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Archiv "Chirurgie: Präventive und konkurrierende Eingriffe auf dem Prüfstand" (30.04.1999)

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ie Diskussion über eine Ko- stenbegrenzung im Gesund- heitswesen hat auch die prä- ventive Medizin auf den Prüfstand ge- stellt. Aus dem Blickwinkel der Chirur- gen bedeutet Prävention, Veränderun- gen des Organismus, die schwerwiegen- de Folgeerkrankungen nach sich ziehen können, in einem möglichst frühen Sta- dium zu beseitigen. Dieses Ziel wurde in den letzten Jahren unter Einsatz aller verfügbaren diagnostischen und thera- peutischen Mittel verfolgt, da – so nimmt man an – der Nutzen immer aus- gefeilterer Operationsmethoden für den Patienten größer ist als das Risiko

der Folgeerkrankungen und eventuel- ler postoperativer Komplikationen nach einem präventiven Eingriff.

Bekannte Beispiele dafür sind die Operation der asymptomatischen Carotisstenose, des frühen Stadiums der Varicose des symptomarmen Gal- lensteinleidens oder der Fundoplica- tio bei gastroösophagealem Reflux.

Ob prophylaktische Eingriffe dem Pa- tienten einen tatsächlichen Gewinn bringen, haben die Chirurgen bisher überwiegend an persönlichen Erfah- rungen oder an den Ergebnissen von Nachuntersuchungsstatistiken gemes- sen. Denn mit Ausnahme der Carotis-

desobliteration stehen kaum valide Daten bezüglich des Nutzens für den Patienten zur Verfügung.

Erst durch den Kostendruck im Gesundheitssystem ist der Vorteil präventiver Operationen für die Ge- samtheit der Erkrankten im Vergleich zum Spontanverlauf in den Vorder- grund wissenschaftlicher Überlegun- gen gerückt. In Deutschland ist es al- lerdings noch wenig üblich, chirurgi- sche Eingriffe und/oder die Begleit- therapie in Studien zu erfassen, die vorrangig medizinisch-ethische, aber auch volks- und betriebswirtschaftli- che Aspekte beinhalten. Dafür gibt es

nach Ansicht des Präsidenten der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie, Prof. Dr. Dieter Rühland (Singen), verschiedene Gründe:

1. Eigene Erfahrungswerte wer- den überschätzt.

2. Es ist noch ausreichend Geld im System für fragwürdige oder über- zogene Maßnahmen.

3. Der Wert zahlreicher Opera- tionen läßt sich nur in Multicenter- Untersuchungen erfassen. Das ist zeitaufwendig und personalintensiv, schwer zu standardisieren und teuer.

4. Die Unterstützung für klini- sche Forschung ist mangelhaft.

Gesundheitsökonomische Evalua- tionen sind auf unterschiedliche Art möglich, wobei die Wahl der Analyse- methode (wie Kosten-Analyse, Kosten- Kosten-Analyse, Kosten-Nutzen-Ana- lyse, Kosten-Wirksamkeits-Analyse, Kosten-Nutzwert-Analyse) vom Unter- suchungsgegenstand und vom Zweck der Studie abhängig zu machen ist. „Wir müssen ,Outcome‘-Forschung betrei- ben, um den Nutzwert unserer Behand- lungsmaßnahmen sowohl für den Pati- enten als auch für die Gesellschaft zu er- fassen“, so Rühland. Dies gelte nicht nur für Operationen, sondern auch für begleitende Präventivmaßnahmen wie die perioperative Radiatio, Thrombo- seprophylaxe, Antibiotikaprophylaxe und die Chemotherapie.

Aortenaneurysma

In einem Spannungsfeld befinden sich die Chirurgen bei der Wahl kon- kurrierender Therapieverfahren. Wie Prof. Dr. Klaus Balzer (Mülheim/

Ruhr) auf der Jahrestagung der Deut- schen Gesellschaft für Chirurgie in München berichtete, war bei der Be- handlung des Aortenaneurysmas bis- her die Resektion des betroffenen Ge- fäßabschnittes und die Einbringung ei- ner Kunststoff-Prothese die Methode der Wahl. „Dieser Eingriff kann mit sehr großer Sicherheit und einem Ri- siko von unter drei Prozent in er- fahrenen gefäßchirurgischen Abtei- lungen durchgeführt werden“, so Bal- zer. Heute sei es bei geeigneter Gefäß- struktur gelegentlich möglich, durch endoluminale Maßnahmen mit sparsa- mer Freilegung in der Leistenbeuge ei- ne Prothese über die Arterie in das Bauchaortenaneurysma vorzubringen, dort auszuklinken und zu fixieren.

„Wenn dieser Eingriff funktio- niert, ist er spektakulär und erspart dem Patienten die große und schwie- A-1110 (26) Deutsches Ärzteblatt 96, Heft 17, 30. April 1999

P O L I T I K MEDIZINREPORT

Präventive und konkurrierende Eingriffe auf dem Prüfstand

Gesundheitsökonomische Analysen überprüfen den individuellen Nutzwert von operativen Maßnahmen in Relation zu den Kosten.

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Die Patienten erwar- ten vom Chirurgen den höchsten Stand der Tech- nik und den größten Nutzen für ihre Gesund- heit. Foto: Hansherbert Wirtz

Chirurgie

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rige Operation“, erklärte Balzer in München. „Allerdings haben diese Endoprothesen eine ganze Reihe von technischen Tücken und sind in ihren Langzeitergebnissen deutlich schlech- ter als die konventionellen Operati- onsmethoden. Ferner kommen sie nur für einen begrenzten Kreis von Pati- enten überhaupt in Frage.“

Spannungsfelder

Interessant sei festzustellen, daß eine Indikationsausweitung auf kleine- re, eigentlich noch nicht operationsbe- dürftige Aneurysmen betrieben werde, um die Krankheit im Vorfeld zu stop- pen. „Wird dieser Weg in großem Um- fang bestritten, wird es zu einer Kosten- explosion kommen, da diese Prothesen sehr teuer sind“, erklärte der Mülhei- mer Gefäßchirurg und plädierte dafür, daß die Implantation von Endoprothe- sen nur in entsprechenden Zentren mit strenger klinischer Kontrolle und sehr strikter Indikationsstellung durchge- führt werden darf.

In einem Spannungsfeld befin- den sich die Chirurgen auch bei der Frage, ob eine Stenose der Arteria ca-

rotis operativchirurgisch versorgt werden muß oder auch – für den Pati- enten einfacher – dilatiert und mit ei- nem Stent versehen werden kann.

Nach Angaben von Balzer muß sich das Stenting an dem sehr niedrigen Risiko der gefäßchirurgischen Maß- nahme messen lassen: „Wir wissen aufgrund internationaler Studien und eigener Qualitätssicherung an über 25 000 Patienten, daß die Operation ein Risiko von zirka drei Prozent hin- sichtlich Schlaganfällen mit bleiben- der Invalidität und Tod hat.“

Die Gefäßchirurgen befürchten, daß während des Stenting kleine Parti- keln aus der Carotisstenose freigesetzt werden, die einen Schlaganfall auslö- sen können. Die Situation werde er- schwert, da es weder mit Röntgen noch mit Ultraschall möglich sei, glattwandi- ge – und damit eher ungefährliche – Stenosen von Verengungen mit exulze- rierten Plaques zu unterscheiden.

„Prinzipiell denkbar wäre eine Ballondilatation bei einer glattwandi- gen Gefäßveränderung, insbesondere, wenn es sich um eine narbige Einen- gung bei einer Rezidivstenose han- delt.“ Bei der Dilatation einer Carotis- stenose und anschließender Einbrin-

gung eines Stents zur Fixierung des auf- gedehnten Gefäßlumens komme es aber zwangsläufig zur Embolisation.

Das Risiko der Embolisation sei acht- bis zehnmal größer als beim operativen Eingriff. „Es erscheint aus Sicht der Chirurgie unverantwortlich, Patienten mit einem Stent in diesem Bereich zu versorgen, ohne etwas über die Art der arteriosklerotischen Veränderun- gen sagen zu können“, erklärte Balzer.

Diese Studie wird zur Zeit von Gefäßchirurgen und interventionel- len Radiologien in der Bundesrepu- blik vorbereitet. Erst nach Auswer- tung aller Daten könne die prinzipiel- le Durchführbarkeit der Dilatation in Konkurrenz zur Operation überhaupt erwogen werden. Bis dahin, so der Te- nor auf dem Chirurgenkongreß, sei das Stenting an der Arteria carotis als eine nicht anerkannte Heilmethode zu betrachten. Diese Beipiele zeigten, so Balzer, daß minimal-invasive Ein- griffe am Gefäß, dem Patienten ledig- lich einen minimalen Zugangsweg er- möglichen, in Wirklichkeit maximal- invasiv seien: „Sie hinterlassen einen viel größeren Flurschaden als ge- fäßchirurgische Maßnahmen.“

Dr. med. Vera Zylka-Menhorn

A-1112

P O L I T I K

(28) Deutsches Ärzteblatt 96, Heft 17, 30. April 1999

MEDIZINREPORT

ie stetig wachsende Zahl an Medikamenten zur Therapie der HIV-Infektion und von AIDS ergeben zwar neue Optionen, er- schweren aber die Entscheidung für die individuelle Behandlung. Dr. Norbert Brockmeyer (Universität Bochum), Präsident des 7. Deutschen AIDS-Kon- gresses, setzt deshalb auf einen optima- len Informationsstatus bei allen, die sich mit der HIV-Infektion auseinanderset- zen. Dies betrifft ebenso die Patienten wie auch die Grundlagenforscher, Kli- niker, niedergelassene Ärzte und das Pflegepersonal. Der AIDS-Kongreß, der vom 2. bis 6. Juni in Essen stattfin- det, steht daher im Zeichen interdiszi- plinären Erfahrungsaustausches.

Die Frage nach der derzeit opti- malen Therapie bezeichnet Brockmey-

er als schwierig. „Die Orientierung an Markern wie CD4-Zellen oder Virus- load, die über den Therapieerfolg ent- scheiden, reicht allein nicht aus. Die große Diskussion um die genotypische und phenotypische Resistenzbestim- mung zeigt, daß wir weitere Parameter für unsere Therapieentscheidung brau- chen.“ Derzeit bestehe noch keine Möglichkeit, die sogenannte Viralfit- ness zu bestimmen, die bei resistenten Viren große Bedeutung für den weite- ren klinischen Verlauf der Erkrankung haben dürfte. Mittelfristig solle ver- mehrt in Abhängigkeit von genetischen Faktoren (zum Beispiel CCR5-Geno- typ) therapiert werden. Dazu seien je- doch noch Studien notwendig.

Als abgesichertes Standardre- gime sieht Brockmeyer die Kombina-

tion aus zwei NRTIs und einem Pro- teaseinhibitor oder NNRTI. Eine an- dere Möglichkeit sind drei NRTIs, was noch therapeutische Reserven für Proteaseinhibitoren und NNRTIs läßt. Wichtigstes Ziel ist dabei immer, die Viruslast möglichst schnell unter die Nachweisgrenze zu drücken. Bei Patienten mit hoher Viruslast (> 105 Genomkopien) kann initial auch eine Vier- bis Fünffach-Kombination ein- gesetzt werden. Kombiniert werden können dann zum Beispiel zwei bis drei NRTIs mit einem Proteaseinhibi- tor und einem NNRTI. „Die Behand- lung kann auf eine Dreierkombinati- on reduziert werden, wenn die Virus- last die Nachweisgrenze unterschrit- ten hat“, so Brockmeyer.

Gabriele Henning-Wrobel

Therapiewahl bei HIV-Infektion

Weitere Parameter sind nötig

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Referenzen

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