Zur Fortbildung Aktuelle Medizin
FÜR SIE GELESEN
Clostridiumtoxin Ursache der
pseudomembranösen Kolitis?
Die Ursache der pseudomembranö- sen Kolitis sowie der antibiotika-in- duzierten Durchfälle ist Gegenstand der Spekulation; nachdem ein fil- trierbares hitzelabiles Toxin im Stuhl der Patienten festgestellt worden war. Die Mutmaßung, daß es sich um ein Clostridiumtoxin handeln könn- te, konnte jetzt durch entsprechen- de Untersuchungen untermauert werden. Ein Clostridium-sordelli- Toxin konnte nämlich im Stuhl von neun untersuchten Patienten mit ei- ner pseudomembranösen Kolitis so- wie bei zwei Patienten mit einer anti- biotikainduzierten Diarrhö nachge- wiesen werden. Eine gezielte anti- biotische Therapie, zum Beispiel mit Vancomycin oder mit einem Antito- xin, erscheint jedoch zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht gerechtfer- tigt.
Larson, H. E., Price, A. B.: Pseudomembranous colitis: presence of clostridial toxin, Lancet 2 (1977) 1312-1314 - Clinical Research Centre and Northwick Park Hospital, Watford Road, Harrow, Middlesex HA1 3uJ
Rheumatoide Arthritis und orale Kontrazeptiva
Frequenzanalysen der rheumato- iden Arthritis im Rahmen einer pro- spektiven Langzeitstudie bei etwa 46 000 Frauen im gebärfähigen Alter haben ergeben, daß die Erkran- kungshäufigkeit in der Gruppe der Frauen, die die hormonale Kontra- zeption anwenden, halb so groß ist wie in der Vergleichsgruppe der Frauen, die die Pille nicht nehmen.
Bei den Frauen, die die Pille abge- setzt haben, entspricht die Morbidi- tät in etwa der der Kontrollgruppe.
Wenn dieser positive Effekt der hor- monalen Kontrazeption in absoluten Zahlen ausgedrückt auch klein ist, 1 von 3000 Frauen wird pro Jahr vor der Erkrankung geschützt und kei- ne Frau wird aus diesem Grund die Pille einnehmen, so gibt diese
Untersuchung doch einen Hinweis auf den Wirkungsmechanismus der Pille und die Ätiologie der rheuma- toiden Arthritis. Sie unterstützt die Annahme, daß hohe Östrogenspie- gel während der Gravidität oder be- dingt durch die Einnahme der Pille die Lymphozytentransformation und damit die zellgebundene Immunre- aktion unterdrücken können. Göe
Reduction in Incidence of Rheumatoid Arthritis Associated with Oral Contraceptives, Royal College of General Practitioners' Oral Con- traception Study, Lancet I (1978) 569-571
Prostataphosphatase-RIA
Bereits ein „kleines" Prostatakarzi- nom sezerniert mehr saure Prostata- phosphatase (SPP) in die Zirkulation als ein Adenom. Die konventionelle SPP-Messung durch Spektrophoto- metrie (SPEK) wurde erst bei fortge- schrittenem Prostatakarzinom posi- tiv; sie verhinderte nicht, daß 90 Pro- zent der Karzinome erst nach Meta- stasierung entdeckt wurden. Die si- multane SPP-Messung durch SPEK und RIA bei 113 Prostatakarzinom- patienten zeigte ein Überschreiten der Normwerte in:
N RIA SPEK pos. pos.
Stadium A 24 33% 12%
Stadium B 33 79% 15%
Stadium C 31 71% 29%
Stadium D 25 92% 60%
Falsch-positive SPP-RIA hatten 6 Prozent der Prostataadenompatien- ten, 4 Prozent der Patienten mit tota- ler Prostatektomie und 11 Prozent der non-Prostatakarzinompatienten.
Der SPP-RIA verbindet die Spezifität einer Antigen-Antikörper-Reaktion mit der Sensitivität der Radioiso- topen-Techniken. Die Trefferquote beim lokal begrenzten, kurablen Prostatakarzinom ist bemerkens- wert. Rezidive werden nachgewie- sen. Mit dem Prostataphosphatase- RIA erfuhr der älteste „Tumor-Mar- ker" eine Renaissance! ATE
Fothi, A. G., Cooper, J. F., Herschman, H., Mal- vaez, R. R.: Detection of prostatic cancer by solid-phase radioimmunoassay of serum pros- tatic acid phosphatase, New Engl. J. Med. 297 (1977) 1357-1361; Dr. Foti at the Department of Research, Southern California Permanente Medical Group of Research, Los Angeles USA
Kolon- und Rektumpolypen
invasivem Karzinom als fokales Kar- zinom. Durchaus gleiches gilt für Bezeichnungen wie maligner Polyp, malignes Adenom und ähnliches.
Findet der Endoskopiker oder Chir- urg in der pathohistologischen Be- gutachtung heute solche Diagno- sen, so muß er den begutachtenden Pathologen ausdrücklich fragen, ob hiermit ein Adenom mit schweren Zellatypien oder ein Adenom mit in- vasivem Adenokarzinom gemeint ist.
Bezeichnungen wie „maligner Po- lyp" können zu Mißverständnissen von weitreichender Tragweite füh- ren. Beispiel: pathohistologische Diagnose „maligne entarteter Po- lyp" — Rektu mexsti rpation — tatsäch- lich Adenom mit schweren Zellaty- pien, damit Therapie der Wahl Po- lypektomie und nicht Rektumexstir- pation! Ausdrücke wie maligner Po- lyp, malignes Adenom, fokales Kar- zinom und ähnliche sind unklar, ha- ben daher heute keine Berechtigung mehr und sollten als Diagnosen ab- gelehnt werden. Um Mißverständ- nisse zu vermeiden und eine einheit- liche, auch international akzeptierte Sprache von Pathologen, Endosko- pikern und Chirurgen zu erreichen, sollten heute allein die klinisch rele- vanten, eindeutig definierten Be- zeichnungen der WHO-Klassifika- tion verwendet werden.
Literatur
(1) Arbeitsgemeinschaft für Chirurgische On- kologie der Deutschen Gesellschaft für Chir- urgie: Praxis der Krebsbehandlung in der Chir- urgie. 4. Das Kolonkarzinom, 1977- (2) Bussey, H. J. R.: Familial polyposis coli, Johns Hopkins University Press, Baltimore/London, 1975 - (3) Hermanek, P.: Operative Endoskopie als kura- tive Therapie der Frühstadien gastrointestina- ler Krebse, in: Demling, L., Koch, H. (Ed.): Ope- rative Endoskopie. In Druck - (4) Hermanek, P.:
Nomenklatur von „Frühformen" maligner Ver- änderungen am Gastrointestinaltrakt, Synop- sis identischer und differenter Begriffe, in:
Henning, H. (Hrsg.): Fortschritte der gastro- .
enterologischen Endoskopie, 1977. In Druck - (5) Morson, B. C., Sobin, L. H.: Histological typ- ing of intestinal tumours, International his- tological classification of tumours No. 15, World Health Organ ization, Geneva, 1976 - (6) Muto, T., Bussey, H. J. R., Morson, B. C.: The evolution of cancer of the colon and rectum, Cancer 36 (1975) 2251-2270
Anschrift der Verfasser:
Professor Dr. med. Paul Hermanek Dr. med. Thorolf Hager
Abteilung für Klinische Pathologie Chirurgische Klinik
Maximiliansplatz, 8520 Erlangen
1180 Heft 20 vom 18. Mai 1978 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT