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Archiv "GOÄ/Neue Bundesländer: Dumpinggebühren" (04.04.1991)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

E

inen Hammer hat der Sachverständigenrat für die Konzertierte Aktion am Ende seines Jahresgutach- tens versteckt, unter Punkt 800:

Da das Gesundheitswesen mehr Geld erfordere, als dafür einge- plant sei, müsse man die Lei- stungen für den einzelnen Pa- tienten „rationieren". Das kön- ne der Gesetzgeber allein nicht erreichen, darum könne auch dem Arzt dieses Dilemma nicht erspart bleiben.

Eine solche Rationierung hat mit dem Wirtschaftlichkeits- gebot des § 12 SGB V nichts zu tun. Vielmehr geht es darum, daß ärztliches Handeln, das me- dizinisch geboten und leistungs- rechtlich anerkannt ist, unter- bleiben soll, weil das Geld fehlt, genauer gesagt, weil das vorhan- dene Geld anderen Anforderern zufließt, denen politisch höhere Priorität eingeräumt wird. Politi- ker werfen Arzten, Krankenkas- sen und Patienten vor, das Ge- sundheitswesen zu einem

„Selbstbedienungsladen" ge- macht zu haben. Dadurch hätten sich seine Kosten in 24 Jahren versechsfacht. Im selben Zeit-

Zukunftsdilemma

Rationierung

raum haben sich zwar die staatli- chen Zuschüsse für die Fraktio- nen des Bundestages verfünf- undzwanzigfacht, aber nur ein ärztlicher Polit-Muffel wird sich der Erkenntnis verschließen, daß eine Fraktion eben kostspie- liger ist als eine Fraktur.

Was soll der Kassenarzt künftig tun? Die Gutachter sa- gen es. Er muß umdenken. Nicht salus aegrotii ist oberstes Gesetz, sondern die Beitragssatzstabili- tät. Auf allen Stufen der Berufs- bildung soll er in Diskussionen auf seine Rolle als Leistungszu- teiler vorbereitet werden — sagen die Sachverständigen.

Dieses ärztliche Dilemma hat schon Bernard Shaw zum Thema eines Stückes gemacht.

Ein Arzt, der ein von ihm ent- decktes Mittel gegen Lungentu- berkulose klinisch erprobt, hat zwei Anwärter für das einzige noch freie Bett, einen braven Praktiker und einen Hallodri

von Maler. Er entscheidet sich für den Kollegen. Der wird ge- rettet und werkelt bescheiden weiter. Der Maler stirbt und wird in einer postumen Ausstel- lung als Genie entdeckt.

Der Gedanke, ein für die Bühne konstruierter Sonderfall sollte zur Norm in der Kassen- praxis werden, auch wenn es da- bei nicht immer auf Leben und Tod ginge, sondern nur manch- mal, ist erschreckend. Der Arzt soll über behandlungswertes und behandlungsunwertes Leben entscheiden. Nicht weil Behand- lungsmöglichkeiten fehlten, son- dern weil die Stabilität des Bei- tragssatzes es gebietet. Der sei- nerzeit für die gesetzliche Kran- kenversicherung zuständige Mi- nister hat diese Stabilität zum Dogma erhoben. Die neue Bun- desgesundheitsministerin hat sich zu diesem Dogma bekannt.

Dogmatismus, hat Kant gesagt, sei eine Philosophie, die nicht auf Erkenntnis aufbaut. Sollte man nicht den Versuch wagen, sich der Erkenntnis zu bedienen und über eine bessere „Allokati- on" der verfügbaren Mittel nachzudenken? sr

S

o erfreulich die Niederlas- sungswelle im Bereich der Kassenärzte und Kassen- zahnärzte in den fünf neuen Bundesländern rollt — trotz un- zureichender wirtschaftlicher Rahmenbedingungen —, ein nen- nenswerter Privatbehandlungs- sektor kann sich erst gar nicht auftun, solange die Vergütungs- regelungen zur Amtlichen Ge- bührenordnung für Ärzte (GOÄ) per Staatsdekret so niedrig gehalten werden, daß die exzessiv gestiegenen Kosten nicht mehr zu finanzieren sind.

Zur Erinnerung: Unter dem ermunternden Slogan, alle Lei- stungserbringer im Gesundheits- wesen müßten ebenso wie die Steuerbürger ihr „Solidaropfer Deutsche Einheit" erbringen, wurde den Ärzten in den neuen Ländern oktroyiert, zu einer

„Einstiegsvergütungshöhe" von 45 Prozent (im Vergleich zu der Privathonorarregelung in den

GOÄ/Neue Bundesländer

■■••----e■

Dumpinggebühren

West-Ländern) zu „arzten". An- laß für dieses Preisdiktat waren das vergleichsweise niedrige Lohnniveau in den neuen Bun- desländern und analoge Rege- lungen für die Abgabe von apo- thekenpflichtigen Medikamen- ten mit einem Preisabschlag von 55 Prozent. Interministeriell wurde dann vereinbart, den Ein- stiegsbetrag für die Gebühren nach der GOA vierteljährlich zu überprüfen und entsprechend der geänderten wirtschaftlichen Entwicklung neu festzusetzen.

Eine erste Überprüfung wurde bereits für den 31. Dezember

1990 zugesagt.

Der Präsident der Bundes- ärztekammer, Dr. Karsten Vil- mar, hatte bereits Mitte Januar

beim Bundesarbeitsminister den Handlungsbedarf moniert.

Nichts ist inzwischen geschehen.

Im März hat Vilmar die jetzt zu- ständige neue Bundesministerin Gerda Hasselfeldt aufgefordert, die Vergütungssätze der GOÄ, wie vereinbart, an die wirtschaft- liche Entwicklung anzupassen.

Für die Ärzteschaft wäre es nicht hinnehmbar, wenn sie sich für Privatbehandlungen noch länger mit 45 Prozent der GOÄ- Sätze begnügen müßte, während der Bannstrahl des Preisab- schlags von der Pharma-Indu- strie zurückgenommen wird und die Bezüge der 1,7 Millionen öf- fentlich Bediensteten in den neuen Ländern auf 60 Prozent des neuen Westtarifs heraufge- fahren werden. Die Bundesärz- tekammer pocht darauf: Was für abhängig Beschäftigte und öf- fentlich Bedienstete recht ist, ist den Heilberufen (wie anderen freien Berufen) billig! HC

Dt. Ärztebl. 88, Heft 14, 4. April 1991 (1) A-1129

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