Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 112|
Heft 6|
6. Februar 2015 A 207K
orruption im Gesundheitswesen beeinträchtigt den Wettbewerb, verteuert medizinische Leistun- gen und untergräbt das Vertrauen von Patienten in die Integrität heilberuflicher Entscheidungen.“ Mit diesem bedeutungsschweren Satz beginnt der vergangene Wo- che vom Bundesjustizministerium veröffentlichte erste Entwurf für das Strafrechtsänderungsgesetz zur Be- kämpfung der Korruption im Gesundheitswesen.Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) will so eine vermeintliche Lücke schließen, die der Bundesgerichts- hof im März 2012 durch die Feststellung geschaffen hat, für niedergelassene Vertragsärzte seien die Korrup- tionstatbestände des Strafgesetzbuches nicht anwend- bar – damals war das Wasser auf die Mühlen von Orga- nisationen wie Transparency International. Trotz der im ständischen Berufsrecht verankerten Möglichkeiten der ärztlichen Selbstverwaltung, etwaige Vorwürfe zu prü- fen und schwarze Schafe zu bestrafen, wurde so politi- scher Druck geschaffen, der jetzt mit dem neuen Gesetz wieder genommen werden soll.
Das Vorhaben, so die Kassenärztliche Bundesvereini- gung in einer ersten öffentlichen Reaktion, könne „klare Verhältnisse für alle Beteiligten schaffen“ – für die, die unerlaubte Vorteile gewähren, genauso wie für die, die sie annehmen. Voraussetzung sei aber, so der KBV-Vor- standsvorsitzende Dr. med. Andreas Gassen auf dem Neujahrsempfang der Ärzte in Berlin, „dass eine klare Abgrenzung stattfindet von sinnvoller Kooperation ge- genüber solcher, die einen Straftatbestand erfüllt“.
Die angelehnt an Regelungen zu Straftaten gegen den Wettbewerb sowie Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr erfolgten Vorschläge des neuen Paragrafen 299 a StGB, aber auch die Auswei- tung des Paragrafen 300 sowie die relative Antrags- pflicht als Voraussetzung für die Strafverfolgung (§ 301) sind alles andere als lapidar: Sie sehen Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren oder entsprechende Geldstrafen vor, in besonders schweren Fällen sogar bis zu fünf Jahre Freiheitsentzug. Diese Regelungen sollen, wie von Bundesärztekammer-Präsident Prof. Dr. med.
Frank Ulrich Montgomery gefordert, nicht nur für Ärz- te, sondern für sämtliche Heilberufe gelten.
All das ist, wie die ersten Reaktionen auf den Entwurf des Justizministers zeigen, wegen schon vorhandener Ahndungsmöglichkeiten aus Sicht der Selbstverwaltung eigentlich nicht nötig. Im Gegen- teil: Die Gesetzgebung, die durch eine Reihe von Erläuterungen ergänzt ist, wird in der Rechtspre- chung eine Menge ungeklärter Fragen aufwerfen, Beschäftigung also für Juristen über die kommen- den Jahre.
Was „kleinere, geringfügige Geschenke“ ohne kor- ruptive Absichten sind, was unzulässige Vorteilsnahme ist, wann ein entstandener Vorteil den Vorwurf der Be- stechlichkeit rechtfertigt – über all das werden sich, so das Gesetz in der jetzt vorliegenden Form kommen sollte, Fachleute die Köpfe zerbrechen.
Der Handlungsrahmen für Ärzte und ihre Patienten dürfte dadurch nicht einfacher, nicht unvorbelasteter werden. So lange nicht klar und präzise ausgelotet ist, was da für oder gegen wen gilt, ist das Gesetz alles an- dere als vorteilhaft.
Auch dass die Krankenkassen neben Geschädigten, Wettbewerbern, Berufsorganisationen und Kammern in die Reihe der Antragsberechtigten zur Verfolgung von Straftatbeständen einbezogen werden sollen – laut
„Spiegel“ ein Vorschlag von Bundesgesundheitsminis- ter Hermann Gröhe (CDU) zur Debatte – macht den Prozess sicherlich nicht einfacher.
GESETZENTWURF ZUR KORRUPTION
Schwarze Schafe bestrafen
Egbert Maibach-Nagel
Egbert Maibach-Nagel Chefredakteur