Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 28–2914. Juli 2008 A1569
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enn es mit dem Markt bergab geht, ist – wie derzeit – kein Halten in Sicht. Die Börsianer sagen hierzu: Die Baisse nährt die Baisse.Dieses Jahr so richtig viel falsch zu machen, war überhaupt keine Kunst, manche Automobilaktien halbierten sich im Kurs, und bei etlichen Bank- titeln sieht es noch düsterer aus.
Auch die Idee, weiter auf Roh- stofftitel zu setzen, die ja bisher ganz gut gelaufen sind, ist nicht wirklich überzeugend. Wenn es tatsächlich zu einer weltweiten Konjunkturab- schwächung kommt, wird die Nach- frage nach Stahl und Energie selbst- verständlich abnehmen. Die jüngsten Einknicke, etwa bei Thyssen und Salzgitter, kommen daher für mich nicht überraschend, haben vielmehr gewichtigen Vorbotencharakter. Bei Maschinenbauaktien steht uns mög- licherweise Ähnliches bevor.
Der Börsenfuchs wird also nicht umhinkönnen, sich bei seiner Suche auf versteckte Perlen zu konzentrie-
ren. Dabei gilt, je unbeachteter das Segment („Covering“ durch Analys- ten), desto attraktiver sind die mög- lichen Gewinnchancen. Anderseits wird fundierte Informationsbeschaf- fung umso schwieriger, je kleiner der Laden oder die Branche ist. So buhle ich etwa beim Kontaktlinsenherstel- ler Lenswista AG seit einiger Zeit er- folglos um substanzielle Unterneh- mensdaten; Finanzvorstand Jürgen Schofeld hat sein Lieferversprechen bislang jedenfalls nicht eingehalten.
Wie sieht es dagegen mit Werten aus dem Gesundheitsbereich aus?
Es macht vermutlich wenig Sinn, sich mit den großen Pharmaaktien zu beschäftigen, da ist kaum Musik drin. Knappere Budgets, auslaufen- de Patente, arge Gesundheitspolitik und Schwindsucht bei den Kassen sind nur einige Stichworte. Aktien des Pharmagroßhandels sind für meinen Geschmack auch schon zu ausgelatscht und taugen ebenfalls nicht als zwingende Anlageidee.
Als ich jüngst in eine Diskothek geriet – alles auf freiwilliger Basis –, war mir schnell klar, dass es dort or- dentlich was auf die Ohren gibt. Ich weiß freilich auch, dass dies einer ganzen Generation schnurzegal ist.
Aber jede Schlechtigkeit hat ja auch ihre positiven Seiten. Auf die Art bin ich nämlich auf Aktien von Un- ternehmen gestoßen (worden), die gutes Geld mit der chronischen Schwerhörigkeit anderer verdienen;
und, potz Blitz, auch noch mit satten Wachstumsraten aufwarten können.
Von den vier mir ins Visier gerate- nen Hörgerätefirmen gefallen mir Sonova aus der Schweiz und Wil- liam Demant aus Dänemark am bes- ten, Amplifon (Italien) und Audika (Frankreich) eher weniger.
So mühsam und schwierig die Perlensuche auch ist, so mag ich doch nach wie vor die Hoffnung nicht aufgeben, dass die Baisse nicht mehr lange die Baisse nährt, sondern einer nachhaltigen Erholung Platz macht. Mein Tipp für den Start- schuss wäre Anfang bis Mitte Au- gust. Geht die Annahme fehl, müs- sen’s die Preziosen, in diesem Fall das Geschäft mit der Schwerhörig- keit, dann eben doch richten. I BÖRSEBIUS