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Archiv "Gesetzliche Pflegeversicherung/Zweite Stufe: Ein Berg von Problemen" (10.11.1995)

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Gesetzliche Pflegeversicherung/Zweite Stufe

Ein Berg von Problemen

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ach offizieller Lesart ist die gesetzliche Pflegever- sicherung, die am 1. Janu- ar 1995 gestartet wurde, bisher gut angelaufen. Jedenfalls gilt dies für die erste Stufe, die ambulante Pfle- geversorgung, deren Geld- und Sachleistungen seit dem 1. April dieses Jahres (üppig) fließen.

Die „Leistungsbilanz": Von den bisher 1,58 Millionen Anträ- gen wurden 1,2 Millionen bearbei- tet; dabei hat es 346 000 (also über ein Viertel) negative Bescheide gegeben. Auffällig ist, daß in der privaten Pflegepflichtversicherung (also bei der privaten Krankenver- sicherung) weitaus mehr Anträge positiv beschieden wurden als bei den bei den gesetzlichen Kassen angesiedelten Pflegekassen. Noch wiegt man sich auf der sicheren Seite der Einnahmen-Ausgaben- Rechnung: So sollen bisher fünf Milliarden DM Überschüsse the- sauriert worden sein, allerdings weitgehend durch noch nicht bear- beitete Anträge und durch das zeitliche Auseinanderfallen von Beitragserhebung und Leistungs- beginn bedingt. Insgesamt wurden rund 600 000 neue Pflegeleistungs- fälle in der ambulanten Pflege vom Medizinischen Dienst der Kran- kenversicherung registriert. Dies bedeutet: Von den Segnungen der Pflegeversicherung profitieren Pflegebedürftige, die bisher weder aus der gesetzlichen Krankenver- sicherung noch von der Sozialhilfe entsprechende Pflegeleistungen erhalten hatten. Auch dies muß den „Erfindern" der Pflegeversi-

cherung zu denken geben: Bisher nehmen rund 80 Prozent der An- spruchsberechtigten nur Geldlei- stungen in Anspruch, wohingegen es sozialpolitisch sinnvoller wäre, den zu Pflegenden Sachleistungen zuteil werden zu lassen. In rund 10 Prozent der Fälle wird neben der Geld- auch eine Sachleistung ge- währt. In weniger als 10 Prozent der Fälle kommt eine reine Sach- leistung zum Zuge. Noch wenig beantwortet ist die Frage der da- durch erreichten Pflegequalität und einer befriedigenden Voll- zugsverbindlichkeit „vor Ort".

Schon baut das Bundesar- beitsministerium Forderungen nach Leistungsverbesserungen und unkontrollierten Ausgaben- schüben vor: Es müsse bei den jetzt festgelegten bundeseinheitlichen Leistungen bleiben; an der Budge- tierung und der rigiden Handha- bung des festgeschriebenen Bei- tragssatzes (1,0 beziehungsweise 1,7 Prozent) dürfe nicht gerüttelt werden. Falls mehr Leistungsfälle zu „bedienen" wären, mehr Sach- leistungen in Anspruch genommen und die Stundensätze angehoben werden, seien Leistungskürzungen unausweichlich.

Zahlreiche Schwierigkeiten zeichnen sich jetzt schon vor Inkraftsetzen der zweiten Stufe (1. Juli 1996) ab. Kurzfristig muß sich der Gesetzgeber noch einmal mit der Kompensationsfrage vor dem Start der zweiten Stufe befas- sen. Dies resultiert aus der frühe- ren Festlegung in Artikel 69 des Gesetzes, wonach aufgrund des

Gutachtens des Sachverständigen- rates der „Wirtschaftsweisen" die Frage der Kostenkompensation (Stichwort: Streichen von Feierta- gen) zugunsten der Arbeitgeber in Punkt und Komma zu klären ist. So wie es sich jetzt abzeichnet, steht das Streichen eines halben Feier- tags auf der Agenda. Komplizierte und jetzt schon kontrovers disku- tierte Richtlinien für die stationäre Pflege sind zu erlassen und auf die Praxis abzustellen. Ein Dauer- Hickhack zeichnet sich bei der Re- gelung der Investitionskosten ab.

Bislang sträuben sich Länder und Kommunen beharrlich, die Investi- tionskosten für die Pflegekosten zu übernehmen, obwohl dies bei Ver- abschiedung des Gesetzes mit dem Bund vereinbart worden ist (als Ausgleich für entfallende Pflege- leistungen nach dem Sozialhilfege- setz). Bisher gibt es kaum eine Handhabe, den Anspruch zur Übernahme der Investitionskosten durch die Länder durchzusetzen (Appelle allein genügen nicht).

Die Konsequenz: Auch diese Ko- sten dürften letztlich auf die Pfle- gebedürftigen abgewälzt werden, da sie nicht in die Pflegesätze ein- gerechnet werden können. Ande- rerseits werden freie Träger ge- genüber den sonst aus Amtsetats subventionierten Trägern benach- teiligt, mit der Folge, daß sie dicht- machen müssen. Mehr Pflegebe- dürftige werden dann wieder zu Empfängern von Sozialhilfelei- stungen degradiert, ein Umstand, den das neue Gesetz gerade ver- meiden wollte. Dr. Harald Clade Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 45, 10. November 1995 (1) A-3015

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