- zialversicherungen nicht öffentlich bekannte Rabatte vereinbart werden. Ein solches Vorge-

hen ist in der Schweiz bisher nur eingeschränkt im Konsens mit Pharmaunternehmen möglich.

Der Bundesrat prüft im Rahmen des Kosten- dämpfungsprogramms zur Entlastung der OKP daher die Schaffung rechtlicher Grundlagen, damit auch in der Schweiz die verbindliche Durchsetzung solcher Preismodelle möglich wird.

4. Das BAG wird bei der Erstellung der SL von der Eidgenössischen Arzneimittelkommission (EAK) beraten, in welcher auch zwei Personen die Versicherten vertreten. Eine weitergehende Parteistellung bei der Erstellung der SL ist heute für die Versicherten nicht vorgesehen.

Den einzelnen Versicherten steht bereits heute der Rechtsweg offen. Wird die Vergütung eines Arzneimittels durch den Versicherer abgelehnt, kann die versicherte Person die entsprechende Verfügung des Versicherers gerichtlich prüfen lassen. Nachdem im Expertenbericht «Kosten- dämpfungsmassnahmen zur Entlastung der obligatorischen Krankenpflegeversicherung»

unter anderem auch die Einführung eines Be- schwerderechts für Versicherer vorgeschlagen wurde, hat der Bundesrat das Eidgenössische Departement des Innern am 25. Oktober 2017 beauftragt, die Ausweitung des Beschwerde- rechts zu prüfen.

STELLUNGNAHME DES BUNDESRATES VOM 23.5.2018

Silvia Schenker Nationalrätin SP Kanton Basel-Stadt

Referenzen

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