A1038 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 15⏐⏐13. April 2007
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as Deutsche Apotheken-Mu- seum im Heidelberger Schloss ist ein Juwel. Alte Mörser verschie- denster Art, feine Fayencen und Ma- joliken, aber auch prachtvolle Apo- thekeneinrichtungen aus vergange- nen Zeiten finden man dort. Preziös, anschaulich, lehrreich und mit viel Liebe zum Detail verfolgt das Muse- um die Entwicklung des Apotheken- wesens vom Handwerk zur pharma- zeutischen Wissenschaft. Das Muse- um wurde 1937 in München gegrün- det und nach einigen Umzügen und Einlagerungen 1957 im Ottheinrichs- bau des Heidelberger Schlosses wie- der eröffnet. Es zeigt die Geschichte eines faszinierenden Berufsstands, der sich neben dem des Arztes seit frühesten Zeiten um Gesundheit und Krankheit respektive Gesundwerden und -bleiben kümmert. Die Inhalte sind daher mit den zentralen medizi- nischen Vorstellungen vom Körper und seinen Gebrechen, die zu ver- schiedenen Zeiten unser abendländi-sches Denken prägten, eng ver- knüpft. Volksmedizin, Viersäfteleh- re, Alchemie, moderne Biologie, Zellenlehre und molekulare Modelle – alles findet hier einen ganz eigenen Reflex. Stets geht es um die Frage, mit welchen Arzneimitteln aufgrund welcher Denkmuster in bestimmten Epochen einer Unpässlichkeit, einer akuten Krankheit oder einem chroni- schen Leiden zu Leibe gerückt wur- de. Man betritt eine Kräuterkammer ebenso wie das moderne Apotheken- labor. Dort geht es nicht nur um den immer schon erstaunlich reichen Arzneimittelschatz und die Bereiche der Natur, aus welchen sich der Fun- dus des Apothekers zuzeiten speiste, sondern auch um die verschiedenen Darreichungsformen, mit welchen bis heute versucht wird, den Kranken zum Schluck der „bitteren Pille“ zu bewegen.
Auch im Depot verwahrt das Deutsche Apotheken-Museum große Schätze. Leider bleibt ihr Anblick
dem Besucher verborgen. Aufgrund der beschränkten Ausstellungsfläche müssen die Objekte ein Schatten- dasein führen – bis sie an der Reihe sind und sich in der Dauerausstellung zeigen dürfen oder durch die Ein- bindung in eine Sonderausstellung geadelt werden. Wunderschöne Apo- thekenstandgefäße, kunstvoll kom- ponierte Haus- und Reiseapotheken, Waagen und Gewichte sind hier ebenso abgelegt wie pharmazeuti- sche Etiketten, Medaillen und Pla- ketten. Einen genaueren Einblick er- möglicht der neu erschienene und umfangreiche Museumsführer „Das Deutsche Apotheken-Museum“. Die Autorin Elisabeth Huwer zeigt in diesem Bildband eindringlich die Geschichte der Apotheker und der Pharmazie.
In den reich bestückten Schatz- truhen des Museums findet man schließlich auch umfangreiche Ar- chivbestände und eine substanzielle Reihe grafischer Arbeiten. Die hier aufgehobenen Ausbildungszeugnis- se, Privilegien, Rezepte und Hand- schriften von Pharmazeuten sowie die bildlichen Darstellungen von Apotheken und Karikaturen verwei- sen auf eine Funktion, die das Muse- um neben seinem öffentlichen Auf- tritt auch ausübt: Das Deutsche Apo- theken-Museum ist ein wichtiger Ort fachgeschichtlicher Forschung. Zum einen werden hier alle Bestände sachgerecht wissenschaftlich katalo- gisiert und kommentiert, zum ande- ren auch externe Anfragen bezüglich einschlägiger Objekte, bildlicher und schriftlicher Quellen beantwortet.
Derzeit lockt das Museum pro Jahr mehr als 580 000 Besucher an und gehört damit zu den großen Fachmuseen im Land. Mit dem Mu- seumsführer ist den Gästen des Mu- seums zudem ein Nachschlagewerk an die Hand gegeben, das sich glei- chermaßen zur Vorbereitung auf den Museumsbesuch wie auch zur Nach- bereitung des Gesehenen eignet. Al- le, die ein Interesse an der Kultur- und Pharmaziegeschichte verspüren, werden den Museumsbesuch mit großem Gewinn genießen. I Thomas Schnalke
Elisabeth Huwer: Das Deutsche Apotheken- Museum.Schnell & Steiner, Regensburg, 2006, 308 Seiten, 29,90 A
DEUTSCHES APOTHEKEN-MUSEUM
Mit viel Liebe zum Detail
Im Heidelberger Schloss wird der Wandel der Pharmazie vom Handwerk zur Wissenschaft gezeigt.
Das Museum zeigt prachtvolle Apothekeneinrich- tungen aus vergan- genen Zeiten: Offizin des Benedikterklos- ters in Schwarznach, Baden (Rheinmüns- ter), um 1724.
Fotos:Deutsches Apotheken-Museum