A 1776 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 110|
Heft 39|
27. September 2013PRIVATE KRANKENVERSICHERUNG
Niedrige Zinsen – steigende Prämien
Die anhaltende Niedrigzinsphase macht den privaten Krankenversicherungen zu schaffen.
W
er jetzt im Herbst einen Brief von seiner privaten Krankenversicherung (PKV) im Briefkasten vorfindet, schwankt zwischen Vorfreude und Sorge: Im Kuvert könnte einerseits eine Mit- teilung über die Beitragsrückerstat- tung für das Jahr 2012 sein (je nach Tarif), aber auch eine Prämienan- passung für das nächste Jahr ange- kündigt werden (nach oben, ver- steht sich).Neben der steigenden Lebenser- wartung und dem ausgabentreiben- den medizinischen Fortschritt sind es aktuell vor allem die anhaltend niedrigen Zinsen am Kapitalmarkt, die das Kalkulationsprinzip der PKV nicht aufgehen lassen und für steigende Prämien sorgen.
Wie funktioniert die private Krankenversicherung? Ausgehend vom Alter und vom Gesundheitszu- stand des Neukunden berechnet die Versicherung bei Vertragsab- schluss, wie hoch die Krankheits- kosten sind, die dieser Versicherte voraussichtlich bis zu seinem Tod (laut Sterbetafel) verursachen wird.
Diese Summe wird dann durch die Anzahl der statistisch verbleiben- den Lebensmonate geteilt, woraus sich die vermeintlich lebenslang konstante Monatsprämie ergibt. Die Zinserträge auf die Alterungsrück- stellungen der Versicherten, die in der Ansparphase gebildet werden (Grafik), spielen für diese Kalkula- tion eine wichtige Rolle. Dabei ba- sieren die Alt-Tarife auf einem Rechnungszins in Höhe von 3,5 Prozent. Für die neuen Unisex-Tari- fe seit Anfang 2013 hat die Branche den Rechnungszins vorsorglich be- reits auf 2,75 Prozent gesenkt. Er- wirtschaftet ein Anbieter weniger Ertrag auf die Alterungsrückstel- lungen seiner Versicherten, ist er verpflichtet, den Rechnungszins zu senken und die Prämie entspre- chend zu erhöhen.
Im April dieses Jahres konnten nun 18 private Krankenversiche- rungsunternehmen nicht nachwei- sen, dass sie auch künftig den in der Kalkulation verwendeten Rech- nungszins in Höhe von 3,5 Prozent sicher erwirtschaften werden. Das geht aus einer Antwort des Bundes- finanzministeriums auf eine Anfra- ge von Harald Weinberg (Die Lin- ke) hervor. Danach liegen die „ak- tuariellen Unternehmenszinse“ die- ser Versicherer „nur“ zwischen 2,86 und 3,48 Prozent. Sie müssen jetzt den Rechnungszins mit Wirkung zum 1. Januar 2014 absenken. Zum 31. März 2013 waren etwa 2,9 der
insgesamt knapp neun Millionen privat Krankenversicherten bei die- sen 18 Unternehmen versichert.
Wer eine solche Prämienanpas- sung nicht klaglos hinnehmen will, kann den Anbieter wechseln, seine Selbstbeteiligung erhöhen, Leis- tungsausschlüsse vereinbaren oder den Tarif wechseln. Da Altkunden ihre Alterungsrückstellungen nicht mitnehmen dürfen, lohnt sich der Wechsel zu einem anderen Versi- cherer für sie nicht. Nur Versicher- te, die von 2009 an in die private
Krankenversicherung eingetreten sind, können ihre Rücklagen in den neuen Versicherungsschutz einbrin- gen. Nach § 204 Versicherungsver- tragsgesetz kann aber jeder Versi- cherte unter Anrechnung der Alte- rungsrückstellung in einen anderen Tarif seiner PKV mit gleichartigem Versicherungsschutz wechseln. Nur wenn der Zieltarif Mehrleistungen vorsieht, darf der Anbieter Risiko- zuschläge oder Leistungsausschlüs- se vereinbaren.
Doch nicht alle Anbieter und Makler sind kooperativ, wenn der Versicherte sein Recht auf einen Ta- rifwechsel einfordert. In diesem
Fall sollte sich der Versicherte zu- nächst beim Versicherer selbst be- schweren, beispielsweise beim Vor- stand. Sind die Fronten verhärtet, kann der PKV-Ombudsmann als Schlichter eingeschaltet werden.
Gegen Honorar bieten auch unab- hängige Versicherungsberater und spezialisierte Agenturen Hilfe beim Tarifwechsel an. Sie haben sich auf den PKV-Tarifwechsel spezialisiert und kennen sich gut im Tarif -
dschungel aus.
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Jens Flintrop GRAFIK
Das Versprechen der PKV: lebens- lang konstante Prämien für die Versicherten Kalkulationsprinzip der PKV
Euro
Alterungs- rückstellung
Ansparphase
Entsparphase Verlauf der Krankheitskosten
zu zahlende konstante Prämie
Eintrittsalter
Alter
Quelle: PKV-Verband