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Archiv "Therapie der Psoriasis mit Fumarsäure-Estern" (29.11.1996)

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ie Fumarsäure-Ester (FSE) haben be- reits ein bemerkenswertes Stück der- mato-pharmakologischer Geschichte geschrieben. Die Idee zur Behandlung der Psoriasis mit Fumarsäurepräpara- ten wurde von dem Chemiker Schweckendiek Ende der 50er Jahre geboren (15). Seine im Ei- genversuch entwickelte und offenbar auch erfolg- reiche Fumarsäuretherapie wurde in den 60er Jahren von ihm und dem Arzt Dr. Schäfer in größerem Umfang weitergeführt. Beide unter- suchten sowohl die Behandlung mit topischen Fumarsäurepräparationen wie auch mit Tablet- ten. Da die Salze der Fumarsäure bei oraler Ap- plikation kaum resorbiert wurden, entwickelte man verschiedene Ester, von denen später ein Di- methyl- und ein Monoethylester der Fumarsäure in Kombination eingesetzt wurden (16).

Neben positiven Einzelberichten von Patien- ten über gute Wirksamkeit gab es immer wieder Publikationen über zum Teil schwere Nebenwir- kungen, besonders an den Nieren (5, 14, 6, 4, 17, 7). Diese Nebenwirkungen traten sowohl bei to- pischer als auch bei systemischer Behandlung auf, so daß die Fumarsäure-Präparate in der Der- matologie nur vereinzelt unter Vorbehalten ein- gesetzt wurden, zumal bislang kaum kontrollierte Daten zur Toxikologie und Wirksamkeit der Fu- marsäureester vorlagen.

Wirksamkeit

Dr. Schäfer wie auch einzelne „alternativ“

behandelnde Ärzte hingegen führten die Thera- pie weiter, ergänzt um eine spezifische „Psoriasis- Diät“ nach Schäfer. Aufgrund positiver Patien- tenberichte griff Altmeyer in Bochum die Be- handlungsidee wieder auf und konzipierte Ende der 80er Jahre eine systematische Untersuchung in Form einer offenen multizentrischen Phase-

III-Prüfung mit einem Kombinationspräparat.

Parallel dazu befaßten sich auch mehrere hollän- dische Arbeitsgruppen mit der klinischen Wirk- samkeit: Bayard (3) und Nieboer (10) fanden in offenen Pilotstudien erstmals gute Ansprechra- ten, die sich in randomisierten (11) oder rando- misiert-plazebokontrollierten (12) Studien signi- fikant bestätigten. Von Interesse war in den Stu- dien von Nieboer (11) und Kolbach (8) auch die Erkenntnis, daß die Behandlung der Psoriasis mit dem Dimethylester der Fumarsäure als Mono- präparat ebenso wirksam oder in der Langzeitbe- handlung sogar noch wirksamer war als eine Kombinationsbehandlung aus Dimethyl- und Monoethylestern der Fumarsäure.

Es war schließlich Altmeyer (1), der in einer randomisierten, doppelblinden plazebokontrol- lierten Studie an 100 Patienten methodisch ein- wandfrei zeigen konnte, daß die Behandlung der Psoriasis mit Fumarsäure-Estern eine therapeuti- sche Wirksamkeit hat. Inzwischen sind auch die Effekte der FSE auf Immunzellen untersucht worden (13, 9, 2), wobei die genauen Wirkmecha- nismen in vivo nach wie vor unklar sind.

Nebenwirkungen

Alle genannten klinischen Studien wurden als systemische Therapien durchgeführt. Sie gin- gen ausnahmslos mit häufigen Nebenwirkungen einher, vor allem Flush, Übelkeit und Diarrhö, die meist dosisabhängig und stets reversibel wa- ren. Im Blut fanden sich gehäuft Eosinophilien und Lymphopenien. Schwere klinische Neben- wirkungen, insbesondere nephrotoxische Effek- te, traten bei den insgesamt über 300 Patienten der publizierten Studie nicht auf.

Allerdings fanden Wokalek et al. bei zahlrei- chen Patienten temporäre tubuläre Proteinurien in der Disc-Elektrophorese, welche offenbar von

A-3182

M E D I Z I N EDITORIAL

(40) Deutsches Ärzteblatt 93, Heft 48, 29. November 1996

Therapie der Psoriasis

mit Fumarsäure-Estern

Erwin Schöpf und Matthias Augustin

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Dosis und Einnahmedauer des Fumaderms unab- hängig waren (Wokalek, persönliche Mitteilun- gen, 1996). In der Zwischenzeit war – nicht zuletzt aufgrund des Drucks von Patienten und Selbsthil- feorganisationen – ein Zulassungsverfahren für das Kombinationspräparat beim Bundesgesund- heitsamt beantragt worden. Ende 1994 wurde dem Präparat mit den Bestandteilen Dimethylfu- marat, Monoethylfumarat-Ca-Salz sowie zwei weiteren Monoethylfumarat-Salzen die Zulas- sung erteilt. Dies stellt ein gewisses Kuriosum dar, war doch seitens des BGA bislang die These ver- treten worden, daß derartige Kombinations- präparate – wenn überhaupt – nur nach Einzel- prüfungen ihrer Bestandteile zuzulassen seien.

Resümierende Feststellungen

Zusammenfassend läßt sich aufgrund der vor- liegenden Literatur wie auch aus eigener klini- scher Erfahrung an etwa 120 Patienten feststellen:

¿ Die orale Therapie der Psoriasis vulgaris mit Fumarsäure-Estern hat sich in mehreren kon- trollierten Studien als wirksam erwiesen.

À Ein beträchtlicher Teil der behandelten Pa- tienten reagiert mit Nebenwirkungen, insbesonde- re Flush, GIT-Symptomen und Kopfschmerzen.

Diese treten meist temporär auf, sind jedoch gele- gentlich auch Grund für einen Therapieabbruch.

Trotz temporärer Nebenwirkungen und kontro- verser öffentlicher Diskussion sind jedoch viele Patienten zur Therapie mit FSE motivierbar.

Á Schwere Nebenwirkungen traten in den publizierten klinischen Therapiestudien nicht auf, werden jedoch kasuistisch berichtet.

 Eine Indikation zur Behandlung mit FSE kann gestellt werden bei mittleren bis schweren Formen von chronisch-stationärer, pustulöser, kleinfleckiger oder erythrodermischer Psoriasis, die auf eine externe Therapie nicht ausreichend angesprochen haben.

à Anders als vielfach angenommen, handelt es sich bei den Fumarsäure-Estern keineswegs um harmlose Naturheilpräparate, sondern um hochwirksame Substanzen mit offenbar zytostati- schen Effekten. Die Therapie sollte daher dem erfahrenen Facharzt vorbehalten bleiben. Von der topischen Applikation der Fumarsäure sollte wegen der schlecht steuerbaren Resorption abge- sehen werden.

Ä Die orale Behandlung erfordert ein regel- mäßiges Monitoring, insbesondere des Differen- tialblutbildes, der Leber- und Nierenwerte sowie der Proteinausscheidung im Urin.

Å Weitere klinische wie auch experimentel- le Prüfungen der Substanzen sind unbedingt er- forderlich, die Entwicklung einer Monosubstanz ist anzustreben.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 1996; 93: A-3182–3184 [Heft 48]

Literatur

1. Altmeyer PJ, Matthes U, Pawiak F, Hoffmann K, Frosch PJ:

Antipsoriatic effect of fumaric acid derivatives. J Am Acad Dermatol 1994; 30: 977–81

2. Bacharach-Buhles M, Pawiak FM, Matthes U, Josh RK, Alt- meyer P: Fumaric acid esters (FAEs) suppress CD 15- and ODP 4-positive cells in psoriasis. Acta Derm Venerol (Stockh.): Suppl. 1994; 186: 79–82

3. Bayard W, Hunziker T, Krebs A, Speiser P, Joshi R: Perorale Langzeitbehandlung der Psoriasis mit Fumarsäurederivaten.

Hautarzt 1987; 38: 279–285.

4. Dalhoff K, Farber P, Arnoldt H, Sack K, Strubelt O: Acute kidney failure psoriasis therapy with fumaric acid derivates.

Dt Med Wochenschr 1990; 115 (26): 1014–7

5. Dubiel W, Happfe R: Behandlungsversuch mit Fumarsäure- monoethylester bei Psoriasis vulgaris. Z Haut Geschlechtskr 1972; 47 (13): 545–50

6. Dücker P, Pfeiff B: Zwei Fälle von Nebenwirkungen einer Fumarsäureester-Lokaltherapie. Z Hautkr 1990; 65 (8):

734–736

7. Fliegner L, Spiegel P: Osteomalazie als offenbar seltene Ne- benwirkung der oralen Fumarsäuretherapie. Hautarzt 1992;

43: 554–560

8. Kolbach DN, Nieboer C: Fumaric acid therapy in psoriasis:

results and side effects of 2 years of treatment. Dermatology 1992; 769–771

9. Nibbering PH, Thio B, Zomerdijk TPL, Bezemer C, Rode- rick L, van Furth R: Effects of monomethylfumarate on hu- man granulocytes. J Invest Dermatol 1993; 101: 37–42 10. Nieboer C, de Hoop D, van Loenen AC, Langendijk PN, van

Dijk E: Systemic therapy with fumaric acid derivates: new possibilities in the treatment of psoriasis. J Am Acad Derma- tol 1989; 20 (4): 601–8

11. Nieboer C, de Hoop D, Langendijk PNJ, van Loenen AC, Gubbels J: Fumaric acid therapy in psoriasis: a double-blind comparison between fumaric acid compound therapy and monotherapy with dimethylfumaric acid ester. Dermatologi- ca 1990; 181: 33–37

12. Nugteren-Huying WM, van der Schroeff JG, Hermans J, Suumond D.: Fumaric acid therapy for psoriasis: a randomi- zed, double-blind, placebo-controlled study. J Am Acad Der- matol 1990; 22 (2): 311–2

13. Petres J, Kalkhoff KW, Baron D, Geiger R, Kunick I: Der Einfluß von Fumarsäuremonoäthylester auf die Nuklein- und Proteinsynthese PHA-stimulierter menschlicher Lym- phozyten. Arch Derm Forsch 1975; 251: 295–300

14. Roodnat, Christaans, Nugteren et al.: Acute kidney insuffi- ciency in the treatment of psoriasis using fumaric esters. J Suisse Med 1989; 19 (23): 826–30

15. Schweckendiek W: Heilung von Psoriasis vulgaris. Med Msch 1959; 13: 103–104

16. Schweckendiek W: Behandlung von Psoriasis vulgaris mit li- poidlöslichen Fumarsäureverbindungen. Medizin heute 1966; 15: 219–220

17. Stühlinger W, Innerebner M, Aberer W: Nephrotoxische Wir- kung einer Therapie mit Fumarsäureestern bei Psoriasis. Dt Med Wochenschr 1990; 115 (45): 1712–5

Anschrift der Verfasser:

Prof. Dr. med. Erwin Schöpf Dr. med. Matthias Augustin Universitäts-Hautklinik Hauptstraße 7

79104 Freiburg im Breisgau

A-3184

M E D I Z I N EDITORIAL

(42) Deutsches Ärzteblatt 93, Heft 48, 29. November 1996

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