• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Hexenjagd?!" (04.03.1976)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Hexenjagd?!" (04.03.1976)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Die Information:

Bericht und Meinung

Gesellschaftliche Gesundheit

Wenn Halb- und Ganzlinke in unse- rem Land über das Gesundheits- wesen räsonieren, dann fehlt der Vorwurf nicht, daß im kapitalisti- schen System lediglich ein Interes- se bestehe: die Arbeitskraft der Ausgebeuteten zu reparieren. Jo- seph Schölmerich (Scholmer) hat das beispielsweise immer wieder behauptet, obwohl er eigentlich wissen müßte, daß ein großer Teil der Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung in der Bun- desrepublik der Behandlung von Familienangehörigen und Rentnern gewidmet ist. Im anderen Teil Deutschlands hat man ganz offen die Reparatur der Arbeitskraft zur Aufgabe der Ärzte gemacht: So werden Planziffern für die Krank- heitszeiten aufgestellt und den Be- triebsärzten Anweisungen über de- ren Einhaltung gegeben.

Das Groteske ist nun, daß es aus- gerechnet Sozialdemokraten sind, die heute mit einer neuen Defini- tion des Begriffes „Gesundheit"

auch bei uns wieder zu der kapita- listischen oder kommunistischen

„Arbeitskraft-Reparatur" zurück- kehren. Die Gesundheitsdefinition der Weltgesundheitsorganisation („... Zustand des völligen geisti- gen, körperlichen und sozialen Wohlbefindens, nicht nur der Zu- stand des Freiseins von Krankheit") erscheint, so schrieb der Unterab- teilungsleiter im Bundesarbeitsmi- nisterium und DGB-Altfunktionär Albert Holler in der Zeitschrift des Ortskrankenkassenverbandes, „zu individualistisch" — für Sozialisten ist Individuelles eben ein Greuel.

Und so fanden die „Sozialdemo- kraten im Gesundheitswesen"

(ASG), Nachfolger der ASÄ, eine neue Definition. Sie heißt: „Ge- sundheit des Menschen als eines sozialen Wesens ist sein Vermö- gen, gegenwärtig und zukünftig un- gefährdet diejenigen Funktionen störungsfrei zu erfüllen, die ihm nach seinen gesellschaftlichen Be- zügen zukommen."

DER KOMMENTAR

Also: Gesundheit ist, wenn die Funktionen funktionieren — das wäre an sich wohl ein guter Ansatz für eine Definition, aber: Nur sol- che Funktionen brauchen zu funk- tionieren, die dem Menschen

„nach seinen gesellschaftlichen Bezügen zukommen" — also kei- neswegs alle und nicht bei jedem die gleichen. Da ein Parteivorsit- zender nicht den Spaten in die Erde zu stoßen braucht, ist er nach dieser Definition auch dann noch gesund, wenn er sich beide Arme und ein Bein gebrochen hat: Bei seinen „gesellschaftlichen Bezü- gen" kommen ihm gesunde Arme und Beine nicht zu.

Diese scherzhafte Übertreibung soll die „Sozialdemokraten im Gesund- heitswesen" schmerzhaft darauf stoßen, daß sie drauf und dran sind, ihrer Partei genau die Un- menschlichkeit aufzuschwatzen, die manche ihrer Freunde dem Ka- pitalismus vorwerfen, die wir im Kommunismus beobachten: Welche Funktionen kommen einem Rent- ner zu, dessen gesellschaftliche Bezüge auf Privates reduziert sind?

Welche einem Schüler, von dem man noch nicht weiß, welchen Be- ruf er einmal ergreifen wird — oder gar, wenn man es schon weiß?

Welche der Hausfrau? Welche dem geistig Behinderten?

Man kann vernünftigerweise nicht bestreiten, daß der Mensch auch ein soziales Wesen ist. Und infol- gedessen werden hin und wieder bei seiner gesundheitlichen Be- treuung und Behandlung auch Überlegungen über seine gesell- schaftlichen Bezüge und die dafür erforderlichen Funktionen einflie- ßen müssen und dürfen.

Die Ausschließlichkeit der Definition ist unmenschlich. Man kann einen Satz, der an dieser Definition des Menschen aufgehängt ist, dre- hen und wenden wie man will — eine solche Gesundheitsdefinition reduziert sich dann immer wieder auf die Reparatur der, von wem auch immer, auszubeutenden Ar- beitskraft. bt

DIE GLOSSE

Hexenjagd?!

Lieber Sternleser!

Henri Nannen („Herzlichst Ihr") hat Ihnen einen Jammerbrief geschrie- ben, nachdem Bundesärztekammer und Kassenärztliche Bundesverei- nigung gegen den „Stern" Strafan- trag gestellt und Strafanzeige er- stattet hatten. Leider hat Nannen Ihnen nicht geschrieben, weshalb dies geschah. Und wenn es nach Henri Nannen ginge, würden Sie

das auch nie erfahren: Wie will es die Ärzteschaft auch schaffen, Sie zu informieren? „Die Westfalenhal- le faßt 24 000 Besucher, der ,Stern' erreicht in jeder Woche achtein- halb Millionen Leser", höhnt Henri Nannen werberisch. Eine Milch- mädchenrechnung gleicher Güte wie die Rechenkunststücke des

„Stern" um die angeblichen Arzt- einkommen. Jeder analphabetische Milchmann könnte es sich besser ausrechnen: 60 Mille Wartezimmer mal x mal y mal z, aber nicht mal

„Stern"! Wir werden's ja sehen.

Hexenjagd. Der Vorwurf, der in die- ser Kennzeichnung liegt, trifft ei- nen altgedienten Propagandisten auch dann, wenn er ursprünglich gar nicht auf ihn gemünzt war. Aller-

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 10 vom 4. März 1976 625

(2)

Informationsabteilung der Bundesärztekammer und der

Kassenärztlichen Bundesvereinigung

Sehr verehrte Frau Doktor!

Sehr geehrter Herr Doktor!

Mitte 1975 wurde die Wartezimmer-Aktion „Ein guter Rat von Ihrem Arzt"

gestartet. Der Anfangserfolg war gut, die Nachfrage so groß, daß die Auslieferung des Informationsmaterials mit Anlaufschwierigkeiten verbunden war. Diese Mängel sind inzwischen behoben, die Organisation wurde erheblich verbessert.

Mit unserer ersten unentgeltlichen Aussendung an alle niedergelassenen Kassen- ärzte versuchen wir nun noch mehr Interessenten für die Wartezimmer-Aktion der deutschen Ärzteschaft zu gewinnen. Weshalb?

Durch augenfällige Grafiken und geeignete Schriften sollen die Patienten im Wartezimmer in erster Linie über allgemeine Gesundheitsfragen informiert werden.

Jeder Patient soll spüren, daß auch gesundheitliche Aufklärung Bestandteil der ärztlichen Beratung ist.

Die auergewöhnlich preiswerten Wechselrahmen bieten wir zum Selbstkosten- preis an, damit möglichst bald in allen Wartezimmern ein „schwarzes Brett" zur

Verfügung steht. Einerseits, weil die gesundheitliche Aufklärung kontinuierlich erfolgen soll. Andererseits sind Entwicklungen denkbar, die es erforderlich machen könnten, daß die Ärzte ihren Patienten auch über andere - z. B. sozial-, gesundheits- oder berufspolitische - Probleme informieren. Und dann ist es wichtig, über ein dichtes Informationsnetz zu verfügen.

In den Wartezimmern können die Ärzte die gesamte Öffentlichkeit besser infor- mieren, als dies mit irgendeinem anderen Medium möglich ist.

Ihr Entschluß, die Wartezimmer-Aktion zu unterstützen, sollte unter beiden Aspekten gesehen werden.

Mit freundlichen Grüßen

(Sylvester Wähler)

5 Köln 41-Lindenthai Haedenkarnpstraße 5 Postfach-Nr. 410506 Telefon: 0221-413038/9

Hexenjagd

dings bietet Henri Nannen auch keinen besseren Begriff anstelle der „Hexenjagd auf Ärzte", an der sich seine Zeitschrift so besonders typisch beteiligt hat.

Henri Nannen: „Ich wüßte auch nicht, warum wir eine solche He- xenjagd veranstalten sollten. Ärztli- cher Kunst verdanke ich mein Le- ben, als ich mit einem perforierten Blinddarm in letzter Minute ins Krankenhaus eingeliefert wurde.

Ärzten verdanke ich das Leben meiner Frau, die rechtzeitig zur Krebsvorsorgeuntersuchung ging und gerettet wurde. Aber stellt das den ärztlichen Stand von jeder Kri- tik frei? Müssen wir vor deh Medi- zinmännern kuschen, nur weil wir ihnen ‚letzten Endes' alle einmal ausgeliefert sind?" Von „Kuschen"

ist aber in der Aufklärungsaktion der Ärzteschaft so wenig die Rede wie von „Kritik" an bloßer Kritik.

Sondern davon, daß Henri Nannen die Ärzte, denen er sein Leben, und die Ärzte, denen er das Leben seiner Frau — sein Wort: — ver- dankt, mit und in seinem Blatt als

„Die Beutelschneider" = Taschen- diebe diffamiert bzw. diffamieren läßt! Darum (vor allem anderen) geht es nämlich in Strafanzeige und Strafantrag gegen den „Stern".

Das verschweigt Henri Nannen lei- der seinem lieben Sternleser; aber jedem intelligenten Mitleser verrät das larmoyante Verschweigen des entscheidenden Faktums Nannens Schuldbewußtsein, daß die Diffa- mierung der Ärzte durch den

„Stern" sehr wohl etwas mit He- xenjagd zu tun hat. DÄ

ZITAT

„Weshalb gewisse Kreise die- se Hexenjagd auf Ärzte seit Wochen systematisch betrei- ben, gibt der Stern am Ende des Artikels mit brutaler Of- fenheit als Quintessenz selbst zu: Man will öffentlichen Druck erzeugen, der uns Ärz- ten unangenehm ist. So will man uns zermürben." (Aus:

Anzeige von BÄK und KBV in „Die Welt" v. 11. 2. 1976) Die Information:

Bericht und Meinung

Patienten-Ratgeber

In zahlreichen Praxen findet man heute schon gute Informations- schriften. Aber Flugblätter — wie schon der Name sagt — fliegen oft herum. Da das optisch schöne, or- dentliche und hygienische Angebot der Information oft nur ein Organi- sationsproblem ist, bietet die Infor- mationsabteilung Ihnen als Infor- mationsständer den „Patienten- Ratgeber" an. Auf einer Stellfläche von ca. 25 x 30 cm (ca. DIN A 4) können Sie in diesem praktischen Kunststoffständer nahezu alle In- formationsschriften in gängigen DIN-Formaten übersichtlich einord- nen. Der „Patienten-Ratgeber"

wird Ihnen auf Anforderung kosten- los zur Verfügung gestellt.

626 Heft 10 vom 4. März 1976 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Dieses Werkzeug ist unter .NET neu zu implementieren, wobei sein Kern aus einer Menge von Web-Services bestehen soll, die zum Beispiel folgende Funktionalität anbieten:.

Vielleicht erkennst auch du dich in dem einen oder anderen Punkt wieder und kannst dies nun im Hinterkopf behalten, wenn du den nächsten Mann kennenlernst.. Es

Krimmel Alkoholiker in einem Atemzug mit Dra- chenfliegern und Rennfah- rern genannt werden, ist an ihm – hoffentlich nicht am ge- samten Vorstand der KBV – offensichtlich

Federal Institute for Occupational Safety and Health Friedrich-Henkel-Weg 1-25. 44149

ging noch eine Strecke geradeaus und blickte sich um: der Hügel war. kaum noch zu sehen; die Leute darauf erschienen

Afrikas Bevölkerung wird sich laut einer Prognose der Vereinten Nationen in den nächsten 30 Jah- ren verdoppeln, was letztlich be- deutet, dass noch mehr Menschen nach

Stärke richtet sich nach dem Alter und der gewünschten Leseentfer- nung: je kürzer diese ist, desto stär- ker muss die Brille sein.. Wer bisher normalsichtig war, mag mit einer

Description: CALL FOR PAPERS: Centering Gender History (Womens and Gender Historians of the Midwest Conference) The Womens and Gender Historians of the Midwest announces a Call