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14 Integralrechnung im R

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14 Integralrechnung im R n

Zur Bestimmung von Flächeninhalten in der Ebene ist das Integral einer Funktion f : [a, b] ! R ein entscheidenes Mittel und durch den Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung zeigt sich, dass man dieses als die inverse Operation zur Ableitung be- trachten kann. Eine Verallgemeinerung des Integralbegriffs auf mehrdimensionale Funk- tion ist daher sehr wünschenswert.

14.1 Messbare Mengen

Für IntervalleI = [a, b]⇢R, ab,ist die Länge durch|I|:=b agegeben. Die höherdi- mensionalen Analoga von Intervallen sind Rechtecke und Quader. Motiviert durch deren Flächen- und Volumenberechung in R2 und R3 lässt sich in natürlicher Weise allgemein für n-dimensionale Intervalle I ⇢Rn ein n-dimensionales Volumen definieren.

Definition 14.1 (Inhalt n-dimesionaler Intervalle)

Zu zwei Vektoren a,b 2 Rn mit ak  bk,1  k  n, ist das n-dimensionale Intervall I ⇢ Rn definiert als die Produktmenge der eindimensionalen Intervalle Ik := [ak, bk] ⇢ R,1k n, durch

I:= [a,b] := [a1, b1]⇥. . .⇥[an, bn] =I1⇥. . .⇥In. Der n-dimensionale Inhalt ist gegeben durch

|I|:= (b1 an)·. . .·(bn an) = |I1| ·. . .· |In|.

Die Vereinigung endlich vieler Intervalle I1, . . . ,Im, m 2 N, wird Intervallsumme S = [mi=1Im genannt und die Menge aller Intervallsummen wird mit S bezeichnet.

Besteht die Intervallsumme S aus nicht-überlappenden Intervallen˚Ii\˚Ij =;, i 6=j, so ist der Inhalt gegeben durch

|S|:=|I1|+. . .+|Im|.

Mit den Intervallen hat man eine Klasse von einfachen Teilmengen gefunden, für die sich die Inhaltsbestimmung in gewöhnlicher Weise erklärt. Man beachte, dass im Speziellen auch degenerierte Intervalle [a,b] mit ai = bi für gewisse oder alle i 2{1, . . . , n} zuge- lassen sind. Diesen Begriff des Inhalts möchte man auf beliebige Teilmengen M ⇢ Rn verallgemeinern und dabei relevante, intuitive Eigenschaften der Inhaltsbestimmung bei- behalten.

(2)

Definition 14.2 (Inhalt)

Sei S eine Menge von Teilmengen S ⇢ Rn. Eine Abbildung |·| : S ! R heißt Inhalts- funktion, wenn sie jeder MengeS 2S einenInhalt |S|2Rzuordnet, der für alle Mengen S 2S die folgenden Bedingungen erfüllt

(I1) |S| 0, (Positivität)

(I2) |S|=|S0|, falls S kongruent zuS0, (Bewegungsinvarianz)

(I3) |[0,1]n|= 1, (Normierung)

(I4) |S1[S2|=|S1|+|S2|, für S1\S2 =;. (Additivität)

Dabei heißen zwei Mengen kongruent, wenn die durch abstandserhaltende Transforma- tionen (Verschiebung, Drehung, Spiegelung) auseinander hervorgehen.

Idealerweise möchte man allen Teilmengen von Rn einen Inhalt zuweisen können, d.h.

man möchte als Teilmengensystem S = P(Rn) die Potenzmenge wählen. Eine Inhalts- funktion mit den Eigenschaften (I1) - (I4) lässt sich zwar fürR1 und R2 finden (Banach, 1923), jedoch ist dies inR3 nicht möglich (Hausdorff, 1914): es gibt Teilmengen von R3, denen sich kein Inhalt zuordnen lässt. Diese exotischen Teilmengen kommen in der ma- thematischen Praxis jedoch selten vor. Daher lässt sich sinnvoll arbeiten, indem man den Inhaltsbegrifffür Intervallsummen auf solche Mengen ausdehnt, die hinreichend gutartig sind: auf alle Mengen, die man mit Intervallsummen von innen und außen approximieren kann.

Definition 14.3 (Jordan-Inhalt) Sei M ⇢Rn eine beschränkte Teilmenge.

(i) Der innere Inhalt |M|i und äußere Inhalt |M|a von M ist definiert durch

|M|i := sup

S2S,SM|S| inf

S2S,MS|S|=:|M|a. Für die leere Menge definiert man |;|i =|;|a = 0.

(ii) Stimmen äußerer und innerer Inhalt überein, so heißt die MengeM Jordan-meßbar (oder quadrierbar) und der Jordan-Inhalt ist definiert durch

|M|:=|M|i =|M|a.

Da für die Intervallsummen auch degenerierte Quader zugelassen sind, findet sich immer eine innere Approximation und somit ist der innere Inhalt wohldefiniert. Zudem lässt sich eine beschränkte Menge stets durch einen geeignet groß gewählten Quader überdecken und damit ist auch das äußere Maß wohldefiniert.

Dass es auch nicht messbare Mengen gibt, zeigt das folgenden Beispiel.

Beispiel 14.4 (Nicht Jordan-messbare Menge) Die Menge

M :={x2[0,1]⇢R | x2Q}

(3)

14.2 Volumenintegrale ist nicht Jordan-meßbar. Da eine Intervallsumme S ⇢ M nur aus endlich vielen Inter- vallen besteht, Q jedoch abzählbar viele Punkte besitzt, muss in dem Fall S = ; sein.

Für S M gilt zudem, dass dies nur durch S = [0,1] erreicht wird, da Q dicht in R liegt. Somit folgt |M|i = |;|i = 0 und |M|a = |[0,1]|a = 1, d.h. die Menge ist nicht Jordan-meßbar.

Ist die Menge M von außen durch degenerierte Intervallsummen approximierbar (z.B.

wenn es bei M selbst um eine Vereinigung degenerierter Intervalle handelt), dann ist das äußere Maß (und auch das innere) Null und die Menge ist messbar. Dies motiviert die folgende Definition.

Definition 14.5 (Nullmenge, fast überall)

Eine Menge M ⇢Rn mit Inhalt |M|= 0 heißt (Jordan-)Nullmenge.

Gilt eine Aussage in allen Punkte einer Menge bis auf eine Teilmenge vom Maß Null (d.h. bis auf eine Nullmenge), dann spricht man davon, dass die Aussage fast überall gilt.

Bemerkung 14.6 (Charakterisierung von Nullmengen) Für Jordan-Nullmengen gilt:

(i) Teilmengen von Nullmengen sind Nullmengen.

(ii) Endliche Vereinigungen von Nullmengen sind Nullmengen.

(iii) Beschränkte Teilmengen eines echten Untervektorraums desRn sind Nullmengen.

Bemerkung 14.7 (Charakterisierung von Jordan-messbaren Mengen)

Eine beschränkte Menge M ⇢ Rn ist genau dann Jordan-messbar, wenn der Rand @M eine Nullmenge ist.

14.2 Volumenintegrale

Der Inhalt einer Menge ist eng mit dem Integral verknüpft. Daher möchte man gerne erreichen, dass sich der Inhalt einer durch den Graph einer stetigen Funktion f :Rn D!R beschriebenen Menge,

M(f) :={(x, y)2Rn+1 | x2D⇢Rn,0yf(x)}, als das Integral über diese Menge,

Z

D

f(x)dx=|M(f)|,

ergibt. Dazu kann analog zum eindimensionalen Riemann-Integral vorgehen: Man zer- legt den Definitionsbereich D in n-dimensionale Intervalle und approximiert dann die Funktion durch Treppenfunktionen auf diesen Intervallen durch Ober- und Untersum- men. Um die Definitionsmenge Ddabei nicht unnötig einzuschränken, ist es zielführend nicht nur eine Zerlegung in Intervalle (d.h. Quader) zuzulassen, sondern Zerlegungen in beliebige, messbare Mengen zu betrachten.

(4)

Definition 14.8 (Zerlegung)

Sei D⇢Rn eine beschränkte, Jordan-messbare Menge.

(i) Z = {K1, . . . , Km}, m 2 N, heißt endliche Zerlegung von D in messbare Mengen Ki ⇢D, falls die Ki nichtüberlappend sind und die Menge darstellen, d.h.

[m

i=1

Ki =D, und K˚i\K˚j =;, i6=j, 1i, j m.

(ii) Die Menge aller Zerlegungen von D wird mit Z(D) bezeichnet.

(iii) Die Feinheit|Z|einer ZerlegungZ 2Z(D)wird durch den maximalen Durchmesser der Teilmengen Ki beschrieben, definiert als

|Z|:= max

Ki2Zdiam(Ki), diam(Ki) := sup

x,x02Ki

kx x0k2.

Damit lassen sich nun für beschränkte Funktionen Ober- und Untersummen definieren.

Definition 14.9 (Riemann-Integral)

Sei D⇢Rn eine Jordan-messbare Menge und f :D!R eine beschränkte Funktion.

(i) Für eine Zerlegung Z 2 Z(D), Z = {K1, . . . , Km} sind Unter- und Obersumme gegeben als

SZ(f) :=

Xm

i=1

xinf2Ki{f(x)} · |Ki|, SZ(f) :=

Xm

i=1

sup

x2Ki

{f(x)} · |Ki|.

(ii) Das Unter- und Oberintegral ist gegeben durch

I(f) = Z

D

f(x)dx:= sup

Z2Z(D)

SZ(f), I(f) = Z

D

f(x) dx:= inf

Z2Z(D)SZ(f).

(iii) Stimmen Unter- und Oberintegral überein, so definiert der gemeinsame Wert das Riemann-Integral von f über D

Z

D

f(x)dx:=I(f) :=I(f) =I(f).

In diesem Fall wird die Funktion f Riemann-integrierbar genannt.

Da diese Definition analog zum Riemann-Integral in einer Dimension ist, lassen sich auch die Eigenschaften analog zeigen.

Bemerkung 14.10 (Eigenschaften des Riemann-Integrals) Sei D⇢Rn Jordan-messbar.

(5)

14.2 Volumenintegrale (i) Linearität: Sind f, g Riemann-integrierbar über D und ↵, 2R, dann gilt

Z

D

↵f(x) + g(x) dx=↵ Z

D

f(x) dx+ Z

D

g(x) dx.

(ii) Monotonie: Sind f, g Riemann-integrierbar über D und giltf(x)g(x),x2D, dann auch

Z

D

f(x) dx Z

D

g(x) dx.

(iii) Gebietsadditivität: Ist f Riemann-integrierbar über D1 [D2 mit D˚1\D˚2 = ; und D1, D2 Jordan-messbar, dann gilt

Z

D1[D2

f(x)dx= Z

D1

f(x) dx+ Z

D2

f(x)dx.

(iv) Inhaltsmessung: Der Jordan-Inhalt von D ergibt sich als Z

D

1 dx=|D|.

Ebenso zeigt sich, dass stetige, beschränkte Funktion integrierbar sind. Dies gilt sogar dann noch, wenn die Funktion auf einer Nullmenge unstetig ist, denn gemäß Definition tragen Nullmengen nichts zum Integral bei.

Satz 14.11 (Riemann-Integrierbarkeit stetiger Funktionen)

Sei D ⇢ Rn Jordan-messbar und f : D ! R beschränkt und fast überall stetig auf D (d.h. f ist stetig in allen Punkten x 2 D bis auf eine Menge an Punkten, die den Jordan-Inhalt Null besitzen). Dann ist f Riemann-integrierbar.

Dies zeigt, dass man die Werte einer Funktion auf einer Nullmenge abändern kann, ohne dass sich an der Integrierbarkeit etwas ändert, und der Wert des Integrals bleibt derselbe, wenn man diese Änderungen (auf der Nullmenge) vornimmt.

Es stellt sich die Frage, wie solche Integrale über Teilmengen des Rn praktisch be- rechnet werden können. Im eindimensionalen Fall hatte man durch den Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung, durch die Substitutionsregel und durch die partielle Integration mächtige Hilfsmittel an der Hand. Gesucht sind folglich die mehrdimensio- nalen Analoga.

Satz von Fubini

Der Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung erlaubte es, Flächenberechnungen auf das Auffinden und Auswerten einer Stammfunktion zurückzuführen. In mehreren Dimensionen besteht nun die Idee darin, die mehrdimensionale Integration auf mehrere eindimensionale Integrationen zurückzuführen.

(6)

Satz 14.12 (Fubini)

Seien Ix ⇢ Rn und Iy ⇢ Rm Intervalle, I = Ix ⇥Iy und f : I ! R über I Riemann- integrierbar. Sind zudem die Funktionen f(·,y) :x7!f(x,y)und f(x,·) :y7!f(x,y) überIx bzw. Iy Riemann-integrierbar, dann gilt:

(i) Die Funktionen Fx(y) :=

Z

Ix

f(x,y)dx und Fy(x) :=

Z

Iy

f(x,y)dy

sind Riemann-integrierbar über Ix bzw. Iy.

(ii) Die Integration lässt sich nacheinander ausführen und die Reihenfolge ist beliebig Z

I

f(x,y)dxdy= Z

Ix

Z

Iy

f(x,y) dy

! dx=

Z

Iy

✓Z

Ix

f(x,y)dx

◆ dy.

Damit lassen sich Mehrfachintegrale ganz einfach auf eindimensionale Integrale zurück- führen. Ist nämlichf überI = [a1, b1]⇥[a2, b2]⇥. . .⇥[an, bn]integrierbar und existieren die einzelnen Integrale, dann gilt auch

Z

I

f(x) dx= Z b1

a1

Z b2

a2

. . . Z bn

an

f(x1, x2, . . . , xn) dx1dx2·. . .·dxn. Beispiel 14.13

Sei I := [1,2]⇥[0,1]und f(x) := x1+x2, so findet man Z

I

f(x)dx= Z 2

1

Z 1 0

x1+x2 dx2dx1 = Z 2

1

x1x2+1 2x22

1 0

dx1

= Z 2

1

✓ x1+1

2

dx1 =

1

2x21+1 2x1

2

1

= 1 222+1

22 1

212 1 21 = 2.

Transformationssatz

Für die eindimensionale Integration besitzt man die Substitutionsregel: Istf : [↵, ]!R stetig und : [a, b]![↵, ] stetig differenzierbar, dann gilt

Z (b) (a)

f(y)dy = Z b

a

f( (x))· 0(x) dx.

Das mehrdimensionale Analogon dazu lautet folgendermaßen.

Satz 14.14 (Transformationssatz)

Sei D ⇢ Rn eine Jordan-messbare und offene Menge und : D 7! Rn eine injektive,

(7)

14.3 Kurven- und Flächenintegrale stetig differenzierbare und Lipschitz-stetige Abbildung. Dann ist (D) Jordan-messbar und eine Funktion f : (D)!R auf dem Bild (D)genau dann Riemann-integrierbar, wenn die Funktion (f )|detJ | auf D Riemann-integrierbar ist und in dem Fall gilt

Z

(D)

f(y)dy= Z

D

f( (x)) · |det(J (x))| dx. (14.1)

Dabei bezeichnet detJ (x) die Determinante der Jacobi-Matrix.

Beispiel 14.15 (Ebene Polarkoordinaten)

Jeder Punkt der Ebene x 2 R2 lässt sich durch seine Entfernung r := p

x21+x22 zum Urspung und den Winkel zwischen dem Vektor x und der Abzisse darstellen (dabei wird der Winkel gegen den Uhrzeigersinn gemessen). Man hat somit eine Abbildung

:R+⇥(0,2⇡)!R2\ {(x1,0) | x1 0}, (r, )7!(rcos , rsin ).

Die Jacobi-Matrix und die Determinante davon ergeben sich zu

J (r, ) = 0 BB

@

@ 1

@r

@ 1

@

@ 2

@r

@ 2

@ 1 CC A=

✓cos rsin sin rcos

und

detJ (r, ) = rcos2 +rsin2 =r(cos2 + sin2 ) =r.

Damit kann man einen Kreis (ohne positive Abzisse) mit Radius R um den Ursprung (D) =BR(0)\ {(x1,0)|x1 0}integrieren (die herausgenommene Menge ist nur eine Nullmenge in R2) und erhält mit D= (0, R)⇥(0,2⇡) die Fläche

Z

BR(0)

1 dx1dx2 = Z

D

1· |detJ (r, )| dr d = Z 2⇡

0

Z R 0

r dr d = Z 2⇡

0

1

2R2d =⇡R2.

14.3 Kurven- und Flächenintegrale

Oftmals möchte man Funktionen auch über Kurvenlinien imR2 oder Flächen imR3inte- grieren können. Dies ist nach dem obigen Integralbegriff nicht direkt möglich, da solche Mengen eine Nullmenge darstellen. Man benötigt folglich eine genauere Beschreibung dieser (niederdimensionalen) Mengen und eine Erweiterung des Integralbegriffs.

(8)

Kurven

Definition 14.16 (Weg, Kurve, Jordan-Kurve)

Füra < bheißt eine stetige Abbildung : [a, b]!Rnein Weg, die Bildmenge des Weges :={ (t) | t2[a, b]}⇢Rn eine Kurve und eine Parametrisierung der Kurve.

Ein Weg (und die dadurch induzierte Kurve) heißt geschlossen, falls der Anfangspunkt (a)und der Endpunkt (b) zusammenfallen, (a) = (b).

Ist injektiv, so nennt man einen Weg (eine Kurve) einen Jordan-Weg (eine Jordan- Kurve). Ist die Kurve : [a, b)!Rn injektiv und (a) = (b) der einzige Doppelpunkt der Kurve, dann nennt man dies eine geschlossene Jordan-Kurve.

Beispiele 14.17 (i) Die Einheitskreislinie :={x2R2 | kxk2 = 1}ist eine geschlos- sene Kurve und es gibt verschiedene Parametrisierungen als Weg, z.B.

(t) =

✓cos(t) sin(t)

oder (t) =

✓ cos(t) sin(t)

mit t2[0,2⇡].

(ii) Für eine Funktion f : [a, b]!R ist der Graph ={(t, f(t))2R2 | t2[a, b]}eine Kurve.

(iii) Die Schraubenlinie im R3 mit Radius r >0und Höhe h >0 ist gegeben durch t 7!

0

@rcos(t) rsin(t)

ht 1

A, t >0.

Durch eine geschlossene Jordan-Kurve hat man einen intuitiven Begriff von einer Um- randung in der Fläche. Dies zeigt der folgende Satz.

Satz 14.18 (Jordanscher Kurvensatz)

Durch jede geschlossene, ebene Jordan-Kurve ⇢ R2 wird die Ebene in zwei von der Kurve berandete Gebiete zerlegt,

G1[G2 =R2\ , G1\G2 =;, @G1 =@G2 = ,

und genau eines dieser Gebiete ist beschränkt (Innen) und genau eines ist unbeschränkt (Außen).

Beispiel 14.19

Sei ={x2R2 | kxk2 = 1} die Einheitskreislinie. Dann ist das innere Gebiet gegeben als der offene Einheitskreis B1(0) = {x 2 R2 | kxk2 < 1} und das Außengebiet als R2\B1(0) = {x2R2 | kxk2 >1}.

Definition 14.20 (Differenzierbare Kurve, Tangente und Normale)

Eine Kurve heißt stetig differenzierbar, wenn für sie eine stetig differenzierbare Para- metrisierung : [a, b]!Rn existiert.

(9)

14.3 Kurven- und Flächenintegrale Der Tangentenvektor im Punkt t0 2 für eine stetig differenzierbare Jordan-Kurve ist gegeben durch

0(t0) := lim

h!0

(t0+h) (t0) h

und die Tangente ist die Gerade in diese Richtung gegeben durch T :={ (t0) +t· 0(t0)2Rn | t2R}.

Die Kurve heißt regulär, wenn der Tangentenvektor 0(t0) 6= 0 an keiner Stelle ver- schwindet.

Die Normalenebene in einem Punkt t0 an eine stetig differenzierbare Jordan-Kurve ist gegeben durch die zum Tangentenvektor 0(t0) orthogonale Ebene und jeder Vektor in dieser Ebene mit Ursprung in (t0) heißtNormale.

Definition 14.21 (Kurvenintegral)

Sei : [a, b]!Rn eine stetig differenzierbare Jordan-Kurve. Für eine Funktion f : ! R ist das skalare Kurvenintegral definiert als

Z f :=

Z

f(x(s))ds:=

Z b a

f( (t))·k 0(t)k dt und ds=k 0(t)kdt heißt Streckenelement.

Beispiel 14.22

Die Länge eines Kreises mit Radius r und Mittelpunkt m 2 R ermittelt sich durch Integration von f(x) = 1 über die Kurve parametrisiert durch t 2[0,2⇡]

(t) =

✓m1+rcos(t) m2 +rsin(t)

mit 0(t) =

0

1(t)

02(t)

=

✓ rsin(t) rcos(t)

◆ . Daher findet man

Z f =

Z 2⇡

0

1· q

r2sin2(t) +r2cos2(t) dt= Z 2⇡

0

r dt= 2⇡r.

Flächen

Um Integrale für Flächen zu definieren, geht man analog zu den Kurven vor und führt ei- ne Parametrisierung ein. Dabei ist der Parameterbereich nicht mehr ein 1-dimensionales Linienstück, sondern wird zu einer 2-dimensionalen Menge.

Definition 14.23 (Flächenparametrisierung)

SeiU ⇢R2eine messbare, offene Menge. EineFlächenparametrisierung ist eine injektive, stetig differenzierbare, Lipschitz-stetige Abbildung

:U !R3, u7! (u) :=

0

@ 1(u1, u2)

2(u1, u2)

3(u1, u2) 1 A

(10)

deren partiellen Ableitungen an jeder Stelle u 2 U linear unabhängig sind (d.h. die Jacobi-Matrix J (u) hat maximalen Rang 2). Das Bild := (U) von U wird offene reguläre Fläche genannt.

Setzt man die Abbildung bis auf den Rand von U zu einer Lipschitz-stetigen Abbildung : U ! R3 fort und sind die Mengen (U) und (@U) disjunkt, so heißt := (U) eine abgeschlossene Fläche und (@U) der Rand von .

Analog zu den Tangenten an eine Kurve, lassen sich auch Tangenten an eine Fläche bestimmen. Dies geht in alle Richtungen.

Definition 14.24 (Koordinatenlinien, Tangentialebene, Normale) Sei ⇢R3 eine offene reguläre Fläche parametrisiert durch :U !R3.

(i) Für ein festes u2 ist die Parametrisierung (·, u2) eine Kurve, die in der Fläche verläuft, und heißtKoordinatenlinie bzw.u1-Linie. Analog ist dieu2-Linie definiert.

(ii) Die Tangentialvektoren an diese Kurven im Punktu0 gegeben durch @u1 (u0)und

@u2 (u0)sind linear unabhängig und spannen die Tangentialebene T in u0 auf:

T(u0) :={x2R3 |x= (u0) + 1·@u1 (u0) + 2·@u2 (u0), 1, 2 2R}. (iii) Jeder senkrecht auf der Tangentialebene stehende Vektor n 6= 0 heißt Normalen-

vektor oder Normale. Eine Normale mit Länge knk= 1 heißt Einheitsnormale.

Für die Berechnung der Normalen bietet es sich an das äußeres Vektorprodukt zu ver- wenden.

Definition 14.25 (Äußeres Vektorprodukt)

Seien a,b 2R3 zwei Vektoren. Dann ist das äußere Vektorprodukt definiert als R3 ⇥R3 !R3,

(a,b)7!a⇥b:=

0

@a2b3 a3b2

a3b1 a1b3

a1b2 a2b1

1 A.

Satz 14.26 (Eigenschaften des Vektorprodukts) Für das Vektorprodukt gilt:

(i) Für allea,b2R3:

a⇥b= b⇥a, a⇥a=0, ka⇥bk2 =kak2kbk2 (a·b)2. (ii) Das Vektorprodukt a⇥b steht senkrecht aufa und b:

a⇥b ?span(a,b).

(11)

14.3 Kurven- und Flächenintegrale (iii) Ist ✓2[0,2⇡] der Winkel zwischen den Vektoren a,b 2R3, so gilt

ka⇥bk=kak kbksin✓.

Damit lässt sich die Normale beschreiben.

Definition 14.27 (Normale)

Sei ⇢R3 eine offene reguläre Fläche parametrisiert durch :U !R3. Eine Einheits- normale ist gegeben durch

n(u) = @u1 (u)⇥@u2 (u) k@u1 (u)⇥@u2 (u)k.

(u1,·)

(·, u2)

T @u1

@u2

n =@u1 ⇥@u2

Definition 14.28 (Flächenintegral)

Sei ⇢R3 eine reguläre offene Fläche mit Parametrisierung :U !R3 und f : !R eine beschränkte Funktion. Dann ist das Flächenintegral von f über definiert als

Z f :=

Z

f(x(S))dS :=

Z

U

f( (u))·k@1 ⇥@2 k du

und dS=k@1 (u)⇥@2 (u)k du heißt Flächenelement.

Beispiel 14.29 (Polarkoordinaten)

Ein Punkt x 2 R3 lässt sich durch seine Entfernung r := p

x21+x22 +x23 zum Urspung und zwei Winkeln ,✓ darstellen

:R+⇥(0,2⇡)⇥(0,⇡)!R3\ {(x1,0, x3) | x1 0, x3 2R}, (r, ,✓)7!

0

@rsin✓cos rsin✓sin rcos✓

1 A.

(12)

x1

x2 x3

✓ x

Hält man den Radius fest, so bildetU := (0,2⇡)⇥(0,⇡)mittels auf die Kugeloberfläche ab. Man findet für die Tangentialvektoren

@ ( ,✓) = 0

@ rsin✓sin rsin✓cos

0

1

A, @ ( ,✓) = 0

@rcos✓cos rcos✓sin rsin✓

1 A und entsprechend

@ ⇥@ = 0

@ (rsin✓cos )·( rsin✓) (rcos✓sin )·0 0·(rcos✓cos ) ( rsin✓sin )·( rsin✓)

( rsin✓sin )·(rcos✓sin ) (rsin✓cos )·(rcos✓cos ) 1 A

= 0

@ r2sin2✓cos r2sin2✓sin

r2sin✓cos✓ 1 A

und somit

k@ ⇥@ k2 =r4sin2✓(sin2✓cos2 + sin2✓sin2 + cos2✓) = r4sin2✓.

Die Kugeloberfläche hat somit die Größe Z

1 dS = Z

0

Z 2⇡

0

1·r2sin✓ d d✓ = 2⇡r2 Z

0

sin✓ d✓ = 2⇡r2[ cos✓]0 = 4⇡r2.

Mannigfaltigkeiten im Rn

Bettet man eine niederdimensionale Menge D ⇢ Rk über eine Parametrisierung in ei- ne höherdimensionale Menge Rn ein, dann lässt sich dafür ganz allgemein ein Integral definieren.

Satz 14.30 (Integration auf Mannigfaltigkeiten)

Sei k n und D ⇢Rk eine offene Menge. Eine stetig differenzierbare Parametrisierung : D 7! Rn heißt Immersion, wenn die Jacobi-Matrix J (x) 2 Rn⇥k in jedem Punkt x 2 D den maximalen Rang k besitzt. Der metrische Tensor (oder Metriktensor) ist gegeben durch

g(x) :=J (x)TJ (x)2Rkk, d.h. gij(x) =h@i (x),@j (x)i, 1i, j k.

(13)

14.4 Integralsatz von Gauß Eine Funktion f : (D)!R ist auf (D) genau dann integrierbar, wenn die Funktion f( (x))·p

det(J (x)TJ (x)) aufD integrierbar ist und es gilt Z

(D)

f(y)dy= Z

D

f( (x))·p

det(J (x)TJ (x))dx. (14.2)

Bemerkung 14.31

Dies fasst Linien-, Oberflächenintegral und Transformationssatz zusammen:

(i) Für k = n ist die Jacobi-Matrix J (x) 2 Rn⇥n quadratisch und man findet mit Determinanten-Multiplikationssatz und der Gleichheit der Determinate bei Trans- position einer Matrix die Vereinfachung

pdet(J (x)TJ (x)) =p

det(J (x)T) det(J (x)) =p

det(J (x))2 =|det(J (x)| und damit den Transformationssatz.

(ii) Für k = 1 beschreibt :R1 D! Rn eine Kurve im Rn. Der Ausdruck für den metrischen Tensor vereinfacht sich zu

pdet(J (x)TJ (x)) = p

det( 0(t)T 0(t)) =p

( 01(t))2+. . .+ ( 0n(t))2 =k 0(t)k2. (iii) Für k = 2 beschreibt : R2 D!R3 eine Fläche im R3. Der Ausdruck für den

metrischen Tensor vereinfacht sich zu

det(J (x)TJ (x)) =h@1 ,@1 i·h@2 ,@2 i h@1 ,@2 i·h@2 ,@1 i

=k@1 k2·k@2 k2 h@1 ,@2 i2

=k@1 k2·k@2 k2·(1 cos2✓) =k@1 k2·k@2 k2·sin2

=k@1 ⇥@2 k2.

14.4 Integralsatz von Gauß

Der Fundamentalsatz der Differential- und Integralrechnung für ein Intervall I = [a, b]

Z b a

f0(x) dx

| {z }

Integral vonf0überI

= f(b) f(a)

| {z }

Auswertung vonf am Rand@I

erlaubt es das Integral über das gesamte Intervall durch Auswertung an den beiden Randpunkten zu ersetzten. Die Verallgemeinerung für mehrere Dimensionen ist durch Auswertungen von Linien- (2D) und Oberflächenintegralen (3D) möglich und wird als Satz von Gauß bezeichnet.

(14)

Gaußscher Integralsatz

Der Gaußsche Satz lässt sich für sehr allgemeine Integrationsmengen beweisen. Je nach Allgemeinheit ist dabei der Beweisaufwand stark steigend. Hier wird die Fassung für sogenannte Normalgebiete gegeben, die fast alle praktisch relevanten Mengen umfassen.

Definition 14.32 (Normalgebiet) (i) Eine Menge ⌦ ⇢ R2 heißt Normalgebiet in x2-Richtung, wenn sie eine stückweise stetig differenzierbare Randkurve@⌦besitzt und es ein Intervall I2 ⇢R und zwei stetige Funktion g2, g2 :I2 !R gibt, die die Menge in x2-Richtung beranden, d.h.

⌦={x2R2 |x1 2I2, g2(x1)< x2 < g2(x1)}.

Analog heißt die Menge Normalgebiet inx1-Richtung, wenn sie durch stetige Funk- tionen g1, g1 inx1-Richtung berandet wird.

(ii) Eine Menge ⌦⇢R3 heißtNormalgebiet in x3-Richtung, wenn es eine offene, mess- bare Teilmenge D3 der (x1, x2)-Ebene mit stückweise stetiger Randkurve@D3 und zwei stückweise differenzierbare, Lipschitz-stetige Funktion g

3, g3 : D3 ! R gibt, die die Menge in x3-Richtung beranden, d.h.

⌦={x2R3 | (x1, x2)2D3, g3(x1, x2)< x3 < g3(x1, x2)}.

Analog heißt die Menge Normalgebiet in x1- oder x2-Richtung, wenn sie durch Funktionen in x1- oder x2-Richtung berandet wird.

(iii) Die Menge ⌦⇢Rn (n = 2,3)heißt Normalgebiet, wenn sie ein Normalgebiet bzgl.

aller Richungen ist.

Normalgebiete sind somit per Definition offen, beschränkt und messbar. Konvexe Gebiete mit stückweise glattem Rand sind immer Normalgebiete. Beispiele für Normalgebiete in 2D sind Dreiecke, Rechtecke oder Kreise, in 3D Tetraeder, Quader, Kugeln oder Pyramiden. Ist eine Menge kein Normalgebiet, so lässt es sich jedoch fast immer in endlich viele nicht-überlappende Normalgebiete verteilen. Für solche Gebiete gilt der Gaußsche Satz.

I2 b a

g2(x1) g2(x1)

2 3

4

1

x1

x2

(15)

14.4 Integralsatz von Gauß Satz 14.33 (Gaußscher Integralsatz)

Sei ⌦⇢Rn (n = 2,3) ein Normalgebiet. Ist v:⌦ !Rn ein Vektorfeld, das in ⌦ stetig und in ⌦ stetig differenzierbar mit beschränkten partiellen Ableitungen ist, dann gilt

Z

r·v(x) dx= Z

@⌦

v(x(S))·n(x(S)) dS

mit der äußeren Normalen nan den Rand@⌦. Ist der Rand nur stückweise differenzier- bar, so ist Randintegral stückweise zu verstehen. Der Satz gilt auch für Mengen ⌦, die sich durch endlich vielen Jordan-Kurven (2D) bzw. reguläre Flächen (3D) in Normalge- biete zerteilen lassen.

Beweis. Sei ⌦⇢ R3 ein Normalgebiet. Ist das Intervall I2 = [a, b] gegeben, dann lässt sich der Rand @⌦in vier Stücke zerlegen:

1 :={x2R2 | x1 2[a, b], x2 =g2(x1)},

2 :={x2R2 | x1 =b, x2 2[g2(b), g2(b)]},

3 :={x2R2 | x1 2[a, b], x2 =g2(x1)},

4 :={x2R2 | x1 =a, x2 2[g2(a), g2(a)]}.

Durchläuft man dabei 1, 2 in aufsteigender Richtung, jedoch 3, 4 in absteigender Richtung, dann bilden diese Stücke eine geschlossene Jordan-Kurve, die das Gebiet ⌦ im mathematisch positivem Sinne (Gegenuhrzeigersinn) umschließt, d.h. das Innere liegt stets links des Weges. Betrachtet man nun 1, so ist dieser Weg parametrisiert durch

1(x1) :=

✓ x1

g2(x1)

, x1 2[a, b], mit Tagentenvektor t:= 01(x1) :=

✓ 1 g02(x1)

◆ .

Die äußere Einheitsnormale findet man daher als n= 1

ktk

✓ t2

t1

= 1

k 0k

0

2

1

◆ .

Die auf ⌦ stetige Funktion v2 lässt sich nun über 1 integrieren und man erhält mit n2 = 1/k 0k

Z

1

v2n2 = Z b

a

v2(x1, g0

2(x1))n2(x1) k 0k dx1 = Z b

a

v2(x1, g0

2(x1))dx1.

Für 3 kann man analog vorgehen, erhält wegen der entgegengesetzen Durchlaufrichtung lediglich anderes Vorzeichen. Für die beiden Randstücke 2, 4 ist jedoch die Normale n = (±1,0)nur in x1-Richtung gerichtet und daher n2 = 0. Man findet folglich

Z

3

v2n2 = Z b

a

v2(x1, g02(x1)) dx1, Z

2

v2n2 = 0, Z

4

v2n2 = 0,

(16)

und somit für das Randintegral Z

@⌦

v2n2 = Z

1\ 2\ 3\ 4

v2n2 = Z b

a

v2(x1, g02(x1)) dx1 Z b

a

v2(x1, g0

2(x1)) dx1. Da@2v2 stetig und beschränkt auf⌦ist, lässt sich andererseits auch der Satz von Fubini anwenden. Mit diesem und dem Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung findet man

Z

@2v2(x)dx= Zb

a

gZ02(x1)

g02(x1)

@2v2(x1, x2)dx2dx1 = Zb

a

v2(x1, g02(x1))dx1

Zb

a

v2(x1, g02(x1))dx1

und damit

Z

@2v2 = Z

@⌦

v2n2.

Analog geht man für diex1-Richtung vor und erhält Z

@1v1 = Z

@⌦

v1n1.

Zusammen ergibt dies Z

r·v= Z

(@1v1+@2v2) = Z

@⌦

(v1n1 +v2n2) = Z

@⌦

v·n.

Für ein Normalgebiet in 3D kann man mit etwas mehr Aufwand analog vorgehen.

Lässt sich das Gebiet ⌦ in endlich viele Normalgebiete zerteilen, dann erhält man den Satz zunächst für jedes Teilgebiet. An den inneren Rändern zwischen zwei solchen Teil- gebieten summieren sich die Randintegrale jedoch zu Null, da die Normalen an den gemeinsamen Rand in entgegengesetzte Richtung zeigen. Damit verbleiben nur die Bei-

träge vom Rand @⌦. ⇤

Bemerkung 14.34 (Gaußscher Satz in 1D)

In einer Dimension entspricht der Gaußsche Satz dem Hauptsatz der Integral- und Diffe- renzialrechnung. Denn betrachtet man das IntervallI := [a, b], so ist die äußere Normale in den beiden Randpunkten gegeben durch n(a) = 1 und n(b) = 1 und mit nur einer Dimension ist r ⌘@1 und v(x)⌘v1(x1). Damit lautet der Gaußsche Satz

Z

I

@xv(x) dx= Z

@I

v(x(s))·n(x(s))ds =v(b)·n(b) +v(a)·n(a) = v(b) v(a).

(17)

14.4 Integralsatz von Gauß

Partielle Integration

Durch Verwendung der Produktregel lässt sich aus dem Gaußschen Satz die partielle Integration für mehrere Dimensionen herleiten.

Satz 14.35 (Partielle Integration in mehreren Dimensionen)

Sei ⌦ ⇢ Rn ein Normalgebiet v : ⌦ ! Rn ein stetig differenzierbares Vektorfeld und g :⌦!R ein stetig differenzierbares Skalarfeld. Dann gilt

Z

g(x)r·v(x) dx= Z

@⌦

g(x)v(x)·n(x)dS Z

rg(x)·v(x)dx Beweis. Man wendet den Gaußschen Integralsatz auf gv:⌦!Rn an:

Z

(gr·v+rg·v) dx= Z

r·(gv)dx= Z

@⌦

gv·n dS.

Für die zweiten Ableitungen findet man zudem die Formel von Green.

Satz 14.36 (Greensche Formel)

Sei ⌦ ein Normalgebiet und f, g : ⌦ ! R stetig differenzierbare Funktionen mit be- schränkten zweiten Ableitungen in ⌦. Dann gilt

Z

f(x) g(x) dx= Z

@⌦

f(x)rg(x)·n(x) dS Z

rf(x)·rg(x) dx.

Beweis. Man wendet den Gaußschen Integralsatz auf frg :⌦!Rn an:

Z

(f g+rf·rg) dx= Z

r·(frg)dx= Z

@⌦

frg·n dS.

Physikalische Interpretation des Gaußschen Satzes

Sei die Konzentration einer Substanz als Dichtec(x, t)beschrieben, d.h. als eine Funktion c : Rn ⇥[0,1) ! R, die jedem Punkt des Raums den Anteil an Konzentration pro Volumen zu einem Zeitpunkt zuordnet. Dann lässt sich die Gesamtmenge M(t) dieser Konzentration innerhalb des Gebiets ⌦⇢Rn zum Zeitpunkt t durch Integration,

M(t) :=

Z

c(x, t) dx,

ermitteln. Interessiert man sich dafür, wie sich die in⌦enthaltene Menge verändert, dann kann man daher die zeitliche Ableitung @tM(t)dieser Größe betrachten. Ändert sich die

(18)

Gesamtmenge, so kann dies zum einen dadurch bewirkt sein, dass Quellen oder Senken innerhalb des Gebiets Substanz erzeugen oder herausgenehmen. Ist dies nicht der Fall, dann verbleibt nur die Möglichkeit, dass Substanz über den Rand des Gebiets zu- oder abgeflossen ist. Diese Änderung kann man als Randintegral über einen Substanzfluss F(x, t) beschreiben,

F(t) = Z

@⌦

F(x, t)·n(x) dS =

( 0, für F·n 0 (Abfluss),

0, für F·n0 (Zufluss),

wobei es sich um Zu- oder Abfluss handelt, je nachdem, ob der Fluss F mit oder gegen die Richtung der äußeren Normalenn zeigt. Damit findet man als Bilanzgleichung

@t

Z

c(x, t) dx

| {z }

Änderung in

= Z

@⌦

F(x)·n(x)dS

| {z }

Zu- oder Abfluss über Rand@⌦

= Z

r·F(x, t)dx

und die Umwandlung auf ein Volumenintegral ist durch den Gaußschen Satz möglich.

Als physikalisches Modell für den Fluss gibt es dabei verschiedene Möglichkeiten:

(i) Die Substanz befindet sich innerhalb eines Strömungsfeldes v. Man denke z.B. an eine Wasserströmung, in der ein gelöster Stoff transportiert wird. Dann ist der Fluss pro Zeiteinheit über den Rand gegeben durch

F(x, t) =c(x, t)v(x).

Damit findet man als Integralgleichung

@t

Z

c(x, t) dx+ Z

r·(c(x, t)v(x) )dx= 0 und dies führt auf die differenzielle Form des Erhaltungssatzes

@tc+r·(cv) = 0.

(ii) Gibt es keine äußere Strömung, so neigen Konzentrationen dazu, zu einem Gleichge- wichtszustand zu streben, bei dem räumliche Unterschiede ausgeglichen sind. Dies bedeutet, dass sich Anteile der Substanz von Bereichen mit hoher Konzentration in Bereiche mit niedriger Konzentration verschieben bis überall eine Gleichgewicht entstanden ist. Mathematisch lässt sich dies dadurch formulieren, dass es einen Fluss

F(x, t) = rc(x, t)

in die Richtung des stärksten Abstiegs - d.h. in Richtung des negativen Gradienten - gibt. Man findet daher

@t

Z

c(x, t) dx Z

r·(rc(x, t)) dx= 0 und dies führt auf die differenzielle Form des Erhaltungssatzes

@tc c= 0.

(19)

14.4 Integralsatz von Gauß Solche Zusammenhänge finden sich nicht nur für die zeit- und räumliche Entwicklung von Substanzen, sondern auch die Massen-, Impuls- und Energieerhaltung von Systemen lassen sich dadurch beschreiben.

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