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Berufspolitik

224 Ärzteblatt Sachsen 6/2004

Auf einem „Tag der Berufspolitik“ am 28. April 2004 in der Sächsischen Landesärz- tekammer haben die vertretenen sächsischen Berufsverbände, Ausschüsse und Körperschaf- ten die Weichenstellungen der Gesundheits- reform kritisch diskutiert. Als „riesiges Ex- periment“ bezeichnete der Präsident Prof. Dr.

med. habil. Jan Schulze die politische Vorge- hensweise bei der Umsetzung der Reformmaß- nahmen in deren Zuge gängige Begrifflich- keiten wie Integrierte Versorgung „pervertiert und ökonomisch ausgerichtet“ wurden. Denn nach seiner Auffassung „gibt es die integrier- te Versorgung schon lange und ist von unten, also aus der ärztlichen Praxis gewachsen und wurde nicht von oben gesetzlich vorgeschrie- ben“. Das die Gesundheitsreform nur einzig dazu dient ökonomische Interessen zu bedie- nen und den Einfluss von den Leistungser- bringern im Gesundheitswesen auf die Kran- kenkassen zu verlagern, darüber waren sich alle einig. Die Reduzierung von medizinischen Leistungen und die verdeckte Anhebung der Krankenkassenbeiträge durch Praxisgebühr und Zuzahlungsregelungen bei Medikamen- ten wurde durch die anwesenden Vertreter der Berufsverbände stark kritisiert. „Wir ver- langen mehr Transparenz und Ehrlichkeit in der politischen Vorgehensweise“, so Dr. med.

Stefan Windau, Vizepräsident der Sächsischen Landesärztekammer, in seinem Impulsreferat.

„Für die Sächsische Landesärztekammer steht der Erhalt der Freiberuflichkeit im Mittelpunkt der Bemühungen, auch bei der Umsetzung neuer Versorgungsstrukturen. Denn diese dür- fen nicht dazu führen, dass niedergelassene Ärzte dem Konkurrenzdruck von Medizini- schen Versorgungszentren weichen müssen oder gezwungen sind, ihre Zulassung an eine GmbH zu verkaufen, um überleben zu können.

Die Sächsische Landesärztekammer und die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen müssen

gerade in diesem Bereich eine umfassende Be- ratungsfunktion einnehmen. Deutschlandweit muss dies auch über die Arbeitsgemeinschaft Bundesärztekammer und die Kassenärztliche Bundesvereinigung erfolgen“.

Auch der stellvertretende Vorsitzende der Kas- senärztlichen Vereinigung Sachsen, Dr. med.

Klaus Heckemann, schloss sich dieser Sicht- weise an und vertrat die Auffassung, dass „Me- dizinische Versorgungszentren die Kooperation im ambulanten Bereich eher verhindern“. Auch der Entwicklung einer integrierten Versorgung per Gesetz gab er wenig Aussicht auf Erfolg, weil „die ökonomischen Anreize die fachliche Kompetenz nicht ersetzen können, wie wir am Beispiel DMP erleben konnten. Krankenkassen folgen nur dem Lockruf des Geldes und ori- entieren sich nicht am Wohl ihrer Patienten“.

Das zeigen auch die ersten Hausarztmodelle der Krankenkassen besonders deutlich. Ziel ist dort Kostenreduktion und nicht Qualitätsver- besserung der Versorgung. Konsens fand in der Diskussion die Forderung nach einer Ver- besserung der Vergütung für Ärzte und die Einführung des Kostenerstattungsprinzips.

Bewusst machen muss man sich aber, dass durch die Forderung nach höherer ärztlicher Vergütung der finanzielle Kuchen insgesamt nicht größer wird, sondern die Stücke anders verteilt werden müssten. Das gilt auch für die Arztgruppen untereinander. Die Bundesregie- rung jedenfalls wird keine zusätzlichen Mit- tel in das Gesundheitssystem leiten, sondern die Preise drücken. Mit offenen Armen emp- fängt sie deshalb diejenigen, welche sich dem Prinzip „teile und herrsche“ unterwerfen und die Ärzteschaft gegeneinander ausspielen.

Denn es ist ein Irrglauben, dass Einzelverträ- ge die Position des Arztes verbessern. Im Ge- genteil, die Krankenkasse als Vertragspartner hat das Geld, und wer das Geld hat, hat die Macht. Und Kassenmodelle sind Einkaufs-

modelle für ärztliche Leistungen, die dann im Wettbewerb gegeneinander stehen.

Das sich die Gesundheitsreform auch im Kran- kenhausbereich negativ auswirkt, machte Herr Friedrich München von der Krankenhausge- sellschaft Sachsen deutlich. Nach seiner Ein- schätzung nimmt die Qualität in der stationä- ren Versorgung vor allem durch die Einfüh- rung der DRG ab. Die Reform kam in diesem Punkt zu einem schwierigen Zeitpunkt, weil sich die stationären Einrichtungen in der Um- stellungsphase befinden. „Bis 2006 wird sich klären, welches Krankenhaus in Sachsen überleben wird“. Als weitere Problempunkte bezeichnete Herr München die unechte Stichtagsregelung bei der Abschaffung der AiP-Phase und die fehlenden Tarifverhand- lungen sowie das EuGH Urteil zur Arbeits- zeit, dessen Umsetzung in Deutschland bis 2006 ausgesetzt wurde. „Die Krankenhäuser sollten aber nicht darauf bauen, dass die EU selbst eine Änderung dieses Arbeitzeiturteils durch eine Richtlinie zugunsten der Kranken- häuser vornehmen wird. Vielmehr sind heute schon Konzepte zu entwerfen, wie in Sach- sen der Mehrbedarf von 600 Ärzten im sta- tionären Bereich abgedeckt werden kann“.

Damit wurde indirekt das Problem des Ärzte- mangels in Sachsen angesprochen, denn be- reits heute sind 370 Stellen in den sächsi- schen Kliniken und rund 60 Arztpraxen nicht besetzt. Nur mit Anreizen ist es möglich, Ärz- te zu gewinnen. Dazu könnte eine einheitli- che GOÄ und das Kostenerstattungsprinzip beitragen. Zumindest kann das als ein Nenner zwischen dem Hartmannbund, dem Marbur- ger Bund, dem NAV-Virchowbund und der Gemeinschaft fachärztlicher Berufsverbände festgehalten werden. Erheblichen Diskussions- bedarf löste an dieser Stelle die Zukunft der Kassenärztlichen Vereinigungen aus. Dem Vor- wurf, nur Abrechnungsstelle und verlängerter

Kassenmodelle

sind Einkaufsmodelle

Dr. Stefan Windau Dr. Klaus Heckemann Friedrich München

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Berufspolitik Gesundheitspolitik

Ärzteblatt Sachsen 6/2004

Arm der Krankenkassen zu sein, begegnete Dr. Klaus Heckemann mit dem Argument, dass die KV gerade unter den neuen Bedingungen auf Verwerfungen im Vergütungssystem ach- ten muss, weil es kein anderes Gremium gibt, welches diese Kontrollfunktion übernehmen könnte. Zudem wäre das Problem der Kosten- unterdeckung im Gesundheitssystem ohne die KV nicht gelöst, es sei denn, Ärzte lassen sich mit Dumpingpreisen in Einzelverträgen über den Tisch ziehen.

Zum Abschluss wurde dann doch noch ein kleinster gemeinsamer Nenner für die anwe-

senden Berufsverbände und Körperschaften deutlich. Dieser kann an drei Punkten fest ge- macht werden:

– Ärzte dürfen sich nicht in Verträge binden, welche gegen die Berufsfreiheit wirken.

– Ärzte müssen die ethische Zuwendungs- medizin erhalten.

– Ärzte müssen immer das Wohl der Pati- enten in den Mittelpunkt stellen.

Die rege Diskussion und Teilnahme an dem

„Tag der Berufspolitik“ wird mit Sicherheit eine weitere solche Veranstaltung nach sich zie- hen. Denn es wurde sehr deutlich, wie wichtig

es ist, im Gespräch zu bleiben, um gemeinsa- me Positionen zu finden, die man gegenüber der Politik wirksam vertreten kann. Mit der wei- teren Bearbeitung der aktuellen Problemfel- der sowie der Entwicklung von Konzepten wurde das „Bündnis Gesundheit 2000 im Freistaat Sachsen“ und eine Strategiegruppe des Vor- standes der Sächsischen Landesärztekammer betraut.

Knut Köhler M. A.

Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Sächsische Landesärztekammer

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