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Adjuvante Schmerztherapie am Lebensende

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Academic year: 2022

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Die Schmerzlinderung bei terminalen Krank- heiten gehört zu den wichtigsten ärztlichen Aufgaben. Hier wird an die nichtpharmakolo- gischen Interventionen und an die neben Opioiden eingesetzten adjuvanten Pharmako- therapien erinnert.

M E D S C A P E

Die Endstadien chronischer, progressiver und die Lebens- dauer verkürzenden Erkrankungen bringen sehr verschiedene Symptome mit sich und verursachen viel Leiden. Einerseits treten im Terminalstadium krankheitsbezogene Symptome wie Schmerzen, Dyspnoe, Erschöpfung oder Verlust der Mobilität auf, andererseits emotionale Begleitzustände wie Depression, Angst und ein starkes Gefühl der Nutzlosigkeit.

Die beiden Störungsfelder beeinflussen sich in einem kom- plexen Zusammenwirken. Zu den häufigsten und am meisten gefürchteten Symptomen dieser Endstrecke des Lebens gehö- ren die Schmerzen. Für eine optimale Schmerzkontrolle ist eine sorgfältige Evaluation möglichst vieler individueller Krankheits- und lebenssituativer Aspekte und oft auch ein Zu- sammengehen verschiedener Disziplinen notwendig.

Schmerzbekämpfung ist nicht bloss Einsatz von Schmerzmit- teln. Diese haben selbstverständlich ihren Platz und müssen entlang der akzeptierten Linien und Empfehlungen, insbeson- dere des Stufenplans der WHO, angewendet werden. Zunächst wird man also Paracetamol, Aspirin oder andere nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) verschreiben, bei Ungenügen dieser ersten Behandlungssstufe kommen Opioide in den verschiede- nen Darreichungsformen zum Einsatz, auf der dritten Stufe, beim refraktären Schmerz, stehen noch spinal/epidural inji- zierte Opioide (ggf. zusammen mit Clonidin oder einem Lokal- anästhetikum), selektive Nervenblockaden oder neuroablative Eingriffe sowie Ketamin oder die totale Sedation zur Verfügung.

Sehr wichtig sind jedoch auch die Begleitmassnahmen, also nichtpharmakologische Interventionen sowie adjuvante Phar-

makotherapien, die zur Schmerzlinderung einen wichtigen Teil beitragen können. Aus dem umfangreichen Medscape- Fortbildungsmodul «A Last Chance for Comfort: An Update on Pain Management at the End of Life» des Anästhesiologen und Schmerzspezialisten Perry G. Fine sollen hier diese Aspekte in der Betreuung Sterbenskranker mit Schmerzen vorgestellt werden.

Nichtpharmakologische Interventionen

In der Palliativtherapie spielen die nichtpharmakologischen Teile des Managements eine wichtige Rolle. Dazu gehören:

rehabilitative Massnahmen/Physiotherapie: z.B. Lagerung, Erhaltung der Beweglichkeit (passiv/aktiv), Hilfsmittel

Massage: Familienmitglieder können unterwiesen werden

transkutane/perkutane Nervenstimulation: gut abgesichert bei anhaltenden Rücken- und Knieschmerzen

Adjuvante Schmerztherapie am Lebensende

ARS MEDICI 3 ■ 2006

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F O R T B I L D U N G

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■ Für eine optimale Schmerzkontrolle ist eine einge- hende Evaluation der individuellen Krankheits- und lebenssituativen Aspekte und oft auch ein Zusam- mengehen verschiedener Disziplinen notwendig.

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■ Die Art und Kombination von nichtpharmakologi- schen Interventionen (z.B. Physiotherapie, Nerven- stimulation, Musiktherapie, Akupunktur) hängt von der Quelle und vom Schweregrad der Schmerzen, von der körperlichen Gesamtsituation und der Emp- fänglichkeit der Patientin oder des Patienten ab.

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■ Adjuvante Analgetika sind verschiedenste Nicht- opioide, die vor allem bei neuropathischen oder Knochenschmerzen – meist zusammen mit Opioiden – indiziert sind. Typische Ajuvantien sind die älteren Trizyklika, die neueren Serotonin-Noradrenalin- Wiederaufnahmehemmer (SNRI), Antikonvulsiva, Kortikosteroide sowie gewisse Bisphosphonate bei metastasenbedingten Knochenschmerzen.

M M M

M e e e e rr rr k k k k ss ss ä ä ä ä tt tt zz zz e e e e

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Akupunktur: beliebte Komplementärtherapie; scheint anti- depressiv zu wirken; kann COPD, Asthma sowie Dyspnoe bei terminalen Krebspatienten signifikant beeinflussen

kognitive Interventionen: Ablenkung von schädlichen Wahr- nehmungen und Gedanken; Verbesserung der Bewältigungs- strategien

Musiktherapie: kann Angst reduzieren und Gemütslage ver- bessern; kostengünstig; vermindert chronische Schmerzen;

bessert Lebensqualität der Leidenden und der Pflegenden.

Die Art und Kombination von solchen Interventionen hängt von der Quelle und vom Schweregrad der Schmerzen, von der körperlichen Gesamtsituation und der Empfänglichkeit der Patientin oder des Patienten ab. Wichtig ist aber auch der Ein- fluss auf die Pflegenden. Oft erfahren sie die Anwendung solcher palliativer nichtpharmakologischer Massnahmen als Bestätigung ihres eigenen Einsatzes, die es ihnen emotional leichter macht, mit der schwierigen Pflegesituation umzuge- hen. Dies ist in seinen positiven Auswirkungen für den Pa- tienten nicht zu unterschätzen.

Adjuvante Pharmakotherapien

Adjuvante Analgetika werden oft auch als Koanalgetika, schmerz- oder krankheitsmodifizierende Medikamente be- zeichnet. Es handelt sich um verschiedenste Nichtopioide, die vor allem bei neuropathischen oder Knochenschmerzen – für eine adäquate Schmerzkontrolle meist zusammen mit Opioiden – indiziert sind. Typische Ajuvantien sind die älteren Trizyklika, die neueren Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI), Antikonvulsiva, Kortikosteroide sowie gewisse Bis- phosphonate bei metastasenbedingten Knochenschmerzen.

Antidepressiva:Der analgetische Effekt von Trizyklika scheint mit der Hemmung der Noradrenalin- und Serotonin-Wieder- aufnahme zu tun zu haben, sodass diese Neurotransmitter den schmerzhemmenden Bahnen im ZNS vermehrt zur Ver- fügung stehen. Die bekannten Nebenwirkungen der Trizy- klika schränken ihren Einsatz in der Palliativtherapie oft ein.

Möglicherweise bieten die neueren SNRI wie Venlafaxin (Efe- xor®) und Duloxetin (Cymbalta®, CH-Zulassung demnächst) hier gewisse Vorteile.

Antikonvulsiva:Die älteren Antikonvulsiva wie Carbamaze- pin (z.B. Tegretol®) oder Clonazepam (Rivotril®) blockieren Natriumkanäle und sind bei neuropathischem Schmerz sehr nützlich, vor allem wenn es sich um episodische, einschies- sende Schmerzen handelt. Das neuere Gabapentin (Neuron- tin®) muss sorgfältig aufwärts titriert werden und sollte ausge- schlichen werden, um die Auslösung von Anfällen zu vermei- den. Gabapentin wirkt bei verschiedensten neuropathischen Schmerzsyndromen. Auch andere neuere Antiepileptika sind als adjuvante Schmerzmedikation im Einsatz, aber noch nicht gut dokumentiert.

Kortikosteroide:Sie sind besonders geeignet bei neuropathi- schem, viszeralem oder Knochenschmerz sowie bei Plexopa- thien und Schmerz der auf eine metastasenbedingte Dehnung der Leberkapsel zurückgeht.

Lokalanästhetika sind zur Linderung neuropathischer Schmerzen nützlich, wobei verschiedene Verabreichungsfor- men und -wege differenziell (oral, topisch, i.v., s.c. oder spi- nal) eingesetzt werden können.

Bisphosphonate hemmen die Knochenresorption durch die Osteoklasten. Für gewisse Bisphosphonate (Ibandronsäure [Bondronat®], Pamidronsäure [Aredia®], Zoledronsäure [Zo- meta®]) ist nachgewiesen, dass sie die Schmerzen bei Knochen- metastasen und multiplem Myelom bessern können und die Häufigkeit pathologischer Frakturen reduzieren; zudem wer- den sie zur Behandlung einer tumorinduzierten Hyperkalzämie eingesetzt. Bei Brustkrebs und multiplem Myelom hat Zole- dronsäure eine bessere Sicherheit und Wirksamkeit gezeigt als Pamidronsäure. Auch bei metastasiertem Prostatakarzinom scheint Zoledronsäure im Vergleich zu anderen Bisphosphona- ten eine anhaltendere Schmerzlinderung zu bewirken.

Calcitonin (z.B. Miacalcic®) kann bei neuropathischem oder Knochenschmerz effektiv sein, entsprechende Studien sind jedoch nicht ganz schlüssig.

Chemotherapeutikaund Bestrahlunghaben in der palliativen Therapie einen wichtigen Platz, da ihre Antitumorwirkung auch zur Schmerzlinderung führen kann.

Andere Zusatzanalgetika: Topisches Capsaicin wirkt schmerz- lindernd bei Postmastektomie-Syndrom, postherpetischer Neuralgie und postoperativem neuropathischem Schmerz nach Krebsoperationen. Baclofen (Lioresal®) ist nützlich bei krampfbedingten Schmerzen und kann bei therapieresisten- tem Schluckauf, der schmerzhaft ist und den Schlaf nachhal- tig stört, helfen. Anfangsdosis ist 10 mg/Tag mit Steigerung über die nächsten Tage. Schwächegefühle oder Halluzinatio- nen treten jedoch bei über 60 mg/Tag oft auf. Zur Vermeidung von Entzugsanfällen muss langsam ausgeschlichen werden.

Kalziumantagonisten sollen bei gewissen Schmerzsyndromen Linderung bringen. 10 mg Nifedipin (Adalat®u. Generika) per os kann ischämische und neuropathische Schmerzen bessern.

Die meist anekdotischen Berichte werden jedoch nur durch wenige randomisierte, kontrollierte Studien gestützt. ■

Quelle:

Perry G. Fine (Pain Management Center, University of Utah, Salt Lake City, USA): The last chance for comfort: an update on pain management at the end of life. Das vollständige Fortbildungsmodul ist im Internet einsehbar unter:

www.medscape.com/viewarticle/513047 (Zugriff am 17.1.06)

Halid Bas

Interessenkonflikte: Der Autor deklariert enge finanzielle Verbindungen zur Firma VistaCare, die in den USA Hospize für Patienten mit fortge- schrittenen Erkrankungen betreibt.

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