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Archiv "Kongreß der American Heart Association: „Normales“ Cholesterin medikamentös senken?" (22.12.1997)

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iel der LIPID*-Studie war der Nachweis des präventiven Ef- fektes der medikamentösen Cholesterinsenkung nach ei- nem Herzinfarkt beziehungsweise in- stabiler Angina pectoris mit dem CSE-Hemmer Pravastatin. Bemer- kenswert an der Untersuchung – ins- besondere im Vergleich zu den vor- ausgegangenen Studien CARE* und 4S* – ist zum einen die große Zahl von Frauen, älteren Menschen und Dia- betikern sowie der Einschluß von Pa-

tienten mit instabiler Angina pectoris.

Das Patientenkollektiv in LIPID ist repräsentativ für das Patientengut in Klinik und Praxis. 11 000 Patienten wurden gescreent, 9 014 nahmen an der Studie teil.

17 Prozent der Studienteilneh- mer waren Frauen, 39 Prozent waren über 64 Jahre alt, und neun Prozent waren Diabetiker. 36 Prozent der Pa- tienten hatten eine instabile Angina pectoris ohne Infarkt durchgemacht.

Das Gesamtcholesterin lag im Schnitt

bei 218 mg/dl (Einschlußkriterium:

155–270 mg/dl), das LDL-Cholesterin bei 150 mg/dl. Die KHK-Patienten wa- ren optimal behandelt. 82 Prozent nah- men ASS, 47 Prozent einen Beta- Blocker und 34 Prozent einen Kalzi- umantagonisten ein. Zusätzlich zu die- ser Behandlung erhielten die Studien- teilnehmer 40 mg/d Pravastatin be- ziehungsweise Plazebo. Die mitt- lere Beobachtungszeit betrug sechs Jahre. Das primäre Endziel der Studie war die kardiovaskuläre Mortalität.

Im Mai diesen Jahres war LIPID aufgrund der guten Ergebnisse vor- zeitig abgebrochen worden. Die vor- läufigen Ergebnisse wurden in Or- lando vorgestellt. Der CSE-Hemmer Pravastatin hatte im Vergleich zu Pla- zebo die kardiovaskuläre Mortalität um 24 Prozent, die Gesamtmortalität um 23 Prozent, die Rate nichttödli- cher Herzinfarkte und Koronartod um 23 Prozent, die Rate tödlicher und nichttödlicher Infarkte um 29 Prozent gesenkt. Das Risiko eines Schlagan- falls wurde um 20 Prozent, die Not- wendigkeit eines chirurgischen Ein- griffs um 24 Prozent vermindert.

Alle Patientengruppen, Frauen, Ältere und Diabetiker, profitierten gleichermaßen von der Medikation.

Gravierende Nebenwirkungen, insbe- sondere Krebserkrankungen, Myopa- thien, Einschränkungen der kogniti- ven Funktion und Depressionen, wur- den nicht beobachtet. Die Schlußfol- gerung der Autoren der Studie: „Die Gabe eines CSE-Hemmers sollte bei jedem Postinfarkt-Patienten sowie bei allen Patienten nach instabiler Angina pectoris erwogen werden.“

Selbst Menschen, deren korona- res Risiko nahezu normal ist, profitie- ren von der medikamentösen Chole- sterinsenkung durch einen CSE- Hemmer. Im Rahmen der Primär- präventionsstudie AF/TexCAPS* wur- den 6 605 Männer und Frauen im Al- ter zwischen 45 und 73 Jahren fünf Jahre lang mit dem CSE-Hemmer Lo- vastatin behandelt. Das Gesamtcho- lesterin lag im Schnitt bei 221 mg/dl

A-3461 Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 51–52, 22. Dezember 1997 (25)

T H E M E N D E R Z E I T MEDIZINREPORT

Kongreß der American Heart Association

„Normales“ Cholesterin medikamentös senken?

Im Mittelpunkt des 70. Kongresses der American Heart Association in Orlando (Florida) stand erneut der präventive Nutzen der medikamentösen Choleste- rinsenkung. Zwei neue große Interventionsstudien belegen, daß die medika- mentöse Reduktion durchschnittlicher – derzeit als normal geltender Chole- sterinspiegel – sowohl in der Primär- als auch in der Sekundärprävention kar- diovaskuläre Komplikationen verhindern und die Mortalität senken kann.

In Deutschland werden jährlich 6 000 bis 8 000 Kinder mit einem angeborenen Herzfehler geboren. Etwa 80 Prozent von ihnen müssen oder können einem korrigierenden Eingriff zugeführt werden – sei es operativ oder in zunehmenden Maße auch interventionell. Das Spektrum der Anbieter für kinderkardiologische und kinder- herzchirurgische Leistungen ist in den letzten Jahren sowohl hinsichtlich medizinischer als auch wirtschaftlicher Aspekte zunehmend unübersichtlicher geworden, was Eltern, nichtspezialisierte Ärzte und Kostenträger verun- sichert. Um eine rasche Orientierung zu gewährleisten, haben die Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Kar- diologie und die Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie jetzt die „Informationsschrift 1997“ herausgegeben, welche das Leistungsspektrum von 31 klinischen Einrichtungen widerspiegelt – wie Zahl der Ärzte, Pflegekräfte, Eingriffe, Betten oder Art der Spezialoperationen. Die Herausgeber betonen, daß die Informationsschrift nicht im Sinne einer „Rangliste“ für Kinderherzkliniken erstellt worden ist. EB

*LIPID (Long-Term Intervention with Pravastatin in Ischemic Heart Disease)

CARE (Cholesterol and Recurrent Events) 4S (Scandinavian Simvastatin Survival Study) WOS (West of Scotland Study)

AF/TexCAPS (Air Force/Texas Coronary Athero- sclerosis Prevention Study)

Abbildung: Deutsche Herzstiftung

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(180 bis 264 mg/dl), das LDL-Chole- sterin bei 150 mg/dl (130 bis 190 mg/dl). Mit Ausnahme des relativ niedrigen HDL-Cholesterins von 37 mg/dl (< 50 mg/dl war die Patienten- population recht gesund. Lediglich zwölf Prozent der Studienteilnehmer rauchten, und nur 22 Prozent hatten einen erhöhten Blutdruck. Ziel der Therapie mit 20 beziehungsweise 40 mg/dl Lovastatin war ein LDL-Chole- sterin unter 110 mg/dl. 42 Prozent der Patienten erreichten dieses Ziel.

Wie LIPID wurde auch AF/Tex- CAPS vorzeitig abgebrochen. Der CSE-Hemmer verminderte das Risi- ko akuter koronarer Komplikationen (Infarkt, instabile Angina pectoris, plötzlicher Herztod) um 36 Prozent,

wobei hier ebenfalls alle Patienten gleichermaßen profitierten. Die Rate invasiver revaskularisierender Ein- griffe wurde um 33 Prozent gesenkt, die Rate der stationären Aufnahmen wegen instabiler Angina pectoris um 34 Prozent. Dadurch wurden laut Gotto 800 000 US-Dollar eingespart.

Die Therapie war insgesamt sehr gut verträglich. Gravierende Nebenwir- kungen wurden nicht beobachtet.

Bislang gilt die These: Je niedri- ger das Cholesterin, um so besser.

Neue Daten aus der WOS- und CARE-Studie deuten jedoch darauf hin, daß es möglicherweise einen

„Cholesterin-Schwellenwert“ gibt, un- terhalb dessen kein zusätzlicher Nut- zen zu beobachten ist. In CARE fand

Prof. Frank Sacks (Boston) ein konti- nuierliches Absinken der kardiovas- kulären Ereignisrate bis zu einem LDL-Zielwert von 125 mg/dl. Eine stärkere Senkung des LDL-Chole- sterins erbrachte keinen weiteren Be- nefit. Der Cholesterin-Ausgangswert, die prozentuale ebenso wie die absolu- te Reduktion der LDL-Konzentration korrelierten nicht signifikant mit dem Nutzen der Therapie. Die Analyse der WOS-Daten ergab ebenfalls einen

„Schwellenwert“. Hier zeigte aller- dings die Reduktion des LDL-Wertes um minus 23 Prozent eine optimale Wirkung. Für die in Orlando neu vor- gestellten Studien LIPID und AF/Tex- CAPS liegen noch keine detaillierten Auswertungen vor. Auf den ersten Blick ließ sich kein „Schwellenwert“

feststellen. Die Frage, ob es sich dabei um ein statistisches Problem oder um ein klinisch relevantes Phänomen han- delt, bleibt daher vorerst noch offen.

In den Interventionsstudien CARE, LIPID und AF/TexCAPS hatten Patienten mit „durchschnittli- chen“ Cholesterinwerten von der me- dikamentösen Cholesterinreduktion profitiert. Nach den derzeit gültigen Richtlinien wären laut Prof. Antonio Gotto (New York) lediglich 17 Pro- zent der Primärpräventions-Studie AF/TexCAPS-Patienten für eine sol- che Behandlung in Frage gekommen.

Dennoch sank das koronare Risiko der insgesamt recht gesunden Patien- tenpopulation deutlich. Es stellt sich somit die Frage, ob unsere derzeit gel- tenden Cholesterinwerte auch tat- sächlich der physiologischen Choleste- rinkonzentration entsprechen. Nach Meinung von Gotto sind die Norm- werte ein Spiegel der durchschnittli- chen Cholesterinwerte in der Bevöl- kerung der westlichen Industrie- nationen und Ausdruck der fettrei- chen Ernährung in diesen Ländern.

In östlichen Ländern mit anderen Ernährungsgewohnheiten sind die durchschnittlichen Cholesterinkon- zentrationen deutlich niedriger. Ein Beispiel, das in diesem Zusammen- hang immer wieder angeführt wird, sind die japanischen Immigranten in Hawaii. Ihr Cholesterinspiegel und ihr koronares Risiko gleichen sich im amerikanischen „Klima“ nach weni- gen Jahren der übrigen Bevölkerung an. Dr. med. Ramona Volkert A-3462 (26) Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 51–52, 22. Dezember 1997

T H E M E N D E R Z E I T MEDIZINREPORT

Robert-Koch-Medaille für Satoshi Omura

An die Symptome können sich in Deutschland nur noch wenige Kriegsvetera- nen erinnern: Es begann mit flüssigem Durchfall, kurz danach Fieber, starke Ein- geweidekrämpfe, und schließlich wurde der Stuhl schleimig, eitrig, blutig. Die Shi- gellen-Ruhr hatte im Zweiten Weltkrieg an der Ostfront viele Todesopfer gefor- dert. Es liegt aber nicht am engen Verhältnis der Bakterien zum Krieg, daß der Mi- krobiologe Prof. Phillipe Sansonetti (Medizinischer Direktor des Institut Pasteur, Paris) für seine Forschungsarbeiten zu Shigella den diesjährigen, mit 100 000 DM dotierten Robert-Koch-Preis erhalten hat. Gerade wo Menschenmassen und ver- schmutztes Trinkwasser aufeinandertreffen, ist Shigella auch heute eine akute Ge- fahr: 600 000 Tote fordert die Darminfektion jährlich, meist Säuglinge und Kinder, meist in den Entwicklungsländern. Auch mit der Verleihung der diesjährigen Robert-Koch-Medaille in Gold für das wissenschaftliche Lebenswerk von Prof. Sa- toshi Omura verweist die Stiftung auf die Tatsache, daß im globalen Maßstab selbst vermeintlich profane Infektionskrankheiten wie der Durchfall unbesiegt sind.

Omura, heute Präsident des Kitasato-Institutes in Tokio, hat in den letzten Jahrzehnten an die 300 Wirkstoffkandidaten entdeckt. Auf der Liste seiner Ent- deckungen findet sich neben Pflanzenschutzmitteln, Tierarzneimitteln und Anti- biotika auch das „Avermectin“. Auf einem chemischen Abkömmling dieses Wurm- mittels, dem Ivermectin, ruht derzeit die Hoffnung der Weltgesundheitsorganisati- on, die Flußblindheit in den Tropen auszurotten. 1996 haben 16 Millionen Men- schen eine Tablette des Medikaments als Schutz vor langsamer Erblindung erhal- ten. Experten sehen in der Substanzklasse den wichtigsten Beitrag zur Antibiotika- forschung seit der Entdeckung des Penizillins. Bezeichnend für die Lage im Kampf gegen Infektionskrankheiten ist, daß beide Preisträger keineswegs behaupten kön- nen, am Ziel zu sein.

Resistenzen haben auch vor den von Omura entdeckten Antibiotika nicht halt- gemacht, so daß auch in Zukunft neue Substanzen gebraucht werden. Und auch Sansonetti hat ein wichtiges Ziel seiner Arbeit, die Entwicklung eines Impfstoffs gegen Shigellen, noch nicht erreicht. Allerdings ist seiner Forschung die Erkenntnis zu verdanken, warum solch ein Impfstoff keine Routineangelegenheit ist. Zu den ungewöhnlichen Eigenschaften der Shigellen gehört, daß sie sich nach der Infekti- on fast nur noch im Inneren von Körperzellen aufhalten, wo sie für das Immunsy- stem schwer zu erreichen sind. Ein Arsenal von Proteinen erlaubt den Erregern zu- dem einen intensiven „Wortwechsel“ mit menschlichen Zellen. Zum „Wortschatz“

der Shigellen gehören etwa Proteine, die dafür sorgen, daß Darmmukosazellen die Bakterien aktiv „verschlucken“, andere erlauben Shigella die Weiterreise in die Nachbarzelle oder veranlassen zur Abwehr anrückende Makrophagen zum Selbst- mord. Immerhin haben Sansonettis Erkenntnisse zur Entwicklung von verschiede- nen abgeschwächten Lebendimpfstoff-Kandidaten geführt, bei denen wichtige Vi- rulenz-Gene zerstört wurden. Sie werden derzeit erprobt. Klaus Koch

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