Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 110|
Heft 21|
24. Mai 2013 A 1009B
eim Blick in die Medien kann man zeitweise den Eindruck gewinnen, Ärzte seien entweder kor- rupt (weil sie sich von der Pharmaindustrie bestechen ließen), unfähig („Ärztepfusch“) oder geldgeil (weil sie viel mehr operierten als nötig). Das ist ebenso falsch wie ärgerlich, auch wenn der Großteil der Bevölkerung zu unterscheiden weiß zwischen veröffentlichter Mei- nung und Realität, wie das unverändert hohe gesell- schaftliche Ansehen des Arztberufs belegt.Der Deutsche Ärztetag bietet jedes Jahr die Gelegen- heit, die Unwucht in der öffentlichen Wahrnehmung ärztlicher Arbeit zu korrigieren und überdies eigene Schwerpunkte zu setzen. Der Präsident der Bundesärz- tekammer, Prof. Dr. med. Frank Ulrich Montgomery, hat dies bereits vor dem Ärztetag, der am 28. Mai in Hannover eröffnet wird, getan. Er hat klargestellt, dass die ärztliche Selbstverwaltung gegen schwarze Schafe in den eigenen Reihen vorgeht und sich auch nicht gegen neue strafrechtliche Regelungen sperrt, wenn sie keine
„Lex specialis“ für Ärzte sind.
Im Interview mit dem Deutschen Ärzteblatt begrün- det Montgomery, weshalb es wichtig ist, dass der Ärz- tetag sich mit der Frage „Wie viel Markt verträgt die Medizin?“ auseinandersetzt (siehe Interview in diesem Heft). Dass solche Diskussionen durchaus greifbare Resultate bringen können, zeigt sich bei den fragwürdi- gen Chefarzt-Boni für OP-Stückzahlen. Nach breiter, zunächst innerärztlicher Diskussion sah sich der Ge- setzgeber zum Handeln veranlasst, so dass nun eine hoffentlich wirksame Bremse eingebaut werden konnte.
Ärztinnen und Ärzte nehmen die ethischen Ver- pflichtungen ihres Berufs und ihre Verantwortung für die ihnen anvertrauten Patienten ernst. Dass die Ein- kommensschwächsten von Präventions- und Behand- lungsangeboten eben nicht im gleichen Umfang er- reicht werden wie die Einkommensstarken, wird beim Tagesordnungspunkt „Armut und Gesundheit“ deut lich werden. Es ist gut, dass die Ärzteschaft dieses Problem in einem Wahljahr in den Blickpunkt rückt.
Genau so wichtig ist die Zukunft der Krankenversi- cherung in Deutschland. Hier wird der Ärztetag aller
Voraussicht nach einer Verschmelzung von gesetzlicher und privater Krankenversicherung in eine Bürgerversi- cherung abermals eine Absage erteilen, um präventiv falsche Weichenstellungen nach der Bundestagswahl zu verhindern. Dabei geht es nicht nur um finanztechni- sche Probleme. Vielmehr steht die Frage zur Debatte, ob es der gesetzlichen Krankenversicherung künftig er- spart werden soll, sich an einem Gegenmodell messen zu lassen.
Wenn das Ärzteparlament ernsthaft um Lösungen ringt, ist das immer gewürdigt worden. Braucht ein Berufsstand, der einmal im Jahr so im Blickpunkt steht, eine Imagekampagne, wie sie kürzlich die Kas- senärztliche Bundesvereinigung gestartet hat? Zahlrei- che Leser, die der Redaktion dazu geschrieben haben, sehen das durchaus kritisch. Sie haben recht, dass zu- friedene Patienten die beste Werbung für den Arztberuf sind. Wer sich allerdings über einseitige und interes- sengeleitete Darstellungen des eigenen Berufs ärgert, darf sich in einer freien pluralistischen Gesellschaft nicht scheuen, aktiv in die Öffentlichkeit zu gehen.
Nicht ohne Grund lautet der alte Wahlspruch der Öf- fentlichkeitsarbeiter „Tue Gutes und rede darüber“.
Und mit dem Motto „Wir arbeiten für Ihr Leben gern“
sollten sich alle Ärztinnen und Ärzte identifizieren können.
VOR DEM 116. DEUTSCHEN ÄRZTETAG
„Tue Gutes . . .“
Heinz Stüwe
Heinz Stüwe Chefredakteur