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Archiv "Ambulante Behandlung schwerer Psoriasis mit Meladinine und Blacklight" (16.09.1976)

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DEUTSCHES

ÄRZTEBLATT Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Ambulante Behandlung schwerer Psoriasis

mit Meladinine und Blacklight

ÜBERSICHTSAUFSÄTZE:

Ambulante Behandlung schwerer Psoriasis mit Meladinine und Blacklight

Akupunktur

zur Schmerztherapie Das Stylo-Kerato- Hyoidale Syndrom

NOTIZEN:

Abschließende Stellungnahme zur Frage des erhöhten Brustkrebsrisikos durch Rauwolfia- Präparate

NOTFALL IM

BEREITSCHAFTSDIENST:

Anurie

KONGRESS- NACHRICHTEN

FÜR SIE GELESEN

DIAGNOSTIK IN KÜRZE

Willi Born und Karl Wilhelm Kalkoff

Anhand von Beispielen und Abbil- dungen wird gezeigt, wie selbst stark ausgeprägte psoriatische Hautveränderungen ohne umständ- liche, fettende, verfärbende, oft schmutzig wirkende, Textilien ver- derbende Lokalbehandlung durch ambulante Bestrahlungen mit Ultra- violettlicht, nach vorheriger Ein- nahme einer lichtsensibilisierenden Substanz, schnell zum Verschwin- den gebracht werden können. Die mit einer geeigneten Lampenaus- rüstung in fast jedem Falle zu er- zielenden Erfolge sind ganz ausge- zeichnet. Ob und inwieweit dieser neuen Behandlungsmöglichkeit auf

lange Sicht vielleicht auch schwer- wiegende Nachteile anhaften, ist noch nicht sicher abzuschätzen. Es drängt sich ein Vergleich mit der hervorragenden Wirkung von Rönt- genstrahlen auf, die man früher zur Psoriasisbehandlung besonders wegen, des sauberen, wenig Zeit beanspruchenden Verfahrens sehr schätzte, inzwischen aber in Anbe- tracht der auf längere Sicht zu be- fürchtenden Nebenwirkungen nur mehr ausnahmsweise anwenden kann — und das durchaus entge- gen den verständlichen Wünschen vieler Kranker. Ähnliche Gründe stehen seit langer Zeit der Einnah- Universitäts-Hautklinik Freiburg im Breisgau

(Direktor: Professor Dr. med. Karl Wilhelm Kalkoff)

Unter den Indikationen für eine Photochemotherapie mittels perora- ler Gabe von Psoralenen und nachfolgender Ultraviolettlicht-Be- strahlung steht die Schuppenflechte wegen der Häufigkeit ihres Vorkommens und wegen ihres besonders guten Ansprechens auf diese Behandlungsweise an erster Stelle. Mit nur ein oder zwei am- bulanten Behandlungen pro Woche gelingt es fast immer binnen kurzer Zeit, auch großflächig ausgebreitete, manchmal jahrzehnte- lang bestehende Krankheitserscheinungen der Psoriasis zur Abhei- lung zu bringen. Damit lassen sich langwierige stationäre Kranken- hausaufenthalte in vielen Fällen vermeiden. Das Verfahren sollte so lange schwereren Ausprägungsformen vorbehalten bleiben, bis es sich — auch im Hinblick auf etwaige nachteilige Nebenwirkungen

— mit Sicherheit nicht mehr im Stadium seiner Erprobung befindet.

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 38 vom 16. September 1976 2361

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Blackhght- Meladinine Erfolgversprechende Behandlung

der Psoriasis

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Meladinine und Blacklight

me von ebenfalls sehr gut gegen Psoriasis wirkenden Arsenpräpara- ten entgegen. Dennoch ist mit der Möglichkeit zu rechnen, daß der neuen Psoriasistherapie derart gravierende Nachteile nicht an- haften, zumal das zugrunde liegende Prinzip in der Heil- kunde bisher ohne Beanstan- dungen geblieben ist. Zumin- dest dürfte es daher in Abwägung der Mittel berechtigt sein, in schwe- ren Krankheitsfällen anstelle von anderen etwa sonst erforderlichen, mit Sicherheit durch nachteilige Ne- benwirkungen belasteten Mitteln die Photochemotherapie einzuset- zen.

Die Möglichkeit einer Kombina- tionsbehandlung der Haut durch Auftragen oder durch Einnehmen von Pflanzeninhaltstoffen, die ge- gen Sonnenlicht sensibilisieren, war offenbar schon im Altertum — zumindest in Indien und in Nord- afrika — bekannt. In neuerer Zeit wendet man seit langem Teere und Teerbestandteile, auch Farbstoffe wie etwa Eosin und andere Chemi- kalien äußerlich an, um eine inten- sivere Wirkung dermatologischer Bestrahlungen mit Ultraviolettlam- pen zu erreichen. Auf diese Weise läßt sich die Beobachtung toxi- scher Hautreaktionen auf Sonnen- bestrahlungen unter dem Einfluß derartiger Substanzen therapeu- tisch nutzen.

Andere Stoffe, speziell ätherische Öle, verursachen gelegentlich zu- sammen mit Ultraviolettlichteinwir- kung Hautveränderungen vom Typ der gewöhnlich scharf begrenz- ten Berlock-Dermatitis, für die oft lang anhaltende nachfolgende Hy- perpigmentierungen charakteri- stisch sind. Ganz ähnlich kann es nach Kontakt mit Meladinine® (8- Methoxy-Psoralen; auch kurz 8- MOP genannt; synonym Methoxsa- len) unter der Einwirkung natürli- chen oder künstlich erzeugten UI- traviolettlichts zu mehr oder weni- ger ausgeprägten toxischen Reak- tionen kommen, welche vom Ablauf eines einfachen Sonnenbrands durchaus zu unterscheiden sind.

Beim Gebrauch von Psoralenen zur Therapie verzichtet man zweckmä- ßig zumindest auf stärkere Haut- entzündungen, was jedoch im Falle einer Kombination mit dem gegen- über herkömmlichen UV-Lampen als wesentlich wirksamer gefunde- nen Natursonnenlicht wegen des- sen stets unterschiedlich intensiver Einstrahlung nicht ganz einfach ist.

Das war ein ständiges Problem bei den dennoch niemals ganz aufge- gebenen, weil wenigstens gele- gentlich erfolgreichen Versuchen einer äußerlichen und innerlichen Therapie der Vitiligo mit dem seit 1947 hier apothekenüblichen Prä- parat Meladinine®.

Für eine wirkungsvolle Psoriasis- behandlung mit dem Puva-Prinzip (Psoralen UVA) ist die Herbei- führung von Entzündungsreaktio- nen, ganz im Gegensatz zu den Er- fordernissen etwa bei der kl assi- schen Cignolintherapie, nicht not- wendig, vielmehr eher möglichst zu vermeiden. Andererseits hängt die Wirksamkeit jeder einzelnen Be- strahlung von deren ausreichender Intensität ab, so daß jeweils die höchstmögliche Dosis anzustreben ist, in deren Folge während der nächsten Tage stärker spürbare Hautrötungen gerade noch unter- bleiben. Das bedingt eine sorgfälti- ge Strahlendosierung. Sie gelingt neuerdings relativ leicht, weil künstliche Lichtquellen mit einer besonders hohen, hinreichend gleichmäßigen Leuchtleistung im entscheidenden langwelligen Ultra-

violettbereich zur Verfügung ste- hen und anstelle von Natursonne für Belichtungen der mit Psoralen sensibilisierten Haut verwendet werden können. Die damit zugleich erreichte Unabhängigkeit vom ge- rade herrschenden Wetter sowie von Jahreszeit und Tageszeit ist ohnehin Vorbedingung für Bestrah- lungen nach einem wünschenswer- ten Terminplan.

Die ersten Versuche, diese techni- sche Entwicklung für die Kranken- behandlungen auszunutzen, liegen wohl schon mehr als zehn Jahre zu- rück. Später berichteten Oberste- Lehn und Mortazawi über Heilerfol- ge mit derartigen UVA-Bestrahlun- gen nach jeweils vorausgegange- nem Auftragen von Meladinine auf die erkrankten Hautstellen, was man unter Mitverwendung eines erst später geprägten Begriffs (Par- rish u. M.) heute als „örtliche Pho- tochemotherapie" bezeichnen kann (z. B. 2). Erst Ende 1974 wurde durch die erwähnte Mitteilung von Parrish u. M. im Fachschrifttum be- kannt, daß nach dem gleichen Prinzip auch mit ausschließlich in- nerlicher 8-MOP-Gabe sehr gute Behandlungsresultate bei Psoriasis zu erzielen sind. Das hatten Ober- ste-Lehn und Mortazawi in den Jahren 1970 und 1971 auch schon versucht, allerdings ohne Ergebni- se, die ausgereicht hätten, um die- ser Therapieform vermehrte Beach- tung zu verschaffen. Dies lag, wie man heute weiß, lediglich an der Verwendung zu schwacher Leucht- einheiten; sie reichten nur für eine örtliche Photochemotherapie aus.

Die „innerliche Photochemothera- pie" erfordert Röhrenbatterien mit sehr großer Leuchtleistung, wie sie Parrish u. M. benutzten, um ein- drucksvolle Erfolge zu erzielen.

Dabei können schwache Lampen- leistungen nur in begrenztem Aus- maß durch entsprechend verlän- gerte Liegezeiten kompensiert wer- den, selbst wenn man im Einzelfall zu extrem langen Sitzungen bereit sein wollte, da die sensibilisieren- de Substanz nach Erreichen eines Konzentrationsmaximums in der 2362 Heft 38 vom 16. September 1976 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Aktuelle Medizin

Abbildung 1 (links): Großflächig ausgebreitete chronische Psoriasis vulgaris. Zustand vor Beginn der Photochemo- therapie in halpwöchigen Abständen mit jeweils 40 mg Meladininee Tabletten, peroral zwei Stunden vor einer Ganz- körperbestrahlung. Dadurch fast völliges Verschwinden aller sichtbaren Hauterscheinungen im Laufe von 15 aus- schließlich ambulanten Bestrahlungen innerhalb von acht Wochen, beginnend mit 10 Minuten Gesamtexpositions- dauer unter Steigerung bis auf 60 Minuten. — Abbildung 2 (rechts): Nach weiteren acht Bestrahlungen sind auch Restbefunde nicht mehr auszumachen. Aufrechterhaltung dieses Zustandes bei anhaltender ästhetischer „Ferien- bräunung" der Haut unter einer Dauertherapie mit einer Bestrahlung von 60 Minuten Dauer nach Einnahme von 50 mg Meladinine® (Einzeldosis = Wochendosis / Halbmonatsdosis) zuerst in wöchentlichen, dann in vierzehn- tägigen Abständen seit nunmehr fast einem Jahr nach Beginn der Behandlung

Haut schon innerhalb von wenigen Stunden wieder weitgehend ausge- schieden ist.

Wir haben daher nach Bekanntwer- den der in den USA mit dem Prin- zip innerlicher Photochemothera- pie erreichten Behandlungserfol- ge schnellstens auch bei uns hin- reichend starke Blacklight-Strahler installiert. Dazu bedarf es lediglich einer möglichst großen Zahl von eng nebeneinander angeordneten UVA-Leuchtröhren. Danach kamen

wir innerhalb kurzer Zeit zu den gleichen eindrucksvollen Therapie- resultaten bei verschiedenen Haut- krankheiten wie Parrish u. M., wor- über bereits berichtet wurde (1).

Gegenwärtig läuft an verschiede- nen Stellen, aber nach einheitlichen Richtlinien ein europäischer Groß- versuch über die Anwendung des Puva-Prinzips. Er hat das Ziel, eine breitere Basis für die Einzelent- scheidung zur Krankenbehandlung zu schaffen. Ein ähnliches, noch

nicht abgeschlossenes Programm läuft auch in den USA, wo an 16 mit der Harvard-Klinik in Massachusetts koordinierten Behandlungszentren durch eine gemeinsame kontrol- lierte Studie die als notwendig an- gesehenen Vorbedingungen für eine etwaige allgemeine Anwendung dieser Therapie erst noch erarbei- tet werden sollen. Das Internatio- nale Psoriasis Bulletin der Stanford Universität gibt in seiner Nr. 3 des zweiten Jahrgangs 1975 einen aus- führlichen Bericht über den derzei- DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 38 vom 16. September 1976 2363

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Meladinine und Blacklight

tigen Stand der Beurteilung des Verfahrens in den Vereinigten Staaten.

Im eigenen Arbeitsbereich erfolgt die Dosierung so, daß zwei Stun- den nach Einnahme der Tabletten (zwischen 0,4 und 0,6 mg/kg Kör- pergewicht) zunächst als erster Empfindlichkeitstest eine Exposi- tion des gesamten Körpers gegen- über allseitig einwirkender UVA- Strahlung zum Beispiel mit 1920

Watt aus 64 Sylvania Blacklight Blue- oder äquivalenten Philips- Röhren für die Dauer von 10 Minu- ten erfolgt. Die Röhren sind hierbei auf einer zylinderförmigen Fläche von 8 Quadratmeter rund um den Kranken herum dicht nebeneinan- der so angeordnet, daß sie sich in einen Abstand von 30 bis 40 Zenti- meter zur Körperoberfläche befin- den. Die hieraus resultierende Strahlendosis hat noch in keinem Fall auch bei anamnestisch festge-

stellter besonderer Hautempfind- lichkeit zusammen mit der Tablet- teneinnahme zu erkennbaren Rö- tungsreaktionen geführt. Nach 3 bis 4 Tagen wird die Dosis um 100 Prozent auf 20 Minuten Exposi- tionszeit gesteigert. In gleicharti- gen Zeitabständen erfolgen Erhö- hungen der Strahlendosis, sofern es jeweils noch nicht zur Hautrö- tung gekommen oder diese schon wieder abgeklungen ist, zunächst um 50 Prozent des vorangegange-

Abbildung 3 (links): Fahrbares, platzsparendes Hochleistungs-Bestrahlungsgerät Prototyp Freiburg zur wahlweisen Blacklight-Behandlung im Liegen oder im Stehen (nach Drehung des Flächenstrahlerschirms um 90 Grad in die Vertikale) mit 32 UVA-Leuchtröhren zu insgesamt 960 Watt pro Einheit auf 1,5 Quadratmeter. Die in den Bild- serien gezeigten Behandlungserfolge lassen sich bereits unter Anwendung eines einzigen derartigen Geräts zu- verlässig erzielen. Gleichzeitige Einstrahlung von zwei Seiten (mit zwei Geräten) ergibt entsprechend kürzere Liegezeiten. — Abbildung 4 (rechts): Das gleiche Gerät von der Röhrenseite her gesehen in vertikaler Aufrichtung, eingeschaltet zur Blacklight-Bestrahlung im Stehen. Zwei einander so gegenübergestellte Flächenstrahler ergeben bereits eine gut bestückte Kabine. Werden vier derartige Wände mehr oder weniger nah zusammengerückt, dann ist damit eine sehr starke Kabinenbestrahlung mit entsprechend kurzen Stehzeiten möglich

2364 Heft 38 vom 16. September 1976 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Aktuelle Medizin

Abbildung 5 (links): Über den ganzen Körper verstreut ausgebreitete chronische Psoriasis vulgaris vor Beginn der Blacklight-Therapie. — Abbildung 6 (rechts): Zustand nach 26 ambulanten Ganzkörperbestrahlungen während 13 Wochen im Liegen mit 20 bis 60 Minuten Gesamtexpositionsdauer nach Einnahme von 40 mg Meladinine ,', Tablet- ten, stets unter Verwendung eines einseitig angebrachten Flächenstrahlers wie in den Abbildungen 3 und 4 (weil da- mals noch kein weiterer vorhanden war). Übergang zur Erhaltungstherapie mit nur einer einzigen kombinierten Meladinine®-Btacklight-Behandlung pro ein bis zwei Wochen

nen Wertes, dann immer vorsichti- ger um 33 Prozent, 25 Prozent und schließlich 20 Prozent. Bei anhal- tender Hautrötungsreaktion wird in Abhängigkeit von deren Grad ent- weder nur die Strahlendosis zu- nächst nicht weiter gesteigert oder zusätzlich das Intervall verlängert.

Bei diesem Vorgehen sind darüber hinaus behandlungsbedürftige Re- aktionen nicht vorgekommen und auch kaum zu erwarten, während andererseits mit dieser Leuchtstär- ke fallweise schnell die Grenze der individuellen Belastbarkeit erreicht wird, so daß eine Gesamtexposi- tionsdauer von beispielsweise 30

Minuten oftmals nicht oder erst re- lativ spät im weiteren Behand- lungsverlauf überschritten werden konnte. Durch eine eigene Strah- lerkonstruktion (Abbildungen 3 und 4) wird die allseitige UVA-Einwir-

kung mit 3840 Watt aus 128 Röh- ren, konzentriert auf eine Gesamt- fläche von nur 6 Quadratmeter, er- reicht. Dadurch kommt es zu einer Verkürzung der individuell erfor- derlichen Bestrahlungszeiten auf weniger als die Hälfte, so daß in vielen Fällen auch auf lange Sicht nicht mit mehr als 10 bis 15 Minu- ten Gesamtexpositionsdauer ge- rechnet werden muß.

Da das Maximum der entzündli- chen Hautreaktion vor Ablauf von drei Tagen nach einer Puva-Be- strahlung nicht mit genügender Si- cherheit beurteilt werden kann, fehlt bei kürzeren Intervallen stets ein entscheidendes Kriterium für die neuerlich zu applizierende Strahlendosis. Solche reinen War- tezeiten zwischen den einzelnen therapeutischen Maßnahmen, auf die es in vielen unkomplizierten Fällen allein ankommt, rechtferti- gen einen stationären Kranken- hausaufenthalt nur selten, meist je- denfalls nicht lediglich wegen etwa größerer Entfernungen zum Wohn-

DEU'T'SCHES ARZTEBLATT Heft 38 vom 16. September 1976 2365

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Meladinine und Blacklight

ort, zumal wenn Hin- und Rückrei- se am gleichen Tage erfolgen kön- nen.

Auf besondere diagnostische Be- obachtungswünsche über die am- bulant gegebenen Möglichkeiten hinaus sollte im Hinblick auf die laufenden europäischen und ameri- kanischen Großversuche und auf die von dort zu erwartenden Resul- tate nur ausnahmsweise Rücksicht genommen werden. Bis zum Ab- schluß dieser Studien ist ohnehin die Indikation im Einzelfall vom ausführenden Arzt zu vertreten, wobei er sich seit dem 23. Februar

1976 wenigstens auf die ausdrück- liche Zulassung des Medikaments Meladinine® durch das Bundesge- sundheitsamt zur Behandlung der Psoriasis berufen kann. Ob (damit zugleich) die bei dieser Therapie verwendeten Apparate als „in der Heilkunde anerkannt" zu betrach- ten sind — eine Leistungsvoraus- setzung seitens der ärztlichen Haft- pflichtversicherer —, bedarf indes noch der Klärung, die derzeit in je- dem Einzelfall so früh wie möglich herbeigeführt werden sollte.

Bei dieser Sachlage glauben wir, gegenwärtig die Indikation zur

Puva-Therapie der Psoriasis nur in besonders begründeten Einzelfäl- len bei schweren Verlaufsformen nach eingehender Beratung mit dem einzelnen Kranken und in ge- meinsamer Verantwortlichkeit stel- len zu können. Als Grundlage hier- für benutzen wir einen Merk- blatt-Text, in welchem neben der Problematik auch die Umstände angesprochen werden, unter denen diese Therapie der Psoriasis vor allem jenseits des Jugendalters er- folgen kann. Eine Puva-Behand- lung der Mycosis fungoides hinge- gen unterliegt weitaus weniger Be- schränkungen.

Abbildung 7 (links): Effloreszenzen im Gesicht und Kopfhaargrenzbereich, am Hals und an den Ohren einer son- nenempfindlichen Kranken mit großflächig ausgebreiteter chronischer Psoriasis vulgaris. — Abbildung 8 (rechts):

Abheilung während 14 Ganzkörper-Puva-Behandlungen im Liegen innerhalb von zehn Wochen mit damals nur einem einzigen verfügbaren Flächenstrahler (Abbildungen 3 und 4) unter Gabe von jeweils 30 mg Meladinine® ohne ersicht- liche Pigmentierung, aber bei stets leichter Rötung der gesamten Haut

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Aktuelle Medizin

Abbildung 9 (links): Psoriasis-Lokalisationen an den Beinen, besonders den Unterschenkeln, erfordern gewöhnlich längere und intensivere Behandlung. Bei Lampenanordnung mit guter Ausleuchtung bis zu den Körperenden (1) kann Puva-Therapie jedoch auch hier schnell zum Ziel führen. Zustand vor Beginn der Puva-Therapie mit jeweils 30 mg Meladinine® in halbwöchigen, später einwöchigen Abständen. — Abbildung 10 (rechts): Auf die Beseiti- gung psoriatischer Effloreszenzen an den Beinen legen jüngere Frauen und Mädchen besonderen Wert. Soweit auf Grund der Krankheitserscheinungen am übrigen Körper die Indikation zur innerlichen Photochemotherapie gestellt wird, kommt es dabei auch hier zu besten Behandlungsergebnissen. Abheilung unter 14 Ganzkörperbestrahlungen innerhalb von elf Wochen

In einer größeren Zahl von Fällen konnten wir uns davon überzeu- gen, daß es unter Puva-Therapie mit Tabletteneinnahme in der an- gegebenen Dosierung nicht zum Auftreten und auch nicht zur Ver- schlechterung pathologischer Wer- te bei Laborkontrollen auf Leber- und Nierenfunktion kommt, ferner blieben Blutbild und BSG unbeein- flußt. Es ist aber wohl empfehlens- wert, der innerlichen Puva-Thera- pie eine ophthalmologische Unter- suchung vorzuschalten, damit sich wenigstens in Fällen mit schon vor- handenen pathologischen Befun-

den spätere Fragen nach deren etwaiger Strahlengenese erübri- gen. Das Erfordernis, Schwan- gerschaften auszuschließen, führt dazu, fallweise unter Beachtung gynäkologischer Gesichtspunkte Kontrazeptiva aus ärztlicher Indi- kation für die Dauer zumindest der innerlichen Puva-Therapie zu verschreiben. Aus dermatologi- scher Sicht empfiehlt sich anfangs eine Entfernung wenigstens gröbe- rer Schuppenauflagerungen jeweils kurz vor der Bestrahlung durch ein Seifenbad. Im übrigen können beim Gefühl zu trockener Haut ein

fettender Badezusatz sowie eine pflegende Creme oder Salbe nach subjektiven Gesichtspunkten ver- ordnet werden. Ein nicht selten, oft aber nur zeitweilig unter der The- rapie auftretender Juckreiz läßt sich gewöhnlich mit innerlicher oder lokaler symptomatischer Zu- satztherapie ausreichend unter- drücken. Auch etwaige Übelkeit, gelegentlich sogar Erbrechen, zwin- gen nur ausnahmsweise dazu, die innerliche Therapie abzubrechen, da die Erscheinungen oftmals in auffälliger Weise wechselnd nicht ständig auftreten und bei modifi-

DEUTSCHES .ARZTEBLATT Heft 38 vom 16. September 1976 2367

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Meladinine und Blacklight

zierter Tabletteneinnahme (zum Beispiel einzeln, auf eine Viertel- stunde verteilt, im Laufe einer Mahlzeit) auch wieder ganz aus- bleiben können

Der Idee, durch einmalige Voraus- testung der Hautreaktionsbereit- schaft an irgendeiner begrenzten, kleineren Körperstelle auf das Puva-Licht anschließend eine gan- ze Bestrahlungsserie mit systema- tischen Steigerungsbeträgen und zudem für den gesamten Körper zutreffend vorausbestimmen zu wollen, stehen wir kritisch gegen- über. Sicher sind auf solcher Basis Voraussagen bis zu einem ge- wissen Wahrscheinlichkeitsgrade möglich und auch seit vielen Jahr- zehnten in der herkömmlichen UV-Therapie erprobt, meist auch hierbei jedoch nur in experimentel- lem Zusammenhang und selbst dann mit oft erheblichen Reak- tionsabweichungen von den Er- wartungswerten. Im praktischen Gebrauch versteht man es allge- mein, künstliche Höhensonne ebenso wie Natursonne bei genü- gender Kenntnis der Eigenschaften der Strahlenquelle vorsichtig be- ginnend so einzusetzen, daß mit oder ohne spürbar zunehmende in- dividuelle Lichttoleranz therapeu- tisch wirksame Dosen ohne über- starke Reaktionen angewendet werden. Wie wir sehen, geht das bei der Puva-Therapie ebenfalls ohne Schwierigkeiten. Größerem technischem Perfektionierungs- aufwand bringen wir demzufolge aus ärztlicher Sicht nur wenig Verständnis entgegen, solange es trotz weitgehender verteuernder Automatisierung nach wie vor der verantwortlichen ärztlichen Beurtei- lung und Steuerung im Einzelfall bedarf. Ähnlich ist die Dosierung in Joule-Einheiten zu sehen. Damit lassen sich zwar international ver- gleichbare Expositionsdaten im Hinblick auf wissenschaftliche Zu- sammenarbeit gut angeben, im the- rapeutischen Einzelfall gibt es bis- lang jedoch noch keinen Anhalt dafür, daß die applizierte Strah- lendosis zweckmäßig in Jou- le-Einheiten zu dokumentieren

wäre. So sinnvoll und notwendig für den Einzelfall solche Dosisan- gaben in Einheiten der Röntgen- therapie beispielsweise sind, so wenig war das bislang für die indi- viduelle Dosisbemessung bei der Heliotherapie von praktischer Be- deutung. Möglicherweise gibt es auch für die Photochemotherapie in Zukunft Anhaltspunkte für etwai- ge von individueller Empfindlich- keit ziemlich unabhängige, maxi- mal pro Hautfeld tolerierbare Ein- zel- und Gesamtdosen in Joule, derzeit jedoch sicher nicht. Inso- fern können aber Puva-Bestrahlun- gen mit dokumentierten Jou- le-Dosen von wissenschaftlichem Wert für die Zukunft sein.

Unabhängig hiervon besteht das Bedürfnis nach ständiger Kenntnis der mit Brenndauer und Raumauf- heizung abnehmenden Leuchtlei- stung der Röhren, die keineswegs etwa mit deren Lebensdauer gleichzusetzen ist oder auch nur annähernd damit verglichen wer- den kann. Mit frischen Röhren ge- wonnene Kenntnisse über zu er- wartende Hautreaktionen sind nicht übertragbar auf gleiche Röh- ren unbekannten Abnutzungsgra- des. Die Dosisleistung der Geräte, fallweise auch einzelner auswechs- lungsbedürftiger Röhren, muß da- her gemessen werden. Hierfür gut geeignete Instrumente sind bei be- stimmten Bestrahlungsgeräten in Monitorfunktion fest eingebaut oder unabhängig vom Gerätetyp zur freien Dosimetrie erhältlich.

Dennoch ist die genauere dosime- trische Apparatekontrolle vorerst ein Rückschlußexperimentieren unter Laboratoriumsbedingungen, darüber sollten die im Fachschrift- tum und in Prospekten zu finden- den, wie selbstverständlich klin- genden Angaben von UV-Dosislei- stungen in Milliwatt pro Qua- dratzentimeter (mW/cm 2) oder auch Dosisangaben in Joule nicht hinwegtäuschen.

Zusammenfassend läßt sich die ge- genwärtige Situation der Psoria- sistherapie mit Meladinine® und Blacklight wie folgt beurteilen: Auf-

grund teilweise langjähriger klini- scher Empirie ist es möglich, schon mit längst verfügbaren tech- nischen Ausrüstungen überall und jederzeit ohne allzuviel Aufwand lokale, darüber hinaus aber auch innerliche Photochemotherapie, in schweren Fällen mit besonders überzeugenden Erfolgen, zu ver- wirklichen. Beide Formen eignen sich vor allem für eine ambulante Behandlung mit jeweils mehrtägi- gen Intervallen zwischen den ent- scheidenden Einzelmaßnahmen.

Gegenwärtig steht einer etwaigen allgemeinen Einführung dieses an sich ausgezeichnet wirksamen, überdies zeit- und kostengünsti- gen Verfahrens noch weitgehende

Unsicherheit bezüglich vielleicht schwerwiegender Nebenwirkungen auf längere Sicht entgegen, so daß sich die Indikation dazu vorerst nur in schweren Krankheitsfällen alter- nativ zu anderen etwa sonst not- wendigen eingreifenden Maßnah- men stellen läßt. Von den Möglich- keiten einer konsequenten Erhal- tungstherapie mit etwas größeren Zeitintervallen über viele Jahre hin wird man bei Jugendlichen, auch wenn sie schwer betroffen sind, beim gegenwärtigen Stand der Din- ge noch keinen Gebrauch machen können.

Literatur

(1) Born, A., und Born, W.: Blacklight-Mela- dinine-Photochemotherapie (PUVA), Akt.

Dermatol. 1 (1975) 187-198 — (2) Braun- Falco, 0.: Psoriasisbehandlung mit Meladi- nine und Blacklight, Ärztl. Praxis 28 (1976) 478-479 — (3) Oberste-Lehn, H., und Morta- zawi, S. A. M.: Therapeutische Ergebnisse bei der Anwendung von 8-Methoxypsoralen (8-MOP) und UVA, Zeitschr. Hautkr. 50 (1975) 559-571 — (4) Parrish, J. A., Fitzpa- trick, Th. B., Tanenbaum, L., und Pathak, M. A.: Photochemotherapy of Psoriasis with Oral Methoxsalen and Longwave UI- traviolet Light, New Engl. J. Med. 291 (1974) 1207-1211 — (5) Wolff, K., Hönigs- mann, H., Gschnait, F., und Konrad, K.:

Photochemotherapie bei Psoriasis, Dtsch.

med. Wschr. 100 (1975) 2471-2477

Anschrift der Verfasser:

Professor Dr. med. K. W. Kalkoff Professor Dr. med. W. Born Universitätshautklinik Hauptstraße 7

7800 Freiburg im Breisgau

2368 Heft 38 vom 16. September 1976 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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