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Archiv "Erfolgreiche Behandlung des Stotterns mit Haloperidol" (14.08.1975)

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin AUS DER PRAXIS - FÜR DIE PRAXIS

Die Anwendung von Neuroleptika in der medikamentösen Therapie des Stotterns ist seit Seeman (1934) immer wieder mit wechseln- den Erfolgen versucht worden. Die- se intuitiv und subjektiv orientier- ten Studien (Arnold) waren jedoch wegen unzureichender statistischer Bearbeitung des Materials insge- samt nur vereinzelt geeignet, ein signifikantes Bild über die Effektivi- tät der angewandten Medikamente zu vermitteln. Darüber hinaus be- steht bis heute im psychologisch- pädagogischen Bereich eine deut- liche Abneigung gegen jede medi- zinische Behandlung der Stotterer, da man glaubt, der Sozialneurose des Stotterns vorwiegend mit Hilfe psychologischer Methoden bei- kommen zu können.

1962 berichteten Gattuso und Leo- cata erstmals über Behandlungser- folge mit Haloperidol bei 50 stot- ternden Kindern. Sie stellten die besten Erfolge in der Altersgruppe zwischen fünf und acht Jahren fest.

Weitere Feldstudien verschiedener Autoren bestätigten dieses Ergeb- nis, waren aber wegen geringer Patientenzahlen und nur kurzer Be- obachtungszeiten nicht hinrei-

chend signifikant. Wegen dieser Begrenzungen im Material der Vor- untersucher erschien es angezeigt, an einem größeren Material, das altersmäßig weit gestreut ist, die Effektivität von Haloperidol in der medikamentösen Behandlung des Stotterns zu kontrollieren und über einen längeren Zeitraum zu beob- achten.

Methodik

90 Stotterer mit verschiedenen Ar- ten der Balbuties im Alter von 5 bis 33 Jahren erhielten im Doppel- blindversuch mit Placebo und gleichzeitiger Sprachheiltherapie Haloperidol in Dosierungen zwi- schen 0,3 bis 0,5 mg = 3 bis 5 Tropfen dreimal täglich über einen Zeitraum von etwa sechs Monaten.

Vor und nach dem Versuch wurden Sprachproben auf Tonband aufge- zeichnet und in bezug auf die Häu- figkeit von Sprachflußstörungen ausgewertet. Die Daten wurden in der Abteilung für Medizinische Sta- tistik und Dokumentation (Vor- stand: Prof. Dr. Repges) mit Hilfe des Split-Plot-Plot-Verfahrens be-

Die Sprachneurose des Stot- terns wurde bisher vorwie- gend sprachtherapeutisch und psychotherapeutisch an- gegangen. Die Erfolge konn- ten meistens nicht befrie- digen. Die Erprobung des Neuroleptikums Haloperidol im Doppelblindversuch an 90 Patienten im Alter von 5 bis 33 Jahren bringt den Nachweis, daß in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle wesentliche Besse- rungen, in Einzelfällen sogar praktische Heilungen zu er- zielen sind, die auch nach Absetzen des Medikamentes nach einem halben Jahr an- halten. Bei niedrigster Dosie- rung von drei bis fünf Trop- fen dreimal täglich kann die Behandlung ambulant durch- geführt werden. Die medika- mentöse Behandlung sollte durch eine zusätzliche Sprachtherapie und Psycho- therapie ergänzt werden.

arbeitet. Ein halbes Jahr nach der letzten Kontrolle wurde die Mehr- zahl der Patienten einer erneuten Sprechprobe unterzogen.

Ergebnisse

Die statistische Bearbeitung des Materials ergibt einen signifikanten Einfluß von Haloperidol auf die Zahl der Sprachflußstörungen bei Stotterern. Geschlecht und Alter spielen dabei keine Rolle. Zwi- schen• dem Einfluß des Haloperi- dols und der Sprachtherapie be- steht eine Wechselwirkung. Ein Ein- fluß der Sprachtherapie allei- ne ist ebenfalls signifikant, wenn auch hier die Beurteilung wegen der unübersehbaren Zahl von Ein- flußgrößen schwierig ist. Bei der Nachuntersuchung nach einem halben Jahr zeigte sich, daß von den erfolgreich behandelten Pa- tienten nur ein Patient einen Rück- fall erlitten hatte; in diesem Falle

Erfolgreiche Behandlung des Stotterns

mit Haloperidol

Vorläufige Mitteilung

Peter Plath und Hans-Peter Caspers

Aus der Abteilung für Hals-Nasen-Ohren-Krankheiten der Medizinischen Fakultät an der

Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen (Vorstand: Prof. Dr. med. G. Schlöndorff)

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 33 vom 14. August 1975 2309

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Haloperidol-Behandlung des Stotterns

war eine Elektroschockbehandlung durchgeführt worden, obwohl der Patient nach dem Versuch mit Ha- loperidol fast symptomfrei war.

Nach dieser Elektroschockbehand- lung stotterte der Patient im Ver- such stärker als zu Beginn der Un- tersuchung. In der Mehrzahl der anderen Fälle waren die Patienten symptomarm beziehungsweise symptomfrei geblieben, in einzel- nen Fällen war nach einem halben Jahr aus einer Symptomarmut eine Symtomfreiheit geworden.

Beurteilung

Der von anderen Autoren an be- schränkten Patientenmaterialien beobachtete Einfluß von Haloperi- dol auf das Stottern wird in unse- rem Versuch an einem größeren Material bestätigt, wobei die Aus- wertung und die statistische Bear- beitung gegenüber den Vorunter- suchungen wesentlich strengere Maßstäbe anlegen konnte. Damit entsprach diese Untersuchung der Forderung von Arnold, daß der Ef- fekt einer medikamentösen Be- handlung auf das Stottern nur dann anerkannt werden könne, wenn die Untersuchung strengen statisti- schen Kriterien unterworfen wird.

Der statistische Nachweis einer Verringerung des Stotterns unter der Wirkung von Haloperidol, vor allem bei unterstützender Sprach- therapie, wird unterstrichen durch die Beobachtung von Einzelfällen, in denen es nach jahrelanger, praktisch wirkungsloser Behand- lung zu dramatischen Heilungen kam. Nebenwirkungen, die bei hö- herer Dosierung des Haloperidols vor allem in parkinsonähnlichen Symptomen oderdyskinetischen Re- aktionen bis zu Krampfanfällen be- stehen können, fanden sich kaum und wurden in Placebofällen häufi- ger als in Verumfällen von den Probanden angegeben, obwohl grundsätzlich auf die zusätzliche Gabe von Antiparkinsonmitteln ver- zichtet wurde. Nach einer Behand- lung mit Haloperidol hält der Effekt für ein halbes Jahr nicht nur an, sondern kann in dieser Zeit ohne

weitere Medikation eine fortschrei- tende Konsolidierung des Erfolges nach sich ziehen.

Damit steht im Haloperidol ein Neuroleptikum zur Verfügung, das statistisch signifikant eine gezielte medikamentöse Therapie des Stot- terns gestattet, den Erfolg der Sprachtherapie nachhaltig unter- stützt und bei Beachtung der Do- sierung und der möglichen Neben- wirkungen auch für die• ambulante Behandlung geeignet ist. Unsere Untersuchungsergebnisse lassen den Schluß zu, daß es nicht mehr gerechtfertigt ist, bei Stotterern al-

ECHO

Zu: „Kontusions- und perforie- rende Augapfelverletzungen durch Feuerwerkskörper" von Dr. med. Eckart Damaske in Heft 27/1975, Seite 1993 ff.

Augenverletzungen

„Auf einen erschreckenden"

Anstieg der Augenverletzun- gen bei Kindern hat das DEUTSCHE ÄRZTEBLATT hingewiesen. Dieser Entwick- lung solle durch entspre- chende Aufklärung der Eltern und durch Hinweise in den Schulen entgegengewirkt werden, heißt es in der jüng- sten Ausgabe des Blattes.

Beispielsweise sei die Zahl der während des Silvester- dienstes 1973/74 beobachte- ten schweren Augapfelverlet- zungen durch Knallkörper alarmierend. Allein in der Universitätsaugenklinik in Münster seien damals zehn schwere Fälle, davon acht bei Kindern und zwei bei Ju- gendlichen, behandelt wor- den. Jungen sind diesen An- gaben zufolge etwa viermal häufiger als Mädchen von Augenverletzungen betrof- fen." (General-Anzeiger für

Bonn und Umgebung)

lein eine psychologisch-sprachthe- rapeutische Behandlung- durch- zuführen und auf eine medikamen- töse Therapie von vornherein zu verzichten.

Zusammenfassung

Bei 90 Stotterern im Alter von 5 bis 33 Jahren wurde im Doppelblind- versuch mit Placebo und gleichzei- tiger Sprachheilbehandlung ein si- gnifikanter Erfolg erzielt, der bei einer Kontrolle nach einem halben Jahr anhielt. Damit werden frühere Berichte der Literatur statistisch si- gnifikant bestätigt. Bei einer Dosie- rung von dreimal täglich drei bis fünf Tropfen wurden Nebenwirkun- gen kaum. beobachtet. Diese Er- gebnisse berechtigen zu der For- derung, daß in jedem Falle bei Stotterern der Versuch einer halb- jährigen Behandlung mit Haloperi- dol neben einer psychologisch- sprachheiltherapeutischen Behand- lung notwendig ist.

Literatur

(1) Arnold, G. E.: Die Sprache und ihre Stö- rungen. In: Handbuch der Stimm- und Sprachheilkunde von R. Luchsinger und G. E. Arnold, Springer, Wien — New York, 1970 (Band 2) — (2) Gattuso, R., u. Leoca- ta, A.: L' Haloperidol nella terapia della balbuzie, Clin. Otorinolaring. 14 (1962), 227

— (3) Rosenberger, P. B., u. Wheelden, J. A.:

(pers. Mitt.) — (4) Seemann, M.: Zit. n. Ar- nold — (5) Tapia, F.: Haldol in the treat- ment of children with tics and stuttering and an incidental finding, Behav. Neuro- psychiat. 1 (1969), 28 — (6) Wells, P. B., u.

Malcolm, M. T.: Controlled air of the treat- ment of 36 stutterers, Brit. J. Psychiatr.

119 (1971), 603.

Anschriften der Verfasser:

Prof. Dr. med. Peter Plath Chefarzt der HNO-Klinik des Prosper-Hospitals

435 Recklinghausen Kemnastraße 3 H.-P. Caspers

Abteilung für HNO-Krankheiten der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen

51 Aachen

Goethestraße 27/29

2310 Heft 33 vom 14. August 1975 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Referenzen

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