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Archiv "Gerda Hasselfeldt für Indikationsregelung" (13.06.1991)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

chemie, was erkennbar wird, wenn man nur die Aufgaben berücksich- tigt, die noch nicht durch Einsatz in vorhergehenden Examina bekannt sein konnten. Auffällige Schwankun- gen im Globalergebnis zwischen ein- zelnen Prüfungsterminen erwiesen sich als großteils durch unterschied- liche Ratewahrscheinlichkeit und differierende Altfragenanteile be- dingt.

Die eigentliche Prüfungsstoff- kenntnis kann auf der Basis richtig gewußter Lösungen der in der Vor- prüfung gestellten M. c.-Fragen nicht exakt beurteilt werden. Dies liegt nicht daran, daß M. c.-Fragen ungeeignet wären, Wissen und Fä- higkeiten zuverlässig und valide zu messen, sondern an der konstrukti- ven Heterogenität der eingesetzten Aufgaben.

Der von Fach zu Fach und Prü- fung zu Prüfung unterschiedliche Anteil von Aufgaben, zu deren Lö- sung die Kenntnis von mehr als ei- nem Sachverhalt erforderlich ist, senkt die Quote richtiger Antworten in nicht ausreichend erfaßbarem Ausmaß unter den Anteil gewußten Prüfungsstoffs am gesamten Prü- fungsstoff.

Allerdings hält sich dieser Feh- ler in Grenzen, wie sich aus dem Vergleich der Prüfungsleistungen bei Aufgaben mit einem beziehungs- weise mit mehreren geprüften Ge- genständen ergibt. Die Aussage, daß die durchschnittliche Prüfungsstoff- kenntnis der Kandidaten in den drei Fächern Anatomie, Biochemie und Physiologie stabil unter 40 Prozent liegt, wird dadurch nicht in Frage ge- stellt.

Vorprüfung und Sicherung

des Ausbildungserfolgs

„Ist der Studiosus noch so dumm, so schafft er doch sein Physi- kum", lautet ein aus lange vergange- nen (vor der Einführung der zentra- len Prüfungen liegenden) Zeiten überlieferter Spruch. Es wäre billig, die Ergebnisse der hier vorgelegten Untersuchungen in diesem Sinne zu genereller Herabwürdigung der von den Kandidaten der Ärztlichen Vor-

prüfung erbrachten Leistungen zu mißbrauchen.

• Bei dem enormen Umfang des in zwei Jahren Vorklinik zu er- werbenden Wissens (nach entspre- chenden Analysen [2] liegt allein im Fach Anatomie die Zahl der prü- fungswürdigen Sachverhalte über 5000) ist eine ratebereinigte Ant- wortquote von 50 Prozent nicht als Halbwissen, sondern als solider und guter Wissensquerschnitt zu werten.

Die geltende Bestehensregel erlaubt jedoch, daß auch Kandidaten mit weitaus geringeren Leistungen in den klassischen Vorprüfungsfächern das Physikum bestehen.

• Besonders problematisch ist die Möglichkeit, ein oder zwei der

„klassischen" Grundlagenfächer der Vorprüfung „abzuwählen" und die zum Bestehen notwendigen Punkte in Fächern mit in Relation zur Prü- fungsfragenzahl weitaus geringerem Stoffumfang (zum Beispiel Psycholo- gie/Soziologie oder Biologie) zu ho- len.

Daß es sich hier nicht um hypo- thetische Spekulationen handelt, kann aus den detaillierten Ergebnis- berichten des Instituts für Medizini- sche und Pharmazeutische Prüfungs- fragen (Mainz) (4) entnommen wer- den. Einer solchen Taktik steht (et- was Losglück vorausgesetzt) auch der mündliche Teil der Ärztlichen Vorprüfung nicht im Wege, denn diese Prüfung muß nur in einem und höchstens in zwei der „klassischen"

Grundlagenfächer abgelegt werden.

Literatur

(1) Bundesverfassungsgericht: Begründung des Urteils (Az. 1 BvR 1033/82) vom 14. 03.

1989, S. 36

(2) Gebert, G.: Die schriftliche Prüfung nach der ÄApp0 — Probleme der Leistungsmes- sung und Leistungsbewertung; Medizinische Ausbildung 2: 12-17 (1985)

(3) Gebert, G., Voigtmann, K.: Entscheidend ist, was die (M. c.-)Prüfungen leisten. DÄB1 87: B 1679-1684 (1990)

(4) IMPP: Ergebnisse der Prüfungen nach der Approbationsordnung für Ärzte, Herbst 1989 und Frühjahr 1990; IMPP-Berichte 1990

Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. med.

Gerfried Gebert Rüsselsheimer Allee 22 W-6500 Mainz 43

Gerda Hasselfeldt

für Indikationsregelung

Bundesgesundheitsministerin Gerda Hasselfeldt (CSU) lehnt es ab, den Ärztinnen und Ärzten „die alleinige Entscheidung über den Schwangerschaftsabbruch aufzu- drängen". Dies wäre mehr als ver- hängnisvoll. Sie würden in ihrer Ver- antwortung und Verpflichtung über- fordert und entgegen ihrem christli- chen und medizinischen Ethos miß- braucht, betonte die Ministerin auf einer Tagung der Katholischen Ärz- tearbeit Deutschlands zum Thema

„Gerechtigkeit oder das Recht des Stärkeren in der Medizin" in Mainz.

Sie sprach sich damit gegen den von Bundesfamilienministerin Hannelo- re Rönsch (CDU) auf dem Deut- schen Ärztetag vorgestellten Vor- schlag aus, wonach der Arzt über die Notlage der Patientin und damit über die Möglichkeit des Abbruchs einer Schwangerschaft mitentschei- den müsse.

Gerda Hasselfeldt befürwortet eine Indikationsregelung, die sich

„an den Wertvorstellungen des Grundgesetzes ausrichtet". Dement- sprechend dürfe der Staat auf das Mittel des Strafrechts zur Wahrung des Lebensrechts eines ungeborenen Kindes allenfalls dann verzichten, wenn die Schwangerschaft eine per- sönliche Belastung darstelle, die un- mittelbar in das Recht der Frau auf persönliche Lebensgestaltung ein- greife.

Dabei habe die obligatorische medizinische und soziale Beratung vor der Indikationsfeststellung eine zentrale Funktion für den Schutz des ungeborenen Lebens. Eine „wie auch immer geartete Fristenlösung"

lehnt Gerda Hasselfeldt entschieden ab. Das gelte auch für diejenigen Lö- sungsansätze, die lediglich eine Be- ratung vorsehen, die allein das Ziel verfolge, die formalen Voraussetzun- gen für einen Schwangerschaftsab- bruch zu erfüllen. Die Bewältigung der Konfliktsituation gehe selbstver- ständlich auch den Mann an. Er habe nicht weniger Verantwortung als die Frau. „Im Gegenteil, auch Männer, die ihre Frauen zur Abtreibung drän- gen, sollten bestraft werden."

Dt. Ärztebl. 88, Heft 24, 13. Juni 1991 (35) A-2157

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Entscheidend sei es jedoch, die Hilfen für schwangere Frauen und für den Schutz des ungeborenen Le- bens zu verbessern. Am wichtigsten sei die Einrichtung von Kinderbe- treuungsmöglichkeiten in ausrei- chender Zahl und Qualität. Gleich- zeitig sei dringend für genügend ge- eignete Wohnungen zu sorgen. Au- ßerdem seien weitere Verbesserun- gen der finanziellen Hilfen für die Familie angezeigt. Und schließlich sollte jede Frau die Möglichkeit ha- ben, zeitweise berufstätig zu sein.

Die unerträglich hohe Zahl an Abtreibungen zeige, was getan wer- den müsse, wenn Geld eine immer größere Rolle spiele. Was passieren könne, wenn Geld scheinbar keine Rolle spiele, hätten 40 Jahre soziali- stischer Gesundheitsdienst in der ehemaligen DDR gezeigt. Das Ni- veau der gesundheitlichen Versor- gung sei dort weit hinter dem zu- rückgeblieben, das in den alten Bun- desländern erreicht worden sei.

Wenn diese Unterschiede schnell beseitigt werden sollen, dann komme nichts anderes in Frage als eine möglichst rasche Angleichung an das westdeutsche Gesundheitssy- stem. Entscheidend sei dabei der freiberuflich tätige Arzt, dessen Nie- derlassung so weit wie möglich geför- dert werden müsse.

Trotz der schon erreichten Ver- besserungen bestehe noch ein gewal- tiger Investitionsbedarf. Das gelte vor allem für den Krankenhaussek- tor, für dessen Erneuerung inzwi- schen vielfältige Finanzierungshilfen bereitgestellt worden seien. Ange- sichts der Größenordnung von 100 Milliarden DM, die allein von der Bundesregierung in nur 18 Monaten für die neuen Bundesländer insge- samt aufgebracht werden, könne man in etwa erkennen, welche Schä- den ein System verursache, in dem das Geld keine marktgerechte Rolle spielt.

Weniger augenfällig, aber nicht weniger belastend sei die Kostenex- pansion im Gesundheitswesen der alten Länder gewesen. Von 25 Milli- arden DM 1970 seien die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversiche- rung auf rund 90 Milliarden DM im Jahr 1980 gestiegen. Mitte der 80er Jahre folgte ein neuer Kostenschub

und mit ihm die Forderung nach ei- ner grundlegenden Krankenversi- cherungsreform. Ein Eckpfeiler des dann im Januar 1989 in Kraft getre- tenen Gesundheits-Reformgesetzes sei die Beitragssatzstabilität. „Ohne eine politische Grundsatzentschei- dung über den Umfang der Mittel, die wir für die medizinische Versor- gung einsetzen, ist die Finanzierbar- keit unseres Gesundheitssystems nicht zu gewährleisten." Als sie diese Position in Hamburg vor der Kassen- ärztlichen Bundesvereinigung vertre- ten habe, habe der Erste Vorsitzen- de der KBV, Dr. Ulrich Oesing- mann, keinen Hehl daraus gemacht, daß dies seiner Ansicht nach „nicht im Konsens zu lösen" sei. Gerda Hasselfeldt dazu: „Ich teile diesen Pessimismus nicht; nicht zuletzt, weil ich glaube, daß wir in dieser Frage tatsächlich gar nicht so weit ausein- anderliegen". Der Grundsatz der Beitragssatzstabilität bedeute nicht, daß Beitragssatzerhöhungen auf alle Zeiten auszuschließen sind. Dies ste- he weder im Gesetz, noch wäre eine derartige Position wirklich haltbar.

Ausrichtung auf kurative Medizin genügt nicht

„Wandel des Arztbildes unter ökonomischen Zwängen?" — dieser Frage ging Prof. Dr. Christoph Fuchs, Hauptgeschäftsführer der Bundesärztekammer, in seinem Vor- trag nach. Die Errungenschaften der modernen Medizin hätten in den vergangenen Jahrzehnten innerhalb eines funktionierenden Solidarsy- stems unzähligen Patienten zur Ver- fügung gestellt werden können. In- folge des medizinischen Fortschritts sei auch die Lebenserwartung gestie- gen. Je mehr die Medizin vermag, desto höher sei jedoch statistisch ge- sehen der Krankenstand einer Be- völkerung. Kranke, die früher gestor- ben wären, würden heute dank des medizinischen Fortschritts am Leben erhalten. Das führe zwangsläufig zu Kostensteigerungen im Gesundheits- wesen. Bei einer solchen Fort- schritts-Kosten-Spirale lasse sich ein Sättigungspunkt nicht erkennen. In- soweit bestehe die Gefahr, daß das

Gesundheitswesen auf eine Budge- tierung und damit auf eine Rationie- rung von Gesundheitsleistungen zu- steuere.

Wenn Gesundheit als die Kraft verstanden würde, mit Störungen zu leben, dann genüge eine alleinige Ausrichtung auf die kurative Medi- zin nicht. Auf jeden Fall sei es not- wendig, die Präventivmedizin, die so- ziale Vor-, Für- und Nachsorge und die Gestaltung des Lebensabends stärker zu gewichten. Der Arzt müs- se sich dessen bewußt sein, daß er mit jeder kostenwirksamen Maßnah- me für den einen Patienten den Handlungsspielraum für den ande- ren Patienten einengt. Das Wohl des Patienten um jeden Preis werde rela- tiviert durch eine übergeordnete Verantwortung, durch die der Arzt gezwungen werde, statistische Risi- ken einzugehen. Um der Rationie- rung zu entgehen, bedürfe es des- halb der Rationalisierung, also der Ausschöpfung aller Finanzierungsre- serven und Einsparmöglichkeiten.

Trotzdem müsse der kurativ täti- ge Arzt unverändert darum kämp- fen, Deckelungsbemühungen bei den Gesundheitsausgaben entgegenzu- wirken. Er werde jedoch auch Ver- ständnis dafür haben müssen, daß Entscheidungen getroffen werden müssen, die aus übergeordneten po- litischen Überlegungen eine größere Verteilungsgerechtigkeit zum Ziel haben.

Nach Prof. Dr. Hans Bernhard Wuermeling, Gerichtsmediziner in Erlangen, darf man über die ökono- mischen Fragen des Rechts auf Me- dizin nur diskutieren, wenn es keine Lebenswert- oder Lebensunwert- Diskussion gibt. Nur dann könne man Entscheidungen zur Nichtbe- handlung, zur Nichtanwendung die- ser oder jener medizinischen Maß- nahme verantworten. Der einzelne, der ja ein Universum für sich sei, sei zunächst dafür verantwortlich, selbst gut zu sein. Damit sei er dem Verbot unterworfen, Schlechtes zu tun.

Dann erst riefen ihn die Pflichten zum Tun des Guten. Bescheiden werde er akzeptieren müssen, daß er damit in Grenzen bleiben muß, und daß es ein Geschehen, etwa den Tod gebe, daß ihm solche Grenzen im- mer setzt. Kli A-2158 (36) Dt. Ärztebl. 88, Heft 24, 13. Juni 1991

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