Finanzmathematik I
L¨osungvorschl¨age f¨ ur ¨ Ubungsblatt 3
J. Widenmann
Aufgabe 1: Es gilt
S2 =
0 falls S1 < L−K, S1+K−L falls L−K ≤S1 < L,
−S1+K+L falls L≤S1 ≤K+L, 0 falls S1 > K+L,
Im Fall L=π1 ist die Menge der arbitragefreien Preise vonπ2 das Intervall (0, K) (siehe Graphik).
Aufgabe 2: Erinnerung: Sei (Ω,F,P) ein Wahrscheinlichkeitsraum, X : Ω → R eine Zufallsvariable. Das Bildmaß bzw. die Verteilung von X ist ein Wahrscheinlichkeitsmaß auf dem Messraum (R,B(R)) und ist definiert durch L(X) :=PX :=P◦X−1 : B(R) → [0,1],
L(X)(B) =PX(B) =P◦X−1(B) =P X−1(B)
=P({ω ∈Ω :X(ω)∈B}),
f¨ur B ∈ B(R). Wir k¨onnen auch besondere Verteilungen auf dem Messraum (Ω,F) definieren, z. B. die Einpunktverteilung bzw. das Dirac-Maß. F¨ur ω0 ∈ Ω gilt dabei δω0 : F →[0,1],
δω0(A) =
1 fallsω0 ∈A, 0 fallsω0 ∈/ A.
Man kann leicht zeigen, dass das ein Wahrscheinlichkeitsmaß ist. Das kann man nat¨urlich auch auf (R,B(R)) definieren, so wie in dieser Aufgabe:
a)
δ0(B) =
1 falls 0 ∈B,
0 falls 0 ∈/B, analog gilt δ2(B) =
1 falls 2∈B, 0 falls 2∈/B,
f¨urB ∈ B(R). Dann gilt nat¨urlich f¨ur die ZufallsvariableS1 : Ω→RmitL(S1)(B) = PS1(B) =P◦(S1)−1 = 12(δ0+δ2)(B) :
1
2(δ0+δ2)({0}) = 1
2(1 + 0) = 1
2 und 1
2(δ0+δ2)({2}) = 1
2(0 + 1) = 1 2, d.h. S1 nimmt nur die zwei Werte 0 und 2 mit positiver Wahrscheinlichkeit an. Also haben wir
S1 =
0 mit P(S1 = 0) = 1/2, 2 mit P(S1 = 2) = 1/2, analog
S2 =
0 mit P(S2 = 0) = 1/2, 2 mit P(S2 = 2) = 1/2, wobei S1, S2 unabh¨angig. Weiterhin ist dann offensichtlich
S3 =
0 mit P(S3 = 0) = 1/2, 1 mit P(S3 = 1) = 1/2, und schließlich
S4 =
0 mitP(S1 = 0, S2 = 0) = 1/4, 0 mitP(S1 = 2, S2 = 0) = 1/4, 0 mitP(S1 = 0, S2 = 2) = 1/4, 2 mitP(S1 = 2, S2 = 2) = 1/4,
=
0 mit P(S4 = 0) = 3/4, 2 mit P(S4 = 2) = 1/4.
Der gegebene Markt ist unter der Annahme F =σ(S1, ..., S4) redundant, da S3 =
1
2S1 P-f.s. ist. Insbesondere ist wegen π1 = 1 f¨ur jedes ¨aquivalente Martingalmaß P∗ ∈ P der arbitragefreie Preis π3 eindeutig gegeben durch π3 = 12. Außerdem gen¨ugt es, sich bei der Suche nach arbitragefreien Preisen auf die durch S1, S2, S4 gegebenen Restriktionen zu beschr¨anken. Die Zeichnung auf der n¨achsten Seite zeigt dann, dass π4 ∈(0,1) liegen muss. Also gilt M ={(1/2, y)|y∈(0,1)}.
b) Ein ¨aquivalentes Martingalmaß P∗ zu (1/2, π4) ist durch folgende Bedingungen ge- geben: sei dazu p∗1 := P∗[S1 = 0, S2 = 0], p∗2 :=P∗[S1 = 0, S2 = 2], p∗3 := P∗[S1 =
2, S2 = 0], p∗4 :=P∗[S1 = 2, S2 = 2]:
p∗1, p∗2, p∗3, p∗4 >0 und p∗1+p∗2+p∗3+p∗4 = 1, 1 = E∗[S1] = 2(p∗3+p∗4), 1 = E∗[S2] = 2(p∗2+p∗4), 1/2 = E∗[S3] = (p∗3+p∗4),
π4 = E∗[S4] = 2p∗4 ⇔ p∗4 = π4 2 . Es folgen p∗2 =p∗3 = (1−π4)/2 und p∗1 =p∗4 =π4/2.
Aufgabe 3:
a) Ein ausreichender und besonders einfacher Wahrscheinlichkeitsraum ist Ω ={ω−, ω+} mit F = P(Ω). Setzen wir S1(ω+) = 8 und S1(ω−) = 2, dann muss f¨ur das Wahr- scheinlichkeitsmaß P die BedingungP({ω+}) = 23 und P({ω−}) = 13 gelten.
b) Zun¨achst suchen wir (aufgrund des FTAP) ein zu P¨aquivalentes Martingalmaß P∗. Wegen der Forderung nach ¨Aquivalenz muss P∗S1 = p∗δ8 + (1−p∗)δ2 mit p∗ > 0 gelten. Die Martingalmaß-Bedingung verlangt
EP∗
S1 1 +r
−π1 = 4·8p∗
5 +4·2(1−p∗)
5 −4 = 0 ⇔ p∗ = 1 2 Man erkennt sofort, dass das ¨aquivalente Martingalmaß eindeutig ist.
Der eindeutige arbitrage-freie Preis πC von C = (S−5)+ ist daher πC =EP∗
(S1−5)+ 1 + 1/4
= 4
5·2(8−5) = 1.2 .
c) Die Strategie ¯ξ = (πC − πC1,0,−1,1) ist eine Arbitragestrategie und daher der Markt nicht arbitrage-frei.
Aufgabe 4: Wir zeigen zun¨achst, dass
supM = inf Π(C), wobei M :=
m∈[0,∞)| ∃ξ ∈Rd : m+ξY ≤ 1+rC P−f.s. .
“ ≤ ” Zun¨achst bemerken wir, dass M 6=∅, da z.B 0∈M mit der trivialen Strategie. Sei also x∈M undξ ∈Rdderart, dass x+ξY ≤ 1+rC P-f.s.. Dann folgt f¨ur alle P∗ ∈ P, dass
EP∗[ C
1 +r]≥EP∗[x+ξY] =x . Damit haben wir supM ≤inf Π(C) gezeigt.
“ ≥ ” Sei nun m ∈ R mit m < inf Π(C) beliebig. Dann gibt es nach dem FTAP eine Arbitragem¨oglichkeit (ν, νd+1) ∈ Rd×R im erweiterten Markt (S0, S1, . . . , Sd, C), d.h. νY +νd+1(1+rC −m) ≥ 0 P-f.s und P(νY +νd+1(1+rC −m) > 0) > 0. Da der urspr¨ungliche Markt arbitragefrei ist, muss νd+1 6= 0 gelten. F¨ur alle P∗ ∈ P folgt weiterhin, dass
EP∗[νY +νd+1( C
1 +r −m)] =νd+1EP∗[( C
1 +r −m]≥0
und deshalbνd+1 >0. Sei ξ:=−ν/νd+1, dann istm+ξY ≤ 1+rC P-f.s., also m∈M. Da m beliebig gew¨ahlt war, muss supM ≥inf Π(C) gelten.
Damit haben wir supM = inf Π(1+rC ) gezeigt. Nun wollen wir zeigen, dass das Supremum von M tats¨achlich angenommen wird, also ein Maximum ist.
O.B.d.A. k¨onnen wir annehmen, dass (S11, . . . , S1d) linear unabh¨angig sind, d.h. aus ξ ∈ Rd : ξS1 = 0 P-f.s. folgt ξ = 0. Sei (xn)n∈N ⊂M eine Folge, die gegen supM konvergiert und seienξn∈RdStrategien, so dassxn+ξnY ≤ 1+rC P-f.s.. Falls eine konvergente Teilfolge (ξnk)k∈
N mit Grenzwertξ ∈Rd existiert, dann gilt offensichtlich supM +ξY ≤ C
1 +r P−f.s.
und somit supM ∈M ⇔ supM = maxM.
Angenommen alle Teilfolgen divergieren, dann w¨ahle f¨urk ∈Nξnk derart, dasskξnkk> k f¨ur irgendeine Normk.kaufRd. Dann sindηk :=−ξnk/kξnkkElemente der entsprechenden Einheitskugel. Aus der Kompaktheit dieser Kugel folgt, dass wir, eventuell unter ¨Ubergang zu einer Teilfolge, annehmen k¨onnen, dass die Folge ηk gegen ein η ∈ Rd mit kηk = 1 konvergiert. Dann folgt aber aus
−supM
kξnkk +ηkY ≥ C
(1 +r)kξnkk P−f.s.
f¨ur k → ∞, dass ηY ≥ 0 P-f.s.. Aus der Arbitragefreiheit des urspr¨unglichen Marktes schließen wir nun zuerst, dass ηY = 0 P-f.s. und aufgrund der linearen Unabh¨angigkeit, dass η= 0. Dies ist aber ein Widerspruch zukηk= 1. Also muss (ξn)n∈N eine konvergente Teilfolge enthalten.