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Archiv "Wirbelsäulen-Chirurgie: Schonende Eingriffe bei hoher Präzision" (03.09.2004)

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kelett- und Muskelerkrankungen des Rückens sind noch vor den Herz- und Kreislauf-Erkrankungen der häufigste Grund für einen Arztbe- such. Nicht zuletzt wegen dieses Um- standes macht die Wirbelsäulen-Chir- urgie große Fortschritte. Dies gilt be- sonders für schonende minimalinvasive Eingriffe. Sie haben die Behandlung von Bandscheibenvorfällen revolutioniert.

Auch bei Wirbelkanalstenose wird diese Technik mit Erfolg eingesetzt.

Nach Angabe von Dr.Thomas Hoog- land (München) ist durch die minimal- invasive Operationstechnik eine Re- generation des Discus intervertebralis möglich geworden. Um seine Revitali- sierung einzuleiten, wird die verkalkte Deckplatte der angrenzenden Wirbel- körper mithilfe feiner Instrumente auf- gefrischt, wodurch die Bandscheibe besser mit Nährstoffen versorgt und ein stabiler Schutzfaserring gebildet wer- den kann. Etwa drei Monate nach dem Eingriff lässt sich die Regeneration der Bandscheibe im Kernspintomogramm nachweisen.

Angeborene Schwäche des Binde- gewebsknorpels der Zwischenwirbel- scheiben, eine plötzliche Drehbewegung des Rumpfes (häufig bei Golfspielern), schweres Heben und/oder Schieben können einen Diskusprolaps bewirken.

Häufigste Ursache ist aber Bewegungs- mangel und ständiges Sitzen. Dadurch werden am hinteren Anulus fibrosus Ris- se und Auswölbungen gesetzt, wodurch der Nucleus pulposus austreten kann, ei- nen Nerv reizt oder einklemmt. Eine schlechte Kondition der Rückenmusku- latur begünstigt einen solchen Prolaps.

Mithilfe der endoskopischen Nukleo- tomie wird verlagertes oder ausgetrete- nes Diskusgewebe entfernt und damit der eingeklemmte Nerv wieder frei. Der

perkutane Eingriff findet unter Lokal- anästhesie statt und verursacht kaum Schmerzen. Es gibt keine nennenswer- ten Komplikationen oder Narben. Der Patient kann bereits am folgenden Tag die Klinik verlassen.

Nach Entfernung des ausgetretenen Bandscheibengewebes werden die an-

grenzenden Wirbelkörperflächen mit- tels einer Spezialtechnik „aufgefrischt“.

Durch diese Maßnahme kann in einem Zeitraum von circa fünf Wochen neuer Bindegewebsknorpel nachwachsen. Der Diskus regeneriert sich, und seine Puf- ferfähigkeit ist wiedergewonnen, erläu- terte Hoogland eine von ihm entwickel- te endoskopische Methode. Sie unter- scheidet sich darin, dass der Prolaps schonend über den seitlichen Zugang – an Nerven und Ligamentum flavum vorbei – in Lokalanästhesie adressiert wird. In den meisten Kliniken wird der dorsale Zugang gewählt, wobei das ner- venschützende Ligamentum flavum ge- opfert wird. In diesem Fall kann die Operation nur in Vollnarkose durchge- führt werden. Außerdem birgt das Hoogland-Verfahren weitaus weniger Komplikationen als der Rakcz-Katheter oder die Laserschrumpfung.

Perkutane Nukleotomie

In den ersten beiden Wochen nach dem Eingriff trägt der Patient ein komfor- tables Kunststoffkorsett, welches ihm er- laubt, am Alltagsleben teilzunehmen.

Sechs Wochen nach der Operation ist auch Sport wieder möglich.Bürotätigkeit kann nach spätestens zwei Wochen wie- der aufgenommen werden, körperliche Arbeit dagegen sollte in den ersten sechs Wochen eingeschränkt werden.

Die perkutane Nukleotomie ist auch eine ideale Methode, um einen Band- scheibenvorfall in der Halswirbelsäule zu beheben. Im Gegensatz zu einer konventionellen Operation muss die Halswirbelsäule nicht versteift werden.

Der Eingriff dauert etwa 45 Minu- ten und kann in den meisten Fällen ambulant durchgeführt werden. Auf M E D I Z I N R E P O R T

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A2366 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 363. September 2004

Wirbelsäulen-Chirurgie

Schonende Eingriffe bei hoher Präzision

In den letzten Jahren haben sich die Techniken der minimalinvasiven Operationsverfahren qualitativ und quantitativ weiterentwickelt.

Nerveinklemmung durch Prolaps (1); nach der endoskopischen Nukleotomie (2) wird die Ba- sis angefrischt (3).

Abbildungen:Alpha-Klinik,München

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eine postoperative Halskrause wird verzichtet.

Eine wichtige Diagnosemethode bei Bandscheibenschäden ist die Diskogra- phie, die nicht mit der üblichen Myelo- graphie verwechselt werden darf. Bei der Myelographie wird ein Kontrast- mittel in den Spinalkanal appliziert, wo- nach häufig starke Kopfschmerzen ent- stehen. Bei der Diskographie wird (nach Lokalanästhesie) unter sterilen Kaute- len und Röntgenkontrolle eine feine Kanüle von der Seite bis zum Nucleus pulposus der Zwischenwirbelscheibe vorgeschoben und etwa ein Kubikzenti- meter Kontrastmittel in den Bandschei- benzwischenraum deponiert, wobei der Patient angeben muss, wann die Be- schwerden ausgelöst werden.

So kann festgestellt werden, welcher Diskus krankhaft verändert ist. Eine Diskographie ist dann begründet, wenn ein Riss in der Bandscheibe vermutet wird, der mithilfe der Kernspintomo- graphie nicht festgestellt werden konn- te. Am häufigsten wird das Verfahren bei Rückenschmerzen eingesetzt, wenn nicht klar definiert werden konnte, welche Zwischenwirbelscheibe die Be- schwerden verursacht.

Dr. Young-Soo Kim (Seoul/Korea) berichtete über 3 500 Fälle einer Che- monukleolyse-Behandlung mit Chymo- papain bei Diskusprolaps im Bereich der lumbalen Wirbelsäule. Dazu wird intradiskal unter Röntgenkontrolle ei- ne Chymopapain-Lösung injiziert, wel- che die nichtkollagenen Polypeptide des Nucleus pulposus hydrolysiert. Da- durch sinken intradiskaler osmoti- scher Druck und Flüssigkeitsansamm- lung und damit auch die Kompressio- nen durch die vorgefallene Bandschei- be. Bei rund 2 000 der so behandelten Patienten sollen exzellente Ergebnisse erreicht worden sein. Die Erfolgsrate war bei jüngeren Patienten deutlich höher als bei älteren. Komplikationen in Form einer Discitis traten bei 0,4 Pro- zent der Fälle auf.

Über eine andere perkutane Che- monukleolyse-Methode, die Injektion von „Gelified“-Äthanol, berichtete Dr.

Jacques Theron (Caen). Dabei handelt es sich um ein Gemisch aus Äthyl- alkohol, Äthylzellulose und Wolfram (oder Tantal). Indikationen sind zervi- kaler und thorakaler Diskusprolaps.

Bisher wurden 346 Patienten mit die- sem Verfahren behandelt. In 86 Prozent der Fälle waren die Ergebnisse sehr gut, in elf Prozent noch akzeptabel, und in drei Prozent blieb der Erfolg aus. Kon- traindiziert ist diese Therapie bei Wir- belkanalstenose und wenn eine forami- nale Herniation vorliegt.

Stets komplikationslos soll die von Dr. Mazzo Giuseppe (San Bonifacio) und Dr. N. Jucopilla (Neapel) vorgestell- te Sauerstoff-Ozon-Therapie des lumba- len Diskusprolapses verlaufen, die von der Gruppe bereits neun Jahre prakti- ziert wird. Bisher wurden 753 Männer und 490 Frauen durch intradiskale Infil- tration des Gasgemisches behandelt.

Durch das Sauerstoff-Ozon-Gemisch werden die sauren Mukopolysaccharide im Nucleus pulposus oxidiert, die Mo- lekülketten zerbrechen, wodurch eine Dehydration im Gallertkern einsetzt.

Sein Volumen reduziert sich, und die Kompression der nervalen Strukturen wird aufgehoben. Indikationen für die Infiltrationstherapie sind die durch Dis- kusprolaps verursachten Rückenschmer- zen und lumbo-radikuläre monosegmen- tale Syndrome (mit Ischiasschmerz).

Mikroskopische Laminektomie

Eine Verengung des Spinalkanals verur- sacht konstante starke Rückenschmer- zen, Beinschmerzen und auch Krämpfe, da die im Rückenmark verlaufenden Nerven gequetscht werden. Solche Ste- nosen treten in stark belasteten Ab- schnitten der Wirbelsäule und vor allem bei älteren Menschen auf. Gegen Wir- belkanalstenosen gehen Hoogland und Mitarbeiter mit der „Mikroskopischen Laminektomie“ vor, bei der die ver- dickten und hervorstehenden Kno- chenformationen minimalinvasiv ent- fernt werden. In den meisten Fällen wird der Eingriff unter Vollnarkose durchgeführt, die meisten Patienten können den Aufwachraum bereits zwei Stunden nach der Operation selbststän- dig verlassen. Zwei Wochen nach dem Eingriff sollte der Patient mit einer Phy- siotherapie beginnen. Von circa 1 000 Patienten, die seit 1989 auf diese Weise behandelt worden seien, habe man in 85 Prozent ein sehr gutes Ergebnis erzielen können, in acht Prozent seien die Be-

schwerden minimiert und bei sechs Pro- zent sei die Behandlung erfolglos gewe- sen, berichtete Hoogland. Die Gene- sungszeit nach dem Eingriff wird mit sechs bis acht Wochen angesetzt.

Bandscheibenprothese

Nicht minimalinvasiv und auch nur un- ter Vollnarkose ist bisher über einen Bauchzugang die Bandscheiben-Pro- thesen-Operation möglich. Dr. Dr. Wil- lem Zeegers (München) hat seit 1989 mehr als 1 000 Bandscheibenprothe- sen implantiert. Die Prothese wird dann eingesetzt, wenn eine schmerzhafte, be- lastungsfähige Bandscheibe ohne gro- ßen Prolaps vorliegt, oder im An- schluss an eine vorausgegangene Band- scheibenoperation, wenn die Rücken- schmerzen anhalten. Auch in Fällen, in denen eine Spondylodese (Wirbelsäu- lenversteifung) als einzige Therapie- möglichkeit erscheint, sollte zunächst eine Prothesenimplantation in Erwä- gung gezogen werden.

Bei der Operation wird die gesamte lädierte Zwischenwirbelscheibe entfernt und durch einen beweglichen Poly- äthylen-Kern ersetzt. Die Prothese wird fest zwischen den Wirbelkörpern einge- klemmt und erlaubt eine normale Be- weglichkeit der Wirbel. Sie besteht aus zwei Abschlussplatten aus einer Vacu- cast-Kobalt-Chrom-Molybdän-Gusslegie- rung und einem Gleitkern aus hochmo- lekularem Niederdruckpolyäthylen. Be- dingt durch den Druck zwischen den Wirbelkörpern, bleiben die drei Prothe- senteile dauerhaft miteinander verbun- den. Fixiert wird die Prothese zementfrei über Verankerungszähne sowie eine bio- aktive Beschichtung mit strukturierter Oberfläche.

Gegenüber anderen Operationstech- niken bleibt durch die Bandscheiben- Prothese die Beweglichkeit der Wirbel- säule voll erhalten, die natürliche Hö- he der Wirbelzwischenräume wird wie- der hergestellt, einer Degeneration der Nachbarsegmente wird vorgebeugt, ei- ne Knochentransplantation erübrigt sich, und zwei bis vier Tage nach der Opera- tion können die Patienten die Klinik verlassen. Nach sechs Wochen ist die Prothese den normalen Alltagsbela- stungen gewachsen. Siegfried Hoc M E D I Z I N R E P O R T

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