Finanzmathematik I
L¨osungvorschl¨age f¨ ur ¨ Ubungsblatt 1
J. Widenmann
Aufgabe 1: Zu zeigen ist, dassQ die Definition ¨U.1.1.2 erf¨ullt. Zun¨achst bemerken wir, dass Qwegen der Annahme f ≥0 Werte in R+ annimmt. Außerdem gilt:
(i) Q(∅) =R
∅f(ω)P(dω) =R
1∅(ω)f(ω)P(dω) = 0.
(ii) Sei (Ai)i≥1 eine Folge paarweise disjunkter Mengen in F, dann gilt Q [
i≥1
Ai
!
= Z
S
i≥1Ai
f(ω)P(dω) = Z
1Si≥1Ai(ω)f(ω)P(dω)
=
Z X
i≥1
1Ai(ω)f(ω)P(dω) monotone=
Konvergenz
X
i≥1
Q(Ai).
Foglich ist Q ein Maß.
Aufgabe 2: Da QP wissen wir, dass dQdP ≥0 existiert.
“⇒” Sei nun auch PQ. Es gilt f¨ur A∈ F Q(A) =
Z
A
dQ dPdP=
Z
A∩{dQ
dP>0}
dQ dPdP=
Z
{dQ
dP>0}
1A
dQ dPdP=
Z
{dQ
dP>0}
1AdQ
Insbesondere gilt f¨urA = Ω, dass Q(dQdP >0) = 1 und wegen der AnnahmeP Q nat¨urlich auchP(dQdP >0) = 1.
“⇐” Ist dQdP >0P-f.s., betrachten wir dQdP−1
. Dann gilt f¨urA∈ F P(A) =
Z
A
dP= Z
A
dQ dP
dQ dP
−1
dP= Z
A
dQ dP
−1
dQ Folglich besitzt P die Dichte dQdP−1
bzgl. Q. Also gilt auch PQ.
Aufgabe 3:
i) Nach Konstruktion von F gilt: es gibt genau eine Menge A ∈ F mit P(A) = 0, n¨amlich die leere Menge A = ∅. Wegen Q Wahrscheinlichkeitsmaß, gilt offensicht- lich Q(∅) = 0, also folgt QP. Nach dem Satz von Radon-Nikodym existiert also in diesem Wahrscheinlichkeitsraum IMMER eine Dichte ddQ
P, mit ddQ
P ∈ L1(Ω,F,P) und ddPQ ≥0P-f.s.
ii) Jede Zufallsvariable auf diesem Wahrscheinlichkeitsraum (also auch die Dichte ddPQ) ist von der Form X : Ω → R, X = Pn
i=1ci1Ai, ci ∈ R. Sei nun zun¨achst Ω = Sn
i=1Ai. Der Satz von Radon-Nikodym ergibt
∀A ∈ F :Q(A) =EP
dQ dP1A
.
Wir setzen ein:
Q(Aj) = EP
" n X
i=1
ci1Ai1Aj
#
=EP
cj1Aj
=cjP(Aj).
Also haben wir cj = Q(Aj)
P(Aj), und damit dQ dP =
n
X
i=1
Q(Ai) P(Ai)1Ai. Im Falle Ω6=Sn
i=1Ai definieren wir ACn+1 :=Sn i=1Ai. IstP(An+1)>0, so gilt dann analogQ(An+1) =EP
Pn+1
i=1 ci1Ai1An+1
=cn+1P(An+1) und damit ddQ
P =Pn+1 i=1
Q(Ai) P(Ai)1Ai.
Ist hingegen P(An+1) = 0, so gilt erneut ddQ
P =
n
P
i=1 Q(Ai)
P(Ai)1Ai, denn z.B. f¨ur Ω (=
n+1
S
j=1
Aj):
Q(Ω) =EP
n
X
i=1
Q(Ai)
P(Ai)1Ai1n+1S
j=1
Aj
=
n
X
i=1
Q(Ai) P(Ai)P(Ai)
=Q(
n
[
i=1
Ai) = Q(Ω)−Q(An+1)
| {z }
=0,daQ≈P
= 1
Aufgabe 4:
(i) DaEP[X|G] G-messbar ist, gilt {EP[X|G]≥0} ∈ G sowie{EP[X|G]<0} ∈ G und insbesondere
EP
EP[X|G]+
=EP[EP[X|G],EP[X|G]≥0]
=EP[X,EP[X|G]≥0]≤EP[|X|]<∞ Analog zeigt man EP
EP[X|G]−
<∞, also EP[X|G]∈ L1(Ω,G,P).
(ii) Ist X ≥0, dann gilt 0≤EP
EP[X|G]−
| {z }
≥0
=−EP[EP[X|G],EP[X|G]<0]
=−EP[X,EP[X|G]<0]
| {z }
≥0,daX≥0
≤0,
also EP
EP[X|G]−
= 0. Folglich gilt EP[X|G]− = 0 P-f.s., d.h. EP[X|G] ≥ 0 P-f.s..
(iii) Folgt direkt aus der Definition.
(iv) – EP[X] ist als Konstante {∅,Ω}-messbar.
– F¨ur A=∅gilt
EP[EP[X],∅] = 0 =EP[EP[X|G],∅]
– F¨ur B = Ω gilt
EP[EP[X],Ω] = EP[X, Ω
|{z}
∈G
]Def= EP[EP[X|G],Ω]
Es folgt die Behauptung.
(v) Es gilt EP[EP[X|G]] =EP[EP[X|G],Ω] =EP[X,Ω] =EP[X]
(vi) (1) - EP[X|A] ist nach DefinitionA-messbar.
- Sei A∈ A, dann gilt
EP[EP[X|A], A] =EP[X, A]A∈A⊂G= EP[EP[X|G], A]
=EP[EP[EP[X|G]|A], A]
(2) - EP[X|A] ist nach DefinitionA-, also auch G-messbar.
- Sei A∈ G, dann gilt
EP[EP[X|A], A] =EP[EP[EP[X|A]|G], A]
Es folgt die Behauptung.
(vii) Seien X, Y ∈ L1(Ω,F,P), sowie α, β ∈ R, dann ist zu zeigen: EP[αX+βY|G] = αEP[X|G] +βEP[Y|G]. Es gilt aber
– αEP[X|G]+βEP[Y|G] ist als linearkombinationG-messbarer Funktionen selbst G-messbar.
– Sei A∈ G, dann gilt
EP[αEP[X|G] +βEP[Y|G], A] =αEP[EP[X|G], A] +βEP[EP[Y|G], A]
=EP[αX, A] +EP[βY, A] =EP[αX +βY, A]
(viii) Folgt direkt aus (ii) und (vii)
(ix) Wir zeigen hier nur den vereinfachten Fall, in demZ zus¨atzlich beschr¨ankt ist. Die Behauptung gilt aber auch ganz allgemein. Dies d¨urfen Sie o.B.d.A f¨ur alle weiteren Ubungsaufgaben verwenden.¨
F¨ur den hier gezeigten Beweis verwenden wir das Konzept der maßtheoretischen Induktion
– ZEP[X|G] ist G-messbar.
– Sei A∈ G und Z =Pn
k=1αk1Bk f¨urαk ∈R,Bk∈ G, n∈N. Dann gilt EP[ZEP[X|G], A] =
n
X
k=1
αkEP[EP[X|G], A∩Bk
| {z }
∈G
] =
n
X
k=1
αkEP[X, A∩Bk]
=EP[ZX, A] =EP[EP[ZX|G], A]
F¨ur den allgemeinen Fall verwenden wir, dass jede beschr¨ankte G-messbare Funktion Z durch eine Folge (Zn)n∈N von Funktionen der obigen Gestalt ap- proximiert werden kann. Dann folgt
EP[ZEP[X|G], A]dom. Konvergenz (!)
= lim
n→∞EP[ZnEP[X|G], A] = lim
n→∞EP[ZnX, A]
dom. Konvergenz (!)
= EP[ZX, A] =EP[EP[ZX|G], A]
(x) – EP[X] ist als Konstante trivialerweiseG-messbar.
– Sei A∈ G, dann gilt
EP[EP[X], A] =EP[X]EP[1A]X unabh. vonG
= EP[X, A] =EP[EP[X|G], A]
(xi) Zun¨achst bemerken wir, dass f¨ur eine konvexe Funktion f die Abbildung z 7→
f(z)−f(y)
z−y monoton steigend ist. Insbesondere existieren f¨ur alle y∈R die links- und rechtsseitigen Ableitungen fl0(y) = limz%y f(z)−fz−y(y), fr0(y) = limz&y f(z)−f(y)z−y und es gilt f¨ur alley1 < y < y2 ∈R:
f(y1)−f(y)
y1−y ≤fl0(y)≤fr0(y)≤fl0(y) = f(yy2)−f(y)
2−y und daher f¨ur allex∈R:
f(x)≥f(y) + (x−y)fr0(y). (*) Nun zum eigentlichen Beweis. Zun¨achst bemerken wir, dass f stetig, also B(R)- messbar ist. Außerdem istx7→fr0(x) = limn→∞n(f(x+n1−f(x)) als Limes messbar.
Nun setzen wir X und Y :=EP[X|G] in (*) ein und erhalten f(X)≥f(Y) + (X−Y)fr0(Y) und daher mit (viii):
EP[f(X)|G]≥EP[f(Y)
| {z }
G−m.b.
|G] +EP[X|G]fr0(Y)
| {z }
G-m.b.
−Y fr0(Y)
| {z }
G−m.b.
=f(EP[X|G])
(xii) Zun¨achst bemerken wir, dass wegen (viii) auch EP[Xn|G] P-f.s. monoton steigend, also konvergent gegen eine ZVe Z konvergiert.
– Z ist als Limes G-messbarer ZVen ebenfalls G-messbar.
– Wegen 0≤EP[Xn|G]≤EP[X|G] ist Z ∈ L1(Ω,F,P).
Sei nun A∈ G, dann gilt EP[Z, A] = lim
n→∞EP[EP[Xn|G], A] = lim
n→∞EP[Xn, A] =EP[X, A]
(xiii) Zun¨achst bemerken wir, dass X ∈ L1(Ω,F,P), da auch |X| ≤Z P-f.s. Wir setzen Un := infm≥nXm und Vn= supm≥nXm, dann gilt
−Z ≤Un ≤Xn ≤Vn≤Z
und außerdem Un %X sowie Vn &X P-f.s..
Mit (xii) gilt dann
EP[Un|G]→EP[X|G] sowie EP[Vn|G]→EP[X|G]
Aus (viii) folgt insbesondere EP[Un|G] ≤EP[Xn|G]≤ EP[Vn|G] und somit mit dem gezeigten die Behauptung.
Aufgabe 5: Sei A∈ G. Wegen QP aufF gilt offensichtlich auch QP aufG ⊂ F. Dann gilt
dQ dP
G =EP dQ
dP G
, denn:
Q(A) =EP dQ
dP 1A
=EP
EP dQ
dP G
1A
. Wegen
Q
EP dQ
dP G
= 0
= Z
{EP[ddQP|G]=0}EP dQ
dP G
dP= 0 folgt Q
EPdQ
dP | G
>0 = 1.
Sei X ≥0, A∈ G. Dann gilt EQ[X·1A] =EP
X·dQ dP ·1A
=EP
EP
X· dQ dP G
·1A
=EP
"
EP
X· dQ dP G
· EPdQ
dP | G EPdQ
dP | G ·1{EP[ddQP|G]>0} ·1A
#
+EP
EP
X· dQ dP G
·1{EP[ddQP|G]=0} ·1A
(∗)= EQ
"
EP X·ddQ
P | G EPdQ
dP | G ·1A
# + 0.
Damit ist die Behauptung gezeigt f¨urX ≥0. F¨urX ∈ L1(Ω,F,Q) zerlegeX =X+−X− in Positiv- und Negativteil und benutze die Linearit¨at der bedingten Erwartung.
Zu (∗): Wegen EP
dQ dP
·1{EP[ddQP|G]=0}
=EP
EP dQ
dP
·1{EP[ddQP|G]=0} G
=EP
EP dQ
dP G
·1{EP[ddQP|G]=0}
= 0 und ddQ
P ≥0P-f.s. folgt
dQ
dP ·1{EP[dQdP|G]=0} = 0P-f.s.
Also haben wir
EP
EP
X· dQ dP G
·1{EP[ddQP|G]=0}·1A
=EP
EP
X· dQ
dP ·1{EP[ddQP|G]=0}
| {z }
=0P-f.s.
G
| {z }
=0P-f.s.
·1A
= 0.
Aufgabe 6:
(i)⇔(ii) ist klar, da wir die einzelnen Ungleichungen der beiden Definitionen nur mit den (deterministischen) Konstanten (1 +r) bzw. 1+r1 multiplizieren m¨ussen.
(i)⇒(iii) Seiηeine Arbitragem¨oglichkeit, dann gilt insbesondere 0≥η¯·π¯ =η0+η·π. Folglich gilt
η·S−(1 +r)η·π ≥η·S+ (1 +r)η0 = ¯η·S.¯
Da nach Voraussetzung ¯η·S¯ P-f.s. nicht-negativ und außerdem strikt positiv mit positiver Wahrscheinlichkeit ist, muss dies auch f¨ur η·S−(1 +r)η·π gelten. (Es gilt also ξ=η.)
(iii)⇒(i) Sei ξ gegeben wie in (iii), dann betrachten wir das Portfolio ¯η = (η0, ξ), mit η0 :=
−ξ·π. Dann gilt offensichtlich ¯η·π¯ = 0 und außerdem
¯
η·S¯=−(1 +r)ξ·π+ξ·S,
was nach Voraussetzung P-f.s. nicht negativ und positiv mit positiver Wahrschein- lichkeit ist. ¯η ist also eine Arbitragestrategie.